Entscheidungsdatum: 19.01.2011
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. September 2010 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diese Anforderungen gelten auch bei verfassungsrechtlichen Fragen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23; stRspr).
Der Kläger hat zwar drei Rechtsfragen zur Verfassungsmäßigkeit des § 127 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) idF des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 3002) und zu der Frage aufgeworfen, ob die §§ 434l und 434r SGB III eine ausreichende und schonende Übergangsregelung gewährleisten. Er hat es jedoch versäumt, die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dieser Rechtsfragen in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise aufzuzeigen.
Der Beschwerdebegründung lässt sich zwar noch hinreichend deutlich entnehmen, dass als Prüfungsmaßstab für die Verkürzung der Anspruchsdauer Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm dem Übermaßverbot dienen soll. Es fehlen aber Ausführungen dazu, dass und weshalb sich die aufgeworfenen Fragen aus der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht beantworten lassen. Denn als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht oder das BVerfG sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, sich aber für ihre Beantwortung in anderen Entscheidungen zu vergleichbaren Problematiken bereits ausreichend Anhaltspunkte ergeben (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8; SozR 3-1500 § 146 Nr 2; BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 13 R 97/07 B; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 314). Der Kläger erwähnt zwar die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14.9.2010 (B 7 AL 23/09 R) und legt dar, dass es im Falle des dortigen Klägers nur um eine Verkürzung der Anspruchsdauer um effektiv zwei Monate gegangen sei, während es bei ihm um eine verkürzte Anspruchsdauer von 32 Monaten auf 18 Monate gehe und demzufolge die aufgeworfenen Rechtsfragen weiterhin klärungsbedürftig geblieben seien. Indes genügt es nicht, die Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm zu behaupten (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 17). Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage bedarf es vielmehr einer näheren Substanziierung der Verfassungswidrigkeit. Dabei muss ein Kläger - will er einen Verstoß gegen den Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 GG geltend machen - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG darlegen, worin er die wesentlichen Sachverhaltsmerkmale der Grundrechtsverletzung erblickt (Kummer, aaO, RdNr 352 mwN; BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 45; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; zuletzt BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 10/10 B - mwN; vgl auch Krasney, jurisPR-SozR 48/2004 Anm 6). Diese Anforderungen sind allein mit der auszugsweisen Wiedergabe von Kommentarliteratur, die sich mit dem Eigentumsschutz von Anwartschaften befasst, und der Zitierung der Beschlüsse des BVerfG vom 22.7.2009 (1 BvL 9/07 und 1 BvL 10/07 - NZS 2010, 152), nicht erfüllt.
Wegen des vom Kläger beanspruchten - angeblichen - Vertrauensschutzes in den Bestand einer langjährig unverändert gebliebenen Rechtslage bei den Anwartschaftsvoraussetzungen wäre nicht nur eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Frage des Eigentumsschutzes einer Anwartschaft (vgl nur BVerfG SozR 3-4100 § 242q Nr 2; BVerfGE 76, 220 = SozR 4100 § 242b Nr 3; BVerfGE 72, 9 = SozR 4100 § 104 Nr 13) erforderlich gewesen; vielmehr hätte sich der Kläger auch mit der umfangreichen Rechtsprechung des BVerfG zu der Frage befassen müssen, wann eine Rechtsänderung betreffend die Anspruchsvoraussetzungen für den (längeren) Bezug der Sozialleistung zu einem bestimmten Stichtag gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG) verstößt (vgl hierzu nur BSG Beschluss vom 18.8.1997 - 9 BV 17/97 - sowie BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 23/09 R - jeweils mit Zitaten zu dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung).
Schließlich versäumt die Beschwerdebegründung auch Ausführungen dazu, dass und welche Konsequenzen die angestrebte Entscheidung über die aufgeworfenen Rechtsfragen für den Ausgang des Rechtsstreits hat (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5). Denn der Kläger verlangt zwar Arbeitslosengeld (Alg) "für die Dauer von mehr als 18 Monaten" (vgl S 2 der Beschwerdebegründung). Es ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass er auch nach Erschöpfung des ihm von der Beklagen für die Dauer von 18 Monaten bewilligten Alg weiterhin die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg erfüllt (vgl § 117 Abs 1 SGB III) bzw keine anderen Sozialleistungen bezogen hat (vgl Senatsbeschluss vom 1.12.2010 - B 11 AL 61/10 B).
Die somit unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.