Entscheidungsdatum: 27.05.2011
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 1. Oktober 2010 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) und einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sind nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet bzw dargelegt worden.
1. Zur Bezeichnung eines Verfahrensmangels, auf dem das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), sind die den Verfahrensmangel (angeblich) begründenden Tatsachen substantiiert und schlüssig darzutun (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; SozR 3-1500 § 73 Nr 10; stRspr). Das Bundessozialgericht (BSG) muss allein anhand der Begründung darüber entscheiden können, ob ein die Revisionsinstanz eröffnender Verfahrensmangel in Betracht kommt (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 4). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann (BSG aaO).
a) Soweit der Kläger rügt, das LSG habe gegen § 170 Abs 5 SGG verstoßen, ist sein Vorbringen nicht schlüssig. Gemäß § 170 Abs 5 SGG hat das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zu Grunde zu legen. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, das LSG hätte die Bindung an die rechtliche Beurteilung des BSG nicht beachtet, muss folglich in der Beschwerdebegründung dargestellt werden, welche rechtliche Beurteilung das Revisionsgericht getroffen hat und inwieweit diese rechtliche Beurteilung der Aufhebung des Berufungsurteils zu Grunde lag, für die aufhebende Entscheidung also kausal geworden ist (vgl BSGE 31, 74, 75 = SozR Nr 13 zu § 170 SGG; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 170 RdNr 10a; Lüdtke in Handkommentar SGG, 3. Aufl 2009, § 170 RdNr 16 ff - zur Abgrenzung tragende Gründe und so genannte "Segelanweisungen").
Die Beschwerdebegründung trägt vor, das LSG habe den "Ermittlungsauftrag" des BSG in der Entscheidung vom 5.12.2006 (B 11a AL 3/06 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 1) nicht ausgeführt, zu prüfen, ob die S. GmbH (SSG) "dem Kläger 'nur indirekt' Weisungen erteilt habe", wenn ja, wären diese kein Indiz für ein Weiterbestehen des inländischen Beschäftigungsverhältnisses. Damit hat die Beschwerdebegründung jedoch gerade nicht vorgetragen, das LSG habe die rechtliche Beurteilung des BSG missachtet. Denn wenn sich der "Ermittlungsauftrag" nur auf ein "Indiz" (Hilfstatsache) bezieht, so wird er denknotwendig hinfällig, wenn die Haupttatsache (hier: kein fortbestehendes inländisches Beschäftigungsverhältnis mit der S. AG) anderweitig festgestellt ist. Dies war aber der Fall, weil die Beschwerdebegründung (S 2) vorträgt, das LSG habe ein Beschäftigungsverhältnis zur SSG festgestellt ("konstruiert"), das nicht identisch mit dem Beschäftigungsverhältnis zur S. AG sei.
b) Ebenso wenig rügt die Beschwerdebegründung dadurch schlüssig einen Verstoß des LSG gegen § 170 Abs 5 SGG, dass sie vorträgt, dieses habe - entgegen der BSG-Entscheidung - eine unternehmensinterne Umorganisation mit dem Wechsel des Arbeitgebers gleichgesetzt. Denn sie legt auch nicht ansatzweise dar, dass das BSG von der rechtlichen Beurteilung ausgegangen sei, dass eine interne Umorganisation keinen Wechsel des Arbeitgebers darstelle.
c) Die als weiterer Verfahrensmangel gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 Grundgesetz, § 62 SGG) ist in der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird zwar durch eine Überraschungsentscheidung verletzt und das Verbot der Überraschungsentscheidung begründet eine Hinweispflicht des Gerichts (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 62 RdNr 8b mwN). Dies bezieht sich allerdings (nur) auf erhebliche Tatsachen, die den Betroffenen bislang unbekannt waren, und auf neue rechtliche Gesichtspunkte, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter nicht zu rechnen brauchte (vgl BSGE 91, 78 = SozR 4-2700 § 41 Nr 1, jeweils RdNr 15 mwN). Die Beschwerdebegründung hat nicht dargetan und hätte wohl auch nicht dartun können, dass die dargestellte Auffassung des LSG, wonach das Arbeitsverhältnis des Klägers während der Tätigkeit für die SSG bei der S. AG nicht fortbestanden habe, in diesem Sinne ein neuer tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkt war. Ein diesen Voraussetzungen entsprechender Sachverhalt ergibt sich weder aus dem vom Kläger ansatzweise geschilderten Verfahrensgang noch aus der von ihm geäußerten Erwartung, dass das LSG seinen Rechtsstandpunkt, wonach nicht der Arbeitgeber, sondern lediglich dessen Organisationsform gewechselt habe, teilen werde. Insoweit bedarf es auch keiner weiteren Vertiefung, dass seine Ausführungen zum "Beruhen" der Entscheidung des LSG auf dem (vermeintlichen) Verfahrensmangel ebenfalls nicht schlüssig sind. Denn sein angeblich unterbliebener Vortrag (S 7 der Beschwerdebegründung) war - wie er selbst in der Beschwerdebegründung vorbringt (vgl ua S 2) - bereits Gegenstand seines Vortrags im Berufungsverfahren.
2. Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargetan.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit, vgl ua BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; stRspr). Darzulegen ist insbesondere, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand der Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und es ist der Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht.
In der Beschwerdebegründung wird die Frage aufgeworfen:
"Endet die Sozialversicherungspflicht aufgrund Ausstrahlung gem. § 4 SGB IV in dem Moment, in dem der inländische Arbeitgeber sich zur Ausübung von Weisungen einer in Form der GmbH organisierten Tochtergesellschaft bedient, den Beschäftigten nach der Entsendung aber in das eigene Unternehmen wieder aufnimmt?"
Es kann dahingestellt bleiben, ob damit eine allgemeine Rechtsfrage oder nur eine auf die Besonderheiten des Einzelfalls zugeschnittene Fragestellung formuliert worden ist. Denn abgesehen davon, dass die Beschwerdebegründung eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung mit der genannten Entscheidung vom "6.12.2006" (gemeint 5.12.2006) vermissen lässt und insoweit nicht deutlich macht, inwieweit trotz der Ausführungen des BSG zur Maßgeblichkeit der faktischen Ausgestaltung der Weisungsverhältnisse und der Unerheblichkeit firmeninterner Finanzausgleiche noch ein Klärungsbedarf hinsichtlich der aufgeworfenen Fragestellung besteht, fehlt es an schlüssigen Darlegungen zur Klärungsfähigkeit. Die Darlegung, ob grundsätzliche Bedeutung vorliegt, hat auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu erfolgen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 39; Beschluss des Senats vom 20.8.2007, B 11a AL 159/06 B und Beschluss vom 27.1.2011, B 11 AL 101/10 B). In der Beschwerdebegründung ist nicht dargetan und hätte im Übrigen auch nicht dargelegt werden können, dass sich nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) der inländische Arbeitgeber, hier die S. AG, zur Ausübung von Weisungen einer in Form der GmbH organisierten Tochtergesellschaft, hier der SSG, bedient hat. Vielmehr hat das LSG nach den Ausführungen der Beschwerdebegründung ein fortbestehendes Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der S. AG während seiner Versetzung in die USA verneint. Dass der Kläger diese Tatsachenfeststellungen für unzutreffend hält und ausführt, das LSG habe ohne jeden Bezug auf den Akteninhalt postuliert, mit der SSG sei ihm ein neuer Arbeitgeber entgegengetreten, ist insoweit unerheblich.
Nur zur Klarstellung, ohne dass die vorliegende Entscheidung hierauf beruht, wird zur Frage der Auslegung des Arbeitgeberbegriffs auf die Entscheidung des Senats vom 23.2.2011 (B 11 AL 14/10 R, RdNr 26 ff, Juris) hingewiesen.