Entscheidungsdatum: 14.07.2017
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. November 2016 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin erkrankte an einem metastasierenden Mammakarzinom. Das Krankenhaus bestrahlte Ende 2013 stereotaktisch fraktioniert die solitäre Hirnmetastase. Der Verdacht eines Tumorprogresses neben einem zunehmenden perifokalen Ödem ergab sich anhand von im Laufe des Jahres 2014 gefertigten MRT-Aufnahmen. Die Klägerin vereinbarte anlässlich einer Untersuchung im Krankenhaus (23.12.2014) dort die Durchführung einer differentialdiagnostischen Positronen-Emissions-Tomographie mit Computertomographie (PET-CT) für den 6.1.2015 und beantragte bei der Beklagten Kostenübernahme. Die Beklagte setzte die Klägerin telefonisch am 5.1.2015 von der ablehnenden Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom selben Tag in Kenntnis. Die PET-CT erfolgte wie vereinbart. Die Klägerin ist mit ihrem Kostenerstattungsbegehren (1140,86 Euro) bei der Beklagten (schriftlicher Bescheid vom 7.1.2015) und den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Kostenbelastung der Klägerin sei selbst dann nicht durch die ablehnende Entscheidung verursacht worden, wenn die Beklagte diese schon im Telefonat bekannt gegeben habe, weil die Klägerin bereits zuvor zur PET-CT-Diagnostik entschlossen gewesen sei. Die PET-CT-Diagnostik sei auch nicht unaufschiebbar gewesen. Ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auch dann nicht, wenn die Beklagte die Klägerin bei einer Behandlung im Diagnostischen Therapeutischen Zentrum F. (DTZ) mit einer PET-CT-Sachleistung versorgt hätte (Urteil vom 3.11.2016).
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensmangels.
1. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36).
a) Wer - wie hier die Klägerin - die Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 EMRK) rügt, muss ausführen, welchen erheblichen Vortrag das Gericht bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen des Rechtsuchenden dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil auf diesem Sachverhalt beruht (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; BSG Beschluss vom 10.3.2011 - B 1 KR 134/10 B - Juris RdNr 6 mwN). Daran fehlt es.
Die Klägerin macht geltend, das LSG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es sich nicht ansatzweise mit ihrem Vortrag und den angebotenen Beweismitteln zur Begründung ihres Anspruchs aus § 2 Abs 1a SGB V auseinandergesetzt habe. Die Klägerin legt schon nicht dar, wieso das LSG den Klägervortrag nicht im Tatbestand durch die Worte zur Kenntnis genommen hat: "Die MRT-Untersuchung sei zur erneuten Behandlung, die aufgrund der Lokalisation nur in einer Re-Bestrahlung bestehen könne, nicht ausreichend, da sich damit nicht darstellen lasse, ob eine Hirnnekrose oder ein Tumorprogress vorliege. Im Falle eines Rezidivs müsse das Zielvolumen genau bestimmt werden. Dafür sei nur die PET-CT ausreichend empfindlich." Die Klägerin legt auch ansonsten eine Gehörsverletzung nicht schlüssig dar. Das Gebot der Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht regelmäßig nur dazu, die Ausführungen von Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Es ist aber erst verletzt, wenn sich klar ergibt, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung gar nicht erwogen worden ist (vgl zB BVerfGE 65, 293, 295 f mwN = SozR 1100 Art 103 Nr 5; BSG Beschluss vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 25.2.1997 - 12 BK 17/96 - Juris RdNr 5). Ein Gericht muss sich dagegen nicht ausdrücklich mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, wenn sich aus der Entscheidung zweifelsfrei ergibt, dass es das Vorbringen auch ohne explizite Erwähnung für unerheblich gehalten hat (vgl BSG Beschluss vom 18.10.2016 - B 1 AS 1/16 C - RdNr 4; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 136 RdNr 7a). Die Klägerin legt nicht dar, wieso dies beim LSG-Urteil anders gewesen sein könnte, obwohl es den Erstattungsanspruch wegen mangelnder Ursächlichkeit der ablehnenden Verwaltungsentscheidung für die entstandenen Kosten und mangels Unaufschiebbarkeit der Untersuchung abgelehnt hat. Im Kern wendet sich die Klägerin dagegen, dass das LSG ihr Vorbringen als nicht tragfähig angesehen hat. Die Klägerin behauptet damit letztlich nur, das LSG habe das materielle Recht fehlerhaft angewendet. Solches Vorbringen reicht indes nicht aus, um die Revision zuzulassen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7; BSG Beschluss vom 8.2.2006 - B 1 KR 65/05 B - Juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 10.3.2011 - B 1 KR 134/10 B - Juris RdNr 11 mwN). Gleiches gilt für das Vorbringen der Klägerin, das LSG habe zu Unrecht nicht beachtet, dass die Beklagte es pflichtwidrig unterlassen habe, sie über den bestehenden integrierten Versorgungsvertrag mit dem DTZ aufzuklären, obwohl die Beklagte mit diesem Vertrag die PET-CT als abweichende Leistung iS des § 2 Abs 1a SGB V grundsätzlich anerkannt habe (zum Herstellungsanspruch bei Kostenerstattung wegen Systemversagens vgl im Übrigen BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15).
b) Sofern die Klägerin mit ihrem Vorbringen, das LSG habe sich mit den von ihr angebotenen Beweismitteln nicht auseinandergesetzt, eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG geltend machen will, legt sie diese nicht hinreichend dar. Wer eine Verfahrensrüge auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht stützen will, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B - mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rspr des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu BSG Beschluss vom 14.6.2005 - B 1 KR 38/04 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 25.4.2006 - B 1 KR 97/05 B - RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Wird ein Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG (BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4 f). Mit der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung muss daher der Beteiligte, der schriftsätzlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen will, die Aufrechterhaltung dieser Anträge ausdrücklich mitteilen oder neue förmliche Beweisanträge stellen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; BSG Beschluss vom 6.6.2001 - B 2 U 117/01 B - Juris RdNr 2; BSG Beschluss vom 27.12.2011 - B 13 R 253/11 B - Juris RdNr 7); eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt nicht (vgl zum Ganzen BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; BSG Beschluss vom 16.1.2013 - B 1 KR 25/12 B - Juris RdNr 6). Der Tatsacheninstanz soll dadurch nämlich vor Augen geführt werden, dass der Betroffene die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 67; BSG Beschluss vom 10.4.2006 - B 1 KR 47/05 B - Juris RdNr 9 mwN; BSG Beschluss vom 1.2.2013 - B 1 KR 111/12 B - RdNr 8).
Die anwaltlich vertretene Klägerin legt keinen Verfahrensmangel in diesem Sinne dar. Sie benennt bereits keinen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag, den sie nach der im Erörterungstermin (20.10.2016) erteilten Zustimmung zur Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung aufrechterhalten oder erstmalig gestellt hat. Hierfür ist auch im Übrigen nichts ersichtlich. Im Übrigen geht sie auch nicht darauf ein, inwieweit Tatsachen nach der - bereits im Erörterungstermin mitgeteilten - Rechtsauffassung des LSG noch klärungsbedürftig gewesen seien (vgl im Übrigen zum Tatbestandsmerkmal der unaufschiebbaren Leistung in § 13 Abs 3 SGB V und den dazu erforderlichen Tatsachenfeststellungen zB BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 14/14 R - Juris RdNr 15 = KrV 2015, 254).
c) Soweit die Klägerin mit ihrer Darlegung, das LSG setze sich nicht mit ihrem Vorbringen auseinander, sinngemäß auch das Fehlen von Entscheidungsgründen rügen wollte, legt sie deren Fehlen nicht schlüssig dar. Entscheidungsgründe fehlen nicht bereits dann, wenn die Gründe sachlich unvollständig, unzureichend, unrichtig oder sonst rechtsfehlerhaft sind (vgl BSG SozR Nr 79 zu § 128 SGG; BSG Beschluss vom 10.3.2011 - B 1 KR 134/10 B - Juris RdNr 11 mwN). Infolgedessen legt eine Beschwerdebegründung das Fehlen von Gründen nicht schlüssig dar, wenn sie lediglich geltend macht, das LSG habe weitere, konkret benannte rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte behandeln müssen. Im Kern greift sie damit nicht das Fehlen von Entscheidungsgründen, sondern die Richtigkeit der Entscheidung an. So liegt es hier. Dies kann jedoch - wie ausgeführt - nicht Gegenstand einer Verfahrensrüge sein.