Entscheidungsdatum: 22.04.2010
Der Kläger begehrt in den verbundenen Hauptsachen Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 1. Oktober 1998 mit einer Dauer von 576 Kalendertagen und zudem Anschluss-Unterhaltsgeld (Anschluss-Uhg) ab 31. März 2003.
Im Rahmen eines parallelen Berufungsverfahrens erkannte die Beklagte im Wege eines vom Kläger angenommenen Anerkenntnisses den Anspruch auf Alg auf der Grundlage einer Arbeitsbescheinigung vom März 1999 nach einem um 10 % erhöhten Bemessungsentgelt an. Ein weiterer Vergleich vom 28. Februar 2008 über eine Alg-Anspruchsdauer von 546 Tagen und eine Neuberechnung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis 31. Dezember 2004 wurde von den Beteiligten widerrufen. Für die Zeit vom 4. November 2002 bis 30. März 2003 bewilligte die Beklagte Uhg, für die anschließende Zeit Alhi. Das stattdessen begehrte Anschluss-Uhg sei für die Zeit nach dem 31. Dezember 2002 abgeschafft.
Das Landessozialgericht (LSG) hat den Prozessbevollmächtigten des Klägers zuletzt am 5. Februar 2009 (Datum der Postzustellungsurkunde) zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. Februar 2009 geladen. Mit Schreiben vom 16. Februar 2009, eingegangen per Fax am 23. Februar 2009, hat dieser wegen einer seit 1953 alljährlich am Aschermittwoch stattfindenden Tagung der IG Metall in Frankfurt am Main einen Antrag auf Vertagung gestellt, welcher vom LSG unter Hinweis auf die Möglichkeit zur Einarbeitung eines Vertreters abgelehnt wurde. Sodann hat das LSG die Berufungen nach Aufhebung erstinstanzlich festgesetzter Verschuldenskosten zurückgewiesen.
Dem Kläger steht die beantragte Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>). Die Revision ist nur zuzulassen, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung, Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung oder Verfahrensmangel) vorliegt. Ein solcher Grund ist nach den Ausführungen des Klägers und nach Lage der Akten nicht zu erkennen.
1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zu. Das Urteil des LSG wirft klärungsbedürftige und im konkreten Verfahren klärungsfähige Rechtsfragen von allgemeinem Interesse (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7) nicht auf. Das LSG hat ausgeführt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Alg mit einer Anspruchsdauer von 546 Tagen nicht zustehe, weil er zur Zeit der Anspruchsentstehung am 1. Oktober 1998 noch nicht 45 Jahre alt gewesen sei, sodass nach § 127 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) eine Anspruchsverlängerung über zwölf Monate hinaus nicht in Betracht komme. Diese maßgeblich an tatsächlichen Umständen orientierten Feststellungen werfen ungeklärte Rechtsfragen nicht auf. Auch die weiteren Ausführungen, der geltend gemachte Anspruch auf Anschluss-Uhg bestehe nicht, weil die Rechtsgrundlage des § 156 SGB III durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 4607) zum 1. Januar 2003 gestrichen worden sei und die Übergangsregelung des § 434g Abs 3 SGB III nur auf vor dem 1. Januar 2003 entstandene Ansprüche Anwendung finde, die Maßnahme hingegen erst am 29. März 2003 beendet gewesen sei, werfen keinen nennenswerten Klärungsbedarf auf. Ein über den Einzelfall hinausgehendes, die Allgemeinheit betreffendes Interesse wird in aller Regel für die Auslegung und Tragweite von bereits außer Kraft getretenen Vorschriften oder von Übergangsvorschriften nicht angenommen, es sei denn, dass noch eine erhebliche Zahl von Fällen der Entscheidung harrt und darin die Klärungsbedürftigkeit der Rechtssache liegt (vgl ua BSG, Beschluss vom 2. Dezember 1998 - B 2 U 256/98 B; BSG, Beschluss vom 22. Januar 2008 - B 3 KS 1/07 B; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 347 ff). Anhaltspunkte hierfür bestehen vor dem Hintergrund der Instanzrechtsprechung (vgl SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 11. September 2003 - S 10 AL 606/03; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2006 - L 8 AL 2000/05; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. März 2007 - L 7 AL 543/03) und der vom LSG teilweise zitierten Literatur (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, § 434g RdNr 7 ff, Stand Juli 2005; Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 434g RdNr 26 ff, Stand April 2003; Hasfeld in NK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 434g RdNr 8 ff) nicht.
2. Das Urteil des LSG weicht auch nicht von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
3. Hinweise auf Verfahrensfehler, auf denen das Urteil der Vorinstanz beruhen könnte (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), sind nicht zu erkennen. Die vom Kläger behauptete Verletzung rechtlichen Gehörs wird sich nicht hinreichend bezeichnen lassen. Die gerügte unangemessen kurze Dauer der mündlichen Verhandlung betrifft ein anderes Verfahren. Die beanstandete Verhandlung durch das LSG trotz Verlegungs- bzw Vertagungsantrag bietet ebenfalls keinen Anhalt für eine Gehörsverletzung. Denn erhebliche Gründe für die beantragte Verlegung bzw Vertagung der mündlichen Verhandlung (§ 202 SGG iVm § 227 ZPO) sind nicht ersichtlich. Die fehlende Vertretung des Klägers in der mündlichen Verhandlung ist wesentlich durch eine Nachlässigkeit in der Prozessvertretung verursacht, nämlich einen Verlegungsantrag ohne Angabe triftiger Gründe. Die Vorinstanz hat den Prozessbevollmächtigten insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass angesichts der schon länger feststehenden Fortbildungsveranstaltung der IG Metall hinreichend Gelegenheit zur Einarbeitung eines Kollegen bestanden hätte. Anhaltspunkte dafür, dass es dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht möglich gewesen wäre, die Terminkollision durch eine Arbeitsaufteilung innerhalb des Rechtssekretariats der IG Metall zu kompensieren, bestehen nicht (vgl BSG, Beschluss vom 31. Oktober 2005 - B 7a AL 134/05 B). Die Mängel in der Prozessvertretung muss der Kläger sich zurechnen lassen (§ 202 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO). Soweit der Kläger darüber hinaus bemängelt, das LSG habe im Zusammenhang mit der Dauer seines Alg-Anspruchs - trotz seiner Ausführungen zu § 242x Abs 3 und 4 Arbeitsförderungsgesetz - die genannte Übergangsregelung nicht zur Kenntnis genommen und - trotz des im Urteil angeführten Hinweises der Beklagten auf das Anschluss-Uhg - übersehen, dass ihm das Anschluss-Uhg "zugesichert" worden sei, wendet er sich gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung. Diese kann indessen nicht zum Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde gemacht werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7; stRspr).