Entscheidungsdatum: 29.03.2016
Streitet ein Vertragsarzt um Schadensersatz von einem Krankenhaus, weil es die ihm obliegenden Grenzen bei Erbringung stationärer Leistungen verletzt habe, ist hierfür seit 2012 ein Spruchkörper der Sozialgerichtsbarkeit für gesetzliche Krankenversicherung zuständig (Abgrenzung zu BSG vom 23.3.2011 - B 6 KA 11/10 R = BSGE 108, 35 = SozR 4 2500 § 115b Nr 3).
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2015 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
I. Der klagende Vertragsarzt, Arzt für Chirurgie und Handchirurgie mit Praxissitz in O., ist mit seiner Stufenklage in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Er begehrt Erteilung der Auskunft, wie viele und welche ambulanten und stationären Operationen Ärzte d. I. für Handchirurgie und Plastische Chirurgie (HPC O.) in der Klinik der beklagten Krankenhausträgerin seit 2008 an Versicherten welcher Krankenkassen (KK) durchgeführt haben, Abgabe einer diesbezüglichen eidesstattlichen Versicherung und Zahlung von Schadensersatz entsprechend der erteilten Auskunft. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, eine konkrete Verletzung von Regelungen, die den Kläger vor rechtswidrigem Wettbewerb schützten, sei nach seinem Vorbringen nicht ersichtlich. Die Beklagte habe sich lediglich entschlossen, eine "Kooperation" mit den Ärzten des HPC O. einzugehen; diese nähmen nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Wieso dies den Kläger geschädigt habe, sei nicht erkennbar (Urteil vom 22.9.2015).
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensfehlers.
1. Der erkennende 1. Senat des BSG ist geschäftsplanmäßig zuständig, den Rechtsstreit zu entscheiden. Die Sache betrifft eine Angelegenheit der Sozialversicherung (§ 12 Abs 2 S 1 SGG idF durch Art 7 Nr 1 Buchst a Gesetz zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze
Nur ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass entgegen der Auffassung des LSG die Bejahung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten nicht nur aufgrund der Bindungswirkung des § 17a Abs 5 GVG rechtmäßig ist, weil das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten (§ 51 SGG) inzident für gegeben erachtet hat (vgl dazu Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.8.2015, Anhang 7, Anm 44a zu § 17a GVG mwN). Sie ist auch inhaltlich zutreffend. Die Angelegenheiten der GKV nach dem SGB V sind umfassend den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen, auch soweit die Rechtsbeziehungen der Leistungserbringer untereinander betroffen sind. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden nämlich ua über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden (§ 51 Abs 1 Nr 2 SGG). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden zudem ua über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden (§ 51 Abs 2 S 1 SGG). Von der Zuständigkeit ausgenommen sind lediglich Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen (§ 51 Abs 3 SGG). Darum geht es vorliegend aber nicht.
2. Der Kläger legt einen Verfahrensmangel des Berufungsgerichts nicht hinreichend dar. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es.
a) Wer sich - wie der Kläger - auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B - Juris RdNr 3 mwN). Hierzu gehört nach stRspr des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl zB BSG Beschluss vom 14.6.2005 - B 1 KR 38/04 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 25.4.2006 - B 1 KR 97/05 B - Juris RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN).
Der Kläger legt schon nicht dar, dass er - anwaltlich vertreten - einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat. Dazu hätte er umso mehr Anlass gehabt, weil er in der mündlichen Verhandlung einen Sachantrag gestellt hat.
b) Der Kläger beruft sich zudem auf eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention, § 62 SGG), legt dies aber nicht schlüssig dar. Er trägt lediglich vor, das LSG habe ihm mit Verfügung vom 30.8.2013 aufgegeben, ladungsfähige Anschriften von im Hause der Beklagten versorgten Patienten und ihrer zuständigen KKn mitzuteilen. Er sei dem nachgekommen.
Der Kläger legt indes nicht dar, wieso er nach der Ladung zum Termin - ohne Hinweis auf eine beabsichtigte Beweisaufnahme - und dem Ablauf der mündlichen Verhandlung beim LSG davon überrascht sein konnte, dass das LSG keinen Beweis erhoben hat. Insbesondere trägt er nicht vor, dass er - anwaltlich vertreten - einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat. Dessen hätte es aber bedurft. Voraussetzung für den Erfolg einer Rüge eines Gehörsverstoßes ist es nämlich ua, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles ihm Zumutbare getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 13 RdNr 6 mwN).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1, § 44 GKG. Bei Stufenklagen der vorliegenden Art ist nach § 44 GKG für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche maßgebend, und zwar der höhere (ausführlich zum höheren Anspruch iS von § 44 GKG: Siegel, Die Kostenfrage der Stufenklage, 2009, S 74 ff). Der erkennende Senat legt den Streitwert von 5000 Euro zugrunde, weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts auch im Wege der Schätzung keine genügenden Anhaltspunkte bietet.