Entscheidungsdatum: 18.03.2019
Die Berufung der Klägerin gegen das ihr an Verkündungs statt am 18. April 2017 zugestellte Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 25.000 € festgesetzt.
Der Beigeladene ist seit dem 29. August 2015 im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Er war nach Maßgabe eines "Anschluss-Arbeitsvertrags für General Counsel" vom 2. September 2014 seit dem 1. Oktober 2014 bei der G. GmbH & Co. KG als leitender Angestellter beschäftigt. Die KG gehörte zum M. -Konzern, für den der Beigeladene bereits seit 2007 tätig war. Das Arbeitsverhältnis ging im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen anlässlich des Verkaufs der G. Warenhauskette durch den M. -Konzern an die kanadische H. (H. ) im Wege des Teilbetriebsübergangs zum 1. Oktober 2015 zunächst auf die A. GmbH über. Der Beigeladene und seine neue Arbeitgeberin (vertreten durch die alleinige Gesellschafterin G. Holding GmbH) schlossen am 1. Dezember 2015 einen "Anschluss-Arbeitsvertrag für General Counsel", wonach der Beigeladene weiter als leitender Angestellter (General Counsel) dort beschäftigt war. Anfang Dezember 2015 änderte die A. GmbH ihre Firma in H. GmbH. Der Beigeladene beantragte (Eingang 20. Januar 2016) bei der Beklagten, ihn als Syndikusrechtsanwalt zuzulassen. Nach Anhörung der Klägerin ließ die Beklagte mit Bescheid vom 8. April 2016 den Beigeladenen "als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) gemäß § 46 Abs. 2 BRAO bei H. GmbH zur Rechtsanwaltschaft zu". Zum Zeitpunkt des Bescheides war der Beigeladene Mitgeschäftsführer der H. GmbH und mehrerer Tochtergesellschaften. Im Zuge weiterer gesellschaftsrechtlicher Umstrukturierungen nach dem o.a. Verkauf ging das Arbeitsverhältnis des Beigeladenen nach § 613a BGB zunächst zum 1. Juni 2016 auf die H. Germany GmbH, kurz darauf dann zum 1. September 2016 auf die G. GmbH über. In diesem Zusammenhang legte der Beigeladene sämtliche Mitgeschäftsführerfunktionen bei der H. GmbH und deren Tochtergesellschaften nieder. Inzwischen ist der Beigeladene durch die Beklagte im Einvernehmen mit der Klägerin als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit bei der G. GmbH zugelassen. Die gegen den Bescheid vom 8. April 2016 erhobene Klage der D. hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat den Beigeladenen zu Recht als Syndikusrechtsanwalt bei der H. GmbH zugelassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 46a Abs. 1 Satz 1 BRAO) liegen vor, insbesondere entspricht die Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO. Die (damalige) Stellung des Beigeladenen als Mitgeschäftsführer steht - jedenfalls unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls - der Zulassung nicht entgegen.
1. Streitgegenstand ist nur die Zulassung des Beigeladenen bei der H. GmbH. Denn die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bezieht sich immer auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis (siehe auch Senat, Urteil vom 15. Oktober 2018 - AnwZ (Brfg) 68/17, juris Rn. 9). Da der Beigeladene während der Zeit seiner Betriebszugehörigkeit zur H. GmbH Mitgeschäftsführer war, die Niederlegung dieses Amtes mithin erst zu einer Zeit erfolgte, zu der er bereits von einer anderen Firma als General Counsel beschäftigt wurde, kommt es auf die im angefochtenen Urteil in diesem Zusammenhang angesprochene und auch im Berufungsverfahren diskutierte Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht an. Ob daher - wie bei einer "normalen" Anfechtungsklage - die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung auch im Rahmen der Anfechtung eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung durch den Dritten (hier die Klägerin) maßgeblich ist oder ob in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur nachbarrechtlichen Anfechtungsklage im öffentlichen Baurecht und gleichzeitig auch zur Herstellung einer einheitlichen Beurteilungsgrundlage mit dem bei Verpflichtungsklagen im Zulassungsrecht maßgeblichen Zeitpunkt Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten (nicht allgemein, also nicht zulasten) des Antragstellers - jedenfalls ab dem Änderungszeitpunkt - im Gerichtsverfahren zu berücksichtigen sind, bedarf deshalb schon aus dem o.a. Grund keiner Entscheidung.
Dass sich die Zulassung immer auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis bezieht, sagt im Übrigen nichts darüber aus, ob es nach einem Betriebsübergang eines neuen Zulassungsantrags bedarf. Insoweit entspricht es der Praxis der Beklagten, dass die Zulassung auch für das Arbeitsverhältnis beim neuen Arbeitgeber gilt, wenn und soweit der Betriebsübergang und insoweit auch feststeht, dass das Arbeitsverhältnis in seinen für die Zulassung notwendigen Voraussetzungen unverändert geblieben ist, was - so der Beklagtenvertreter unter Hinweis auf ein im dortigen Bezirk entwickeltes Formular für den Syndikusrechtsanwalt - gegebenenfalls von der jeweiligen Rechtsanwaltskammer festzustellen sei.
2. Nach § 46 Abs. 2 BRAO üben Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen (Rechtsanwälte und Patentanwälte) oder Gesellschaften (rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften) ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Die ursprüngliche Formulierung "im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses" (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 16. Juni 2015, BT-Drucks. 18/5201 S. 5) wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens durch "im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses" ersetzt, ebenso der Begriff "Anstellungsverhältnis" durch "Arbeitsverhältnis" an mehreren weiteren Stellen in § 46 Abs. 3 und § 46a-c BRAO (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 2. Dezember 2015, BT-Drucks. 18/6915, S. 6). Zur Begründung wurde im Bericht (S. 13, 15, 22 f.) im Zusammenhang mit dem Verzicht auf eine Berufshaftpflichtversicherung für Syndikusrechtsanwälte darauf verwiesen, dass durch die einheitliche Änderung der Begrifflichkeit verdeutlicht werden solle, dass sich die Haftung nach den allgemeinen Regeln des Zivil- und Arbeitsrechts richte, die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung also unberührt blieben, Syndikusrechtsanwälte mithin unter denselben Voraussetzungen wie andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Position hafteten.
Der Geschäftsführer einer GmbH ist deren gesetzlicher Vertreter und Organ (§ 35 GmbHG). Das seiner Anstellung zugrundeliegende Rechtsverhältnis ist grundsätzlich kein Arbeits-, sondern ein auf die Geschäftsführung bezogenes Dienstverhältnis, der Geschäftsführer kein Arbeitnehmer (vgl. nur BGH, Urteile vom 9. Februar 1978 - II ZR 189/76, NJW 1978, 1435, 1437; vom 26. März 1984 - II ZR 120/83, BGHZ 91, 217, 219 und vom 10. Mai 2010 - II ZR 70/09, WM 2010, 1321 Rn. 7; zu Ausnahmefällen im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung vgl. BAG, NJW 1999, 3731, 3722; BAGE 139, 63 Rn. 12). Die Haftung als Geschäftsführer richtet sich deshalb - anders als die von leitenden Angestellten - auch nicht nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung (siehe nur BGH, Urteil vom 25. Juni 2001 - II ZR 38/99, NJW 2001, 3123, 3124).
Die vor diesem Hintergrund geltend gemachten Bedenken der Klägerin gegen die Zulassung eines Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt sind jedenfalls bezogen auf den vorliegenden Fall allerdings nicht durchgreifend. Der Beigeladene ist für den M. -Konzern wie für den H. -Konzern als General Counsel tätig gewesen und übte insoweit als leitender Angestellter (Arbeitnehmer) eine Arbeit aus, die geradezu typisch für einen Syndikusrechtsanwalt ist. Sein "Anschlussarbeitsvertrag für General Counsel" mit der G. GmbH & Co. KG ist nach § 613a BGB unverändert auf die A. GmbH/H. GmbH übergegangen. Dem haben die neue Arbeitgeberin und der Beigeladene folgerichtig auch dadurch Rechnung getragen, dass sie einen - lediglich um Regelungen zu der zwischenzeitlichen Zulassung des Beigeladenen als niedergelassener Rechtsanwalt ergänzten - "Anschlussarbeitsvertrag für General Counsel" unterzeichnet haben. Dort ist der Beigeladene - wie im früheren Vertrag - in Ziffer 1 Abs. 3 ausdrücklich als leitender Angestellter (§ 5 Abs. 3 BetrVG) und nicht als Geschäftsführer (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG) bezeichnet worden. Zwar war der Beigeladene Mitgeschäftsführer der A. GmbH/H. GmbH beziehungsweise mehrerer Tochtergesellschaften dieser Firma (Objektgesellschaften im Rahmen des Immobilien-Portfolios der G. Warenhauskette). Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen - unter anderem dem Schreiben der Geschäftsführung der G. GmbH & Co. KG/G. Holding GmbH vom 24. September 2015 und der undatierten Mitteilung der H. Germany GmbH vom Frühsommer 2016 - und den entsprechenden Angaben des Beigeladenen - zuletzt in der Anhörung des Senats - ergibt, hingen die mehrfachen Betriebsübergänge im Vorfeld und im Nachgang zum Verkauf der Warenhauskette wie die - ohne nähere vertragliche Regelung (Geschäftsführeranstellungsdienstvertrag) erfolgten - Mitgeschäftsführerbestellungen aber mit verkaufsbedingten formalen gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen zusammen ("Transaktionsstruktur"; "Herstellung der finalen Organisationsstruktur"). Nach deren Abschluss hat der Beigeladene folgerichtig alle Mitgeschäftsführerpositionen abgegeben und ist im Konzern (wieder) nur noch rechtsberatend als Syndikus beziehungsweise Leiter der Immobilienabteilung tätig gewesen. All diese Umstände rechtfertigen es nach Auffassung des Senats, der zeitweiligen Mitgeschäftsführerstellung des Beigeladenen keine im Hinblick auf den Begriff des "Arbeitsverhältnisses" einer Zulassung von vorneherein entgegenstehende Bedeutung beizumessen. Vielmehr ist zu prüfen, ob trotz der Mitgeschäftsführerstellung eine anwaltliche und das Rechtsverhältnis zur Arbeitgeberin prägende Tätigkeit nach Maßgabe der Kriterien des § 46 Abs. 3 und 4 BRAO gegeben war.
3. Nach dem Inhalt der Tätigkeitsbeschreibung vom 13. Januar 2016 in Verbindung mit den erläuternden Angaben des Beigeladenen in seinen Schriftsätzen vom 25. August 2016, 28. September 2016 und 16. Dezember 2016 sowie nach dem diese Angaben bestätigenden Ergebnis der Anhörungen in 1. und 2. Instanz erfüllt die damalige Arbeit des Beigeladenen bei der H. GmbH die Tatbestandsmerkmale anwaltlicher Tätigkeit nach § 46 Abs. 3 Nr. 1-4 BRAO.
a) Der Beigeladene bearbeitete danach als General Counsel alle Rechtsfragen und vertraglichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit den Immobilien der G. Gruppe. Er klärte unter anderem Rechtsfragen in Bezug auf Planung, Bau, Vermietung, Erwerb und Veräußerung von Warenstandorten. Er beriet die Abteilungen Asset- und Baumanagement, insbesondere in der Abwicklung von Bauvorhaben und der Pflege von Mietverhältnissen, in allen Belangen mit rechtlichem Bezug. Ihm oblag die Vorbereitung, Verhandlung und der Abschluss von Architekten-, Bau- und Immobilienkaufverträgen sowie Miet- und Erbbaurechtsverträgen nebst begleitender Vereinbarungen.
Dass sich dieser umfangreiche Aufgabenkatalog beziehungsweise die daraus folgenden Aktivitäten der Arbeitgeberin nicht vollständig in den Angaben zum Gesellschaftszweck der H. GmbH im vorgelegten Gesellschaftsvertrag (Satzung) beziehungsweise im vorgelegten Handelsregisterauszug widerspiegeln, begründet - entgegen der Auffassung der Klägerin - keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben. Wie sich aus dem Schreiben der Geschäftsführung der G. GmbH & Co. KG/G. Holding GmbH vom 24. September 2015. ergibt, sind mit dem Teilbetriebsübergang im Wesentlichen Tätigkeiten des A. Managements und der rechtlichen Beratung auf die H. GmbH übergegangen. Dass diesem Übergang, der verkaufsbedingt auch nur vorübergehend war, nicht nahtlos durch etwaige Ergänzungen des Gesellschaftsvertrags Rechnung getragen wurde, ist nachvollziehbar. Der Senat geht insoweit aufgrund des von der Arbeitgeberin des Beigeladenen bestätigten Inhalts der Tätigkeitsbeschreibung und der Erläuterungen des Beigeladenen in seinen Schriftsätzen und den Anhörungen in 1. und 2. Instanz von der Richtigkeit der dargestellten anwaltlichen Tätigkeit aus. Dies gilt auch, soweit die Klägerin die Angaben im Hinblick darauf in Zweifel zieht, dass es sich bei der H. GmbH - wie deren Tochtergesellschaften - eigentlich nur um Objektgesellschaften handele, in denen nach den Angaben des Beigeladenen nur zeitlich und inhaltlich unbedeutende Tätigkeiten anfielen. Dies betrifft ersichtlich nicht die aufgrund der o.a. Umstände zeitweilig auf die H. GmbH übergegangenen Aufgaben und die diesbezügliche anwaltliche Tätigkeit des Beigeladenen.
b) Soweit die Klägerin darauf verweist, dass ein Geschäftsführer sich nicht selbst Rechtsrat erteilen könne (§ 46 Abs. 3 Nr. 2 BRAO) - ein Geschäftsführer stehe auch auf der Seite des Arbeitgebers; dem Gesetz liege aber die Vorstellung zugrunde, dass der Syndikusrechtsanwalt seinen Arbeitgeber und insoweit eine andere Person berate, nicht aber zugleich Berater und Mandant sei (Zwei-Personen-Verhältnis) -, überzeugt diese Argumentation im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil sich die beratende Tätigkeit des Beigeladenen nicht allein auf die H. GmbH beschränkt hat. Vielmehr war die beratende Tätigkeit des Beigeladenen - siehe die Tätigkeitsbeschreibung und das Schreiben der Geschäftsführung der G. GmbH & Co. KG/G. Holding GmbH vom 24. September 2015 sowie die erläuternden Angaben des Beigeladenen in der Anhörung vor dem Senat - auf die Bearbeitung aller Rechtsfragen und vertraglichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit den Immobilien der G. Gruppe und damit auf die diesbezüglichen Konzernangelegenheiten insgesamt ausgerichtet. Dies ist im Rahmen verbundener Unternehmen im Übrigen zulässiger Gegenstand einer Syndikusrechtsanwaltstätigkeit (§ 46 Abs. 5 Nr. 1 BRAO, § 15 AktG).
c) Die beschriebene anwaltliche Tätigkeit des Beigeladenen prägte auch sein Rechtsverhältnis zur H. GmbH (§ 46 Abs. 3 BRAO).
Entscheidend für die Annahme einer Prägung im Sinne des § 46 Abs. 3 BRAO ist, dass die anwaltliche Tätigkeit eindeutig den Kern beziehungsweise Schwerpunkt der Tätigkeit darstellt, mithin das Arbeitsverhältnis durch die anwaltliche Tätigkeit beherrscht wird (vgl. nur Senat, Urteil vom 14. Januar 2019 - AnwZ (Brfg) 25/18, juris Rn. 26 mwN; siehe auch BT-Drucks. 18/5201, S. 19, 29). Hierbei hat der Senat bisher die umstrittene Frage offen gelassen, ob es für die Annahme einer solchen Prägung ausreicht, wenn der Arbeitnehmer die in § 46 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 BRAO genannten Tätigkeiten zu mehr als 50 % seiner für den Arbeitgeber insgesamt geleisteten Arbeitszeit ausübt, d.h. die anwaltliche Tätigkeit die nicht-anwaltliche Tätigkeit - wenn auch nur minimal - übersteigt. Dies bedarf auch jetzt keiner Entscheidung.
Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass einem GmbH-Geschäftsführer diverse nicht anwaltlich geprägte Aufgaben obliegen. Der Beigeladene hat hierzu aber nachvollziehbar ausgeführt, dass seine Mitgeschäftsführeraufgaben überwiegend buchhalterischer und steuerlicher Natur gewesen und insoweit auf die Mitarbeiter der Buchhaltung und Steuerabteilung delegiert worden seien, wobei die den beiden Geschäftsführern obliegende Kontrolle nur einen geringen Zeitaufwand in Anspruch genommen habe. Gleiches gelte für die von einer Mitarbeiterin vorbereiteten Anmeldungen beziehungsweise Mitteilungen an das Handelsregister, die Kommunikation mit der Gesellschafterin und die Kontrolle der Personalabteilung. Alle operativ bedeutsamen Entscheidungen seien von der G. Holding GmbH getroffen worden. Der Beigeladene hat den zeitlichen Anteil seiner Mitgeschäftsführertätigkeit mit "weniger als 10%" (Schriftsatz vom 25. August 2016, S. 3, GA 55) beziehungsweise "knapp 10%" (Schriftsatz vom 16. Dezember 2016, S. 2, GA 139) beziehungsweise "10%" (Anhörung vom 20. Januar 2017, GA 203; Anhörung vor dem Senat) angegeben. Zwar sind Schätzungen immer mit einer gewissen Unsicherheit verbunden. Die diesbezügliche Bewertung des Beigeladenen erscheint aber vor dem Hintergrund des Inhalts der - auch von der Arbeitgeberin des Beigeladenen unterschriebenen und damit insoweit als zutreffend bestätigten - Tätigkeitsbeschreibung, der Darstellung in den Schriftsätzen sowie der Anhörung vor dem Anwaltsgerichtshof plausibel. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Aufgabenbereich des Beigeladenen als General Counsel nach dem Teilbetriebsübergang inhaltlich nicht verändert hat und auch schon davor im Rahmen des Anstellungsverhältnisses zur G. GmbH & Co. KG eine vollwertige Arbeitstätigkeit im Konzern darstellte. Es ist nicht plausibel, dass nach dem Übergang diese gleichbleibende Tätigkeit nunmehr nur noch zeitlich eine untergeordnete Rolle gespielt haben soll. Auch die in 2. Instanz wiederholte Anhörung des Beigeladenen hat für den Senat insoweit keine Zweifel am behaupteten Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ergeben. Vielmehr bestätigt gerade auch der vom Beigeladenen angegebene Umstand, dass er für seine Mitgeschäftsführerstellung keine zusätzliche Vergütung erhalten habe, dass auch aus Sicht des Arbeitgebers nicht diese, sondern die Tätigkeit als General Counsel das Rechtsverhältnis zum Beigeladenen prägt.
Angesichts der deutlich über der oben genannten Schwelle von 50 % liegenden Höhe des Anteils anwaltlicher Tätigkeit an der vom Beigeladenen insgesamt geleisteten Arbeit und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis des Beigeladenen hiervon im Sinne des § 46 Abs. 3 BRAO geprägt war und daher eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO vorlag. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/5201 S. 19) darauf verweist, dass bei der Frage der Prägung nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Aspekte eine Rolle spielen, ergibt sich hieraus nichts anderes. Anwaltliche Tätigkeit stellt grundsätzlich keine geringwertige Tätigkeit dar, eher im Gegenteil eine hochwertige. Ist das Arbeitsverhältnis bereits quantitativ von der anwaltlichen Tätigkeit geprägt, kann für die qualitative Prägung regelmäßig nichts anderes gelten (vgl. nur Senat, Urteil vom 14. Januar 2019, aaO Rn. 32). Ob die Stellung eines Syndikusrechtsanwalts als Geschäftsführer und damit Organ seines Arbeitgebers ein - wie die Klägerin meint - so bedeutsamer Umstand sein kann, dass für die qualitative Prägung etwas anderes gilt, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls unter den bereits angesprochenen besonderen Umständen des Falls prägte nicht die Mitgeschäftsführerstellung, sondern die Stellung als General Counsel das Rechtsverhältnis des Beigeladenen zu seiner Arbeitgeberin. Hiervon sind ersichtlich auch die Vertragsparteien ausgegangen, da die - zudem vergütungslose - Mitgeschäftsführerstellung im Beschäftigungsvertrag keinerlei Erwähnung gefunden hat, vielmehr der Beigeladene dort nur als General Counsel und leitender Angestellter behandelt wird, mithin diese Funktion offensichtlich für die Beteiligten entscheidend war.
4. Entgegen der Annahme der Klägerin stehen der fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübenden anwaltlichen Tätigkeit des Beigeladenen nicht etwaige gesellschaftsrechtliche, auf die Geschäftsführung bezogene Weisungsbefugnisse der alleinigen Gesellschafterin der H. GmbH entgegen. Nach § 46 Abs. 4 Satz 1 BRAO übt eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des § 46 Abs. 3 BRAO nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten (§ 46 Abs. 4 Satz 2 BRAO).
a) Soweit im angefochtenen Urteil die Feststellung, die Tätigkeit eines Geschäftsführers als solche indiziere keine Zweifel an seiner Unabhängigkeit, allerdings darauf gestützt worden ist, dass "es auch die Rechtsanwalts-GmbH gibt, in der der Rechtsanwalt dieselben Pflichten zu erfüllen hat", ist dieses Argument, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, nicht tragfähig. Für die Rechtsanwalts-GmbH bestimmt § 59f Abs. 4 BRAO ausdrücklich Folgendes: "Die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte, die Geschäftsführer ... sind, bei der Ausübung ihres Rechtsanwaltsberufs ist zu gewährleisten. Einflussnahmen der Gesellschafter, namentlich durch Weisungen oder vertragliche Bindungen, sind unzulässig." Diese Norm ist im Zuge der Regelung des Rechts der Rechtsanwaltsgesellschaften auf Empfehlung des Rechtsausschusses Gesetz geworden. Im Bericht des Rechtsausschusses vom 17. Juni 1998 (BT-Drucks. 13/11035, S. 24 f.) heißt es insoweit:
"Die Regelung des § 59f betrifft die Geschäftsführung in der Gesellschaft. Sie soll mit einem neuen Absatz 4 um eine Vorschrift ergänzt werden, durch die die berufliche Unabhängigkeit der als Geschäftsführer ... tätigen Rechtsanwälte hervorgehoben wird. Allgemeine Regelungen zur beruflichen Unabhängigkeit des Rechtsanwalts enthalten bereits die Vorschriften des § 1 und des § 43a Abs. 1 BRAO. Demgegenüber ergibt sich aus der Vorschrift des § 37 GmbHG ein Weisungsrecht der Gesellschafter gegenüber den Geschäftsführern. Die ergänzende Vorschrift des § 59f Abs. 4 soll deshalb klarstellen, dass auch die in der Anwaltsgesellschaft als Geschäftsführer ... tätigen Rechtsanwälte berufliche Unabhängigkeit genießen."
Die zitierte Bestimmung des § 37 GmbHG lautet: "Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind." Danach ist der Geschäftsführer verpflichtet, Weisungen - egal ob im Einzelfall oder als allgemeine Richtlinie - der Gesellschafterversammlung (soweit - wie hier - eine GmbH nur eine Alleingesellschafterin hat, der Gesellschafterin) zu jeder Geschäftsführungsangelegenheit zu befolgen (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Dezember 1959 - II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 278; OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 1476, 1478; Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., § 37 Rn. 14; Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 37 Rn. 11 f.). Die Rechtslage bei der Rechtsanwalts-GmbH ist insoweit anders als bei einer "normalen" GmbH, bei der gesetzlich die Unzulässigkeit entsprechender Weisungen nicht festgeschrieben ist.
b) Nach herrschender Meinung ändert - ausgehend vom Grundsatz der Nachrangigkeit des Anstellungsvertrags zum gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis (vgl. dazu allgemein BGH, Urteil vom 10. Mai 2010 - II ZR 70/09, WM 2010, 1321 Rn. 7 f.) - der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag an der Bindung grundsätzlich nichts. Etwaige dort enthaltene Weisungsverbote wirkten lediglich schuldrechtlich, begrenzten aber nicht die gesellschafts- bzw. organrechtliche Pflicht zur Befolgung von Weisungen, es sei denn, die Beschränkung werde zusätzlich in den Gesellschaftsvertrag (Satzung) aufgenommen. Weisungen müsse der Geschäftsführer mithin auch dann beachten, wenn ein Widerspruch zum Anstellungsvertrag bestehe (vgl. nur Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., Anh. zu § 6 Rn. 13, 15; Lenz in Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 37 Rn. 24; Oetker, aaO Rn. 12; Jaeger/Steinbrück in MünchKommGmbHG, 3. Aufl., § 35 Rn. 274; Marsch-Barner/Diekmann in Priester/Mayer, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 3. Aufl., § 43 Rn. 6; Baukelmann in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 37 Rn. 28; Schneider/Hohenstatt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 35 Rn. 296 ff.; siehe aus der Rechtsprechung OLG Düsseldorf aaO; OLG Karlsruhe, NZG 2011, 987, 989). Allerdings wird vielfach angenommen, solche Weisungen stellten eine Vertragsverletzung dar und könnten den Geschäftsführer zur fristlosen Kündigung berechtigen (vgl. nur Oetker aaO sowie § 35 Rn. 153; OLG Karlsruhe aaO), ggfs. mit Schadensersatzansprüchen nach § 628 Abs. 2 BGB (Haase, GmbHR 2012, 614, 619 f.; Kleindiek, aaO Rn. 16; Marsch-Barner/Diekmann, aaO Rn. 7; Baukelmann aaO; Schneider/Hohenstatt aaO; OLG Frankfurt, GmbHR 1993, 288; anders OLG Karlsruhe aaO; offen gelassen in BGH, Urteil vom 6. März 2012 - II ZR 76/11, WM 2012, 800, 802; differenzierend nach der zeitlichen Reihenfolge zwischen Anstellungsvertrag und Satzungsregelung Jaeger/Steinbrück aaO Rn. 275). Streitig ist, ob die Beschränkung des Weisungsrechts im Anstellungsvertrag - ohne Satzungsgrundlage - die Tätigkeit des Geschäftsführers zumindest arbeitsrechtlich zu einer "selbständigen" macht (bejahend: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2012 - L 1 KR 355/12, juris Rn. 16 ff.; verneinend SG München, Beschluss vom 8. Oktober 2013 - S 4 R 1860/12, juris Rn. 24 f.; offen Altmeppen aaO; offen im Hinblick auf § 46 Abs. 3 und 4 BRAO bei einem Geschäftsführerdienstvertrag auch BayAGH, Urteil vom 30. April 2018 - I-5-17/17, juris Rn. 77 ff.). Diskutiert wird im Zusammenhang mit dem Thema Satzung (Gesellschaftsvertrag) und Weisung auch, ob jedenfalls bei einstimmigen Beschlüssen beziehungsweise Handlungen der Gesellschafter - was dann entsprechend auch für Maßnahmen der Alleingesellschafterin gelten würde - eine Änderung der Satzung tatsächlich nötig ist (verneinend etwa Baukelmann, aaO Rn. 27; Lenz, aaO Rn. 18 a.E.) beziehungsweise ein Erfüllungsanspruch des Geschäftsführers auf Satzungsänderung besteht (bejahend etwa Schneider/Hohenstatt aaO Rn. 302).
c) Der vorliegende Sachverhalt ist allerdings nach Auffassung des Senats von besonderen Umständen geprägt, die es rechtfertigen, die Zulassung des Beigeladenen nicht an § 37 GmbHG scheitern zu lassen. Der Beigeladene hat mit der H. GmbH keinen Geschäftsführeranstellungsvertrag geschlossen, der in Widerspruch zu § 37 GmbHG steht. Vielmehr bestand zwischen den Vertragsbeteiligten ein schriftliches Anstellungsverhältnis als leitender Angestellter (General Counsel). Bezüglich dieses Rechtsverhältnis heißt es in der Tätigkeitsbeschreibung vom 13. Januar 2016 unter Ziffer II: "Herr S. wird bei der Gesellschaft / in der Organisationseinheit Recht als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) beschäftigt. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung i.S.d. § 46 Abs. 3 BRAO ist vertraglich und tatsächlich gewährleistet. Er unterliegt keinen allgemeinen oder konkreten Weisungen in fachlichen Angelegenheiten, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung beeinträchtigen. Ihm gegenüber bestehen keine Vorgaben zur Art und Weise der Bearbeitung und Bewertung bestimmter Rechtsfragen, er arbeitet fachlich eigenverantwortlich. Er ist im Rahmen der von ihm zu erbringenden Rechtsberatung und -vertretung den Pflichten des anwaltlichen Berufsrechts unterworfen." Die Tätigkeitsbeschreibung enthält nachfolgend über der Unterschrift des Arbeitgebers unter Ziffer IV "Erklärung des Unternehmens/Verbandes (satzungsmäßiger Vertreter)" ferner folgende Passage: "Dem Arbeitnehmer wird bestätigt, dass er in unserem Unternehmen als Syndikusrechtsanwalt tätig ist. Die unter II ... gemachten Angaben sind zutreffend und Bestandteil des Arbeitsvertrages." Ferner ist in einem Nachtrag vom 5. April 2016 zwischen dem Arbeitgeber - diesmal unmittelbar vertreten durch die G. Holding GmbH, die alleinige Gesellschafterin der H. GmbH - und dem Beigeladenen ausdrücklich Folgendes festgehalten worden: "Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass die anliegende Tätigkeitsbeschreibung vom 13.01.2016 Bestandteil des bestehenden Arbeitsvertrags geworden ist und entgegenstehende Regelungen mit der Tätigkeitsbeschreibung als Vertragsergänzung ihre Wirksamkeit verloren haben." Dass der Beigeladene aus den o.a. Gründen zeitweilig Mitgeschäftsführer der H. GmbH gewesen ist, tritt demgegenüber wertungsmäßig zurück. Die Annahme, die alleinige Gesellschafterin der H. GmbH werde - abweichend von ihrer Zusage - das organschaftliche Weisungsrecht bezüglich der Geschäftsführung instrumentalisieren, um Einfluss auf die - von den Vertragsbeteiligten davon getrennt behandelte - syndikusrechtsanwaltliche Tätigkeit des Beigeladenen auszuüben, erscheint angesichts der festgestellten Umstände fernliegend und ist daher nicht geeignet, die Zulassung auszuschließen. Es bestehen im Übrigen auch nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass in der Zeit der Tätigkeit des Beigeladenen für die H. GmbH die Gesellschafterin tatsächlich anders verfahren wäre und versucht hätte, Einfluss auf die Tätigkeit des Beigeladenen als General Counsel zu nehmen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 BRAO.
Limperg |
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Seiters |
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Remmert |
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Schäfer |
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Schmittmann |
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