Entscheidungsdatum: 10.07.2014
1. Nicht freizügigkeitsberechtigte ausländische Ehegatten von Mitgliedern einer NATO-Truppe in Deutschland haben nur dann Anspruch auf Elterngeld, wenn sie den dafür vorgeschriebenen qualifizierten Aufenthaltstitel nach deutschem Ausländerrecht besitzen (Fortführung von BSG vom 30.9.2010 - B 10 EG 11/09 R = BSGE 107, 10 = SozR 4-6180 Art 13 Nr 1).
2. Der Gesetzgeber kann den Elterngeldanspruch nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer ohne Gleichheitsverstoß an den Besitz eines solchen qualifizierten Aufenthaltstitels knüpfen (Anschluss an BSG vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R = BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10).
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. März 2014 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozial-gerichts Mannheim vom 10. März 2010 zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Streitig ist ein Anspruch auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Die 1970 geborene Klägerin ist US-amerikanische Staatsangehörige und Mutter der 2006 geborenen M. I. und der 2009 geborenen J. N. Seit 1998 ist die Klägerin mit dem US-amerikanischen Staatsangehörigen J. D. verheiratet, der Mitglied einer in Deutschland stationierten Truppe der NATO-Streitkräfte gewesen ist. Die Eheleute hatten ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland von 2001 bis Ende 2011. Beide Kinder lebten in dieser Zeit im Haushalt der Eheleute in H. und wurden von der Klägerin betreut.
Der Ehemann der Klägerin unterlag während der Zeit in der Bundesrepublik Deutschland dem NATO-Truppenstatut (NATOTrStat, engl NATO Status of Forces Agreement - NATO SOFA). Die Klägerin verfügte über eine sog SOFA-Card, die Angehörige erhalten, um dieselben Privilegierungen wie Truppenangehörige zu erhalten, insbesondere von ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen befreit zu sein. Sie war in der Bundesrepublik Deutschland sozialversichert beschäftigt, privat kranken- und pflege(pflicht)versichert und erhielt von der Familienkasse Kindergeld für beide Kinder.
Den Elterngeldantrag der Klägerin lehnte die in Baden-Württemberg für das Elterngeld zuständige Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank (Beklagte) ab. Die Klägerin sei weder deutsche Staatsangehörige noch Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz. Es fehle an einer Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtige oder berechtigt habe (Bescheid vom 16.11.2009; Widerspruchsbescheid vom 21.12.2009).
Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Die Klägerin sei zwar nicht vom Anwendungsbereich des BEEG ausgenommen, erfülle aber nicht die von § 1 Abs 7 BEEG aufgestellte Voraussetzung eines qualifizierten Aufenthaltstitels (Urteil vom 10.3.2010).
Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Elterngeld in gesetzlicher Höhe für die zwölf Lebensmonate ab der Geburt ihrer Tochter J. N. zu gewähren. Der Anspruch auf Elterngeld ergebe sich in analoger Anwendung von § 1 Abs 7 BEEG. Die Klägerin habe während ihres Aufenthalts in Deutschland über eine Rechtsposition verfügt, die teilweise sogar über die Rechtsposition der von § 1 Abs 7 BEEG genannten Personen hinausgehe, weil sie aufgrund des NATOTrStat keinen Aufenthaltstitel und keine Arbeitsgenehmigung benötigt habe. Wie die Gesetzgebungsmaterialien zum BEEG zeigten, habe auch der Gesetzgeber einen Elterngeldanspruch von Ehegatten von NATO-Truppenmitgliedern nach geltendem Recht für möglich gehalten, wenn diese insbesondere durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland rechtliche Beziehungen zur sozialen Sicherheit und Fürsorge der Bundesrepublik Deutschland hergestellt hätten. Dies sei bei der Klägerin unzweifelhaft der Fall gewesen. Denn sie sei jahrelang sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen, habe einen Wohnsitz und einen völkerrechtlich gesicherten Aufenthaltsstatus besessen und sei vom Erfordernis einer Arbeitsgenehmigung befreit gewesen (Urteil vom 18.3.2014).
Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, die analoge Rechtsanwendung durch das LSG überschreite die zulässige Grenze der Rechtsfortbildung. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers liege bei Ehegatten von NATO-Truppenmitgliedern naturgemäß kein Daueraufenthalt vor, der zum Bezug von Elterngeld berechtigen könne. Auch die Klägerin sei schließlich wieder in die USA zurückgezogen. Sie gehöre nicht zu der Personengruppe, die laut Gesetzgebungsmaterialien im Fall einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit einen Anspruch auf Elterngeld haben sollten, weil sie weder deutsche noch EU-/EWR-Staatsangehörige sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. März 2014 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. März 2010 zurückzuweisen.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter J. N. Zwar ist sie nicht grundsätzlich vom Anwendungsbereich des BEEG ausgeschlossen (1.). Sie erfüllt auch einen Teil der Grundvoraussetzungen dieses Gesetzes für den Bezug von Elterngeld (2.). Ihr Elterngeldanspruch scheitert aber am Fehlen eines qualifizierten Aufenthaltstitels, den § 1 Abs 7 BEEG für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer voraussetzt; auf ihn kann auch nicht in analoger Anwendung der Vorschrift verzichtet werden (3.). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Anspruchsausschluss bestehen nicht (4.).
1. Die Klägerin ist nicht grundsätzlich vom sachlichen Anwendungsbereich des BEEG ausgeschlossen, obwohl sie im Zeitraum des geltend gemachten Anspruchs mit einem Angehörigen einer NATO-Truppe verheiratet war und deshalb besonderen völkervertraglichen Vorschriften unterlag.
Art 13 Abs 1 S 1 NATOTrStatZA (Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3.8.1959 - BGBl II 1961, 1218), der nach § 30 Abs 2 SGB I anwendbar ist, schließt einen Anspruch der Klägerin auf Elterngeld nicht aus. Nach dieser Kollisionsregel sind im Bundesgebiet geltende Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge auf Mitglieder der NATO-Truppen und ihre Angehörigen in Deutschland ausnahmsweise dann nicht anzuwenden, wenn und solange sie nur Beziehungen zum Entsendestaat oder untereinander haben (vgl im Einzelnen BSG SozR 4-6180 Art 13 Nr 1). Dagegen findet der Erste Abschnitt des BEEG über das Elterngeld auf Angehörige von NATO-Truppenmitgliedern wie die Klägerin Anwendung, wenn diese vor der Geburt des betreuten Kindes durch Erwerbstätigkeit Einkommen außerhalb des Bereichs der NATO-Truppen erzielt und dadurch rechtliche Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung begründet haben. Das war bei der Klägerin der Fall. Nach den Feststellungen des LSG war sie in Deutschland bis zur Geburt ihrer Tochter jahrelang sozialversichert beschäftigt. Allein daraus, dass das BEEG damit auf die Klägerin anwendbar ist, folgt jedoch noch kein Anspruch auf Elterngeld. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist der grundsätzliche Anwendungsausschluss des BEEG aus Art 13 Abs 1 S 1 NATOTrStatZA für NATO-Truppenmitglieder und ihre Angehörigen nur in speziellen Konstellationen durchbrochen. Dies ermöglicht es überhaupt erst, die Bestimmungen des BEEG auf Eltern, die unter das NATOTrStat fallen, anzuwenden. Zu einem Elterngeldanspruch führt diese Anwendung der BEEG-Vorschriften aber nur dann, wenn die Betroffenen - über die genannten rechtlichen Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung hinaus - auch alle weiteren gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen insbesondere aus § 1 BEEG erfüllen. Dies ist nicht der Fall.
2. Von den erforderlichen Grundvoraussetzungen für die Gewährung des Elterngelds erfüllt die Klägerin nur den Teil, der sich aus § 1 Abs 1 BEEG ergibt.
Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG lebte die Klägerin mit ihrer Tochter in einem Haushalt (Nr 2), betreute und erzog diese selbst (Nr 3) und übte keine Erwerbstätigkeit aus (Nr 4).
Die Klägerin hatte nach den Feststellungen des LSG zudem seit 2001 ihren Wohnsitz iS von § 30 Abs 1 SGB I und damit auch iS von § 1 Abs 1 Nr 1 BEEG in Deutschland. Ohnehin genügt für das Vorliegen eines Wohnsitzes im Rahmen des BEEG für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer wie die Klägerin bereits ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt aus, also ein erkennbarer Wille, an einem bestimmten Ort in Deutschland zu wohnen (vgl zuletzt BSG Vorlagebeschluss vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - Juris).
3. Der Anspruch der Klägerin scheitert jedoch an den aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen des § 1 Abs 7 BEEG, die in ihrem Fall nicht vorliegen.
a) Die Klägerin gehört nicht zu den Ausländern, die auf der Grundlage des europäischen Gemeinschaftsrechts freizügigkeitsberechtigt sind und die § 1 Abs 7 BEEG deshalb nach dem Prinzip der Inländergleichbehandlung beim Bezug von Elterngeld vollständig mit deutschen Staatsbürgern gleichgestellt sind (vgl Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Aufl 2008, § 1 BEEG RdNr 43).
b) Ebenso wenig besaß die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum einen derjenigen Aufenthaltstitel, die nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer nach § 1 Abs 7 Nr 1 und 2 BEEG zum Bezug von Elterngeld berechtigen können. Die Klägerin war nach Art 6 Abs 1 NATOTrStatZA vom Erfordernis der Erteilung eines Aufenthaltstitels befreit und hat deshalb einen solchen Titel weder beantragt noch erhalten. Es kommt nicht darauf an, ob sie trotz der genannten Befreiung Anspruch auf einen Aufenthaltstitel gehabt hätte, der sie zum Bezug von Elterngeld hätte berechtigen können. Denn § 1 Abs 7 Nr 1 und 2 BEEG setzt den tatsächlichen Besitz des anspruchsbegründenden Aufenthaltstitels im Anspruchszeitraum voraus. Ein eventueller materiell-rechtlicher Anspruch auf die Erteilung eines solchen Titels allein reicht dagegen nicht aus, weil die Entscheidung darüber nicht zu den Aufgaben der Elterngeldbehörden gehört, sondern Sache der Ausländerbehörden bleiben muss (vgl BSG Teilurteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1-10 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2).
c) Schließlich lässt sich eine Anspruchsberechtigung der Klägerin auch nicht, wie das LSG gemeint hat, mit einer analogen Anwendung von § 1 Abs 7 Nr 1 und 2 BEEG begründen. Es fehlt an der dafür erforderlichen wesentlichen Ähnlichkeit des geregelten mit dem nicht geregelten Sachverhalt und bereits deshalb an einer planwidrigen Regelungslücke (vgl zu den Voraussetzungen einer Analogie allg BSG Urteil vom 4.5.1999 - B 4 RA 55/98 R - SozR 3-2600 § 34 Nr 1 unter Hinweis auf BSG SozR 4100 § 107 Nr 4 S 4 f und Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 7. Aufl 2013, § 23 RdNr 822, 823 ff). Denn im Hinblick auf die vom Gesetzgeber gewählten maßgeblichen Kriterien für den Elterngeldanspruch nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer und damit nach dem Wertungsplan des Gesetzgebers ist der Aufenthaltsstatus der Klägerin nicht hinreichend mit demjenigen von Inhabern von Aufenthaltstiteln vergleichbar, die nach § 1 Abs 7 BEEG zum Bezug von Elterngeld berechtigt sein können.
Das BEEG schließt auch außerhalb des Bereichs der europarechtlichen Freizügigkeitsregelungen, die eine Inländergleichbehandlung erzwingen, Ausländer nicht grundsätzlich vom Elterngeldbezug aus. Das Gesetz knüpft das Recht auf Elterngeld für solche Ausländer allerdings in einer speziellen Ausprägung des allgemeinen Territorialitätsprinzips an zusätzliche Voraussetzungen, und zwar an die Prognose eines rechtlich gesicherten Daueraufenthalts in Deutschland. Diese Verknüpfung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich - vorbehaltlich einer verfassungskonformen Ausgestaltung im Einzelnen (vgl BVerfGE 132, 72-99) - unbedenklich. Elterngeld beziehen können demnach gemäß § 1 Abs 7 Nr 1 BEEG zum einen Ausländer, die über den unbefristeten Titel der Niederlassungserlaubnis verfügen. Bei ihnen geht der Gesetzgeber allein wegen dieses unbefristeten Aufenthaltstitels und der damit von Gesetzes wegen verbundenen Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit von einem dauerhaften Aufenthalt aus (vgl den Entwurf des Elterngeldgesetzes BT-Drucks 16/2454 S 12 sowie zur vergleichbaren Vorläuferregelung im Bundeserziehungsgeldgesetz den Entwurf eines Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss, BT-Drucks 16/1368 S 8). Bei Ausländern, die (noch) nicht im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sind, sondern nur einen befristeten Aufenthaltstitel innehaben, bedarf es dagegen nach der gesetzgeberischen Vorstellung noch eines weiteren Indizes, das die Prognose eines voraussichtlich dauerhaften Aufenthalts in Deutschland plausibel erscheinen lässt. Ein solches Indiz sieht der Gesetzgeber vor allem in der Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw bereits in dem Umstand, dass diese erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (vgl BT-Drucks aaO). Auch Inhaber einer nur befristeten Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit können daher nach § 1 Abs 7 Nr 2 BEEG einen Elterngeldanspruch erwerben, wenn ihr Aufenthaltstitel nicht von vornherein erwarten lässt, dass mit ihm kein Daueraufenthalt verbunden ist (vgl § 1 Abs 7 Nr 2a bis d BEEG sowie Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Aufl 2008, § 1 BEEG RdNr 51).
Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Systematik und der zugrundeliegenden Wertungsgesichtspunkte ist das LSG zu Unrecht davon ausgegangen, die Klägerin habe während ihres Aufenthalts in Deutschland über eine Rechtsposition verfügt, die derjenigen des in § 1 Abs 7 BEEG genannten Personenkreises nicht nur entsprochen habe, sondern teilweise sogar darüber hinaus gegangen sei. Vielmehr steht der Aufenthaltsstatus der Klägerin im streitigen Anspruchszeitraum zu der von § 1 Abs 7 BEEG für einen Elterngeldanspruch vorausgesetzten ausländerrechtlichen Rechtsposition nicht in einem Verhältnis eines mehr oder weniger, sondern stellt etwas vollkommen anderes dar.
Nach Art III Abs 1 S 2 des NATOTrStat sind Mitglieder der Truppe, eines zivilen Gefolges und deren Angehörige den Bestimmungen des Aufnahmestaates zur Registrierung und Kontrolle von Ausländern nicht unterworfen. Art 6 NATOTrStatZA befreit die genannten Personen zudem von den deutschen Vorschriften auf dem Gebiet der Ausländerpolizei, also von der Einhaltung sämtlicher ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen. Diese Bestimmungen des Völkervertragsrechts dienen allerdings nicht dem individuellen Interesse der begünstigten Ausländer, sondern allein der Abgrenzung der Gebietshoheit der Bundesrepublik von der Personalhoheit des Entsendestaats (vgl Scheidler, Truppenstationierung und Staatenimmunität, NZWerhrr 2007, 116, 121). Denn die Anwesenheit von Truppen eines NATO-Staates in einem anderen NATO-Staat auf der Grundlage des NATOTrStat wurzelt in der autonomen Rechtsordnung des Entsendestaats und vor allem in seiner militärischen Organisationsgewalt; sie ist streng akzessorisch zum zugrundeliegenden militärischen Auftrag in dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Nordatlantikvertrags (vgl Art 1 Abs 1a NATOTrStat). Die auf dieser Grundlage geschaffene Aufenthaltsposition von NATO-Truppenmitgliedern und genauso diejenige ihrer Angehörigen lässt die deutsche Rechtsordnung, die sich damit durch völkerrechtliche Verträge einverstanden erklärt hat, weitgehend unberührt. Nach Art 7 NATOTrStatZA bleiben daher Zeiten, die eine Person als Mitglied einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder als Angehöriger im Bundesgebiet zugebracht hat, bei der Anwendung im Bundesgebiet geltender Bestimmungen über Aufenthalt und Niederlassung soweit sie sich auf Rückschaffung, Ausweisung oder die Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen beziehen, unberücksichtigt. Mitglieder von NATO-Truppen und ihre Angehörigen erwerben zudem, wie Art III Abs 1 S 2 NATOTrStat ausdrücklich bestimmt, unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts kein individuelles Recht auf ständigen Aufenthalt oder Wohnsitz im Aufnahmestaat.
Anders als ein rechtmäßiger Aufenthalt auf der Grundlage ausländerrechtlicher Bestimmungen (vgl § 9 Abs 2 Nr 1 Aufenthaltsgesetz <AufenthG>) kann daher auch ein langjähriger Aufenthalt nach den Bestimmungen des NATOTrStat nicht aus sich heraus zu einem dauerhaften individuellen Aufenthaltsrecht nach deutschem Recht erstarken. Der Aufenthalt eines NATO-Truppenmitglieds auf der Grundlage des NATOTrStat ist nach der Natur der Sache regelmäßig durch den zugrunde liegenden militärischen Auftrag bedingt und befristet; nichts Anderes gilt für eine abgeleitete Aufenthaltsposition seiner Angehörigen. Solche Aufenthaltspositionen können deshalb keine den Aufenthaltstiteln in § 1 Abs 7 BEEG vergleichbare, auf Dauer angelegte individuelle Rechtsposition begründen, von der aber der Gesetzgeber den Bezug von Elterngeld bei nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern abhängig machen will (vgl Dau, jurisPR-SozR 17/2009 Anm 6 Buchst D unter Hinweis auf Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 6.6.2002 - 3 K 5708/00 - Juris zum Kindergeld).
Nichts anderes ergibt sich aus dem vom LSG und von der Klägerin hervorgehobenen Umstand, dass sie nach Art 6 NATOTrStatZA iVm § 9 Nr 13 der Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für ausländische Arbeitnehmer, Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV) - für ihre Beschäftigung in Deutschland keine Arbeitsgenehmigung benötigte und langjährig in Deutschland sozialversicherungspflichtig tätig war. Denn das vom Gesetzgeber als Prognosekriterium für einen dauernden, rechtlich gesicherten Aufenthalt nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer in Deutschland aufgestellte Erfordernis einer Erwerbstätigkeit bzw der Berechtigung zur Erwerbstätigkeit erfüllt seine Funktion nur im Kontext der deutschen ausländerrechtlichen Regelungen. So setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem AufenthG regelmäßig voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist, § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG. Damit eine befristete Aufenthaltserlaubnis langfristig zu einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis erstarken kann, muss ein Ausländer darüber hinaus regelmäßig 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet oder vergleichbare Vorsorgeaufwendungen getätigt haben (vgl § 9 Abs 2 Nr 3 AufenthG). Nur auf dem Boden dieser gesetzlichen Systematik vermag die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw die Berechtigung dazu die Prognose eines dauerhaften, rechtlich gesicherten Aufenthalts solcher nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer in Deutschland zu stützen, die anders als die Klägerin dem Regime der deutschen ausländerrechtlichen Vorschriften unterworfen sind. Dagegen ändert auch eine langjährige sozialversicherungspflichtige Tätigkeit von nicht freizügigkeitsberechtigten ausländischen Angehörigen von NATO-Truppenmit-gliedern nichts an deren durch den militärischen Auftrag bedingten und befristeten, allein im Interesse des Entsendestaats begründeten Aufenthaltsstatus. Sie erlaubt daher nicht den Schluss auf eine bestimmte, längere Dauer des Verbleibs in Deutschland.
Daher erscheint es auch konsequent, wenn die von den Instanzgerichten und den Beteiligten thematisierten Gesetzesmaterialien allein den möglichen Elterngeldanspruch von Ehegatten von NATO-Truppenmitgliedern mit deutscher und EU/EWR-Staatsangehörigkeit hervorheben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 12). Denn solche Angehörige verfügen unabhängig vom NATOTrStat von vornherein über eine rechtlich gesicherte Aufenthaltsposition aus eigenem Recht in Deutschland. Andererseits weisen die Materialien nachvollziehbar darauf hin, dass ansonsten ein dauerhafter Aufenthalt von NATO-Truppenmitgliedern und ihren ausländischen Angehörigen in Deutschland nicht zu erwarten und deshalb für sie ein Elterngeldanspruch nach der gesetzlichen Systematik nicht geboten ist.
Der Senat sieht sich mit seiner Entscheidung nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Kindergeldrecht, die in bestimmten Konstellationen einen Verzicht auf das dem Elterngeld parallele gesetzliche Erfordernis des Aufenthaltstitels in analoger Anwendung von § 62 Einkommensteuergesetz befürwortet (vgl BFH Urteile vom 8.8.2013 - III R 22/12 - BFHE 242, 344 sowie vom 25.7.2007 - III R 55/02 - BFHE 218, 356 = BStBl II 2008, 758). Die vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fälle betrafen Ausländer, die zwar wie die Klägerin von dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit waren, bei denen aber, anders als bei der Klägerin, zusätzlich besondere Umstände für einen dauernden Verbleib in Deutschland sprachen. Dies betraf zum einen eine bereits vor der Eheschließung mit einem NATO-Truppenmitglied erworbene gesicherte ausländerrechtliche Position (vgl BFH Urteil vom 8.8.2013 - III R 22/12 - BFHE 242, 344), zum anderen die spezielle Situation von ständig in Deutschland ansässigem, nicht befristet beschäftigtem ausländischem Botschaftspersonal (vgl BFH Urteil vom 25.7.2007 - III R 55/02 - BFHE 218, 356 = BStBl II 2008, 758).
Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin in Deutschland einkommensteuerpflichtig war und für sie zudem Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet wurden, folgt ebenfalls kein Anspruch auf Elterngeld. Elterngeld kann nicht als Gegenleistung für die vom Berechtigten zuvor auf sein Erwerbseinkommen entrichteten Steuern angesehen werden (Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Aufl 2008, Vorbem zu §§ 1 bis 14 BEEG, RdNr 14; vgl allgemein § 3 Abs 1 AO sowie Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl 2010, § 3 RdNr 15). Das Elterngeld ist auch keine beitragsfinanzierte Sozialleistung, auf die Beschäftigte durch Entrichtung von Beiträgen nach dem Äquivalenzprinzip Ansprüche erwerben könnten.
4. Der Ausschluss der Klägerin und vergleichbarer Ausländer vom Elterngeld verstößt nach dem Vorgesagten auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG in der hier ausschlaggebenden Ausprägung als Willkürverbot iVm Art 6 GG (vgl zu diesem Maßstab, BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 10 EG 9/13 R - RdNr 28 ff zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16). Für die Ungleichbehandlung der Klägerin im Verhältnis zu Inhabern der in § 1 Abs 7 BEEG genannten Aufenthaltstitel gibt es vielmehr hinreichend gewichtige Gründe.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann die unterschiedliche Bleibedauer von Ausländern in Deutschland eine ungleiche Behandlung bei der Elterngeldgewährung rechtfertigen. Danach stellt es einen legitimen Zweck dar, Elterngeld nur solchen Eltern zu gewähren, die voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleiben, soweit der Gesetzgeber mit dem Elterngeld eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung in Deutschland fördern will. Dieses Ziel würde bei der Gewährung an Personen, die das Bundesgebiet bald wieder verlassen, verfehlt (vgl BVerfG Beschluss vom 10.7.2012 - 1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11 - BVerfGE 132, 72-99).
Nach Einschätzung des Senats ist die Anknüpfung an den rechtlichen Aufenthaltsstatus nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer auch ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel, um den genannten legitimen Zweck zu erreichen (vgl BSG Teilurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - BSGE 105, 70-84 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10). Wie ausgeführt, rechtfertigt der Aufenthaltsstatus auf der Grundlage des NATOTrStat selbst in Verbindung mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht den Schluss auf einen hinreichend rechtlich gesicherten dauerhaften Verbleib in Deutschland, sondern spricht in aller Regel dagegen. Dies unterscheidet die Klägerin wesentlich von freizügigkeitsberechtigten Ausländern sowie von Inhabern eines der in § 1 Abs 7 BEEG genannten, zum Bezug von Elterngeld genannten Aufenthaltstitel, die typischerweise die Prognose eines rechtlich gesicherten Daueraufenthalts in Deutschland stützen. Es stellt die Eignung des Prognosekriteriums Aufenthaltsstatus nicht infrage, dass die darauf gestützte Prognose in Einzelfällen wie bei der Klägerin, die rund 10 Jahre in Deutschland geblieben ist, nicht stets sofort eintritt. Jedenfalls ist inzwischen, darauf haben das LSG und die Beklagte zu Recht hingewiesen, die Klägerin zudem wieder in ihre Heimat zurückgekehrt.
Der Ausschluss der Klägerin vom Elterngeld erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig im engeren Sinne. Einerseits kommt dem Gesetzgeber bei der Gewährung steuerfinanzierter Sozialleistungen wie dem Elterngeld - auch bei zusätzlicher Berücksichtigung des Grundrechts aus Art 6 Abs 1 GG - ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - Juris RdNr 29), andererseits lässt die demographische Entwicklung in Deutschland die gezielte Förderung von Eltern, die mit ihren Kindern dauerhaft in Deutschland bleiben, besonders dringlich erscheinen.
Da die Klägerin somit bereits die Grundvoraussetzungen für den Bezug von Elterngeld nicht vollständig erfüllt, hat das SG ihre Klage auf Elterngeld zu Recht abgewiesen. Das anderslautende Urteil des LSG war daher aufzuheben, die Berufung zurückzuweisen und damit das sozialgerichtliche Urteil wiederherzustellen.