Entscheidungsdatum: 06.11.2018
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. März 2017 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 17. Februar 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, die Klägerin mit einer Brust- und Abdominalplastik sowie einer Liposuktion der Oberschenkel zu versorgen und dass der Bescheid vom 17. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2014 aufgehoben wird, soweit er die beantragten Leistungen abgelehnt hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.
Die Beteiligten streiten über die Versorgung der Klägerin mit Hautstraffungsoperationen an Brust und Bauch (Brust- und Abdominalplastik) sowie einer Liposuktion der Oberschenkel.
Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin beantragte nach massiver Gewichtsabnahme befundgestützt die Versorgung mit Hautstraffungsoperationen im Bauch- und Brustbereich sowie an den Oberschenkeln nebst vorheriger Liposuktion der Oberschenkel (25.10.2013). Die Beklagte teilte der Klägerin mit, dass vor einer Entscheidung eine medizinische Untersuchung erforderlich sei und lud sie ein, sich am 2.12.2013 beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vorzustellen (5.11.2013). Der MDK verneinte eine eindeutige Indikation für die beantragten Operationen; am ausgeprägtesten sei der Befund an den Oberschenkeln (9.12.2013). Gestützt hierauf bewilligte die Beklagte der Klägerin eine gewebereduzierende Operation der Oberschenkel ohne Liposuktion und lehnte die beantragte Versorgung im Übrigen ab (Bescheid vom 17.12.2013; Widerspruchsbescheid vom 14.3.2014). Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung der Verwaltungsentscheidung verpflichtet, der Klägerin hautstraffende Operationen im Bereich der Brüste, der Bauchdecke und der Oberschenkel einschließlich Liposuktion zu gewähren (Urteil vom 17.2.2015). Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Eine Operation zur Oberschenkelstraffung stehe nicht in Streit. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Versorgung mit einer Liposuktion der Oberschenkel und einer Brust- und Bauchstraffung. Es fehle an einer behandlungsbedürftigen Krankheit. Die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a SGB V) seien nicht erfüllt. Die Regelung erfasse nur Leistungen, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gehörten (Urteil vom 28.3.2017).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 13 Abs 3a SGB V sowie § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 39 Abs 1 SGB V.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. März 2017 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 17. Februar 2015 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verurteilt wird, die Klägerin mit einer Brust- und Abdominalplastik sowie einer Liposuktion der Oberschenkel zu versorgen und dass der Bescheid vom 17. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2014 aufgehoben wird, soweit er die beantragten Leistungen abgelehnt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Revision sei zudem schon wegen Verstoßes gegen § 73 Abs 6 SGG unzulässig.
Die Revision der Klägerin ist zulässig (dazu 1.) und begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Unrecht hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Klage gegen die Leistungsablehnung (Bescheid vom 17.12.2013; Widerspruchsbescheid vom 14.3.2014) abgewiesen. Das LSG-Urteil verletzt materielles revisibles Recht. Die zulässige Klage (dazu 2.) ist begründet. Die Klägerin hat aufgrund fingierter Genehmigung ihres Antrags einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit der beantragten Brust- und Abdominalplastik sowie der beantragten Liposuktion der Oberschenkel (dazu 3.). Die Ablehnungsentscheidung der beklagten KK ist rechtswidrig (dazu 4.).
1. Die Klägerin hat die Bevollmächtigung ihres Prozessbevollmächtigten für das Revisionsverfahren nachgewiesen (§ 73 Abs 6 S 1 und S 4 SGG). Sie hat ihren Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß bevollmächtigt (7.2.2014). Die schriftlich zu den Gerichtsakten eingereichte Vollmacht (§ 73 Abs 6 S 1 SGG) lässt keinen Zweifel daran, wer bevollmächtigt ist, wer bevollmächtigt hat und wozu bevollmächtigt worden ist (vgl BSG Beschluss vom 17.3.2016 - B 4 AS 684/15 B - Juris RdNr 5 unter Hinweis auf BFH Urteil vom 17.7.1984 - VIII R 20/82 - BFHE 141, 463, 465): Der Prozessbevollmächtigte ist von der Klägerin ausdrücklich ua zur Einlegung von Rechtsmitteln in Rechtsstreitigkeiten betreffend den an die Klägerin gerichteten Bescheid der Beklagten vom 17.12.2013 bevollmächtigt. Der Zusatz - "Diese Vollmacht gilt nur für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht (nicht für das außergerichtliche Verfahren) gemäß telefonischer Absprache vom 7.2.14, also entstehen mir keine Kosten." - sollte ersichtlich lediglich eine (Kosten auslösende) vorgerichtliche Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten bereits für das Widerspruchsverfahren ausschließen, nicht dagegen die Prozessvollmacht auf das erstinstanzliche Verfahren beschränken.
2. Gegenstand des Rechtsstreits sind zwei in einer Klage im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) zusammen verfolgte zulässige Klagebegehren: Die allgemeine Leistungsklage auf Versorgung mit einer Brust- und Abdominalplastik sowie Liposuktion der Oberschenkel (dazu a) und die (isolierte) Anfechtungsklage gegen die Ablehnungsentscheidung (dazu b).
a) Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig. Nach § 54 Abs 5 SGG kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Hierfür genügt es, dass ein bindender Verwaltungsakt (§ 77 SGG) vorliegt, der Leistungsträger aber gleichwohl nicht leistet (vgl BSGE 50, 82, 83 = SozR 1500 § 54 Nr 40 S 22 f; s ferner Zeihe in Zeihe/Hauck, SGG, Stand April 2018, § 54 RdNr 43b). Ist die Genehmigung einer beantragten Leistung kraft Fiktion erfolgt, steht dies der Bewilligung der beantragten Leistung durch einen Leistungsbescheid gleich. Die Genehmigungsfiktion bewirkt ohne Bekanntgabe (§§ 37, 39 Abs 1 SGB X) einen in jeder Hinsicht voll wirksamen Verwaltungsakt iS von § 31 S 1 SGB X. Durch den Eintritt der Fiktion verwandelt sich der hinreichend inhaltlich bestimmte Antrag in den Verfügungssatz des fingierten Verwaltungsakts. Er hat zur Rechtsfolge, dass das in seinem Gegenstand durch den Antrag bestimmte Verwaltungsverfahren beendet ist und dem Versicherten unmittelbar ein Anspruch auf Versorgung mit der Leistung zusteht (vgl zum Ganzen BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 8 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 9, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Die allgemeine Leistungsklage tritt nicht hinter die Feststellungsklage zurück (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG). Mit der allgemeinen Leistungsklage kann ein Kläger effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 S 1 GG) erlangen, wenn sich eine KK - wie hier - weigert, eine durch Verwaltungsakt zuerkannte Leistung zu erbringen. Ihm bleibt nur die Leistungsklage, um einen Vollstreckungstitel zu erhalten (§ 199 Abs 1 Nr 1 SGG). Eine Vollstreckung aus Verwaltungsakten gegen die öffentliche Hand ist nicht vorgesehen (vgl BSGE 50, 82, 83 = SozR 1500 § 54 Nr 40 S 23; BSGE 75, 262, 265 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2 S 15). Die allgemeine Leistungsklage und nicht eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) ist statthaft. Denn die Klägerin stützt ihr Begehren gerade auf den Eintritt der fingierten Genehmigung ihres Antrags (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V), auf einen fingierten Leistungsbescheid, der in Bestandskraft erwachsen ist. § 86 SGG findet keine Anwendung.
b) Die gegen die Ablehnungsentscheidung neben der allgemeinen Leistungsklage erhobene isolierte Anfechtungsklage ist zulässig (vgl BSG 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 10 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 11, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Die Beklagte setzte mit ihrer Leistungsablehnung nicht das mit Eintritt der Genehmigungsfiktion beendete, ursprüngliche Verwaltungsverfahren fort, sondern eröffnete ein neues eigenständiges Verfahren.
3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Versorgung mit einer Brust- und Abdominalplastik sowie einer Liposuktion der Oberschenkel als Naturalleistung. Er entstand kraft fingierter Genehmigung des Antrags (dazu a). Die Voraussetzungen der Fiktion der Genehmigung sind erfüllt. § 13 Abs 3a SGB V (idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten
a) Gilt eine beantragte Leistung als genehmigt, erwächst dem Antragsteller hieraus ein Naturalleistungsanspruch als eigenständig durchsetzbarer Anspruch. Ein solcher Anspruch auf Leistung, den ein Versicherter aufgrund fingierter Genehmigung erlangt, gehört zum Leistungskatalog der GKV (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 LS 1, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; aA, aber ohne neue Argumente Schneider, NZS 2018, 753, 756 ff; Felix, KrV 2018, 177, 182). Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 16, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 12 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25). Ausdrücklich regelt das Gesetz, dass, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt, die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Der Wortlaut des § 13 Abs 3a S 6 SGB V steht dem Naturalleistungsanspruch nicht bloß nicht entgegen, sondern gebietet diesen sogar. Ohne den nachfolgenden S 7 bliebe es allein bei diesem Anspruch. Denn eine KK darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (vgl § 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsehen (vgl § 13 Abs 1 SGB V). Nach dem Regelungssystem entspricht dem Naturalleistungsanspruch der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz. § 13 Abs 3a S 7 SGB V begrenzt den sich aus der Genehmigungsfiktion ergebenden Anspruch schon nach seinem Wortlaut nicht, sondern erweitert die Handlungsoptionen neben der Inanspruchnahme der Leistung in Natur um die Selbstbeschaffung mit Kostenerstattung. Dies vermeidet eine sachwidrige Ungleichbehandlung iS von Art 3 Abs 1 GG. Denn nur der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Berechtigten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht auch der Sanktionscharakter der Norm (vgl ausführlich BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 16 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 12 f mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25; Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1).
b) Die Regelung des § 13 Abs 3a S 6 SGB V ist auf den Antrag der Klägerin sachlich anwendbar. Die Regelung erfasst ua Ansprüche auf Krankenbehandlung, nicht dagegen Ansprüche gegen KKn, die unmittelbar auf eine Geldleistung oder auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gerichtet sind (vgl zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 14 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 11 ff); auf letztere finden die §§ 14 f SGB IX Anwendung (§ 13 Abs 3a S 9 SGB V). Die Klägerin begehrt demgegenüber die Gewährung von Krankenbehandlung in Form von Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 39 SGB V).
c) Die Klägerin ist als bei der Beklagten Versicherte leistungsberechtigt im Sinne der Regelung. "Leistungsberechtigter" ist derjenige, der berechtigt ist, Leistungen nach dem SGB V zu beanspruchen. Hierzu zählen ua in der GKV Versicherte im Verhältnis zu ihrer jeweiligen KK (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 19, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 16 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 22).
d) Die Klägerin beantragte als Leistung hinreichend bestimmt eine Brust- und Abdominalplastik sowie eine Liposuktion der Oberschenkel. Damit eine Leistung als genehmigt gelten kann, bedarf es eines fiktionsfähigen Antrags. Der Antrag hat eine Doppelfunktion als Verfahrenshandlung (vgl dazu oben, unter II. 2. a) und als materiell-rechtliche Voraussetzung (vgl zur Doppelfunktion zB BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14). Die Fiktion kann nur dann greifen, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits iS von § 33 Abs 1 SGB X hinreichend bestimmt ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 20, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 17 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 23). Ein Verwaltungsakt ist - zusammengefasst - inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X), wenn sein Adressat objektiv in der Lage ist, den Regelungsgehalt des Verfügungssatzes zu erkennen und der Verfügungssatz ggf eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bildet. So liegt es, wenn der Verfügungssatz in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, sein Verhalten daran auszurichten. Die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit richten sich im Einzelnen nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (stRspr, vgl nur BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 17 mwN). Der Verfügungssatz, einen Naturalleistungsanspruch auf eine bestimmte Krankenbehandlung (§ 27 SGB V) zu gewähren, verschafft dem Adressaten - wie dargelegt - ua eine Rechtsgrundlage dafür, mittels Leistungsklage einen Vollstreckungstitel auf das Zuerkannte zu erhalten (vgl näher BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 18 mwN).
Der Antrag der Klägerin vom 25.10.2013 genügte diesen Anforderungen. Er war auf die Versorgung mit einer Bauchdeckenstraffung, Straffung der Brüste sowie Fettabsaugung und Straffung der Oberschenkel in einem hierfür geeigneten Krankenhaus gerichtet, ohne dass sich die Klägerin auf ein bestimmtes behandelndes Krankenhaus festgelegt hätte (vgl entsprechend BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 19 mwN).
e) Der Antrag der Klägerin betraf auch eine Leistung, die sie für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion zwar nicht ausdrücklich an, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck.
Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen (vgl BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 21 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 26).
Dieser Auslegung steht weder das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) noch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) entgegen. Die in der Durchbrechung dieser Grundsätze liegende Ungleichbehandlung Versicherter ist als gezielte, durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln vermeidbare Sanktion in eng begrenzten Ausnahmefällen noch vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (vgl Art 3 Abs 1 GG) gerechtfertigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 137e Nr 1 RdNr 22, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). § 13 Abs 3a SGB V weicht gerade als Sanktionsnorm von den genannten Anforderungen ab, indem er in seinem S 6 selbst in den Fällen, in denen eine KK einen im oben dargestellten Sinn fiktionsfähigen Antrag völlig übergeht, die Fiktion der Genehmigung anordnet und damit bewusst in Kauf nimmt, dass die Rechtsauffassung des Antragstellers nur "zufällig" rechtmäßig ist, mithin die Leistung auch dann als genehmigt gilt, wenn der Antragsteller auf diese objektiv ohne die Genehmigungsfiktion keinen materiell-rechtlichen Anspruch hat. Wären nur die auf sonstige materiell-rechtlich bestehende Leistungsansprüche außerhalb von § 13 Abs 3a SGB V gerichteten Anträge fiktionsfähig, wäre die Regelung des § 13 Abs 3a S 6 SGB V obsolet (vgl BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 22 mwN; dies verkennend zB LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 26.5.2014 - L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KR 155/14 B - Juris RdNr 26 ff = NZS 2014, 663; Schneider, NZS 2018, 753, 756 f, zudem unzutreffend auf die ursprüngliche geplante Regelung in Art 2 Nr 1 PatRVerbG-Entwurf der Bundesregierung
Die von der Klägerin begehrten Hautstraffungsoperationen an Brust und Bauch sowie die Liposuktion der Oberschenkel liegen nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV (vgl zur Hautstraffungsoperation BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 25, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; zur Liposuktion BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 1/17 R - Juris RdNr 22 = USK 2017-38). Gründe, warum die Klägerin die beantragte Brust- und Abdominalplastik und Liposuktion nicht aufgrund der fachlichen Befürwortung durch ihre behandelnden Ärzte für erforderlich halten durfte, hat das LSG nicht festgestellt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Beklagte ermittelte zudem selbst in medizinischer Hinsicht und bejahte einen Anspruch auf eine Hautstraffungsoperation im Bereich der Oberschenkel.
f) Die Beklagte beschied den Antrag nicht innerhalb der ab dem 25.10.2013 (dazu aa) beginnenden Fünf-Wochen-Frist (dazu bb), sondern erst nach Fristablauf (dazu cc).
aa) Maßgeblich für den Fristbeginn war der Eingang des Antrags bei der Beklagten. Hierbei ist es unerheblich, ob die betroffene KK meint, der maßgebliche Sachverhalt sei noch aufzuklären. Das folgt aus Wortlaut, Regelungssystem, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck. Nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V hat die KK über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die KK eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs 3a S 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs 3a S 3 SGB V). Eine hiervon abweichende Frist ist nur für den Fall der Durchführung eines im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte vorgesehenen Gutachterverfahrens bestimmt (§ 13 Abs 3a S 4 SGB V: ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen). Kann die KK die Fristen nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V; vgl BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 25 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Ein hinreichender Grund für die Nichteinhaltung der Frist kann insbesondere die im Rahmen der Amtsermittlung (§ 20 SGB X) gebotene Einholung von weiteren Informationen beim Antragsteller oder Dritten oder eine medizinische Begutachtung des Antragstellers sein, um abschließend über den Antrag entscheiden zu können (vgl zum Ganzen BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 26 f mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 30 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Nach diesen Grundsätzen begann die Frist am 26.10.2013 zu laufen. Denn der maßgebliche Antrag der Klägerin ging der Beklagten am Freitag, dem 25.10.2013 zu (vgl § 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 1 BGB).
bb) Die gesetzliche Fünf-Wochen-Frist (vgl § 13 Abs 3a S 1 Fall 2 SGB V), die aufgrund der Unterrichtung der Klägerin von der Einschaltung des MDK lief (vgl § 13 Abs 3a S 2 SGB V; vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 37 RdNr 21), endete am Freitag, dem 29.11.2013 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 188 Abs 2 BGB).
cc) Die Beklagte beschied den Antrag nicht bis zum Fristablauf am 29.11.2013, sondern erst später mit Erlass des Bescheides vom 17.12.2013. Die gesetzliche Frist verlängerte sich nicht bis zu diesem Zeitpunkt dadurch, dass die Beklagte einen Begutachtungstermin für den 2.12.2013 anberaumte. Denn die Beklagte informierte die Klägerin weder über die voraussichtliche, taggenau bestimmte Dauer der Fristüberschreitung jenseits der Fünf-Wochen-Frist noch teilte sie ihr einen Grund für die verzögerte Bearbeitung mit (Begutachtungstermin erst nach Ablauf der Fünf-Wochen-Frist). Ohne eine taggenaue Verlängerung der Frist kann ein Antragsteller nicht erkennen, wann die Fiktion der Genehmigung eingetreten ist (vgl zum Ganzen BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 31 f mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 20).
g) Die entstandene Genehmigung erlosch auch nicht später. Auch eine fingierte Genehmigung - wie jene der Klägerin - bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Sind Bestand oder Rechtswirkungen einer Genehmigung für den Adressaten erkennbar von vornherein an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, so wird sie gegenstandslos, wenn die betreffende Situation nicht mehr besteht. In diesem Sinne ist eine KK nach Fristablauf nicht mit allen Einwendungen gegen die fingierte Genehmigung ausgeschlossen. Die fingierte Genehmigung schützt den Adressaten dadurch, dass sie ihre Wirksamkeit ausschließlich nach den allgemeinen Grundsätzen über Erledigung, Widerruf und Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts verliert. Ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach der Erfüllung der oben aufgezeigten Voraussetzungen (§ 13 Abs 3a SGB V), nicht nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs (BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 35; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 31; anders die Regelung des § 42a Abs 1 S 2 VwVfG). Diese vom erkennenden Senat zu § 13 Abs 3a SGB V entwickelten Grundsätze gelten in gleicher Weise für Naturalleistungsbegehren wie für Kostenerstattungsbegehren. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fallgruppen widerspräche der Gesetzeskonzeption, dem Sanktionscharakter der Regelung, die das Interesse aller Versicherten an einem beschleunigten Verwaltungsverfahren schützt. Sie würde mittellose Versicherte sachwidrig ungleich gegenüber jenen behandeln, die sich die Leistung nach fingierter Genehmigung selbst beschaffen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2017 - B 1 KR 7/17 R - Juris RdNr 31 mwN = KHE 2017/69).
Die Voraussetzungen eines Erlöschenstatbestands sind nicht erfüllt. Die Beklagte regelte mit der Ablehnung der Leistungen weder ausdrücklich noch sinngemäß, weder förmlich noch inhaltlich eine Rücknahme, eine Aufhebung oder einen Widerruf (vgl hierzu §§ 45, 47, 48 SGB X) der fingierten Genehmigung (vgl auch BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 36 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 32). Geänderte Umstände, die die Genehmigung durch Eintritt eines erledigenden Ereignisses entfallen lassen könnten, hat weder das LSG festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich.
4. Die Ablehnungsentscheidung der Beklagten (Bescheid vom 17.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.3.2014) ist rechtswidrig. Sie verletzt die Klägerin in ihrem aus der fiktiven Genehmigung ihres Antrags ergebenden Leistungsanspruch (vgl dazu oben II 3.).