Entscheidungsdatum: 11.03.2014
Bei der Berechnung des Insolvenzgelds ist das in jedem Monat des Insolvenzgeldzeitraums ausgefallene Arbeitsentgelt auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze und sodann um die üblichen Abzüge (Steuern, Sozialversicherungsbeiträge) zu kürzen. Eine Gegenüberstellung der im Insolvenzgeldzeitraum insgesamt offen gebliebenen Entgeltansprüche mit dem Wert der dreifachen monatlichen Beitragsbemessungsgrenze findet nicht statt.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Streitig ist die Höhe des dem Kläger von der beklagten Bundesagentur für Arbeit (BA) zu zahlenden Insolvenzgelds (Insg).
Der Kläger war bis 31.7.2007 bei der P. AG (im Folgenden: Arbeitgeberin) als Berater beschäftigt. Das zuständige Amtsgericht eröffnete mit Beschluss vom 1.10.2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin. Im November 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Insg in Höhe des sich aus der dreifachen monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) von 5250 Euro ergebenden Höchstbetrags. Ihm stünden für die Monate Mai bis Juli 2007 noch offene Forderungen gegen seine Arbeitgeberin zu (ua Teile des Juni-Gehalts, das gesamte Juli-Gehalt von 6000 Euro, Tantiemen für 2006 und 2007, eine Urlaubsabgeltung sowie Reisekostenerstattungen für Juni und Juli 2007), die den maximal geschützten Betrag von 15 750 Euro überstiegen. Die Beklagte bewilligte ihm Insg in Höhe von insgesamt 3884,63 Euro. Gestützt auf die Insg-Bescheinigung des Insolvenzverwalters berücksichtigte sie dabei nur die offenen Gehaltsforderungen des Klägers sowie Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Die Ansprüche für Mai 2007 seien noch in voller Höhe von der Arbeitgeberin erfüllt worden, die für Juni 2007 unbezahlt gebliebenen Beträge seien vollständig bei der Berechnung des Insg berücksichtigt worden, diejenigen für Juli 2007 bis zur monatlichen BBG von 5250 Euro. Dabei handele es sich um eine Leistungsbemessungsgrenze für das kalendermonatlich zustehende Insg (Bescheid vom 5.12.2007, Widerspruchsbescheid vom 10.3.2008).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide und unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, weiteres Insg in Höhe von 3660 Euro brutto und 847,63 Euro netto zu bewilligen (Urteil vom 17.8.2010, Berichtigungsbeschluss vom 20.10.2010).
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 29.10.2012). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt: Die Begrenzung des Insg-Anspruchs durch die monatliche BBG führe nicht zu einer monatsweisen Berechnung. Vielmehr sei die Summe aller auf den Insg-Zeitraum entfallenden rückständigen Vergütungsansprüche einem einheitlichen Grenzwert gegenüberzustellen, der ein Vielfaches der monatlichen BBG betrage. Im vorliegenden Fall sei der zweifache Monatswert anzusetzen, weil der Kläger noch offene Arbeitsentgeltansprüche für zwei Kalendermonate gehabt habe und ihm daher für zwei Monate Insg zustehe. Den so ermittelten Grenzwert von 10 500 Euro erreichten die vom SG berücksichtigten Ansprüche nicht. Die gegenteilige Rechtsansicht der Beklagten verletze den allgemeinen Gleichheitssatz. Sie führe wegen der Notwendigkeit der Zuordnung von Ansprüchen (insbesondere auf Einmalzahlungen) zu bestimmten Kalendermonaten zu unterschiedlich hohen Insg-Ansprüchen, die nur vom Zufall des Zeitpunkts des Insolvenzereignisses abhingen.
Mit der vom LSG zugelassenen, auf die Verletzung des § 185 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der bis 31.3.2012 geltenden Fassung (aF) gestützten Revision wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von weiterem Insg. Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte mitgeteilt, zugunsten des Klägers sei ein Betrag von 322,13 Euro netto betreffend den Reisekostenerstattungsanspruch für Juni 2007 zu berücksichtigen; insoweit hat die Beklagte die Revision teilweise zurückgenommen.
Zur Begründung der Revision trägt die Beklagte vor, zur Berechnung des Insg sei zunächst das in jedem Kalendermonat des Insg-Zeitraums ausgefallene Arbeitsentgelt auf die in diesem Monat geltende BBG zu kürzen, ehe die gesetzlichen Abzüge abzuziehen seien. Dies folge bereits aus dem Wortlaut der Norm, der ausdrücklich auf die monatliche BBG abstelle. Die dafür erforderliche Zuordnung des ausgefallenen Arbeitsentgelts zu einem bestimmten Monat mache auch keine Schwierigkeiten, denn dieser Schritt sei ohnehin erforderlich, um zu ermitteln, ob die Forderung in den Insg-Zeitraum falle. Dies sei bereits nach altem Recht nötig gewesen, als Insg in unbegrenzter Höhe geleistet worden sei. Mit der so verstandenen Anspruchsbegrenzung sei auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verbunden. Die Abhängigkeit der Höhe des Insg vom Datum des Insolvenzereignisses sei vielmehr unabänderliche Folge des gesetzgeberischen Grundkonzepts, den Schutz gegen Entgeltausfall zu befristen. Dadurch werde schließlich auch europäisches Gemeinschaftsrecht nicht verletzt, weil dieses entsprechende Beschränkungen ausdrücklich zulasse.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 29.10.2012 und des Sozialgerichts Darmstadt vom 17.8.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die instanzgerichtlichen Urteile für zutreffend.
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf höheres Insg zusteht als bislang bewilligt, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.
1. Der Kläger verfolgt sein Leistungsbegehren in statthafter Weise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 iVm Abs 4 SGG). Da er das Urteil des SG hinsichtlich der teilweisen Klageabweisung nicht angegriffen hat, steht zwischen den Beteiligten bereits rechtskräftig fest, dass der Kläger maximal weiteres Insg in Höhe von 3660 Euro brutto und 847,63 Euro netto beanspruchen kann. Von dieser Urteilssumme ist ein Teilbetrag von 322,13 Euro (netto) nicht mehr streitig, weil die Beklagte insoweit ihre Revision zurückgenommen hat.
2. Auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, inwieweit hinsichtlich aller geltend gemachter Ansprüche die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Gemäß § 183 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB III aF haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Dem Gesamtzusammenhang der tatsächlichen Feststellungen des LSG lässt sich entnehmen, dass der Kläger als Arbeitnehmer im Inland beschäftigt war, dass über das Vermögen seiner Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und dass der Kläger fristgerecht Insg beantragt hat (§ 324 Abs 3 S 1 SGB III). Davon ausgehend hat das LSG den für das Insg maßgebenden Zeitraum zutreffend bestimmt. Da das Arbeitsverhältnis (bereits vor dem Insolvenzereignis) am 31.7.2007 geendet hat, kommt es auf die Monate Mai bis Juli 2007 an. Es fehlt jedoch an Feststellungen, inwieweit der Kläger bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.10.2007 "noch" (dh einerseits unerfüllte, andererseits durchsetzbare) Ansprüche auf Arbeitsentgelt "für diesen Zeitraum" hatte.
Das LSG hat von den zwischen den Beteiligten umstrittenen Positionen zugunsten des Klägers folgende offene Forderungen gegen seine Arbeitgeberin als insolvenzgeldfähig berücksichtigt: das die monatliche BBG übersteigende Festgehalt für Juli 2007 (750 Euro brutto), die Tantiemezahlung für das Jahr 2006 (2910 Euro brutto) sowie die Ansprüche auf Reisekostenerstattung für Juni 2007 (322,13 Euro netto) und Juli 2007 (525,50 Euro netto). An die darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 163 SGG). Gegen die rechtliche Wertung des LSG, bei diesen Ansprüchen handele es sich um solche auf Arbeitsentgelt, ist nichts einzuwenden, weil dazu nach der weiten Begriffsbestimmung des § 183 Abs 1 S 3 SGB III aF alle Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis gehören (vgl BSGE 106, 290 = SozR 4-4300 § 183 Nr 13).
Die Zugehörigkeit zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt besagt allerdings noch nichts darüber, ob und in welchem Umfang Forderungen dem Insg-Zeitraum zugeordnet werden können, weil sie für die dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (§ 183 Abs 1 S 1 SGB III aF) bestehen (vgl BSGE 103, 142 = SozR 4-4300 § 184 Nr 1, RdNr 13). Zur Beantwortung der Frage, ob dem Arbeitnehmer ein Anspruch "für" die dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate zusteht, kommt es nicht auf seine Fälligkeit, sondern darauf an, wann das Arbeitsentgelt erarbeitet worden ist (stRspr seit BSGE 43, 49 = SozR 4100 § 141b Nr 2; ferner etwa BSGE 89, 289 = SozR 3-4100 § 141b Nr 24; BSGE 103, 142 = SozR 4-4300 § 184 Nr 1). Entscheidend ist also, ob es sich um eine Gegenleistung für im Insg-Zeitraum geleistete Dienste handelt. Dafür ist auf den arbeitsrechtlichen Entstehungsgrund und die Zweckbestimmung der Leistung abzustellen (BSGE 102, 303 = SozR 4-4300 § 183 Nr 10, RdNr 20).
Die Zuordnung ist unproblematisch, wenn Entgeltansprüche (wie das monatliche Festgehalt) an die Arbeitsleistung in einem bestimmten Zeitabschnitt anknüpfen, oder wenn (wie bei Reisekosten) in einem bestimmten Zeitraum angefallene Aufwendungen ausgeglichen werden. Bei Einmalzahlungen wie Jahressonderzahlungen ist dagegen zu differenzieren. Handelt es sich um eine Vergütung für die in der Vergangenheit erbrachte Arbeitsleistung (sog "aufgestautes Arbeitsentgelt"), begründet dies einen Insg-Anspruch in Höhe des auf den Insg-Zeitraum fallenden Anteils (also in der Regel 3/12 des Jahresbetrags), und zwar auch dann, wenn die Insolvenz schon vor der Fälligkeit des Gesamtanspruchs eingetreten ist (vgl BSG SozR 3-4100 § 141b Nr 21 S 91; BSGE 62, 131, 135 ff = SozR 4100 § 141b Nr 40). Bereits entschieden ist, dass das Erarbeitungsprinzip auch bei einer variablen Vergütung gilt, weil es sich bei Zahlungen, deren Höhe vom Erreichen persönlicher und unternehmensbezogener Ziele abhängt, nicht um eine Sondervergütung, sondern um laufendes Arbeitsentgelt handelt, das der Arbeitnehmer für ein bestimmtes Jahr erhält (SozR 4-4300 § 183 Nr 6 RdNr 24). Etwas anderes gilt für eine Jahressonderzahlung, die grundsätzlich allen Arbeitnehmern bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen im jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt ungekürzt und unabhängig von der Betriebszugehörigkeit im Laufe des Jahres auszuzahlen ist, nicht zeitanteilig erarbeitet wird und sich deshalb auch nicht einzelnen Monaten des Jahres zuordnen lässt. In einem solchen Fall kann eine Einmalleistung in voller Höhe bei der Bemessung des Insg berücksichtigt werden, allerdings nur dann, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzereignis hätte ausbezahlt werden müssen, andernfalls überhaupt nicht (BSGE 92, 254, 256 f = SozR 4-4300 § 183 Nr 3; BSG SozR 4-4300 § 183 Nr 5 mwN).
An diesen Maßstäben hält der Senat fest. Für eine eigene Beurteilung fehlt es an der Feststellung der danach maßgebenden Tatsachen durch das LSG. Nach Aktenlage spricht jedoch viel dafür, dass es sich bei den Tantiemen, die der Kläger von seiner Arbeitgeberin erhalten hat, um eine variable Vergütung handelt, die sich seiner Arbeitsleistung in dem vorangegangenen Kalenderjahr zuordnen lässt. Dann wäre nur ein Teilbetrag von 3/12 der Jahresleistung insolvenzgeldfähig; zudem käme es nicht auf den vom LSG berücksichtigten Anspruch für das Jahr 2006 an, sondern auf einen eventuellen Anspruch auf Tantieme für das Jahr 2007 (siehe bereits BSG SozR 4-4300 § 183 Nr 6 RdNr 24 ff).
3. Bei der erneuten Entscheidung des LSG wird sich (zumindest im Hinblick auf das offene Juli-Gehalt des Klägers in Höhe von 6000 Euro) wiederum die Rechtsfrage stellen, wie die zum 1.1.2004 in die Regelung des § 185 Abs 1 SGB III aF (durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848) eingefügte Begrenzung des berücksichtigungsfähigen Bruttoarbeitsentgelts durch die monatliche BBG zu verstehen ist. Die nach § 185 Abs 1 SGB III aF iVm § 341 Abs 4 SGB III maßgebende monatliche BBG der allgemeinen Rentenversicherung lag im Jahr 2007 bei 5250 Euro (§ 3 Abs 1 S 1 Nr 1 Sozialversicherungs-Rechengrößengesetz 2007 vom 2.12.2006, BGBl I 2746). Nur diesen Betrag hat die Beklagte, die von einer auf den Kalendermonat bezogenen Leistungsbemessungsgrenze ausgeht (siehe Durchführungsanweisungen der BA zum Insg, § 167 SGB III, Nr 1 Abs 1, 3, Stand Mai 2013), ihren Bewilligungsbescheiden zugrundegelegt. Dagegen sind die Vorinstanzen von einem einheitlichen Begrenzungsbetrag für den gesamten Insg-Zeitraum - in Höhe der Summe der monatlichen BBG - ausgegangen, den die noch im Streit stehenden Ansprüche des Klägers nicht erreichen würden.
Der Senat legt § 185 Abs 1 SGB III aF im Sinne einer monatsweisen Berechnung des Insg-Anspruchs aus. Die pro Monat abgesicherten Ansprüche auf Arbeitsentgelt werden durch die monatliche BBG begrenzt. Im Jahr 2007 hatte die Beklagte monatliches Insg höchstens in Höhe des Nettoarbeitsentgelts zu leisten, das sich ergibt, wenn der Betrag von 5250 Euro um die individuellen gesetzlichen Abzüge vermindert wird.
Dafür spricht schon der Wortlaut der Norm (E. Schneider, in jurisPK-SGB III, 1. Aufl 2014, § 167 RdNr 14 hält den Verweis auf die monatliche BBG sogar für "eindeutig"). Andernfalls wäre der Zusatz "monatliche" im Gesetzestext überflüssig. Eines solchen Hinweises hätte es sonst nicht bedurft, denn die in Bezug genommene Vorschrift des § 341 Abs 4 SGB III differenziert insoweit ebenfalls nicht. Dem bestimmenden Hinweis lässt sich daher nur dann eine Bedeutung beimessen, wenn man den monatlichen Wert als festen Grenzwert ansieht.
Für die Ansicht, dass in § 185 Abs 1 SGB III aF Monatswerte geregelt sind, spricht ferner, dass sowohl das als Ausgangspunkt der Berechnung genannte Bruttoarbeitsentgelt als auch das im Ergebnis dem Insg entsprechende Nettoarbeitsentgelt üblicherweise monatlich abgerechnet wird. Insofern knüpfen das Steuerrecht und das Beitragsrecht der Sozialversicherung an die tatsächlichen Gegebenheiten in der Arbeitswelt an. Maßgebend für die Berechnung der gesetzlichen Abzüge ist der im jeweiligen Einzelfall vereinbarte Entgeltabrechnungszeitraum. Die im Lohnsteuer- und Beitragsrecht relevanten Rechenschritte werden in § 185 Abs 1 SGB III aF auf die Ermittlung der Höhe des Insg übertragen, das dem tatsächlich ausgefallenen Nettoentgelt im konkreten Einzelfall entspricht. Anders als etwa beim Arbeitslosengeld werden nicht pauschale Abzüge gemacht, um ein durchschnittliches Nettoentgelt nachzubilden. Das Bruttoarbeitsentgelt ist vielmehr um die für den individuellen anspruchsberechtigten Arbeitnehmer anfallenden gesetzlichen Abzüge zu vermindern (auch die ergänzende Regelung des § 208 Abs 1 SGB III aF geht von der Zahlung des tatsächlichen Gesamtsozialversicherungsbeitrags für die letzten drei Monate aus). Diese Berechnung erfordert ohnehin eine monatsweise Betrachtung.
Die Annahme der Vorinstanzen, der erste Rechenschritt, die Begrenzung des Bruttoarbeitsentgelts durch die "monatliche BBG" sei nicht auf den Monat, sondern auf den gesamten Insg-Zeitraum bezogen, würde in diesem sprachlichen Kontext einen logischen Bruch bedeuten. Schließlich weist die Revision zur grammatikalischen Auslegung des § 185 Abs 1 SGB III aF zutreffend darauf hin, dass es für den Gesetzgeber näher gelegen hätte, eine andere Formulierung zu wählen, wenn er beabsichtigt hätte, einen einheitlichen Grenzbetrag für den gesamten Insg-Zeitraum anzuordnen (ebenso Estelmann, in Eicher/Schlegel, SGB III, § 185 RdNr 62, Stand Einzelkommentierung April 2008). Wollte man - wie der Kläger - stets die dreifache monatliche BBG zugrunde legen, hätte anstelle des Wortes "monatliche" das Wort "vierteljährliche" verwendet werden können. Wollte man - wie das LSG - für jeden Monat mit Entgeltausfall die monatliche BBG addieren, wäre die Verwendung des Wortes "anteilige" naheliegend gewesen.
In dieselbe Richtung weist die historische Auslegung des § 185 Abs 1 SGB III aF. Zur Einfügung der Leistungsbemessungsgrenze durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 15/1515, S 89): "Das Recht der Europäischen Union ermächtigt die Mitgliedstaaten, die Leistungen bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu begrenzen. Von dieser Möglichkeit soll Gebrauch gemacht und das der Berechnung des Insolvenzgeldes zugrunde zu legende Arbeitsentgelt (Bruttoarbeitsentgelt) auf die Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze begrenzt werden." Auch insoweit erscheint es nach dem allgemeinen Sprachgebrauch näherliegend, dass nach dem Willen des Gesetzgebers dem typischerweise monatsbezogenen Entgelt die monatliche BBG als Grenzwert gegenübergestellt werden sollte.
Gegen die vom Kläger und den Vorinstanzen vertretene Ansicht, § 185 Abs 1 SGB III aF enthalte einen einheitlichen Grenzbetrag für den Gesamtanspruch auf Insg, spricht auch der systematische Zusammenhang der Norm. Denn das durch die Insg-Versicherung geschützte Arbeitsentgelt wird auf zwei verschiedene Weisen begrenzt. Während § 185 Abs 1 SGB III aF eine Kappungsgrenze für die Anspruchshöhe bestimmt, ist § 183 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB III aF eine zeitliche Begrenzung zu entnehmen. Die Vorschriften sind durch ihren systematischen Standort (einerseits bei den anspruchsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen, andererseits bei der Berechnung der Anspruchshöhe) klar voneinander getrennt und weisen auch eine eigenständige Entstehungsgeschichte auf: der Drei-Monats-Zeitraum bestimmte schon unter Geltung des Arbeitsförderungsgesetzes den Anspruch auf Konkursausfallgeld. Er sollte indes nicht die Anspruchshöhe regulieren, sondern eine Verschleppung des Konkursverfahrens verhindern. In der Gesetzesbegründung wurde die Befürchtung geäußert, eine Lohngarantie für einen noch längeren Zeitraum könnte es an sich schon zahlungsunfähigen Arbeitgebern ermöglichen, ihren Kreditrahmen durch Stundungsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern zu Lasten der Konkursversicherung zu erweitern (BT-Drucks 7/1750 S 10). Dagegen wurde eine die Höhe betreffende Beschränkung des Insg-Anspruchs erstmalig 2004 wirksam. In diesem Zusammenhang wurde der abgesicherte Zeitraum nicht verändert. Nach wie vor sollte ein Arbeitsentgeltausfall (nunmehr maximal in Höhe der monatlichen BBG) für die Dauer von bis zu drei Monaten vor dem Insolvenzereignis abgesichert sein, nicht jedoch ein Monatsgehalt in dreifacher Höhe (gemessen an der monatlichen BBG).
Diese systematische Unterscheidung zwischen der zeitlichen und der finanziellen Begrenzung des Anspruchs lässt sich auch den europarechtlichen Grundlagen entnehmen. Im streitgegenständlichen Zeitraum galt die Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20.10.1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (Abl L 283, S 23) in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 (Abl L 270, S 10; im Folgenden: Richtlinie). Inzwischen ist die Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.10.2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (Abl L 283, S 36) in Kraft getreten, ohne dass damit eine wesentliche inhaltliche Änderung der einschlägigen Regelungen verbunden gewesen wäre. Während Art 4 Abs 2 der Richtlinie den Mitgliedstaaten eine zeitliche Begrenzung der Garantie zubilligt, enthält Art 4 Abs 3 der Richtlinie unabhängig davon die Ermächtigung zu einer Einschränkung der Anspruchshöhe.
Auch die Äquivalenz von Umlagezahlung zur Finanzierung des Insg und Versicherungsschutz spricht für die strenge Begrenzung des monatlichen Insg-Anspruchs durch die monatliche BBG. Es handelt sich um eine eigenständige Sozialversicherung, deren Mittel nach Maßgabe des § 358 Abs 1 SGB III von den Arbeitgebern aufgebracht werden. Die Umlage wird nach einem bestimmten Prozentsatz des insgesamt gezahlten Arbeitsentgelts erhoben, wobei gemäß § 358 Abs 2 SGB III die die BBG übersteigenden Vergütungsanteile außer Betracht bleiben.
Schließlich wird mit der in § 185 Abs 1 SGB III aF normierten Anspruchsbegrenzung der Höhe nach ein eigenständiger Zweck verfolgt, der nicht von der Dauer des Insg-Zeitraums beeinflusst wird. Das mit der Einführung der Regelung verbundene Ziel des Gesetzgebers war die "betragsmäßige Begrenzung" des Insg-Anspruchs, der nicht mehr "auch für sehr hohe Nettoarbeitsentgelte gezahlt" werden sollte, um damit "auf das starke Ansteigen der Ausgaben" zu reagieren (BT-Drucks 15/1515 S 89). Die bezweckte Mitteleinsparung wird - wie der vorliegende Sachverhalt anschaulich zeigt - am besten erreicht, wenn mit der monatlichen BBG eine klare Grenze für die für diesen Monat ausstehenden Ansprüche auf Arbeitsentgelt gezogen wird (ebenso Estelmann, in Eicher/Schlegel, SGB III, § 185 RdNr 62, Stand Einzelkommentierung April 2008). Durch die Gegenansicht würde der Sinn der 2004 eingeführten Begrenzung der Anspruchshöhe dagegen geradezu in sein Gegenteil verkehrt. Begünstigt würden nämlich ausschließlich Spitzengehälter in (zeitlich betrachtet) weniger gravierenden Versicherungsfällen, in denen kein Arbeitsentgeltausfall für den gesamten Insg-Zeitraum eingetreten ist.
Entgegen der Ansicht des LSG führt diese Auslegung des § 185 Abs 1 SGB III aF nicht dazu, dass Einmalzahlungen nicht zweifelsfrei einem Anspruchsmonat zugeordnet werden könnten und deshalb schlimmstenfalls unberücksichtigt bleiben müssten. Die vom LSG unterlassene Zuordnung ist vielmehr nach dem oben Gesagten ohnehin erforderlich, um im Rahmen der Prüfung des § 183 Abs 1 SGB III aF festzustellen, ob (und wenn ja, in welchem Umfang) ein solcher Anspruch insolvenzgeldfähig ist, weil er "für" den Insg-Zeitraum besteht. Ob das Insolvenzereignis am Anfang, in der Mitte oder am Ende eines Kalendermonats liegt, ist dafür unerheblich. Soweit im Schrifttum "Ungerechtigkeiten" beklagt werden, die mit dieser Zuordnung verbunden seien (so Peters-Lange, in Gagel, SGB II/SGB III, § 167 SGB III RdNr 7b, Stand Einzelkommentierung Juni 2013), vermag der Senat nicht zu erkennen, dass seine Auslegung des § 185 Abs 1 SGB III aF zu Härten führen würde, die über diejenigen hinausgingen, die mit jeder Stichtags- oder Fristenregelung unweigerlich verbunden sind. Eine solche Begrenzung des Insg-Anspruchs (zeitlich und der Höhe nach) ist gerade die Intention des Gesetzgebers.
Mit der vom Senat vertretenen Anspruchsbegrenzung durch die monatliche BBG ist auch kein Verfassungsverstoß verbunden. Zuzugeben ist dem LSG, dass die Höhe des Insg-Anspruchs nicht von dem Zufall abhängen darf, ob der Insg-Zeitraum - wie hier - drei volle Kalendermonate umfasst oder sich auf vier Kalendermonate verteilt. Die Kritik des LSG richtet sich indes lediglich gegen die im vorliegenden Fall nicht einschlägige Verwaltungspraxis der BA (siehe Durchführungsanweisungen zum Insg, § 167 SGB III, Nr 1 Abs 3, Stand Mai 2013), als Leistungsbemessungsgrenze in Fällen eines auf vier Kalendermonate verteilten Insg-Zeitraums die monatliche BBG vier Mal in voller Höhe heranzuziehen. Wie in solchen Fällen zu verfahren ist, bedarf unter den Umständen des vorliegenden Falls keiner Entscheidung. Es bestehen jedoch mehrere verfassungskonforme Lösungsmöglichkeiten, etwa die separate Berechnung der Leistungshöhe für jeden Monat des Insg-Zeitraums, wobei jeweils dem für diesen Zeitraum noch zu beanspruchenden Arbeitsentgelt die monatliche BBG als fester Grenzwert gegenüberzustellen ist (so Estelmann, in Eicher/Schlegel, SGB III, § 185 RdNr 62, Stand Einzelkommentierung April 2008) oder die anteilige (taggenaue) Berechnung für Zeiten des Insg-Zeitraums, die keinen vollen Kalendermonat ergeben.
Ein solches Verständnis erweist sich auch als europarechtskonform. Die Richtlinie lässt sowohl eine zeitliche als auch eine summenmäßige Begrenzung des garantierten Arbeitsentgelts zu (siehe oben). Angesichts der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen für beide Einschränkungsmöglichkeiten ist nicht nachvollziehbar, warum nur deren Kombination zu einer einheitlichen Leistungsbegrenzung richtlinienkonform sein sollte. Dafür lässt sich auch aus der hierzu bislang ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nichts ableiten; soweit im Schrifttum Bedenken geäußert wurden (vgl Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III K § 167 RdNr 15, Stand Einzelkommentierung Mai 2012), gehen diese von einer Ungleichbehandlung im Einzelfall aus, zu der es aber nach den vorstehenden Ausführungen nicht kommen muss. Dass die Garantieleistung sowohl nach der Konzeption der Richtlinie als auch nach deren Umsetzung im deutschen nationalen Recht ein einheitlicher Zahlbetrag ist, zwingt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn bei der Berechnung der Leistungshöhe ist unzweifelhaft in aller Regel von Monatsbeträgen auszugehen. Damit korrespondiert die Begrenzung durch einen monatlichen Wert am besten. Dafür spricht auch der Wortlaut des Art 4 Abs 3 der Richtlinie, wobei zu beachten ist, dass der ursprünglich im Singular verwandte Begriff "Höchstgrenze" nachträglich in den Plural gesetzt worden ist.
Was die konkrete Höhe des einem Arbeitnehmer maximal pro Monat zustehenden Insg-Anspruchs angeht, besteht der europarechtlich vorgegebene Maßstab in der Einhaltung der sozialen Zweckbestimmung der Richtlinie. Diese liegt nach der Rechtsprechung des EuGH darin, den betroffenen Arbeitnehmern durch die Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche auf Arbeitsentgelt für einen bestimmten Zeitraum einen gemeinschaftsrechtlichen Mindestschutz bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu garantieren (Urteil vom 4.3.2004 - C-19/01 ua - Slg 2004 S I-02005). Durch diese allgemein gehaltene Vorgabe wird den Mitgliedstaaten ein gewisser Einschätzungsspielraum eröffnet (Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III K § 165 RdNr 210, Stand Einzelkommentierung Mai 2012). Durch eine Begrenzung der Garantieleistung auf die monatliche BBG wird dieser gesetzgeberische Gestaltungsrahmen ersichtlich nicht überschritten. Die BBG beträgt immerhin mehr als das Doppelte des Durchschnittsverdienstes (vgl Anlagen 1 und 2 zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch). Noch stärker überdurchschnittliche Einkommen in voller Höhe abzusichern, zwingt die soziale Zweckbestimmung der Richtlinie nicht.
Angesichts dieser Rechtsentwicklung, der Systematik und des Wortlauts von Art 4 Abs 3 der Richtlinie, wonach (neben der bereits in Art 4 Abs 1 der Richtlinie zugelassenen zeitlichen Begrenzung der abgesicherten Ansprüche) "ferner Höchstgrenzen für die von der Garantieeinrichtung zu leistenden Zahlungen" festgesetzt werden dürfen, erscheint es dem Senat unzweifelhaft, dass die Mitgliedstaaten berechtigt sind, für das Insg - unabhängig von der dreimonatigen Befristung des Insg-Zeitraums - eine monatliche Höchstgrenze zu normieren.
4. Schließlich wird das LSG bei der erneuten Entscheidung zu berücksichtigen haben, dass sich trotz der Begrenzung des für Juli 2007 berücksichtigungsfähigen Bruttoentgelts auf die monatliche BBG von 5250 Euro für diesen Monat ein höherer Anspruch auf Insg ergibt, wenn man wie das LSG (und wohl auch die Beteiligten) davon ausgeht, dass dem Kläger noch ein diesbezüglicher Anspruch auf Erstattung von Reisekosten in Höhe von 525,50 Euro zusteht. Denn wegen der Steuer- und Beitragsfreiheit dieses Betrags wirkt sich die Berücksichtigung dieses Anspruchs bei der Berechnung des Insg für den Kläger günstiger aus als die von der Beklagten in gleicher Höhe berücksichtigte Bruttolohnforderung. Es entspricht auch der Verwaltungspraxis der BA, ihrer Entscheidung in solchen Fällen die für den Arbeitnehmer günstigste Berechnungsvariante zugrunde zu legen (siehe Durchführungsanweisungen zum Insg, § 167 SGB III, Nr 1 Abs 2, Stand Mai 2013).
5. Das LSG wird auch über die Kosten einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.