Entscheidungsdatum: 29.06.2015
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. März 2015 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
I. Mit Urteil vom 24.3.2015 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch der Kläger auf Zahlung eines Geschwisterbonus in Höhe von 75 Euro monatlich für das zweite Zwillingskind verneint. Die Kläger sind Eltern der am 15.8.2013 geborenen Zwillinge P (P) und A (A) und haben bereits eine am 2.9.2011 geborene Tochter. Die Beklagte bewilligte den Klägern jeweils für den ersten bis siebten Lebensmonat von P Elterngeld in Höhe von 675 Euro und für A in Höhe von 600 Euro monatlich (Bescheide vom 25.10.2013 und 7.11.2013). Die hiergegen gerichteten Widersprüche, mit denen die Kläger einen Geschwisterbonus von 75 Euro auch für A begehrten, blieben ebenso erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 5.12.2013) wie die vor dem SG Mannheim erhobenen und verbundenen Klagen (Urteil vom 9.4.2014). Das LSG hat die dagegen gerichtete Berufung mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 24.3.2015 zurückgewiesen, weil die Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung von höherem Elterngeld für die ersten sieben Lebensmonate von A hätten. Entgegen der Auffassung der Kläger erfolge die Anrechnung des für P gewährten Elterngeldes nach § 3 Abs 1 Nr 4 BEEG. Da es auch bei Zwillingen ein älteres und ein jüngeres Kind gebe und nach den Registrierungsnummern des Standesamtes H P vor A geboren wurde und damit das ältere Kind sei, liege die Anrechnungsvorschrift nach § 3 Abs 1 S 1 Nr 4 BEEG vor und finde eine Anrechnung des für P gewährten Elterngeldes gegenüber A statt.
Mit ihrer Beschwerde wenden sich die Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und machen den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung sowie des Verfahrensfehlers geltend.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht ordnungsgemäß dargetan worden (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
Selbst wenn man dem Vorbringen der Kläger die Rechtsfrage entnehmen wollte, wie die Anrechnungsregelung des § 3 Abs 1 S 1 Nr 4 BEEG auszulegen und anzuwenden ist, insbesondere was unter "älteres Kind" im Normsinne zu verstehen ist, so haben die Kläger deren höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit nicht in der gebotenen Form dargelegt. Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 und 65) oder wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (BSG SozR 1300 § 13 Nr 1; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 7), wenn sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17), wenn sie praktisch außer Zweifel steht (BSGE 40, 40 = SozR 1500 § 160a Nr 4) oder wenn sich für die Antwort in anderen höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 und § 160 Nr 8). Die Kläger hätten demnach anhand der seit dem Jahr 2013 ergangenen Rechtsprechung des BSG zur Elterngeldgewährung bei Zwillingskindern darstellen müssen, dass sich die - erkennbare - Rechtsfrage anhand dieser Rechtsprechung nicht beantworten lasse. Insoweit hätten sich die Kläger insbesondere mit den auch vom SG und LSG benannten Entscheidungen des BSG vom 27.6.2013 (B 10 EG 8/12 R - SozR 4-7837 § 1 Nr 4 = BSGE 114, 26, RdNr 54 und B 10 EG 3/12 R - Juris RdNr 36) auseinandersetzen müssen. Dies haben sie versäumt.
2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Kläger darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist. Diese Voraussetzungen liegen gleichfalls nicht vor.
Die Kläger haben die behauptete Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG nicht ausreichend bezeichnet. Zwar wird behauptet, dass nicht bewiesen und damit unklar sei, welches Kind im Geburtenregister an welcher Stelle eingetragen sei und ob diese Eintragungen überhaupt mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Den Feststellungen hierzu wird allerdings auch nicht widersprochen, zumal den Klägern selbst bekannt sein dürfte, in welcher Reihenfolge die Zwillinge P und A geboren wurden. Schließlich fehlt es auch an der Darlegung, im Verfahren vor dem LSG einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (vgl BSG Beschluss vom 4.9.2014 - B 9 V 8/14 B). Überdies fehlt es auch an der Darlegung, dass ausgehend von der Rechtsansicht des LSG, bei Zugrundelegung einer anderen Reihenfolge der Geburt von P und A, ein anderer, weiterer Anspruch der Kläger bestehen könnte.
3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).