Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 29.07.2016


BGH 29.07.2016 - AnwZ (Brfg) 60/15

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft: Vermögensverfall bei erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts wegen Steuerschulden


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
Senat für Anwaltssachen
Entscheidungsdatum:
29.07.2016
Aktenzeichen:
AnwZ (Brfg) 60/15
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2016:290716BANWZ.BRFG.60.15.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Anwaltsgerichtshof Hamm, 21. August 2015, Az: 1 AGH 13/15, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs für das Land  Nordrhein-Westfalen vom 21. August 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der 1941 geborene Kläger ist seit 1971 als Rechtsanwalt zugelassen. Mit Bescheid vom 20. Februar 2015 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

2

Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er hat jedoch keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

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1. Der Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) setzt voraus, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zu Grunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen deutlich abhebt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 10; vom 23. Juni 2012 - AnwZ (Brfg) 58/11, NJW-RR 2012, 1336 Rn. 18; vom 17. März 2016 - AnwZ (Brfg) 6/16, juris Rn. 5; jeweils mwN). Dies ist hier nicht der Fall.

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a) Die Beklagte hat den Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft im Widerrufsbescheid zum einen darauf gestützt, dass der Kläger im Schuldnerverzeichnis des zentralen Vollstreckungsgerichts H.   mit einem Eintrag vom 18. Dezember 2013 wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft in Bezug auf eine vollstreckbare Forderung des Finanzamts D.   in Höhe von 47.372,63 € eingetragen ist; diese Forderung ist Gegenstand einer vom Kläger bei dem Finanzgericht erhobenen Klage. Des Weiteren hat die Beklagte den Widerruf auf eine der vorbezeichneten Klage nicht unterworfene vollstreckbare Forderung des Finanzamts aus Zahlungsrückständen des Klägers in Höhe von 44.881,04 € gestützt. Eine Aussetzung der Vollziehung der den beiden vorgenannten Forderungen zugrunde liegenden Steuerbescheide (§ 251 Abs. 1 Satz 1, § 361 AO, § 69 FGO) ist nicht erfolgt.

5

b) Der Kläger macht in der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung geltend, der vorliegende Fall weise die Besonderheit auf, dass die Beklagte den Zulassungswiderruf auf vorläufig vollstreckbare beziehungsweise noch der Abänderung unterliegende Forderungen gestützt habe. Der Anwaltsgerichtshof habe zu Unrecht angenommen, die einfachgesetzliche Auslegung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gebe für eine - vom Kläger befürwortete - Einschränkung der Norm allein auf rechtskräftig festgestellte Forderungen nichts her, auch verfassungsrechtlich sei eine solche Einengung des Regelungsgehalts dieser Vorschrift nicht geboten, da eine Gefährdung von Mandantengeldern auch eintreten könne, wenn aus vorläufig vollstreckbaren Titeln vollstreckt werde. Der Kläger vertritt demgegenüber die Auffassung, ein Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sei mit Blick auf den damit verbundenen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht der freien Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) nur dann als letztes Mittel gerechtfertigt, wenn nicht mehr abänderbare rechtskräftig (gerichtlich) festgestellte Forderungen vorlägen.

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c) Damit hat der Kläger die oben genannten Voraussetzungen des Zulassungsgrundes besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nicht dargelegt. Das Ergebnis der vom Anwaltsgerichtshof vorgenommenen Auslegung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist vielmehr naheliegend und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Auch ansonsten ist die Rechtslage eindeutig. Der vorliegende Fall weist auch in tatsächlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten auf. Der Anwaltsgerichtshof hat mit Recht angenommen, dass sich der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs in Vermögensverfall befand und seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen war.

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aa) Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 16. April 2007 - AnwZ (B) 6/06, ZVI 2007, 619 Rn. 5; vom 29. Juni 2011  - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 4; vom 21. April 2016 - AnwZ (Brfg) 1/16, juris Rn. 6; jeweils mwN). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist dabei allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, vorliegend mithin auf den Erlass des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 20. Februar 2015, abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, aaO Rn. 9 ff.; vom 21. April 2016  - AnwZ (Brfg) 1/16, aaO Rn. 4; jeweils mwN).

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bb) Hiervon ausgehend hat der Anwaltsgerichtshof mit Recht angenommen, dass sich der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt in Vermögensverfall befunden hat.

9

Nach den vom Kläger insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs lag zu diesem Zeitpunkt zum einen der oben genannte Eintrag des Klägers im Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft in Bezug auf eine vollstreckbare Forderung des Finanzamts in Höhe von 47.372,63 € vor, die Gegenstand der erwähnten finanzgerichtlichen Klage ist. Zum anderen bestand die genannte weitere, dieser Klage nicht unterworfene vollstreckbare Forderung des Finanzamts gegen den Kläger in Höhe von 44.881,04 €.

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Der Anwaltsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei dieser Sachlage gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 2 BRAO bereits eine gesetzliche Vermutung für einen Vermögensverfall des Klägers spricht, die dieser nicht zu widerlegen vermocht hat (zu den Anforderungen an eine solche Widerlegung vgl. nur Senatsbeschluss vom 4. Februar 2016 - AnwZ (Brfg) 59/15, juris Rn. 5 f. mwN). Der Anwaltsgerichtshof hat den Vermögensverfall des Klägers aufgrund der oben genannten Beweisanzeichen mit zutreffenden Erwägungen zudem aber auch als erwiesen erachtet.

11

Entgegen der Auffassung des Klägers begründet der Umstand, dass die beiden oben genannten Forderungen des Finanzamts zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs der Zulassung nicht rechtskräftig festgestellt und hinsichtlich der erstgenannten Forderung ein Verfahren beim Finanzgericht anhängig war, keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache. Wie der Senat bereits entschieden hat, stellt es ein hinreichendes Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall des Rechtsanwalts dar, wenn gegen diesen seitens des Finanzamts aufgrund vollstreckbarer Steuerforderungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 5 StR 569/96, BGHSt 43, 381, 407) erfolglose Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt wurden und die Vollziehung der den Forderungen zugrunde liegenden Steuerbescheide nicht ausgesetzt worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Dezember 2013 - AnwZ (Brfg) 40/13, HFR 2014, 637; vom 21. April 2016 - AnwZ (Brfg) 1/16, aaO Rn. 7; vgl. auch Senatsbeschluss vom 17. März 2016 - AnwZ (Brfg) 6/16, juris Rn. 7). Dies ist nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs hier der Fall. Auf den rechtskräftigen Abschluss eines hinsichtlich solcher Forderungen anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens kommt es insoweit nicht an (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 2016 - AnwZ (Brfg) 6/16, aaO mwN). Der Kläger hat im Übrigen nichts dazu vorgetragen, inwiefern die Steuerbescheide der Beklagten fehlerhaft sind (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 2016 - AnwZ (Brfg) 6/16, aaO).

12

Es war danach Sache des Klägers, das in den erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts liegende Beweisanzeichen für seinen Vermögensverfall durch geeigneten Vortrag auszuräumen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2015 - AnwZ (Brfg) 28/15, juris Rn. 6; vom 21. April 2016 - AnwZ (Brfg) 1/16, aaO Rn. 8). Dies ist ihm nicht gelungen. Das pauschale Vorbringen des Klägers, das Finanzamt sei sein einziger Gläubiger, der nicht bedient werde, reicht insoweit nicht aus. Im Übrigen konnte nach den im angefochtenen Urteil beschriebenen geringen Einkommensverhältnissen des Klägers, der lediglich über ein monatliches Einkommen von durchschnittlich 1.700 € netto verfügt, nicht davon ausgegangen werden, dass er in absehbarer Zeit auch nur einen Bruchteil der Forderungen des Finanzamts hätte begleichen können. Dem entsprechend hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof erklärt, er könne die Steuerbescheide des Finanzamts wegen seines geringen Einkommens "derzeit nicht bezahlen".

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cc) Der vom Kläger angeführte vorgenannte Gesichtspunkt, das Finanzamt sei sein einziger Gläubiger, der nicht bedient werde, und der hiermit zusammenhängende Umstand, dass die Beklagte den Widerruf nur auf Forderungen dieses einen Gläubigers gestützt hat, begründen ebenfalls keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache. Die Annahme eines Vermögensverfalls setzt nicht voraus, dass es vor dem Widerruf zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von mehr als einem Gläubiger gekommen ist (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2015 - AnwZ (Brfg) 46/14, juris Rn. 9; vom 17. März 2016 - AnwZ (Brfg) 6/16, aaO Rn. 6; jeweils mwN).

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dd) Auch das Vorbringen des Klägers, es mangele an einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, erfüllt nicht die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes. Der Kläger meint, bei nicht rechtskräftig festgestellten Forderungen insbesondere nur eines Gläubigers könne die Gefährdung von Mandantengeldern durch geeignete Auflagen der Rechtsanwaltskammer beseitigt werden. Hiermit vermag der Kläger schon deshalb nicht durchzudringen, weil die beiden von ihm zur Begründung angeführten Gesichtspunkte aus den oben (unter II 1 c bb und cc) genannten Gründen nicht maßgeblich sind.

15

Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden kann diese nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt jedoch zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 26. August 2013 - AnwZ (Brfg) 31/13, juris Rn. 5; vom 17. März 2016 - AnwZ (Brfg) 6/16, aaO Rn. 4; jeweils mwN). Eine solche Ausnahmesituation ist hier nicht gegeben. Der Kläger ist nach wie vor als Einzelanwalt tätig.

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2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 4. Februar 2016 - AnwZ (Brfg) 59/15, juris Rn. 10; vom 17. März 2016 - AnwZ (Brfg) 6/16, aaO Rn. 10; jeweils mwN). Diese Voraussetzungen werden vom Kläger nicht dargelegt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Rechtslage ist aus den vorstehend (unter II 1 c) genannten Gründen eindeutig und nicht klärungsbedürftig.

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3. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

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a) Der Kläger rügt insoweit, die Beklagte habe den Widerruf nicht auf eine "einfache Mitteilung" eines Mitarbeiters des Finanzamts stützen dürfen, zumal dieser Mitteilung nicht zu entnehmen sei, um welche Forderungen aufgrund welcher Einzelbescheide es sich handele. Der Kläger meint, aufgrund des Umstands, dass die dem Widerrufsbescheid unter anderem zugrunde gelegte Mitteilung des Finanzamts vom 22. Januar 2015 einen - der anhängigen Klage beim Finanzgericht nicht unterworfenen - vollstreckbaren Zahlungsrückstand in Höhe von 44.881,04 € beinhaltet habe, während in einer früheren Mitteilung des Finanzamts vom 4. September 2014 ein Betrag von 59.763,40 € genannt worden sei, habe für die Beklagte Anlass bestanden, vom Finanzamt eine detaillierte Forderungsaufstellung anhand nachvollziehbarer Bescheide einschließlich Zu- und Abbuchungen beziehungsweise Verrechnungen anzufordern. Schließlich macht der Kläger geltend, ihm seien Vollstreckungsmaßnahmen und Eintragungen im Schuldnerverzeichnis wegen der dem finanzgerichtlichen Verfahren nicht unterworfenen Forderung nicht bekannt.

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b) Die in diesen Ausführungen zu sehende Rüge eines Verstoßes des Anwaltsgerichtshofs gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) greift nicht durch. Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen eines solchen Verstoßes muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2012 - AnwZ (Brfg) 42/11, juris Rn. 19; vom 20. Dezember 2013 - AnwZ (Brfg) 40/13, juris Rn. 10, insoweit nicht abgedruckt in HFR 2014, 637; vom 18. Januar 2016 - AnwZ (Brfg) 42/15, juris Rn. 10; jeweils mwN).

20

Diesen Anforderungen genügt die Begründung des Zulassungsantrags nicht. Der Kläger hat zum einen schon nicht dargelegt, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der von ihm für erforderlich erachteten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Er verkennt zudem bereits im Ausgangspunkt, dass sich das - vom Kläger als "einfache Mitteilung" bezeichnete - Schreiben des Finanzamts an die Beklagte vom 22. Januar 2015, anders als das obengenannte Schreiben vom 4. September 2014, auf deren schriftliche Anfrage bezog, inwieweit die vollstreckbaren Steuerforderungen von der seitens des Klägers erhobenen finanzgerichtlichen Klage betroffen seien. Dies erklärt ohne Weiteres den vom Kläger angeführten Unterschied der in den Schreiben genannten Beträge.

21

Der Kläger hat zum anderen in der Begründung seines Zulassungsantrags nicht dargelegt, bereits im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der von ihm nunmehr für erforderlich erachteten Sachverhaltsaufklärung hingewirkt zu haben. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof ergibt sich vielmehr, dass der (auch) dort anwaltlich vertretene Kläger hinsichtlich der im Widerrufsverfahren herangezogenen vollstreckbaren Steuerforderungen des Finanzamts nicht etwa weiteren Aufklärungsbedarf geltend gemacht, sondern diese Forderungen insoweit bestätigt hat, als er persönlich erklärte, die Steuerbescheide, welche die Betriebsprüfungen der Jahre 2006 bis 2008 beträfen, "müssten Beträge um die 40.000 € sein" und die Bescheide für die Zeit ab 2009 bis einschließlich 2013 in der Summe "etwas mehr als 44.000 €". Auch der vom Kläger nunmehr als nicht hinreichend aufgeklärt gerügte Umstand möglicher weiterer Vollstreckungsmaßnahmen und Eintragungen im Schuldnerverzeichnis war Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof. Der Kläger hat hierzu in seiner persönlichen Erklärung - die von ihm nunmehr aufgeworfene Frage selbst beantwortend - ausgeführt, derzeit vollstrecke das Finanzamt nicht mehr, er leiste auch keine Vorauszahlungen mehr und habe auch keine Vorauszahlungsbescheide mehr bekommen, weil sein "Einkommen so gering geworden" sei und im Durchschnitt monatlich nur etwa 1.700 € netto betrage.

22

Der Kläger hat mithin nicht auf die von ihm nunmehr vermisste weitere Sachaufklärung hingewirkt, insbesondere hat sein Prozessbevollmächtigter keinen in Richtung der nunmehr gerügten Punkte zielenden Beweisantrag gestellt (vgl. zu diesem Erfordernis in Bezug auf die Aufklärungsrüge: BVerwG, NVwZ 2009, 329 Rn. 5; 2005, 447, 449; Kopp/Schenke/W.-R. Schenke, VwGO, 22. Aufl., § 124 Rn. 13; BeckOK-VwGO/Roth, Stand April 2016, § 124 Rn. 90; jeweils mwN).

23

Der Kläger hat schließlich auch nicht in einer den Anforderungen dieses Zulassungsgrundes genügenden Weise dargelegt, dass die von ihm vermisste Sachaufklärung sich dem Anwaltsgerichtshof ohne ein solches Hinwirken von Amts wegen hätte aufdrängen müssen.

III.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Kayser                          Bünger                          Remmert

                 Schäfer                            Lauer