Entscheidungsdatum: 07.11.2016
Zur berufsrechtlichen Zulässigkeit einer mit einem Werbeaufdruck versehenen, im Gerichtssaal getragenen Anwaltsrobe.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Der Kläger ist seit 2004 Mitglied der Beklagten. Er wendet sich gegen einen belehrenden Hinweis der Beklagten vom 26. Mai 2015. Dieser war auf seine Bitte ergangen, ihn über die berufsrechtliche Zulässigkeit eines von ihm ins Auge gefassten Aufdrucks beziehungsweise einer Bestickung seiner Anwaltsrobe auf deren oberen Rückenbereich mit den Worten "Dr. R. " und der Internetadresse "www.dr-r. .de" zu belehren.
In dem - dem Kläger zugestellten und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen - Bescheid belehrte die Beklagte den Kläger dahingehend, dass das Tragen der Anwaltsrobe mit dem vorgenannten Aufdruck nicht mit dem anwaltlichen Berufsrecht vereinbar und daher von ihm künftig zu unterlassen sei. Mit der geplanten Verwendung der Robe verstoße er gegen § 43b BRAO, § 6 Abs. 1, § 20 BORA. Es handele sich um ein werbliches Auftreten nach außen, das dazu diene, in den Gerichtssälen bewusst Zuhörer und andere auf sich aufmerksam zu machen, um hierdurch für neue Mandate zu werben. Diese Werbung sei unsachlich, weil ein Gerichtssaal der falsche Ort für Werbung insgesamt sei. Außerdem verstoße er durch das Tragen der Robe gegen § 20 BORA, da von der üblichen Berufstracht abgewichen werde.
Der Anwaltsgerichtshof hat die vom Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2015 erhobene Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen.
Der Kläger beantragt nunmehr das Urteil des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen, Az. 1 AGH 16/15, vom 29. Mai 2015, sowie den Bescheid der Beklagten, Az. III. Abt. 275/2014, vom 26. Mai 2015 aufzuheben.
hilfsweise,
das Urteil des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen, Az. 1 AGH 16/15, vom 29. Mai 2015, sowie den Bescheid der Beklagten, Az. III. Abt. 275/2014, vom 26. Mai 2015 insoweit aufzuheben, als dem Kläger darin auch untersagt wird,
- die verfahrensgegenständliche Robe vor Gerichten zu tragen, vor denen Robenzwang für Rechtsanwälte nicht besteht, sowie
- die verfahrensgegenständliche Robe auch dann zu tragen, selbst wenn die Vorsitzende Richterin/der Vorsitzende Richter deren Tragen im Rahmen der Sitzungspolizei zugelassen hat.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
I.
Die Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 112a Abs. 1, § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 Abs. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind auf der Grundlage des § 73 Abs. 2 Nr. 1, 4 BRAO ergangene belehrende Hinweise namentlich dann, wenn sie wie der angefochtene Bescheid mit einem Handlungsverbot verbunden sind, als in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingreifende Verwaltungsakte anzusehen, die dementsprechend mit der Anfechtungsklage angefochten werden können (vgl. nur BGH, Urteile vom 27. Oktober 2014 - AnwZ (Brfg) 67/13, NJW 2015, 72 Rn. 7 und vom 23. April 2012 - AnwZ (Brfg) 35/11, NJW 2012, 3039 Rn. 5; jeweils mwN). Der Statthaftigkeit der Anfechtungsklage steht unter den hier gegebenen Umständen nicht entgegen, dass sich der Bescheid nicht auf vergangenes, sondern auf zukünftiges Verhalten des Klägers bezieht. Er geht schon ausweislich der Entscheidungsformel über eine lediglich präventive Auskunft hinaus, da er feststellt, dass die Verwendung des verfahrensgegenständlichen Robenaufdrucks rechtswidrig ist, und ein konkretes Verbot ausspricht. Damit ist der Bereich präventiver Hinweise ohne Regelungscharakter verlassen (vgl. Senat, Urteil vom 27. Oktober 2014 aaO mwN). Darüber hinaus ist der Bescheid mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen und förmlich zugestellt worden. Beides spricht gleichfalls für das Vorliegen eines Verwaltungsakts (vgl. Senat, Urteil vom 27. Oktober 2014 aaO; Beschluss vom 30. November 2009 - AnwZ (B) 11/08, NJW 2010, 1972 Rn. 7; jeweils mwN).
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
a) Die Beklagte war befugt, dem Kläger das Ergebnis ihrer durch diesen selbst initiierten rechtlichen Prüfung des beabsichtigten Robenaufdrucks in Form eines belehrenden Hinweises nach § 73 Abs. 2 Nr. 1, 4 BRAO mitzuteilen. Anerkanntermaßen kann dem Rechtsanwalt im Rahmen eines solchen Hinweises zugleich aufgegeben werden, das als rechtswidrig erkannte Verhalten zu unterlassen (vgl. Senat, Urteile vom 27. Oktober 2014 aaO Rn. 10 und vom 23. April 2012 - AnwZ (Brfg) 35/11 aaO; jeweils mwN). Gründe, die zu einer anderweitigen Beurteilung zwingen könnten, wenn - wie hier - künftiges Verhalten betroffen ist, sind nicht ersichtlich. Schon im Blick darauf, dass der Kläger aufgrund des Hinweises in keiner Weise gehindert ist, den Aufdruck gleichwohl zu verwenden, vielmehr gegebenenfalls lediglich die Einleitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens mit den dann eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten zu erwarten hat, ist auch nicht etwa der Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG eröffnet (vgl. BVerfG, NJW 2015, 1438 Rn. 32; Senat, Urteil vom 27. Oktober 2014 aaO; zu verbotener Vorzensur vgl. BVerfGE 73, 118, 166; 87, 209, 230; Grabenwarter in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 68. Ergänzungslieferung 2013, Art. 5 Rn. 116 mwN).
b) Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat der Anwaltsgerichtshof in dem Tragen einer nach dem Muster des Klägers bestickten oder bedruckten Robe vor Gericht einen Verstoß gegen § 20 BORA gesehen. Diese - auf der Grundlage von § 59b Abs. 2 Nr. 6c BRAO erlassene - berufsrechtliche Vorschrift steht jeglicher Werbung auf einer Robe im Gerichtssaal entgegen (nachfolgend aa). Bei dem Aufdruck auf der Robe des Klägers handelt es sich um eine solche unzulässige Werbung (nachfolgend bb).
aa) Nach § 20 BORA trägt der Rechtsanwalt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit dies üblich ist. Eine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsgericht in Zivilsachen nicht.
(1) Die in § 20 BORA bestimmte Pflicht zum Tragen einer Robe setzt voraus, dass die Robe nicht mit Werbeaufdrucken oder ähnlichen werbenden Aufbringungen versehen ist (Scharmer in Hartung/Scharmer, BORA/FAO, 6. Aufl., § 20 BORA Rn. 41; Prütting in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 20 BORA Rn. 5; Brüggemann in Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl., § 20 BORA Rn. 3). Dies ergibt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, aus Sinn und Zweck der vor Gericht getragenen Anwaltsrobe. Es besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit daran, dass Gerichtsverhandlungen in guter Ordnung und angemessener Form durchgeführt werden können. Diesem Zweck dient es, wenn auch die an der Verhandlung beteiligten Rechtsanwälte eine Amtstracht tragen (BVerfGE 28, 21, 31 f.). Sie werden dadurch aus dem Kreis der übrigen Teilnehmer an der Verhandlung herausgehoben; ihre Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) wird sichtbar gemacht (BVerfG aaO; Scharmer in Hartung/Scharmer aaO Rn. 16, 41; Wolf in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 1 BRAO Rn. 91). Darin liegt auch ein zumindest mittelbarer Nutzen für die Rechts- und Wahrheitsfindung im Prozess; denn die Übersichtlichkeit der Situation im Verhandlungsraum wird gefördert und zugleich ein Beitrag zur Schaffung der Atmosphäre der Ausgeglichenheit und Objektivität geleistet, in der allein Rechtsprechung sich in angemessener Form darstellen kann (BVerfG aaO). Durch das Anlegen der Robe tritt der Rechtsanwalt mithin als Person hinter seiner Funktion als Prozessbeteiligter zurück (Scharmer in Hartung/Scharmer aaO Rn. 18 f. mwN; Ahrens, Anwaltsrecht Rn. 128).
Dieser Zweck der vor Gericht getragenen Anwaltsrobe steht jeglichem Werbeaufdruck auf der Robe entgegen. Letztere verkörpert - im Unterschied zu anderen Berufskleidungen und zu anderen Kleidungsstücken des Rechtsanwalts - für alle Anwesenden erkennbar die Organstellung des Rechtsanwalts und das Ziel einer ausgeglichenen und objektiven Verhandlungsatmosphäre, die durch die Grundsätze der Sachlichkeit und der Rationalität sowie der Verallgemeinerungsfähigkeit der Rechtsanwendung geprägt ist (Scharmer in Hartung/Scharmer aaO Rn. 18 f. mwN; Ahrens, Anwaltsrecht Rn. 128). Ein Werbeaufdruck stört - unabhängig von seinem Inhalt - diese Funktion, Aussage und Wirkung der Robe. Anwaltliche Werbung ist ein Verhalten, das darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rechtsanwalts zu gewinnen (st. Rspr.; vgl. etwa Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2015 - AnwZ (Brfg) 19/15, BRAK-Mitt. 2016, 72 Rn. 5; Urteil vom 12. Juli 2012 - AnwZ (Brfg) 37/11, BGHZ 194, 79 Rn. 18 und Beschluss vom 23. September 2002 - AnwZ (Brfg) 67/01, NJW 2003, 346). Durch ihre Aufbringung auf die vor Gericht getragene Robe wird letztere zweckentfremdet und werden ihre eigentlichen, vorstehend dargestellten Zwecke wesentlich beeinträchtigt. Der Rechtsanwalt tritt mittels der Robe als "Werbeträger" hervor und mindert auf diese Weise die vorgenannte Funktion und Wirkung der Robe.
Soweit der Kläger meint, durch die namentliche Kennzeichnung werde der Sinn des Robetragens verstärkt, wenn sich nicht nur die Anwaltseigenschaft, sondern auch die konkrete Person des Anwalts erkennen lasse, missversteht er Sinn und Zweck der Robe. Durch sie soll der Rechtsanwalt gerade nicht als konkrete Person, sondern als unabhängiges Organ der Rechtspflege aus dem übrigen Teilnehmerkreis hervorgehoben werden. Eine namentliche Kennzeichnung auf der Robe dient diesem Zweck nicht.
(2) Das Gebot der Werbefreiheit von Roben gilt, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend erkannt hat, auch für Roben, die von Rechtsanwälten in Gerichtsverhandlungen getragen werden, für die nach § 20 BORA eine Robenpflicht nicht besteht. Die Funktion der Robe ist nicht abhängig von der Pflicht zu ihrer Verwendung. Wird sie von einem Rechtsanwalt vor Gericht ohne Verpflichtung aus freien Stücken getragen, verliert sie hierdurch nicht ihren Zweck und wird nicht zu einem normalen Kleidungsstück. Nach dem maßgeblichen objektivierten Horizont des Betrachters weist der Rechtsanwalt vielmehr auch in Gerichtsverhandlungen ohne Robenpflicht mit dem Anlegen der Robe auf den vorstehend dargestellten Zweck der Robe hin und macht ihn sich zu Eigen. Mit diesem Zweck ist - wie ausgeführt - eine auf der Robe aufgebrachte Werbung nicht zu vereinbaren.
(3) Der somit aus § 20 BORA folgenden Werbefreiheit von vor Gericht getragenen Roben stehen nicht § 43b BRAO und § 6 BORA entgegen. Denn auch nach diesen Vorschriften ist eine solche Werbung nicht erlaubt (siehe nachfolgend zu c).
(4) Das aus § 20 BORA folgende Verbot von Werbung auf vor Gericht getragenen Roben ist im Hinblick auf die hiermit verbundene Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG; vgl. BVerfG, NJW 2015, 1438 Rn. 16 ff. mwN zum Schutzbereich von Berufsausübungs- und Meinungsfreiheit im Falle anwaltlicher Werbung), verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Einschränkung beider Grundrechte lässt sich mit sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls rechtfertigen. Letztere sind in dem vorstehend unter (1) näher ausgeführten Sinn und Zweck einer vor Gericht getragenen Anwaltsrobe begründet. In Abwägung dieser Belange des Gemeinwohls mit der geringen, mit einem Werbeverbot auf vor Gericht getragenen Roben verbundenen Grundrechtseinschränkung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
Eine entsprechende Beschränkung anwaltlicher Werbung ist auch im Gemeinschaftsrecht angesprochen, indem dort den Mitgliedstaaten aufgegeben wird, "die Unabhängigkeit, die Würde und die Integrität des Berufsstandes" im Rahmen kommerzieller Kommunikation zu gewährleisten (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr. L 376 S. 36, und hierzu EuGH, EuZW 2011, 681 Rn. 24, 30 sowie vgl. Senat, Urteil vom 27. Oktober 2014 aaO Rn. 12; BGH, Urteil vom 13. November 2013 - I ZR 15/12, BGHZ 199, 43 Rn. 18, 20 f.).
(5) Das aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Bestimmtheitsgebot ist gewahrt. Danach ist erforderlich, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. BVerfGE 78, 205, 212; 84, 133, 149; 87, 234, 263; 102, 254, 337). Dies ist schon dann anzunehmen, wenn sich der Regelungsgehalt der Norm im Wege der Auslegung der einschlägigen Bestimmung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden feststellen lässt (st. Rspr.; vgl. BVerfGE 102, 254 aaO; 110, 33, 56 f.; 117, 71, 111 f.; 131, 88, 118 f.; jeweils mwN). Das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot wird eingehalten, wenn sich aus der gesetzlichen Regelung und ihrer Zielsetzung richtungsweisende Gesichtspunkte für die - den Gerichten und Verwaltungsbehörden übertragene - Auslegung der in der Norm verwendeten Begriffe ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 1988 - 1 BvR 900/88, juris Rn. 8).
Diesen Anforderungen entspricht vorliegend eine Auslegung von § 20 BORA im Sinne eines Verbots von Werbung auf vor Gericht getragenen Anwaltsroben. Der entsprechende Regelungsgehalt lässt sich - wie gezeigt - im Wege der Heranziehung von Sinn und Zweck der Robe feststellen. Aus ihnen ergeben sich richtungsweisende Gesichtspunkte für eine Auslegung der Vorschrift im vorgenannten Sinn.
bb) Bei dem Aufdruck auf der Robe des Klägers handelt es sich um Werbung. Insbesondere die Verwendung des Domain-Namens der Homepage des Klägers als Robenaufdruck ist, wie der Anwaltsgerichtshof in dem angefochtenen Urteil und die Beklagte in dem Bescheid vom 26. Mai 2015 zutreffend ausgeführt haben, Werbung. Denn sie zielt darauf ab, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistungen des Klägers zu gewinnen (vgl. BVerfG, NJW 2015, 1438 Rn. 28 mwN; zur Verwendung von Domain-Namen als Werbung vgl. Senat, Beschluss vom 25. November 2002 - AnwZ (B) 8/02, NJW 2003, 504; Beschluss vom 25. November 2002 - AnwZ (B) 41/02, BGHZ 153, 61, 68 f.; Saenger/Riße, MDR 2005, 1381 f.). Keineswegs handelt es sich um die bloße Kenntlichmachung des Klägers im Gerichtssaal. Diese ist schon nicht geboten. Vor allem aber geht die Angabe des Domain-Namens der Homepage des Klägers auf seiner Robe weit über dessen Kenntlichmachung hinaus. Sie verweist auf die Homepage selbst und die dort vorhandenen, selbstdarstellenden Inhalte. Aus der maßgeblichen Sicht des im Gerichtssaal anwesenden Publikums, zu dessen Kenntnisnahme der Aufdruck bestimmt ist, dient die Angabe einer "Internetadresse" als Aufdruck auf einer Robe daher vorrangig nicht der - auch anders zu bewirkenden - Identifizierbarkeit des Trägers der Robe, sondern der Werbung für dessen auf seiner Homepage näher beschriebenen Leistungen. Der Umstand, dass durch den Domain-Namen unter anderem auch die Identifizierung des Trägers der Robe ermöglicht wird, steht dieser Einordnung des Aufdrucks als vorrangig werbend nicht entgegen.
c) Der Senat teilt zudem die in dem angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung der Beklagten, dass die durch den Kläger beabsichtigte Werbung mit dem berufsrechtlichen Gebot sachlicher und berufsbezogener Unterrichtung (§ 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA) nicht vereinbar ist.
aa) Das in § 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA ausgeformte berufsrechtliche Sachlichkeitsgebot anwaltlicher Werbung ist trotz der damit verbundenen Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. etwa BVerfGE 57, 121, 133; 76, 196, 205 ff.; 82, 18, 28; BVerfG, NJW 2004, 2656, 2657; 2015, 1438 Rn. 16 ff.). Es ist in ähnlicher Form im Gemeinschaftsrecht angesprochen, indem dort den Mitgliedstaaten aufgegeben wird, "die Unabhängigkeit, die Würde und die Integrität des Berufsstandes" im Rahmen kommerzieller Kommunikation zu gewährleisten (siehe oben b aa (4) zu Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr. L 376 S. 36). Dass die Rechtsanwaltschaft unter der Geltung des Sachlichkeitsgebots nicht sämtliche Werbemethoden verwenden darf, die im Bereich der werbenden allgemeinen Wirtschaft (noch) hinzunehmen wären (vgl. zu sog. "Schockwerbung" BVerfGE 102, 347; 107, 275), entspricht dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte, BT-Drucks. 12/4993 S. 28; Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drucks. 12/7656 S. 48; zum Verbot einer reißerischen und/oder sexualisierenden Werbung auf Tassen durch einen Rechtsanwalt vgl. BVerfG, NJW 2015, 1438; Senat, Urteil vom 27. Oktober 2014 aaO) und ist im berufsrechtlichen Schrifttum weithin anerkannt (vgl. - wenngleich im Detail kritisch - von Lewinski in Hartung/Scharmer aaO § 6 BORA Rn. 29; Prütting in Henssler/Prütting aaO § 43b Rn. 30; jeweils mwN; enger wohl Kleine-Cosack, Das Werberecht der rechts- und steuerberatenden Berufe, 2. Aufl., Rn. 224 f., 259 ff.).
bb) Anwaltliche Werbung ist nicht auf eine bestimmte Form und ein bestimmtes Mittel beschränkt (von Lewinski aaO Rn. 44). Ein vom Rechtsanwalt zur Selbstdarstellung gewähltes Medium kann daher für sich betrachtet nicht die Unzulässigkeit der Werbung begründen (BVerfG, NJW 2003, 3470 mwN; Prütting aaO Rn. 31). Indes ist nach § 43b Abs. 1 BRAO dem Rechtsanwalt nur solche Werbung erlaubt, die nach Form und Inhalt sachlich unterrichtet. Das Sachlichkeitsgebot betrifft nach dem Willen des Gesetzgebers mithin nicht nur den Inhalt der Werbung, sondern auch ihre Methoden (BT-Drucks. 12/4993 und 12/7656, jeweils aaO). Ob es durch eine konkrete Werbung gewahrt wird, lässt sich daher nur aufgrund einer Gesamtschau bewerten, die Inhalt, Ort und Medium der Werbung einbezieht.
cc) Die nach diesen Maßstäben bestehenden Grenzen der berufsrechtlich zulässigen Werbung (§ 43b BRAO) werden durch das Tragen einer Robe nach dem Muster des Klägers aus der maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verkehrskreise (vgl. BVerfG, NJW 2001, 3324 mwN) in der gebotenen Gesamtbetrachtung des Aufdrucks, seines Trägermediums (Robe) und des Verwendungsortes überschritten. Die entsprechende Beurteilung in dem angefochtenen Bescheid der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Die im Gerichtssaal getragene Robe ist kein zulässiges Mittel anwaltlicher Werbung (so auch von Lewinski aaO Rn. 44, 69a).
Die Angabe des Namens des Klägers und des Domain-Namens seiner Homepage stellt für sich genommen inhaltlich zwar keine unsachliche Werbung dar. Ihre Aufbringung auf einer vor Gericht getragenen Robe verletzt jedoch das Sachlichkeitsgebot der § 43b Abs. 1, § 6 Abs. 1 BORA. Die Robe verkörpert - wie bereits ausgeführt - für alle im Gerichtssaal Anwesenden erkennbar die Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege und das Ziel einer ausgeglichenen und objektiven Verhandlungsatmosphäre, die durch die Grundsätze der Sachlichkeit und der Rationalität geprägt ist. Sie dient damit mittelbar auch der Rechts- und Wahrheitsfindung im Prozess und mithin der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Die werberechtlichen Vorschriften des anwaltlichen Berufsrechts dienen ebenfalls dem Zweck, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege zu sichern (vgl. BVerfGE 76, 196, 207 f.; 82, 18, 26; BVerfG, NJW 2004, 2656 aaO; Senat, Urteil vom 27. Oktober 2014 aaO Rn. 13; Prütting aaO Rn. 10). Sie sind daher, soweit Werbung auf Roben betroffen ist, auch vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck der anwaltlichen Robe auszulegen. Ein Werbeaufdruck stört aber - unabhängig von seinem Inhalt - die Funktion und Wirkung der Robe. In Folge seiner Aufbringung entsteht ein für alle Betrachter ins Auge springendes, nicht auflösbares Spannungsverhältnis zwischen dem Zweck der Robe und den durch sie verkörperten Inhalten und Zielen einerseits und dem Werbezweck des Aufdrucks andererseits. Die Robe verliert in Folge dieser - durch den Aufdruck herbeigeführten - Widersprüchlichkeit ihres Erscheinungsbildes maßgeblich ihre Funktion. Diese zweckentfremdende Wirkung des Werbeaufdrucks begründet einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot der § 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA.
d) Die berufsrechtliche Unzulässigkeit einer im Gerichtssaal mit Werbeaufdruck getragenen Robe würde durch eine hierauf bezogene sitzungspolizeiliche Gestattung des Vorsitzenden nicht berührt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG.
Limperg Lohmann Remmert
Schäfer Lauer