Entscheidungsdatum: 12.02.2019
I
Die Kläger sind Eigentümer von selbstgenutzten Wohngrundstücken, die sich in der Nähe des Hermsdorfer Kreuzes (Autobahnkreuz der A 4 und der A 9) befinden. Der Beklagte stellte mit Planfeststellungsbeschluss vom 21. Dezember 2010 den Plan für den Um- und Ausbau des vorhandenen Autobahnkreuzes fest. Danach werden trotz der geplanten Errichtung von Lärmschutzanlagen (Lärmschutzwand, lärmmindernde Straßenoberfläche mit einer Pegelminderung von 2 dB(A) sowie lärmmindernde Fahrbahnübergänge) an den Wohnhäusern der Kläger die Werte der 16. BImSchV nachts am Wohnhaus des Klägers zu 1. um bis zu 4,6 dB(A) und am Wohnhaus des Klägers zu 2. um bis zu 5,1 dB(A) überschritten; hierfür wurde passiver Lärmschutz zugesprochen.
Mit der Klage haben die Kläger zusätzliche aktive Lärmschutzmaßnahmen begehrt, insbesondere die Verwendung von offenporigem Asphalt sowie eine Lärmschutzwand von 5 m Höhe mit einem aufgesetzten Kragarm.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, die auf die Zulassungsgründe der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützt ist, hat keinen Erfolg.
1. Die Divergenzrüge greift nicht durch. Der Zulassungsgrund der Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem die Bezugsentscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Der Hinweis auf eine vermeintlich fehlerhafte Anwendung vorgegebener Rechtssätze genügt den Darlegungsanforderungen dagegen nicht (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2016 - 9 B 65.15 - Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 20 Rn. 13). Daran gemessen zeigt die Beschwerde eine Divergenz nicht auf.
a) Die Beschwerde ist der Auffassung, das Oberverwaltungsgericht sei mit seinen Ausführungen zur Verwendung des offenporigen Asphalts von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen. Insoweit benennt sie zwei Urteile (vom 15. März 2000 - 11 A 31.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 32 = juris Rn. 60 und vom 13. Mai 2009 - 9 A 72. 07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 63), denen sie den Rechtssatz entnimmt, dass bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Schutzmaßnahmen im Sinne des § 41 Abs. 2 BImSchG deren konkrete Mehrkosten zu ermitteln seien. Hiervon sei das Oberverwaltungsgericht abgewichen, indem es den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine allgemeine verbal-argumentative Abwägung von Mehrkosten ohne konkrete Bezifferung dieser Mehrkosten für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Schutzmaßnahmen i.S. des § 41 Abs. 2 BImSchG ausreichend ist".
Den Urteilen kann schon nicht der strikte Rechtssatz entnommen werden, dass die Mehrkosten von Schutzmaßnahmen stets genannt werden müssen. Auch die Beschwerde selbst hält dies unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht für erforderlich, wenn von einer "offensichtlichen Unverhältnismäßigkeit" ausgegangen werden kann (BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 1993 - 7 ER 302.92 - juris Rn. 19). Hinzuweisen ist ferner darauf, dass bestimmte Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes auch bereits aufgrund einer Grobprüfung ausgeschieden werden dürfen (BVerwG, Urteil vom 15. März 2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <388>).
Hiervon abgesehen ist das Oberverwaltungsgericht, das sich ausdrücklich auf die o.g. Urteile vom 15. März 2000 und vom 13. Mai 2009 stützt (UA S. 32 f.), von diesen auch nicht abgewichen:
Zunächst hat es entgegen der Darstellung der Beschwerde die konkreten Mehrkosten für den offenporigen Asphalt durchaus benannt, wenngleich im Tatbestand (UA S. 13) und nicht in den Entscheidungsgründen. Dabei dürfte es sich bei der angegebenen Summe (mindestens 3 €/m2) allerdings nur um die Herstellungskosten ohne die - durchaus beträchtlichen - Unterhaltungskosten handeln. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht den von der Beschwerde angegebenen abstrakten Rechtssatz auch nicht aufgestellt. Vielmehr hat es im konkreten Einzelfall die im Planfeststellungsbeschluss näher begründete Ablehnung des offenporigen Asphalts für abwägungsfehlerfrei gehalten (UA S. 26 unter Bezugnahme auf Planfeststellungsbeschluss S. 49/50). Die Ablehnung war auch keineswegs nur auf Kostengründe, sondern auch auf baulogistische und technologische Gründe gestützt. So wird u.a. darauf hingewiesen, dass gegen den Einsatz gerade im Bereich des Autobahnkreuzes die kurze Lebensdauer, die erforderlichen Reinigungszyklen sowie die meteorologischen Risiken sprächen. Zudem könne das Material nicht auf Bauwerken eingesetzt werden, wodurch eine unstete Oberfläche sowie ein kleinräumiger Technologiewechsel bewirkt würde. Auch müsse berücksichtigt werden, dass offenporige Beläge bei Geschwindigkeiten unter 60 km/h, zum Beispiel hier auf den Schleifenfahrbahnen, wirkungslos blieben (UA S. 27).
b) Des Weiteren entnimmt die Beschwerde dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2009 - 9 A 72. 07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 63 ff. den Rechtssatz, dass eine Gesamtbetrachtung aller möglichen Schallschutzmaßnahmen, ihrer Kosten und ihres Nutzens im Sinne einer Lärmschutzkonzeption geboten sei. Auch hiervon sei das Oberverwaltungsgericht abgewichen, indem es angenommen habe, dass die einzelnen Schallschutzmaßnahmen jeweils isoliert auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen seien.
Auch insoweit liegt eine Abweichung nicht vor. Stehen bestimmte Maßnahmen aktiven Lärmschutzes nicht zur Auswahl, weil bereits aufgrund einer Grobprüfung feststeht, dass sie nicht ernsthaft in Betracht kommen (BVerwG, vgl. Urteil vom 15. März 2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <388>) oder in jedem Fall ausgeführt werden sollen, ist der Aufwand für diese Maßnahmen für den Kosten-Nutzen-Vergleich ohne Bedeutung (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 41). Das muss ebenso gelten, wenn eine bestimmte Lärmschutzmaßnahme - wie hier die Verwendung offenporigen Asphalts (s.o.) - nach einer vertieften Prüfung ausscheidet.
2. Der von den Klägern geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
Ohne Erfolg rügt die Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe gegen seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO dadurch verstoßen, dass es weder die Mehrkosten für den offenporigen Asphalt noch die Kosten für die Kragarme untersucht habe, obwohl die vom Beklagten/Vorhabenträger genannten Kosten für die Kragarme von den Klägern bestritten worden seien.
Wie oben ausgeführt, kam es nach der - für die Prüfung eines Verfahrensfehlers maßgeblichen - Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht auf die exakten Mehrkosten für den offenporigen Asphalt an, sodass es diese nicht genau bestimmen musste. Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht die Kosten für die von den Klägern bevorzugte Lärmschutzanlage (Lärmschutzwand von 5 m Höhe mit einem aufgesetzten Kragarm) durchaus ermittelt und hierzu eine Kostenschätzung durch den Beklagten angefordert, die dieser mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 als Anlage BK 4 vorgelegt hat (GA OVG Bl. 167). Zwar haben die Kläger die Höhe der Kosten mit Schriftsatz vom 10. August 2016 "zunächst vorsorglich bestritten", dies jedoch nur damit begründet, dass es nicht nachvollziehbar sei, ob es sich bei den Beträgen um Erfahrungswerte aus anderen Baumaßnahmen oder um Literaturangaben handele. Nachdem der Beklagte dies mit Schriftsatz vom 15. August 2016 dahingehend klargestellt hatte, dass es sich um statistische Durchschnittswerte des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur handele, sind die Kläger auf diese Frage nicht mehr zurückgekommen und haben Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt. Vor diesem Hintergrund ist ein Verfahrensfehler nicht ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.