Entscheidungsdatum: 16.02.2017
I
Der Antragsteller betreibt nach eigenen Angaben gemeinsam mit seinem Vater einen linksrheinisch gelegenen landwirtschaftlichen Betrieb. Er wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Köln für den Ausbau der Bundesautobahn A 1 zwischen der Anschlussstelle (AS) Köln-Niehl und dem Autobahnkreuz (AK) Leverkusen-West einschließlich Neubau der Rheinbrücke Leverkusen vom 10. November 2016. Dieser sieht unter anderem vor, für die vorhabenbedingte Verlegung von Leitungen Teile eines im Eigentum des Antragstellers stehenden Flurstücks dauerhaft sowie Teile weiterer Flurstücke vorübergehend in Anspruch zu nehmen. Des Weiteren wird darin für die Gründung der Brückenpfeiler, die Verlagerung und Verbreiterung der Fahrbahnen sowie den Bau eines Regenrückhaltebeckens die teilweise Öffnung und Auskofferung einer ehemaligen, vormals von der Stadt Leverkusen und den Bayer-Werken genutzten Deponie genehmigt. Die Bezirksregierung ordnete zunächst den sofortigen Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses an. Nachdem der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage beantragt hatte, beschränkte die Bezirksregierung die sofortige Vollziehung auf die Ausschreibung von Bauleistungen, die Verlegung von Leitungen sowie die hierfür erforderliche Baufeldfreimachung und setzte sie im Übrigen aus. Die Beteiligten haben das Verfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
II
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht begründet. Hinsichtlich der von der Aussetzungsentscheidung des Antragsgegners nicht erfassten Maßnahmen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
1. Nach einer vorliegend allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage als offen.
a) Als Eigentümer eines Flurstücks, das dauerhaft von dem planfestgestellten Vorhaben in Anspruch genommenen werden soll, hat der Antragsteller wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses einen Anspruch auf dessen umfassende gerichtliche Überprüfung (vgl. BVerwG, Urteile vom 1. September 1997 - 4 A 36.96 - BVerwGE 105, 178 <180 ff.> und vom 14. November 2012 - 9 C 14.11 - BVerwGE 145, 96 Rn. 11, 16). Dieser ist allerdings insoweit eingeschränkt, als eine Anfechtungsklage keinen Erfolg haben kann, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist.
Danach lassen sich die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers derzeit nicht mit hinreichender Gewissheit abschätzen. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss wirft eine Vielzahl schwieriger Sach- und Rechtsfragen auf, deren abschließende oder auch nur vertiefte Prüfung im Eilverfahren, zumal innerhalb des Zeitplans des Antragsgegners für die Durchführung der von der Aussetzungsentscheidung ausgenommenen Vorabmaßnahmen, nicht vorgenommen werden kann. Dieser Zeitplan - und damit die Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung - ist Folge der auch von dem Antragsteller nicht in Abrede gestellten Notwendigkeit, schnellstmöglich einen Ersatz für die vorhandene Rheinbrücke zu schaffen, die ihre Belastungsgrenze erreicht hat und nur noch - zudem auf ungewisse Zeit - von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von weniger als 3,5 t befahren werden kann. Insoweit hat der Antragsgegner glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass eine spätere Entscheidung über die vorläufige Zulässigkeit der nunmehr allein noch inmitten stehenden Maßnahmen, insbesondere wegen der grundsätzlich nur bis Ende Februar möglichen Baumfällarbeiten sowie der versorgungstechnischen Schwierigkeit, die betroffene Gasleitung während der Wintermonate zu verlegen, zu erheblichen Verzögerungen der Bauarbeiten führte.
b) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG wird hierdurch nicht verletzt. Mit diesem ist eine Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes anhand einer summarischen Prüfung oder - im Falle deren Unmöglichkeit - einer Folgenabwägung grundsätzlich vereinbar. Allerdings steigt die notwendige Prüfungsintensität mit dem Ausmaß der drohenden Rechtsverletzung. Unter besonderen Umständen können die Gerichte verpflichtet sein, die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen. Droht einem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist - erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 - EuGRZ 2016, 698 <699 f.>). Derartige Folgen drohen vorliegend, wie nachfolgend im Rahmen der Folgenabwägung darzulegen ist, indes nicht.
c) Dies vorangestellt, stellt sich die Rechtmäßigkeit der umstrittenen Planung derzeit nach summarischer Prüfung als offen dar. Der Antragsteller ist den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses hinsichtlich der mit den Eingriffen in die Altablagerung Dhünnaue verbundenen Fragen, der Vorwirkungen für die Planung des Folgeabschnitts sowie der Variantenprüfung mit umfänglichen, gutachterlich unterlegten Einwendungen entgegengetreten, ohne dass der Antragsgegner hierauf im vorliegenden Eilverfahren erwidert hat. Gleichwohl folgen hieraus im Rahmen einer Gesamtabwägung noch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, wie sie gemäß § 4a Abs. 3 UmwRG Voraussetzung einer an den Erfolgsaussichten der Klage orientierten stattgebenden Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO sind (vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3.13 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 90 Rn. 4 und vom 16. September 2014 - 7 VR 1.14 - Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 14 Rn. 11). Vielmehr stehen die widerstreitenden Argumente einander teilweise gleichgewichtig gegenüber und bedarf es weitergehender Prüfungen, welche dem Hauptsacheverfahren vorbehalten sind.
aa) Allerdings widerspricht der Anordnung der sofortigen Vollziehung entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht, dass bereits § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage ausschließt. Denn bei Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses war für das vorliegende Vorhaben kein vordringlicher Bedarf nach dem Fernstraßenausbaugesetz festgestellt. Erst mit Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3354) wurde die Erweiterung des streitgegenständlichen Autobahnabschnitts auf acht Fahrstreifen als laufendes und fest disponiertes Vorhaben, auf das die Rechtsvorschriften über Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs anzuwenden sind (§ 8 FStrAbG), in den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen aufgenommen.
bb) Die von dem Antragsteller gerügten formellen Fehler begründen ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Sollte das Unterlassen eines Hinweises auf die Anordnung des Sofortvollzugs fehlerhaft gewesen sein, hätte sich dies jedenfalls auf den Rechtsschutz des Antragstellers nicht ausgewirkt. Darüber hinaus sind Behörden nicht verpflichtet, vor der Bekanntgabe von Verwaltungsakten Feiertage oder Ferienzeiten abzuwarten. Einer vom Antragsteller als notwendig erachteten Verlängerung der Antragsbegründungsfrist durch den Antragsgegner steht entgegen, dass es sich hierbei um eine gesetzliche Frist gemäß § 17e Abs. 3 Satz 1 FStrG handelt, welche der Verfügung des Antragsgegners entzogen ist. Unbegründet erscheint derzeit schließlich auch der Einwand des Antragstellers, privatrechtliche Gesellschaften wie etwa die B. AG oder die C. GmbH & Co. OHG seien im Planfeststellungsverfahren als Träger öffentlicher Belange (TÖB) beteiligt worden. Die vorgenannten sowie weitere Firmen wurden ausweislich der Adressliste, die dem Schreiben der Regionalniederlassung Rhein-Berg, Außenstelle Köln, des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen vom 4. November 2015 beigefügt war, nicht als TÖB, sondern als Leitungseigentümer angehört. Selbst im Falle einer Beteiligung als TÖB wäre zudem nicht zu erkennen, inwiefern sich dies auf die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ausgewirkt hätte.
cc) Ob mit der Planfeststellung des östlichen Abschnittsendes ein Zwangspunkt dergestalt geschaffen wird, dass die sich noch in der Planung befindende Trasse im anschließenden Abschnitt bis zum AK Leverkusen weiterhin in Hochlage geführt werden muss, lässt sich derzeit nicht abschließend bewerten (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Februar 2017 - 9 VR 2.16 -). Jedoch ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand auszuschließen, dass das Vorhaben wegen einer etwaigen Notwendigkeit zur Änderung der Planung des rechtsrheinischen Abschnittsendes gar nicht oder nicht an der vorgesehenen Stelle verwirklicht werden könnte mit der Folge, dass das linksrheinisch gelegene Flurstück des Antragstellers nicht oder in geringerem Umfang in Anspruch genommen würde.
dd) Mit dem Einwand, der Antragsgegner habe nicht berücksichtigt, dass die Altablagerung Dhünnaue auf einer Fläche von ca. 13 ha von der Deponie Bürrig überlagert werde, hat der Antragsteller eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses bislang nicht substantiiert dargelegt. Ausweislich des Fernsehbeitrags, auf den der Antragsteller verweist, befindet sich die vorgenannte Fläche nördlich der Überleitung zur A 59. In diesem Bereich sieht der Planfeststellungsbeschluss jedoch keine Eingriffe in die Altablagerung vor.
ee) Ob der Antragsgegner die mit dem Eingriff in die Altablagerung verbundenen Gefahren ordnungsgemäß ermittelt hat und ob die im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Vorkehrungen ausreichen, eine Gefährdung von Mensch und Umwelt zu verhindern, stellt sich bislang als offen dar. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob eine etwaige Rechtswidrigkeit für die Eigentumsbetroffenheit des Antragstellers erheblich wäre.
Im Auftrag des Vorhabenträgers wurden im Jahr 2015 zur Erkundung der Zusammensetzung des Deponats und der Beschaffenheit des Baugrunds rund 80 Bohrungen und 65 Rammkernsondierungen, Analysen von ungefähr 180 Einzel- und 50 Mischproben sowie mehrere Bodenluft- und Geruchsuntersuchungen durchgeführt. Den Anteil höher belasteter Abfälle gab der Vorhabenträger danach mit 8 % an. Der Antragsteller beanstandet, gestützt auf Ausführungen von Sachverständigen, die Zahl und Abstände der Probebohrungen, die angewandte Bohrtechnik und das Verfahren der Probenentnahme als unzureichend.
(1) Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Altablagerung zum Teil hochgefährliche Stoffe enthält. Da die Abfälle mit Loren über dafür angelegte Dämme ohne Verdichtung verkippt wurden, kommt es über die gesamte Fläche der Altablagerung zu raschen horizontalen und vertikalen Materialwechseln sowohl hinsichtlich der Größe und Konsistenz als auch der Toxizität. Damit steht nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen fest, dass mit Ausnahme des Unterbaus der Trassenabschnitte der A 1, für deren Bau in den 1960er Jahren die Abfälle vollständig ausgekoffert und durch eine verdichtete Kiesschüttung ersetzt wurden, vor Beginn der Bauarbeiten keine Gewissheit über die genaue Zusammensetzung des Deponats besteht und dass diese auch über Probebohrungen nur näherungsweise bestimmt werden kann.
Die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses bestimmt sich daher maßgeblich danach, ob der Antragsgegner das mögliche Ausmaß der mit dem Eingriff in die Altablagerung verbundenen Risiken hinreichend ermittelt hat und ob die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Vorkehrungen ausreichen, diese Risiken zu beherrschen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht allein auf die Ergebnisse der Probebohrungen, sondern auch auf die bereits vorhandenen Unterlagen zur Zusammensetzung und zur Gefährlichkeit der Ablagerung gestützt ist. Das danach bekannte Schadstoffpotential wurde ausweislich des Erläuterungsberichts zum Emissionsschutzkonzept durch die aktuell durchgeführten Untersuchungen bestätigt. Hinzu kommt, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Maßnahmen bereits beim Rückbau von Altablagerungen Anwendung finden. Abschließend prüfen lässt sich dies jedoch erst im Hauptsacheverfahren.
(2) Ebenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss die Prüfung, ob der Planfeststellungsbeschluss alle danach erforderlichen Regelungen selbst trifft oder sie zulässigerweise der Ausführungsplanung vorbehält.
Grundsätzlich müssen alle durch das planfestgestellte Vorhaben verursachten Probleme auch im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden. Lediglich technische, nach dem Stand der Technik lösbare Probleme können ausnahmsweise aus der Planfeststellung ausgeklammert werden, wenn gewährleistet ist, dass die dem Stand der Technik entsprechenden Vorgaben beachtet werden. Soweit allerdings abwägungsbeachtliche Belange berührt werden, kann darüber nicht im Rahmen der Bauausführung, sondern muss im Rahmen der Planfeststellung entschieden werden. Nur ausnahmsweise besteht dann nach § 17 b FStrG i.V.m. § 74 Abs. 3 VwVfG die Möglichkeit, die abschließende Entscheidung über das betreffende Planungselement im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten, wenn sich bezogen auf den Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses die für die Bewältigung des Problems notwendigen Kenntnisse nicht mit vertretbarem Aufwand beschaffen lassen und das offen gehaltene Problem so gelöst werden kann, dass die bereits getroffenen Festlegungen nicht nachträglich als unabgewogen erscheinen (BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 50).
Ob der angefochtene Planfeststellungsbeschluss diesen Anforderungen genügt, kann aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität der damit verbundenen Fragen im Wege einer summarischen Prüfung nicht geklärt werden. So ordnet der Planfeststellungsbeschluss beispielsweise unter Ziff. 7.2.7.1 an, dass die mit dem Planfeststellungsentwurf vorgelegten Planungen sowie spätere Ausführungsplanungen zur Wiederherstellung der Elemente des Oberflächenabdichtungssystems erst noch von einem unabhängigen und geeigneten Fachgutachter zu prüfen sind. Unklar ist damit, ob und in welchem Umfang Planungen zur Wiederherstellung des Abdichtungssystems ohne eine vom Planfeststellungsbeschluss selbst für notwendig erachtete Prüfung entweder der Ausführungsplanung überlassen oder planfestgestellt wurden. Zudem verweist der Planfeststellungsbeschluss darauf, dass ein Qualitätssicherungsplan, der erforderlich ist um zu gewährleisten, dass das Sicherungssystem der Altlast während und nach dem Erweiterungsbau der A 1 funktionstüchtig bleibt, im Zeitpunkt der Planfeststellung noch nicht vorlag (Ziff. 7.2.7.1 Nr. 2). Des Weiteren ist das Emissionsschutzkonzept, dessen Erläuterungsbericht (Unterlage 20.1) planfestgestellt wurde, dem Planfeststellungsbeschluss zufolge ergänzungsbedürftig (Ziff. 7.2.7.1 Nr. 5). Ebenfalls erst noch geprüft werden muss danach die Planung des Bypasses einschließlich der Eingriffe in die bestehende Sperrwand, des möglichen Förderbrunnens und der Grundwassermessstellen (Ziff. 7.2.7.2 Nr. 1). Weitere nachzureichende Fachplanungen, insbesondere bezüglich der Eingriffe in die Altablagerung, benennt Ziff. 7.2.9.5 des Planfeststellungsbeschlusses.
(3) Dementsprechend kann auch die Frage, ob es der Erstellung eines Havarieplans bedurft hätte oder ob die Baubegleitung und -überwachung durch einen unabhängigen Fachgutachter ausreicht, dem gemäß Ziff. 7.2.6.6 des Planfeststellungsbeschlusses ein Weisungs- und Interventionsrecht gegenüber den ausführenden Bau- und Transportfirmen einzuräumen ist, erst im Hauptsacheverfahren beantwortet werden.
ff) Offen sind die Erfolgsaussichten der Klage danach auch hinsichtlich der ebenfalls an die Ordnungsgemäßheit der Untersuchung der Altablagerung anknüpfenden Fragen der ausreichenden Stabilität des Baugrunds, der damit verbundenen Berechnung des Aushubvolumens und somit der Gefährdungsabschätzung sowie der zugrunde gelegten Bauzeiten und -kosten, welchen wiederum Bedeutung für die Abwägung der Trassenvarianten - und damit möglicherweise für die Eigentumsbetroffenheit des Antragstellers - zukam.
Der Planfeststellungsbeschluss sieht vor, den Oberbau der neuen Fahrbahnen der A 1 im Bereich der Altablagerung auf einer mindestens 2 m starken Polsterschicht auf nachverdichteter Aushubsohle sowie auf einem verdichtet hergestellten Dammbauwerk nach ergänzenden Baugrundverbesserungsmaßnahmen zu gründen. Unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten macht der Antragsteller geltend, die für eine Abschätzung der Setzungen und Nachweise der (Böschungs-)Standsicherheit erforderlichen Untersuchungen seien nicht durchgeführt worden. Selbst unter Zugrundelegung der vom Vorhabenträger durchgeführten Untersuchungen seien Setzungen von 36 cm zu erwarten. Letztlich müsse daher das Deponiegut unter den neuen Fahrbahnen vollständig ausgekoffert und ersetzt werden, um eine hinreichende Tragfähigkeit zu gewährleisten.
Der Erläuterungsbericht führt hingegen aus, eine Gründung mittels hochverdichteter Polsterschicht sei aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und der Bauzeit vorzugswürdig, obschon hierbei vorzeitige Unterhaltungskosten (Instandsetzung des Oberbaus) in höherem Maße als bei einem vollständigen Bodenaustausch anfielen, der aus Gründen des Platzbedarfs, des Emissionsschutzes und der Wirtschaftlichkeit nicht möglich sei. Verbleibende Hohlraumrisiken könnten durch eine Geokunststoffbewehrung überbrückt werden. Zudem weist der Erläuterungsbericht darauf hin, beim Bau des AK Leverkusen-West sowie beim sechsspurigen Ausbau der A 1 seien die Streckenabschnitte im Bereich der Altablagerung ebenfalls auf einem rund 2 m mächtigen Bodenpolster gegründet worden. Somit berücksichtigt die Planung sowohl einen erhöhten Instandhaltungsbedarf als auch langjährige Erfahrungen mit einer derartigen Gründung im Bereich der Ablagerung, ohne dass damit indes feststünde, dass die Planung auch den heutigen rechtlichen und technischen Vorgaben genügt.
gg) Eine summarische Prüfung erlaubt ebenfalls keine Einschätzung der Rechtmäßigkeit der vorgesehenen Errichtung einer ergänzenden Sperrwand und Dichtungsschürze (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Februar 2017 - 9 VR 2.16 -). Auch insoweit ist indes nach derzeitigem Sach- und Streitstand auszuschließen, dass sich die etwaige Notwendigkeit zur Umplanung der Sperrwand auf die Eigentumsbetroffenheit des Antragstellers auswirkt.
hh) Eine summarische Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage scheidet schließlich aufgrund der Komplexität der Sach- und Rechtsfragen insoweit aus, als der Antragsteller die Entscheidung für einen Neubau der Brücke und gegen eine Rheinquerung mittels eines Tunnels als abwägungsfehlerhaft rügt.
Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Behörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen müssen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersucht und verglichen werden. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind nur dann überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder wenn sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eine andere als die gewählte Trassenführung eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 169 m.w.N.).
Der Antragsgegner hat in seine Abwägungsentscheidung mehrere Tunnelvarianten einbezogen einschließlich solcher, die eine Kombination von Tunnel- und Brückenbau vorsahen, diese jedoch wegen einer fehlenden oder unzureichenden Anbindung der A 59 an die A 1, erheblicher Mehrkosten, einer geringen Entlastungsfunktion, großer Eingriffe in die Altablagerung, eines niedrigeren Sicherheitsniveaus infolge der Verlagerung von Autobahnknoten in den Tunnel und/oder wegen längerer Planungs- und Bauzeiten bereits im Wege der Grobanalyse ausgeschieden. Insbesondere zu den Baukosten sogenannter Kombinationslösungen führt der Planfeststellungsbeschluss unter Verweis auf den Elbtunnel der A 20 zwischen Drochtersen und Glückstadt aus, diese lägen bei insgesamt gleich langer Bauzeit über den dreifachen Kosten einer oberirdischen Streckenführung.
Der Antragsteller rügt, die Vorauswahl sei vor Durchführung der Erkundungsbohrungen im Bereich der Altlast durchgeführt worden. Auch gehe die Abwägungsentscheidung nicht ausreichend auf die Umwelteinwirkungen ein. Eine Kombinationslösung, die eine Anbindung der A 59 nach Norden und in die Stadt Leverkusen ermögliche, sei nicht geprüft worden; überhaupt hätten der Antragsgegner und der Vorhabenträger keine ernsthafte Tunnelalternative entwickelt, sondern nur solche Varianten in die Abwägung eingestellt, deren fehlende Eignung offenkundig gewesen sei. Die Kostenberechnung dürfe sich nicht am Elbtunnel bei Hamburg, sondern müsse sich an dem deutlich preiswerteren, im Jahr 2003 fertiggestellten Westerscheldetunnel zwischen Ellewoutsdijk und Terneuzen orientieren. Der Kostenvergleich gehe hinsichtlich der Kombinationslösung zu Unrecht von der Notwendigkeit der Errichtung einer Behelfsbrücke aus. Er sei zudem auch deshalb fehlerhaft, weil er den Kosten der Kombinationslösung, welche auch die nachfolgenden Planungsabschnitte erfasse, nur die Kosten einer oberirdischen Trassenführung im 1. Abschnitt gegenüberstelle. Der Anteil des den Tunnel nutzenden Durchgangsverkehrs sei zu niedrig angesetzt und deshalb vom sachverständigen Verkehrsplaner des Vorhabenträgers im Anhörungstermin nach oben korrigiert worden. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung der im Bereich der Altablagerung zu erwartenden Kostensteigerungen und Bauverzögerungen stelle sich die Kombinationslösung insgesamt als die preiswertere und schneller zu realisierende Variante dar.
Ob sich danach eine Tunnelvariante hätte aufdrängen müssen, lässt sich im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht mit hinreichender Gewissheit abschätzen. Zwar sehen die vom Antragsteller vorgelegten Planungen einer Kombinationslösung eine Verlegung des AK Leverkusen in den Tunnel vor, obwohl die mit Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau Nr. 7/2009 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 23. Juni 2009 eingeführten Richtlinien für die Anlage von Autobahnen vorgeben, bei der Planung von Autobahntunneln bei Straßen der Kategorien EKA 1 und 2 Ein- und Ausfahrten zu vermeiden. Hinzu kommt, dass selbst dann, wenn es sich bei dem AK Leverkusen - was zweifelhaft ist - um den Teil einer Stadtautobahn (EKA 3) handelte, erhebliche Bedenken bestehen, ob die Verlegung eines stark befahrenen Autobahnkreuzes in einen Tunnel baulich so gestaltet werden kann, dass dies allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügt (§ 4 Satz 1 FStrG). Auch hat der Bundesrechnungshof in seinem Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages vom 16. Juli 2014 die Kosten für den Bau des Elbtunnels der A 20 auf 1,5 Mrd. € geschätzt, wobei vorliegend hinzu kommt, dass sowohl der Elb- als auch der Westerscheldetunnel auf vier Fahrstreifen ausgelegt sind, wohingegen die A 1 zwischen der AS Köln-Niehl und dem AK Leverkusen-West schon jetzt über sechs Fahrstreifen verfügt, die nach dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen auf acht erweitert werden sollen. Schließlich ist fraglich, ob mit der vom Antragsteller vorgeschlagenen Kombinationslösung die Funktionsfähigkeit des AK Leverkusen-West gewährleistet ist. Zwar soll diese den textlichen Ausführungen des Gutachters Dipl.-Ing. H. zufolge erhalten bleiben. Indes sieht seine zeichnerische Darstellung im Lageplan einen Wegfall der Verbindung der A 59 mit der Richtungsfahrbahn der A 1 nach bzw. aus Dortmund vor mit der Folge, dass die entsprechenden Verkehre auf die A 542 und die A 3 verlagert werden müssten.
Bestehen damit zwar keine überwiegenden und damit ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Variantenprüfung, so können die vorgenannten wie auch die weiteren Einwände des Antragstellers im Rahmen einer summarischen Prüfung jedoch auch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als unbegründet eingeschätzt werden mit der Folge, dass die Erfolgsaussichten der Klage auch insoweit noch offen sind.
2. Nach der danach vorzunehmenden Folgenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der von der Aussetzungsentscheidung des Antragsgegners ausgenommenen Maßnahmen das gegenläufige Interesse des Antragstellers.
Erhebliches Gewicht erhält das Vollzugsinteresse durch den Umstand, dass ein Betrieb der bestehenden Rheinbrücke nur noch eingeschränkt für ungewisse Dauer möglich ist und ihr Neubau voraussetzt, dass vor Baubeginn die im zukünftigen Baufeld verlaufenden Versorgungsleitungen verlegt sowie die hierfür erforderlichen Rodungsarbeiten durchgeführt werden. Würde insoweit die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wiederhergestellt, hätte diese aber keinen Erfolg, könnte der Antragsgegner bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht mit der Vorbereitung des dringend erforderlichen Baus einer neuen Rheinquerung beginnen und träten somit nicht zu verantwortende Bauverzögerungen ein. Abhängig vom Zeitpunkt einer Hauptsacheentscheidung könnten zudem weitere Verzögerungen dadurch entstehen, dass die Rodungsarbeiten und die Verlegung der betroffenen Gasleitung nicht zu jeder Jahreszeit uneingeschränkt möglich sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner auf den Beginn der Arbeiten für den Bau eines Regenrückhaltebeckens im Bereich der Altablagerung verzichtet hat, um eine vorherige gerichtliche Klärung der damit aufgeworfenen rechtlichen und tatsächlichen Fragen im Hauptsacheverfahren zu ermöglichen, und dass dies zu bauzeitlichen Verzögerungen von drei bis vier Monaten führt. Abgesehen davon, dass die zu erwartende Dauer des Hauptsacheverfahrens trotz der beabsichtigten zeitnahen Terminierung des Verfahrens diese Zeitspanne übersteigt, erachtet es der Antragsgegner für möglich, diese Verzögerung durch Umplanungen auszugleichen.
Die dem Antragsteller für den Fall entstehenden Nachteile, dass vorläufiger Rechtsschutz versagt wird, seine Klage aber später Erfolg hat, sind demgegenüber von geringerem Gewicht. Mit den vorgenannten Maßnahmen werden noch keine vollendeten Tatsachen geschaffen. Insbesondere beinhalten sie keinen Eingriff in die Altablagerung. Erforderlichenfalls können sie vielmehr durch Rückverlegung der Leitungen und Wiederbepflanzung rückgängig gemacht werden. Für Ausfälle, die dem Antragsteller durch die Verlegung der Leitungen auf landwirtschaftlich genutzten Flurstücken entstehen, ist dieser zudem zu entschädigen. Erhebliche, hierdurch nicht auszugleichende Beeinträchtigungen hat der Antragsteller nicht dargelegt; vielmehr werden nach seinem Vorbringen lediglich 4 m² seines Grundeigentums dauerhaft entzogen und 211 m² mit einer Dienstbarkeit belastet, wohingegen die übrigen von dem Vorhaben betroffenen Flächen nur vorübergehend durch die Leitungsverlegungen in Anspruch genommen werden. Der weitere Einwand des Antragstellers, für die Verlegung und ihre Rückgängigmachung fielen Kosten in Höhe von 26 Mio. € an, übersieht, dass der in der Aufstellung des Gutachters Dipl.-Ing. H. für "besondere Anlagen" wiedergegebene Betrag, auf den der Antragsteller Bezug nimmt, nicht nur Kosten der Leitungsverlegung, sondern auch der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen enthält. Soweit der Antragsteller geltend macht, ein Abwarten des Ergebnisses des Hauptsacheverfahrens biete die Chance, die Planungen zugunsten der Kombinationslösung zu ändern und somit schneller und kostengünstiger einen Ersatz für die bestehende Rheinbrücke zu schaffen, verkennt er, dass Gegenstand des Eilrechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO nur das planfestgestellte, nicht jedoch ein alternatives Vorhaben ist.
An der beabsichtigten Ausschreibung von Planungs- und Bauleistungen auf eigenes Risiko ist der Antragsgegner darüber hinaus schon deshalb nicht gehindert, weil derartige verwaltungsinterne Vorbereitungsmaßnahmen mangels baulicher oder sonstiger faktischer Außenwirkung keine Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses darstellen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 31. März 2011 - 9 VR 2.11 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 84 Rn. 2 und vom 1. März 2012 - 9 VR 7.11 - Buchholz 406.403 § 63 BNatSchG 2010 Nr. 2 Rn. 16).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat mit der weitgehenden Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses das erledigende Ereignis herbeigeführt und zu erkennen gegeben, dass er die Voraussetzungen für eine sofortige Vollziehung mit Ausnahme der von ihm von der Aussetzungsentscheidung ausgenommenen Maßnahmen für derzeit nicht gegeben erachtet. Dass der Antrag hinsichtlich des nicht erledigten Teils keinen Erfolg hatte, stellt sich als ein insgesamt nur geringes Unterliegen des Antragstellers dar.
Soweit dieser beantragt hat, die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im außergerichtlichen Verfahren für notwendig zu erklären, besteht diese Möglichkeit gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO nur für die im Hauptsacheverfahren zu treffende Grundentscheidung und zudem nur im Falle eines vorangegangenen Widerspruchsverfahrens; etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn sich an das Ausgangs- kein Widerspruchsverfahren anschließt, sondern unmittelbar Klage zu erheben ist (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 162 Rn. 91, 93 m.w.N.).
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.