Entscheidungsdatum: 29.07.2010
Die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen,
"Stellen die Kosten des Ausbaus einer dem öffentlichen Verkehr unbeschränkt gewidmeten und in der Unterhaltungslast der Gemeinde stehenden Ortsstraße zur Flurbereinigung erforderliche Ausführungskosten i.S.d. § 19 Abs. 1 FlurbG i.V.m. § 105 FlurbG dar, weil diese Ortsstraße eine gemeinschaftliche Anlage i.S.d. § 39 Abs. 1 FlurbG ist?
Hilfsweise: Kann die Flurbereinigungsbehörde wegen des Ausbaus der o.g. Straße gemäß § 19 Abs. 2 FlurbG die Beiträge der Teilnehmer entsprechend den Mehrkosten für solche Teile des Flurbereinigungsgebietes erhöhen, bei denen zur Ausführung besonderer Anlagen außergewöhnlich hohe Aufwendungen erforderlich sind, weil diese Ortsstraße eine besondere Anlage gem. § 19 Abs. 2 FlurbG ist?"
rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
a) Nach ihrem Wortlaut knüpft die erste Frage an die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts an, dass vorliegend durch den Ausbau der Ortsstraße eine gemeinschaftliche Anlage i.S.d. § 39 Abs. 1 Satz 2 FlurbG entstanden ist. Das Oberverwaltungsgericht ist bei dieser Feststellung von der Annahme ausgegangen, dass Straßenbaumaßnahmen nur dann geeignet sind, gemeinschaftliche Anlagen zu schaffen, wenn sie sich im Rahmen der Ziele der Flurbereinigung halten und einem gemeinschaftlichen Zweck der Verfahrensteilnehmer dienen (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Die Beschwerde legt nicht dar, weshalb ausgehend davon noch Zweifel daran bestehen könnten, dass die Aufwendungen zum Ausbau einer solchen Straße Aufwendungen darstellen, die zur Ausführung der Flurbereinigung erforderlich sind (§ 105 FlurbG) und dem Interesse der Teilnehmer dienen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 FlurbG).
Im Übrigen ist die Zulassung der Revision auch dann nicht gerechtfertigt, wenn zugunsten der Beschwerde unterstellt wird, dass es ihr um die Klärung der Frage geht, ob durch den Ausbau "einer dem öffentlichen Verkehr unbeschränkt gewidmeten und in der Unterhaltungslast der Gemeinde stehenden Ortsstraße" überhaupt eine gemeinschaftliche Anlage i.S.d. § 39 Abs. 1 FlurbG geschaffen werden kann. Diese Frage ist durch die auch vom Oberverwaltungsgericht in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt. Danach kommt es entscheidend darauf an, ob die im Flurbereinigungsverfahren geschaffene Straße den gemeinschaftlichen Interessen der Teilnehmer dient, was regelmäßig dann der Fall ist, wenn sie die Feldmark erschließt oder eine Auflockerung der Ortslage bewirkt. Ist diese Voraussetzung gegeben, liegt eine gemeinschaftliche Anlage i.S.d. § 39 Abs. 1 FlurbG vor, unabhängig davon, ob es sich um eine private oder um eine der Öffentlichkeit gewidmete Straße handelt (Urteile vom 25. Oktober 1962 - BVerwG 1 C 212.58 - BVerwGE 15, 72 <76 f.> und vom 26. November 1981 - BVerwG 5 C 72.80 - BVerwGE 64, 232 <235 f.>). Daran ändert nichts, wenn die Straße als öffentliche Straße nach den landesrechtlichen Regelungen von der Gemeinde zu unterhalten ist; flurbereinigungsrechtlich ist dies nur insoweit von Belang, als dann keine Notwendigkeit besteht, Unterhaltungsregelungen im Flurbereinigungsplan zu treffen (vgl. Urteil vom 18. November 2002 - BVerwG 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <215>). Entgegen der Auffassung der Beschwerde sind gemeinschaftliche Anlagen auch nicht stets der Teilnehmergemeinschaft zu Eigentum zuzuteilen (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 2 und 3 FlurbG). Dass der vorliegende Rechtsstreit gleichwohl Gelegenheit zu einer fallübergreifenden Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Einordnung öffentlicher Wege und Straßen als gemeinschaftliche Anlagen i.S.d. § 39 Abs. 1 Satz 2 FlurbG geben könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf. Allein die von ihr vertretene Auffassung, dass das Oberverwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil von seiner eigenen Rechtsprechung abgewichen sei, gibt dafür keinen Anhaltspunkt, zumal die Beschwerdebegründung eine solche Abweichung nicht erkennen lässt. Die weiteren Ausführungen der Beschwerde beschränken sich im Wesentlichen darauf zu belegen, dass der Ausbau der Ortsstraße nach der konkreten Situation entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts allein Aufgabe der Gemeinde gewesen wäre. Damit verfehlt sie die Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
b) Die weitere - hilfsweise gestellte - Frage kann so, wie sie formuliert wurde, unmittelbar anhand des Textes der maßgeblichen Vorschrift des § 19 Abs. 2 FlurbG bejaht werden. Im Übrigen beschränkt sich die Beschwerde wiederum darauf, in der Art eines zugelassenen oder zulassungsfreien Rechtsmittels auszuführen, weshalb der hier in Rede stehende Ausbau einer Ortsstraße entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts von vornherein keine besondere Anlage i.S.d. § 19 Abs. 2 FlurbG sein könne, so dass es einer Zurückverweisung der Sache an die obere Flurbereinigungsbehörde nicht bedurft hätte. Dabei übersieht die Beschwerde zudem, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Beurteilung dieser Frage nicht darauf abgestellt hat, ob bestimmte Teilnehmer besondere, anders nicht auszugleichende Vorteile erzielt haben, sondern in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geprüft hat, ob der Ausbau der Ortsstraße allein aus dem Zweck der Flurbereinigung oder auch im Interesse einzelner Teilnehmer veranlasst war (vgl. Urteil vom 15. März 1973 - BVerwG 5 C 8.72 - BVerwGE 42, 92 <94>).
2. Auch die Verfahrensrügen können nicht durchdringen.
a) Soweit die Beschwerde rügt, nach den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils werde die Sache abweichend vom Urteilstenor nicht an die obere Flurbereinigungsbehörde, sondern an die dafür nach den landesrechtlichen Vorschriften nicht zuständige Spruchstelle für Flurbereinigung zur erneuten Bescheidung zurückverwiesen, ist ein Verfahrensmangel schon deshalb nicht aufgezeigt, weil für die Entscheidung über die Zurückverweisung der Urteilstenor maßgeblich ist.
b) Soweit die Beschwerde geltend macht, das Oberverwaltungsgericht sei nach § 190 Abs. 1 Nr. 4 VwGO i.V.m. § 144 FlurbG verpflichtet gewesen, selbst zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 FlurbG für eine Beitragserhöhung vorliegen und die konkrete Abgrenzung des Sondererhebungsgebiets nach dieser Vorschrift gerechtfertigt ist, wiederholt sie lediglich ihre Auffassung, dass der Ausbau der Ortsstraße ohne weiteres erkennbar allein im Interesse der Gemeinde liege. Sie legt jedoch nicht wie geboten dar, dass dem Oberverwaltungsgericht als Flurbereinigungsgericht nach Umfang und Schwierigkeit der nach seiner maßgeblichen Rechtsauffassung noch zu klärenden Aspekte, die entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht "nur" das Verwaltungsverfahren betreffen, eine eigene Entscheidung zumutbar gewesen wäre (vgl. Urteil vom 16. Dezember 1992 - BVerwG 11 C 3.92 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 72 S. 41 m.w.N.).
c) Die Beschwerde rügt ferner, das vom Beklagten vorgelegte, vom Protokollanten und der Vorsitzenden des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft unterzeichnete "Erinnerungsprotokoll" vom 14. Januar 2010 zur Entscheidungsfindung des Vorstandes habe nicht verwertet werden dürfen, weil es sich nicht um eine Verhandlungsniederschrift nach den §§ 129 ff. FlurbG handele. Das trifft nicht zu. Diese speziellen Regelungen schließen die Verwertung anderer das Flurbereinigungsverfahren betreffender Dokumente nicht aus, wenngleich ihnen nicht die Beweiskraft von Verhandlungsniederschriften zukommt, die den Anforderungen der §§ 129, 130 FlurbG genügen (§ 131 FlurbG). Sonstige Gründe, die einer Verwertung des "Erinnerungsprotokolls" entgegen stehen könnten, zeigt die Beschwerde nicht auf. Insbesondere macht sie nicht geltend, dass der Kläger keine Gelegenheit hatte, sich zu diesem "Erinnerungsprotokoll" zu äußern. Das ist im Übrigen ausweislich der Akte des Oberverwaltungsgerichts auch nicht der Fall.
d) Eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 96 VwGO) legt die Beschwerde nicht hinreichend dar. Sie zeigt nicht auf, dass der Kläger eine Zeugenvernehmung zu den im "Erinnerungsprotokoll" festgehaltenen Vorgängen beantragt hat bzw. dass und weshalb sich dem Oberverwaltungsgericht eine solche Zeugenvernehmung hätte aufdrängen müssen (vgl. Beschluss vom 14. November 2007 - BVerwG 10 B 47.07 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 55 S. 1 m.w.N.).
e) Schließlich betrifft die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe das "Erinnerungsprotokoll" in der Sache unzutreffend gewürdigt, nicht das Verfahrensrecht, sondern materielles Recht (Beschluss vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 ff.; stRspr).