Entscheidungsdatum: 04.09.2018
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. März 2018 - 6 Ta 22/18 - unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde im Übrigen aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 15. November 2017 - 4 Ca 4318/17 - teilweise abgeändert hat, und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 15. November 2017 - 4 Ca 4318/17 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 8.333,00 Euro festgesetzt.
I. Die Parteien streiten im Zusammenhang mit amtsärztlichen Untersuchungen des Klägers beim Gesundheitsamt der Beklagten über Auskunfts-, Widerrufs-, Unterlassungs-, Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche sowie über die Entfernung von Gesundheitszeugnissen und einer Aktennotiz aus den Akten und deren Vernichtung. Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen als nicht gegeben gerügt.
Die Landeshauptstadt München stellte den Kläger zum 8. September 2016 als Tarifbeschäftigten im Lehrdienst ein. Der Arbeitsvertrag nimmt ua. auf den TVöD (VKA) Bezug.
Auf Veranlassung der Landeshauptstadt München unterzog sich der Kläger amtsärztlichen Untersuchungen beim Gesundheitsamt der Beklagten. Am 2. Dezember 2016 stellte der Amtsarzt in einem Gesundheitszeugnis und einer Aktennotiz ua. fest, die Eignung des Klägers für den Lehrerberuf sei aufgrund einer Erkrankung aus dem psychiatrischen Formenkreis und hierdurch bedingter Tätlichkeiten des Klägers in zwei Fällen nicht gegeben. Die Aktennotiz nimmt ua. auf ein ebenfalls vom Gesundheitsamt der Beklagten erstelltes amtsärztliches Zeugnis vom 11. August 2009 Bezug. Darin wurde dem Kläger attestiert, ihm sei aufgrund einer chronischen psychischen Erkrankung das Absolvieren der schriftlichen Prüfung im Fach Psychologie im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen nicht möglich.
Die Landeshauptstadt München stellte den Kläger, nachdem sie das Gesundheitszeugnis vom 2. Dezember 2016 erhalten hatte, zunächst vom Dienst frei. Am 23. Februar 2017 kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich innerhalb der Probezeit zum 31. März 2017. Der Kläger erhob gegen die Landeshauptstadt München beim Arbeitsgericht München Kündigungsschutzklage und beanstandete ua. die Personalratsanhörung. Am 5. August 2017 reichte er beim Arbeitsgericht Nürnberg die vorliegende Klage ein. Er ist der Auffassung, die Gesundheitszeugnisse und die Aktennotiz enthielten unzutreffende Feststellungen. Der beschrittene Rechtsweg sei eröffnet, weil zwischen den streitgegenständlichen Ansprüchen und dem Arbeitsverhältnis mit der Landeshauptstadt München ein rechtlicher Zusammenhang bestehe. Die Datenerhebung, -nutzung und -weitergabe durch die Beklagte sei auf Veranlassung der Landeshauptstadt München für das mit dieser bestehende Arbeitsverhältnis bzw. im Zusammenhang mit diesem erfolgt. Die Beklagte sei nach § 34 BDSG zur Auskunft über die Weitergabe der Gesundheitszeugnisse und der Aktennotiz und des Inhalts derselben verpflichtet, ohne dass es auf die von ihm mit der Auskunft verfolgten Zwecke ankomme.
Der Kläger hat folgende Anträge angekündigt:
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I. |
Die Beklagte wird verurteilt, |
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1. |
schriftlich Auskunft darüber zu erteilen, welchen anfragenden Behörden, Arbeitgebern, Arbeitgeberinteressenten und sonstigen Dritten das Gesundheitszeugnis vom 2. Dezember 2016 innerlich Auskunft erteilt oder dieses in Abdruck übersandt, zugänglich gemacht oder sonst zur Kenntnis gebracht wurde; |
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2. |
gegebenenfalls die Richtigkeit ihrer Auskunft an Eides statt zu versichern; |
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3. |
ferner das Gesundheitszeugnis vom 2. Dezember 2016, die Aktennotiz vom 2. Dezember 2016 und das amtsärztliche Zeugnis vom 11. August 2009 aus der Personalakte zu entfernen, jeweils zu vernichten und die Erledigung nachrichtlich mitzuteilen; |
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4. |
und bei Meidung einer für jeden Fall der Zwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 5.001,00 Euro (in Worten: fünftausendeins Euro), zukünftige Auskunftserteilungen an anfragende Behörden, Arbeitgeber, Arbeitgeberinteressenten und sonstige Dritte aus dem Gesundheitszeugnis vom 2. Dezember 2016, der Aktennotiz vom 2. Dezember 2016 und dem amtsärztlichen Zeugnis vom 11. August 2009 zu unterlassen, sei es durch Übersendung, sei es durch sonstige Überlassung oder mündliche Mitteilung. |
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II. |
Die Beklagte wird verurteilt, die Behauptungen, der Kläger sei „bereits seit Januar 1995 (13. Lebensjahr!) in Behandlung bei Hr. Dr. N aufgrund von Depressionen mit Antriebshemmung, Konzentrationsstörungen, Lustlosigkeit, Kopfschmerzen und aggressiven Durchbrüchen“, „diverse antidepressive Medikamente brachten nicht den gewünschten Erfolg“, „von 2004 - 2005 wurde eine Psychotherapie absolviert, auch danach habe sich der Zustand nicht wesentlich gebessert“ sowie „tätliche Übergriffe habe es v.a. gegen die Schwester und den Vater gegeben“, zu widerrufen. |
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III. |
Es wird festgestellt, dass die Beklagte wegen der unrichtigen Auskünfte nach dem Gesundheitszeugnis vom 2. Dezember 2016, der Aktennotiz vom 2. Dezember 2016 und dem amtsärztlichen Zeugnis vom 11. August 2009 im Hinblick auf Schadensersatz und immaterielle Entschädigung schon jetzt dem Grunde nach haftet. |
Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit hinsichtlich der Klageanträge unter Ziff. I und II an das Verwaltungsgericht Ansbach verwiesen. Hinsichtlich des Klageantrags unter Ziff. III hat es das Verfahren abgetrennt und an das Landgericht Nürnberg-Fürth verwiesen. Der sofortigen Beschwerde hat es nicht abgeholfen. Das Landesarbeitsgericht hat den Beschluss des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und den Rechtsstreit insgesamt an das Landgericht Nürnberg-Fürth verwiesen. Der Kläger hält mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde am Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen fest. In der Rechtsbeschwerdebegründung teilte der Kläger mit, er habe die Klage mit einem beim Arbeitsgericht Nürnberg eingereichten Schriftsatz vom 15. Mai 2018 gegen die Landeshauptstadt München erweitert. Er rügt zudem, das Arbeitsgericht sei bei der Nichtabhilfeentscheidung fehlerhaft besetzt gewesen, weil an dieser andere ehrenamtliche Richter mitgewirkt hätten als an der Ausgangsentscheidung.
II. Die nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG statthafte und nach § 78 ArbGG, §§ 574 ff. ZPO zulässige Rechtsbeschwerde des Klägers führt zur teilweisen Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und zur Wiederherstellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts, sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zu Recht hinsichtlich der Klageanträge unter Ziff. I und II an das Verwaltungsgericht Ansbach und hinsichtlich des Klageantrags unter Ziff. III, mit dem der Kläger die Feststellung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten verlangt, nach Abtrennung an das Landgericht Nürnberg-Fürth verwiesen.
1. Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts unterliegt nicht der (teilweisen) Aufhebung, weil der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts nicht in derselben Besetzung der Kammer wie der Ausgangsbeschluss ergangen ist.
a) Nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ergeht der Beschluss nach § 17a Abs. 4 GVG auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat. Da es sich bei der Entscheidung über die Abhilfe oder Nichtabhilfe um eine erneute Entscheidung in der Sache handelt, ist sie nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ebenfalls durch die Kammer unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zu treffen. Der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) ist ein Verfahrensmangel, der gemäß § 576 Abs. 3, § 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nur auf Rüge hin und nicht von Amts wegen beachtet werden darf (vgl. BAG 8. September 2015 - 9 AZB 21/15 - Rn. 11; 17. September 2014 - 10 AZB 43/14 - Rn. 13 f. mwN, BAGE 149, 110).
b) Die vom Kläger erhobene Rüge ist unzulässig.
aa) Die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts erster Instanz kann in der Rechtsbeschwerde grundsätzlich nur dann erfolgreich sein, wenn auch der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts mit diesem Verfahrensmangel behaftet ist (vgl. BAG 17. September 2014 - 10 AZB 43/14 - Rn. 16, BAGE 149, 110). Dies zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
bb) Die Rüge wäre zudem nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Nichtabhilfebeschluss in vorschriftsmäßiger Besetzung gefasst. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG entscheidet das Arbeitsgericht über die Nichtabhilfe in der für den betreffenden Entscheidungstag abstrakt vorgegebenen Besetzung, nicht aber notwendig in derselben Besetzung (vgl. GMP/Müller-Glöge 9. Aufl. § 78 Rn. 28).
2. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet ist.
a) Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt nicht aus § 2 Abs. 1 ArbGG. Danach sind die Gerichte für Arbeitssachen allein für „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten“ zuständig. Zwischen den Parteien besteht keine bürgerlich-rechtliche, sondern eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.
aa) Ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch abgeleitet wird (GmS-OGB 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85 - zu III 1 der Gründe, BGHZ 97, 312; BAG 19. August 2008 - 5 AZB 75/08 - Rn. 6). Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit kann nicht nur bestehen, wenn die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen, sondern auch dann, wenn sie sich in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen (vgl. BAG 1. August 2017 - 9 AZB 45/17 - Rn. 9, BAGE 160, 22; 22. November 2016 - 9 AZB 41/16 - Rn. 9 mwN). Maßgeblich ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des bürgerlichen Rechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BAG 7. Mai 2013 - 10 AZB 8/13 - Rn. 7; 5. Oktober 2005 - 5 AZB 27/05 - Rn. 13, BAGE 116, 131). Nicht entscheidend ist, ob sich die klagende Partei auf eine zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (vgl. BAG 16. Februar 2000 - 5 AZB 71/99 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 93, 310; BVerwG 26. März 2018 - 7 B 8.17 - Rn. 5).
bb) Das Rechtsverhältnis, aus dem der Kläger die geltend gemachten Ansprüche ableitet, ist ausschließlich öffentlich-rechtlicher Natur.
(1) Das Rechtsverhältnis ist öffentlich-rechtlich, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf einer Seite nur an Hoheitsträger wendet (BAG 1. August 2017 - 9 AZB 45/17 - Rn. 9, BAGE 160, 22; 22. November 2016 - 9 AZB 41/16 - Rn. 9 mwN). Öffentlich-rechtlicher Natur sind Rechtsnormen, die einen öffentlichen Verwaltungsträger als solchen berechtigen und verpflichten, ihn also zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Befugnissen ausstatten oder besonderen Regeln unterwerfen (vgl. BVerwG 21. November 2016 - 10 AV 1.16 - Rn. 5, BVerwGE 156, 320).
(2) Das Gesundheitsamt der Beklagten nahm unter Einschaltung der Amtsärzte bei der Erstellung des Gesundheitszeugnisses und der Aktennotiz vom 2. Dezember 2016, des amtsärztlichen Zeugnisses vom 11. August 2009 und den amtsärztlichen Untersuchungen des Klägers sowie den hiermit einhergehenden weiteren Handlungen öffentliche Aufgaben wahr, die der Beklagten in Art. 11 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheits- und Veterinärdienst, die Ernährung und den Verbraucherschutz sowie die Lebensmittelüberwachung (Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz - GDVG) als unterer Behörde für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz zugewiesen sind. Auch wenn der Kläger selbst entscheiden konnte, ob er an der jeweiligen amtsärztlichen Untersuchung teilnimmt, und die Beklagte dies weder anordnen noch ein Gesundheitszeugnis ohne die Mitwirkung des Klägers von Amts wegen erstellen konnte, waren die Tätigkeiten der Amtsärzte nicht aus dem allgemeinen öffentlichen Aufgabenbereich des Gesundheitsamts herausgelöst, sondern blieben öffentlich-rechtlich geprägt (vgl. BGH 7. Juli 1994 - III ZR 52/93 - zu I 1 der Gründe, BGHZ 126, 386). Das Gesundheitsamt und die von ihm eingeschalteten Amtsträger hatten bei der Ausübung ihrer Aufgaben die Bestimmungen des Art. 11 GDVG und die hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften zu beachten. Sie waren damit an Rechtsnormen gebunden, die sie als öffentliche Verwaltungsträger mit besonderen Befugnissen ausstatten und besonderen Regeln unterwerfen.
(3) Der Kläger nimmt die Beklagte auf die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten in Anspruch. Mit der von ihm erhobenen allgemeinen Leistungsklage (vgl. zur vorbeugenden Unterlassungsklage als Unterfall der allgemeinen Leistungsklage BVerwG 22. Oktober 2014 - 6 C 7.13 - Rn. 16) verfolgt der Kläger einerseits gestützt auf die Behauptung einer bereits erfolgten oder zu befürchtenden Verletzung seiner Rechtssphäre durch schlichtes Verwaltungshandeln der Beklagten - jedenfalls gewohnheitsrechtlich anerkannte - öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungs- und Unterlassungsansprüche (vgl. hierzu im Einzelnen: Hk-VerwR/Terhechte 3. Aufl. § 43 VwGO Rn. 84 ff., 92 ff.; Hk-VerwR/Schwarz 3. Aufl. § 30 VwVfG Rn. 20; vgl. zum öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch Voßkuhle/Kaiser JuS 2012, 1079 mwN; vgl. zum öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch BVerwG 22. Oktober 2014 - 6 C 7.13 - Rn. 16 ff.) sowie Amtshaftungsansprüche. Andererseits verlangt er unter Berufung auf datenschutzrechtliche Bestimmungen Auskunft über die Weitergabe von Unterlagen bzw. die Weitergabe des Inhalts von Unterlagen, die das Gesundheitsamt in Erfüllung der der Beklagten mit Art. 11 GDVG übertragenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben erstellte. Für die Qualifizierung des Rechtsverhältnisses als öffentlich-rechtlich ist entscheidend, dass die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche aus einem Sachverhalt abgeleitet sind, der durch das Handeln des Gesundheitsamts der Beklagten im Rahmen öffentlich-rechtlicher Aufgabenzuweisung geprägt ist, und dass der Erfolg des Klagebegehrens von den aus dieser öffentlich-rechtlichen Aufgabenzuweisung resultierenden Befugnissen und Verpflichtungen der Beklagten abhängt. Auch der vom Kläger erhobene Auskunftsanspruch kann nur auf dem öffentlich-rechtlichen - als einzig zwischen den Parteien bestehendem - Rechtsverhältnis beruhen. Dieses Rechtsverhältnis ist für die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs maßgeblich (vgl. BAG 3. Februar 2014 - 10 AZB 77/13 - Rn. 6) und nicht das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Landeshauptstadt München, das den Kläger veranlasste, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen.
b) Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt auch nicht aus § 2 Abs. 3 ArbGG.
aa) Nach § 2 Abs. 3 ArbGG können vor die Gerichte für Arbeitssachen auch nicht unter § 2 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Abätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für die Geltendmachung des Anspruchs nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.
bb) Für den Kläger besteht die durch § 2 Abs. 3 ArbGG eröffnete Wahlmöglichkeit aus mehreren Gründen nicht.
(1) Die beim Arbeitsgericht München erhobene Kündigungsschutzklage kann für die vorliegende, beim Arbeitsgericht Nürnberg eingereichte Klage nicht die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen begründen.
(a) Die Klage nach § 2 Abs. 3 ArbGG muss nicht im selben Rechtsstreit wie die Hauptklage, sondern kann auch als selbstständige Klage erhoben werden (vgl. GK-ArbGG/Schütz Stand September 2018 § 2 Rn. 206). Sie erfordert auch keine Parteiidentität; es genügt, wenn die Partei der Hauptklage auch Partei der Zusammenhangsklage ist (BAG 2. Dezember 1992 - 5 AS 13/92 - BAGE 72, 61). § 2 Abs. 3 ArbGG verlangt jedoch, dass Haupt- und Zusammenhangsklage „bei einem Arbeitsgericht“, dh. demselben Gericht erhoben werden. Nach Sinn und Zweck der Regelung sollen rechtlich oder innerlich zusammengehörende Verfahren nicht in Verfahren vor verschiedenen Gerichten aufgespalten werden (BAG 10. Juni 2010 - 5 AZB 3/10 - Rn. 12, BAGE 134, 367).
(b) § 2 Abs. 3 ArbGG findet zudem keine Anwendung, wenn die Zuständigkeit für die Zusammenhangsklage allein aus der Verbindung mit einem Sic-non-Antrag (vgl. hierzu BAG 8. November 2006 - 5 AZB 36/06 - Rn. 7, BAGE 120, 92; vgl. auch BAG 20. August 2003 - 5 AZB 79/02 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 107, 165) folgen kann. Werden zusätzlich zu einem Feststellungsantrag, der - wie der vom Kläger gegen die Wirksamkeit der Kündigung der Landeshauptstadt München gerichtete - einen Sic-non-Fall darstellt (vgl. zum Begriffsverständnis: BAG 24. April 2018 - 9 AZB 62/17 - Rn. 14; 15. November 2013 - 10 AZB 28/13 - Rn. 21 f.), weitere Anträge gestellt, muss für diese die sachliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 ArbGG gesondert festgestellt werden (vgl. hierzu im Einzelnen: BAG 15. Februar 2005 - 5 AZB 13/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 113, 308; 11. Juni 2003 - 5 AZB 43/02 - zu B I 2 und 3 der Gründe, BAGE 106, 273). Die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 ArbGG sind für die vorliegende Klage, wie bereits ausgeführt, nicht erfüllt.
(2) Der Vortrag des Klägers, mit Schriftsatz an das Arbeitsgericht Nürnberg vom 15. Mai 2018 die Klage erweitert zu haben, ist zum einen in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht berücksichtigungsfähig und führte zudem zu keinem anderen Ergebnis.
(a) Gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4 iVm. § 559 ZPO ist das Rechtsbeschwerdegericht bei der Überprüfung des Beschlusses des Beschwerdegerichts an dessen tatsächliche Feststellungen gebunden. In der Rechtsbeschwerdeinstanz können grundsätzlich weder neue Ansprüche oder Antragserweiterungen angebracht noch neue Tatsachen und Beweise vorgebracht werden (BAG 18. November 2015 - 10 AZB 43/15 - Rn. 12, BAGE 153, 261). Der Vortrag des Klägers betrifft neue Tatsachen, die nicht Gegenstand des angegriffenen Beschlusses des Landesarbeitsgerichts sind. Sie sind deshalb nicht berücksichtigungsfähig (vgl. BAG 18. November 2015 - 10 AZB 43/15 - Rn. 11 ff., aaO).
(b) Die vom Kläger vorgetragene Klageerweiterung vom 15. Mai 2018 gegen die Landeshauptstadt München ist zudem nicht geeignet, eine Zusammenhangszuständigkeit zu begründen, weil § 2 Abs. 3 ArbGG voraussetzt, dass eine arbeitsrechtliche Streitigkeit nach § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 ArbGG - die sogenannte Hauptklage - schon anhängig ist oder gleichzeitig anhängig gemacht wird. Der nach § 2 Abs. 3 ArbGG erforderliche Zusammenhang besteht nicht, wenn die Zusammenhangsklage zuerst und die Hauptklage - wie hier - erst später anhängig wird. Eine Abweichung hiervon lässt der Wortlaut von § 2 Abs. 3 ArbGG auch nicht aus prozessökonomischen Gründen zu (vgl. ErfK/Koch 18. Aufl. § 2 ArbGG Rn. 31; aA GMP/Schlewing 9. Aufl. § 2 Rn. 121 mwN). Insofern verbietet sich eine weite Auslegung, denn § 2 Abs. 3 ArbGG darf einer verfassungswidrigen Rechtswegerschleichung nicht Vorschub leisten (BAG 16. April 2014 - 10 AZB 12/14 - Rn. 16; 23. August 2001 - 5 AZB 20/01 - zu II 2 a der Gründe).
(3) Für den Kläger besteht die durch § 2 Abs. 3 ArbGG eröffnete Wahlmöglichkeit zudem nicht, weil für die Geltendmachung der mit den Klageanträgen unter Ziff. I und II zur Entscheidung gestellten Ansprüche die ausschließliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte und für den Klageantrag unter Ziff. III die ausschließliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben ist. Damit scheidet nach § 2 Abs. 3 ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen aus.
(a) § 2 Abs. 3 ArbGG schließt eine Zusammenhangsklage aus, wenn nach anderen Gesetzen für die Geltendmachung des Anspruchs die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 5 AZB 3/10 - Rn. 13 f., BAGE 134, 367). Werden mit einer Zusammenhangsklage mehrere selbstständige Ansprüche erhoben (objektive Klagehäufung), ist dies für jeden prozessual selbstständigen Anspruch gesondert zu prüfen.
(b) Der Rechtsstreit betrifft eine Streitigkeit aus dem öffentlichen Recht, für die nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, soweit nicht gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO kraft ausdrücklicher Zuweisung die Zivilgerichte zuständig sind.
(aa) Die vom Kläger mit den Klageanträgen unter Ziff. I und II angestrebte Verurteilung berührt unmittelbar das öffentlich-rechtliche Handeln der Beklagten. Hierüber zu entscheiden ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich den Verwaltungsgerichten zugewiesen (vgl. BGH 28. Februar 1978 - VI ZR 246/76 - zu II 1 der Gründe; OLG Hamm 30. März 2017 - 1 VAs 1/17 - zu B II der Gründe).
(bb) Etwas anderes gilt für den unter Ziff. III zur Entscheidung gestellten Klageantrag. Für ihn ist kraft ausdrücklicher Zuweisung der ordentliche Rechtsweg gegeben (Art. 34 Satz 3 GG, § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Kläger verfolgt mit diesen Anträgen die Feststellung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen gegen die Beklagte dem Grunde nach wegen der behaupteten Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten iSv. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. Art. 34 GG.
cc) Von der abdrängenden Sonderzuweisung an die ordentlichen Gerichte sind die mit den Klageanträgen unter Ziff. I 1 und I 2 begehrte Auskunftserteilung und Abgabe einer Versicherung an Eides statt nicht erfasst. Der Kläger verfolgt diese Klagebegehren unter Berufung auf datenschutzrechtliche Bestimmungen allein als selbstständige Hauptansprüche und nicht lediglich und auch nicht zusätzlich als Nebenansprüche, die nur der Vorbereitung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen dienen und als Annex zu diesen in der Rechtswegzuweisung denselben Regeln wie das Hauptrecht folgen würden (vgl. BVerwG 21. November 2016 - 10 AV 1.16 - Rn. 9, BVerwGE 156, 320; BGH 27. November 2013 - III ZB 59/13 - Rn. 18, BGHZ 199, 159).
3. Für die angekündigten Klageanträge unter Ziff. I und II ist gemäß § 52 Nr. 5 VwGO das Verwaltungsgericht Ansbach zuständig, für den Klageantrag unter Ziff. III gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG, § 18 ZPO das Landgericht Nürnberg-Fürth.
4. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
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Brühler |
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Suckow |
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