Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 28.05.2014


BVerwG 28.05.2014 - 8 B 61/13

Nachweis besonderer Sachkunde gemäß § 36 GewO


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsdatum:
28.05.2014
Aktenzeichen:
8 B 61/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 7. Mai 2013, Az: 3 A 834/11, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 2. Mai 2013 ergangenen Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten, ihn gemäß § 36 Abs. 1 GewO öffentlich zum Sachverständigen des Bauwesens für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken zu bestellen und zu vereidigen. Seinen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Januar 2007 ab, weil der Nachweis besonderer Sachkunde nicht erbracht sei. Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

2

Die dagegen eingelegte Beschwerde des Klägers, die sämtliche Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO geltend macht, hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Eine Divergenz ist nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 132 Abs. 2 Nr. 2, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Das Berufungsurteil leidet auch nicht an den geltend gemachten Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3

1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine bestimmte abstrakte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 -Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 25. September 2013 - BVerwG 1 B 8.13 - juris Rn. 20). Rechtsfragen der Anwendung irrevisiblen Landesrechts wie der Sachverständigenordnung der Beklagten (SVO) werden nicht dadurch zu einer Grundsatzfrage des revisiblen Rechts, dass die bundesrechtswidrige, insbesondere verfassungswidrige Anwendung des Landesrechts im Einzelfall geltend gemacht wird. Vielmehr muss dargelegt werden, dass der bundesrechtliche Maßstab selbst einen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Klärungsbedarf aufweist (vgl. Beschlüsse vom 9. März 1984 - BVerwG 7 B 238.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49, vom 27. April 1990 - BVerwG 1 B 180.89 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 21; Pietzner/Buchheister, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: April 2013, § 132 Rn. 43 m. Fn. 145). Dazu sind die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung im anhängigen Verfahren darzutun (Beschluss vom 19. Juli 1995 - BVerwG 6 NB 1.95 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104 ). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage sich anhand der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt. Liegt bereits einschlägige Rechtsprechung vor, muss der Beschwerdeführer sich zur Darlegung neuen oder weiteren Klärungsbedarfs vertieft mit deren Gründen auseinandersetzen und Gesichtspunkte aufzeigen, die geeignet sein könnten, die bisherige Rechtsprechung in Frage zu stellen (vgl. Beschlüsse vom 25. November 1992 - BVerwG 6 B 27.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 306, vom 21. Dezember 1994 - BVerwG 4 B 266.94 - Buchholz 406.401 § 8a BNatSchG Nr. 2 und vom 27. August 1997 - BVerwG 1 B 145.97 -Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 67). Daran fehlt es hier.

4

a) Soweit die Beschwerdebegründung (in Rn. 15 f.) allgemein nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Überprüfung der besonderen Sachkunde gemäß § 36 GewO fragt und geklärt wissen will, ob und inwieweit die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zum Prüfungsrecht auf diese Überprüfungen zu übertragen ist, formuliert sie keine bestimmte Rechtsfrage, sondern umschreibt ein Bündel nicht näher konkretisierter Rechtsprobleme. Das gilt auch für die allgemein gehaltene Frage, welche Anforderungen sich aus den Grundrechten, insbesondere aus Art. 3 Abs. 1 GG, an die Durchführung einer Gutachtenüberprüfung und der Verwendung ihrer Ergebnisse bei der Entscheidung über den Bestellungsantrag ergeben (a.a.O. Rn. 29 f., 89).

5

b) Die Fragen nach der Rechtsnatur der von den Bestellungsbehörden hinzuzuziehenden Gremien und nach der Bindungswirkung ihrer Stellungnahmen (a.a.O. Rn. 33) wären im angestrebten Revisionsverfahren nur erheblich, soweit sie sich auf den von der Beklagten eingeschalteten Vorprüfungsausschuss und das von ihr hinzugezogene Fachgremium beziehen. Insoweit betreffen sie die Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 Sachverständigenverordnung (SVO) und damit irrevisibles Satzungsrecht, an dessen berufungsgerichtliche Auslegung der Senat im angestrebten Revisionsverfahren gebunden wäre. Er hätte lediglich zu prüfen, ob diese Auslegung revisibles Recht verletzt. Dazu formuliert die Beschwerdebegründung jedoch keine klärungsbedürftige Rechtsfrage.

6

Soweit der Kläger in Zweifel zieht, ob die Annahme einer bloßen Beratungsfunktion dieser Gremien ohne eine Bindungswirkung ihrer Stellungnahmen für die Beklagte gesetzes- und verfassungskonform ist, wendet er sich gegen die berufungsgerichtliche Anwendung des revisiblen Rechts, ohne darzulegen, dass dieser Maßstab selbst rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf aufweist. Sein Vortrag, § 36 GewO sei als subjektive Berufswahlbeschränkung und nicht als Berufsausübungsregelung einzuordnen (Rn. 38, vgl. Rn. 48 der Beschwerdebegründung), beanstandet lediglich eine - angeblich - unzutreffende Anwendung der bereits zu Art. 12 Abs. 1 GG entwickelten Rechtssätze (vgl. zu diesen BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28 <38 f.>). Das Vorbringen, § 404 Abs. 2 ZPO begründe einen "faktischen Vorrang" der Beauftragung öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, und der Hinweis auf die Möglichkeit, Mieterhöhungsverlangen gemäß § 558a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB - alternativ - durch Bezugnahme auf das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu begründen, beanstanden ebenfalls nur die - angeblich - fehlerhafte Anwendung der Schrankensystematik. Der Kläger legt jedoch nicht dar, dass die verfassungsrechtliche Differenzierung der Schranken selbst unklar oder korrekturbedürftig wäre. Unabhängig davon hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt, dass § 36 GewO eine Berufsausübungsregelung darstellt, weil der Zugang zum Sachverständigenberuf nicht von der öffentlichen Bestellung und Vereidigung abhängt und diese auch kein besonderes, vom Sachverständigenberuf zu unterscheidendes Berufsbild konstituiert. Sie stellt nur eine besondere Qualifikation und Eignung derjenigen Sachverständigen fest, die den gesetzlich dafür vorgesehenen Nachweis erbracht haben (BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 a.a.O.). Im Revisionsverfahren käme es überdies nicht auf diese Einordnung an, da die Anforderungen an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung wegen der hohen Eingriffsintensität der Berufsausübungsregelung nicht geringer sind als die Anforderungen, die an eine subjektive Berufswahlbeschränkung zu stellen wären.

7

c) Die vom Kläger für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,

ob es sich bei der Überprüfung der besonderen Sachkunde durch die Bestellungsbehörden um eine Prüfung im Rechtssinne (a.a.O. Rn. 20) oder eine berufsbezogene Prüfung im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung handelt (Rn. 29, 44 der Beschwerdebegründung),

ob bei der Beurteilung der besonderen Sachkunde ein der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogener Beurteilungsspielraum der Bestellungsbehörde besteht, sowie gegebenenfalls, welchen verfassungsrechtlichen Grenzen dieser unterliegt und welchen Ausgleich es dafür für den Prüfling gibt (a.a.O. Rn. 28), und

ob es sich bei der Tätigkeit der hinzugezogenen Prüfungsorgane der Bestellungsbehörden um Prüfungsinstitutionen im Wortsinne oder aber "nur" um "Berater" handelt, und ob den Ergebnissen der Tätigkeit dieser Gremien eine prinzipielle inhaltliche Bindungswirkung für die Entscheidung der Behörde zukommt (a.a.O. Rn. 33),

sind mit den üblichen Methoden sachgerechter Normauslegung auf der Grundlage der einschlägigen bundesverfassungs- und bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ohne Weiteres - verneinend - zu beantworten. Bei der Überprüfung der besonderen Sachkunde eines Antragstellers gemäß § 36 GewO handelt es sich nicht um eine Prüfung im Rechtssinne oder um eine berufsbezogene Prüfung in dem vom Kläger angesprochenen Sinn. Der für die öffentliche Bestellung und Vereidigung nach § 36 GewO erforderliche Nachweis besonderer Sachkunde setzt nicht das Bestehen eines Examens voraus, sondern kann vom Antragsteller auf jede geeignete Weise erbracht werden. Reichen von ihm vorgelegte sonstige Sachkundenachweise dazu nicht aus, darf die Kammer ihn auf ein prüfungsähnliches Verfahren vor dem Fachgremium verweisen. Dessen Beurteilung kann sie als gutachtliche Stellungnahme verwerten, ohne jedoch daran gebunden zu sein. Vielmehr hat sie den unbestimmten Rechtsbegriff der besonderen Sachkunde, der in § 4 Abs. 2 SVO satzungsrechtlich konkretisiert wird, selbst auszulegen, die daraus abzuleitenden allgemeinen und fachspezifischen Anforderungen gesetzes- und verfassungskonform zu präzisieren und zu entscheiden, ob der Antragsteller nachgewiesen hat, diese Anforderungen zu erfüllen. Dabei muss die Kammer in eigener Verantwortung beurteilen, welcher Aussagewert der Stellungnahme des Fachgremiums zukommt (Urteil vom 26. Juni 1990 - BVerwG 1 C 10.88 - Buchholz 451.20 § 36 GewO Nr. 9 S. 4 f.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 a.a.O. S. 40). Ein wesentlicher Unterschied zu einer Prüfung im Rechtssinne liegt also darin, dass das Fachgremium weder die Anforderungen an den Sachkundenachweis verbindlich konkretisiert noch die Erfüllung dieser Anforderungen verbindlich feststellt. Seine Rolle beschränkt sich auf die eines sachverständigen Beraters, dessen Einschätzung die Kammer bei ihrer Entscheidung über den Bestellungsantrag eigenverantwortlich zu würdigen hat und berücksichtigen darf. Dabei steht ihr kein Beurteilungsspielraum zu. Die Auslegung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs besonderer Sachkunde sind gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar (Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 5 f.).

8

d) Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich auch die - bejahende - Antwort auf die weiter gestellten Fragen,

ob es zulässig ist, dass das Gericht eigene Bewertungskriterien und -maßstäbe aufstellt und danach urteilt, statt die von den Bestellungsbehörden regelmäßig angewandten Regeln in Erfahrung zu bringen und anzuwenden (Rn. 89 der Beschwerdebegründung), und

ob das Gericht überhaupt als "Prüfer" oder "Bewerter" fungieren kann, wenn es doch weder die erforderlichen Kenntnisse auf dem Fachgebiet hat noch über Erfahrungen in der Bewertung von Gutachten von Kandidaten zur öffentlichen Bestellung verfügt (a.a.O. Rn. 89).

9

Da das Gericht die Auslegung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs uneingeschränkt zu überprüfen hat, ist es befugt und verpflichtet, die gesetzlichen Anforderungen an den Nachweis besonderer Sachkunde zu definieren und die satzungsrechtliche Konkretisierung sowie die behördliche Rechtsanwendung in vollem Umfang zu kontrollieren. Eine Bindung an die von den Bestellungsbehörden regelmäßig angewendeten Bewertungsmaßstäbe und -regeln wäre damit nicht zu vereinbaren. Sie würde jede gerichtliche Kontrolle der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs ausschließen und der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) widersprechen.

10

Die Pflicht des Gerichts zur umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle relativiert sich auch nicht, wenn dem Gericht selbst die dazu nötige Sachkunde einschließlich etwa erforderlicher praktischer Erfahrung fehlt. Vielmehr ist es in diesem Fall verpflichtet, zur Sachaufklärung seinerseits Sachverständige hinzuzuziehen (§ 86 Abs. 1, § 98 VwGO i.V.m. §§ 402 ff. ZPO).

11

e) Die auf einen Rechtssatzvorbehalt zielenden Fragen,

ob und ggf. in welchem Umfang ein Prüfungsverfahren zur Feststellung der besonderen Sachkunde i.S.v. § 36 GewO im Rahmen der Entscheidung über die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen (wie das durch die IHK Chemnitz im Falle des Beschwerdeführers durchgeführte Verfahren) aufgrund staatlicher Rechtsvorschriften oder durch Festlegungen des autonomen Satzungsgebers geregelt werden muss (Rn. 59 f., vgl. Rn. 52 ff. der Beschwerdebegründung), und

ob schon für die Überprüfung der Sachkunde im Allgemeinen und für die Überprüfung der Gutachten im Besonderen durch die Bestellungsbehörde aus Gründen der Gleichbehandlung (im Sinne der übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in 1 BvR 2124/95) normative Bewertungskriterien und -maßstäbe erforderlich sind (a.a.O. Rn. 90),

wären im angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf den Vorbehalt des formellen Gesetzes beziehen. Ohne ausreichende gesetzliche Ermächtigung könnte die Beklagte nicht zu der vom Kläger begehrten öffentlichen Bestellung und Vereidigung verpflichtet werden. Soweit die Fragen die untergesetzliche Konkretisierung der Bestellungsvoraussetzungen durch Verordnung oder Satzung zum Gegenstand haben, sind sie in der bisherigen Rechtsprechung dahin geklärt, dass eine den §§ 2, 4 Abs. 2 SVO entsprechende satzungsrechtliche Konkretisierung den Anforderungen des revisiblen Rechts einschließlich der verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechte genügt (BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 a.a.O. S. 40, 42).

12

f) Die Fragen,

ob und in welcher Art und Weise andere vom Bewerber vorgelegte Nachweise, dabei insbesondere eine bestehende Zertifizierung bzw. die zu deren Erlangung absolvierte Prüfung, bei der die Gleichwertigkeit mit der von den Bestellungsbehörden eigenverantwortlich durchgeführten Examen feststeht, mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Gleichbehandlungsgebot in die Entscheidung über die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen einzubeziehen sind, sowie

ob, und wenn ja, in welchem Umfang die Behörde unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit überhaupt noch Überprüfungsmaßnahmen anordnen bzw. durchführen kann, wenn bereits die dadurch zu prüfenden Leistungen in gleichartiger Weise nachgewiesen wurden (Rn. 76 f. der Beschwerdebegründung),

würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht ist nicht davon ausgegangen, dass der Nachweis besonderer Sachkunde im Sinne des § 36 GewO bereits durch die Zertifizierung oder die im Zertifizierungsverfahren vorgelegten Gutachten geführt wurde, sondern hat die gegenteilige Einschätzung der Beklagten bestätigt. Dabei hat es nicht in Abrede gestellt, dass etwa erlangte Zertifizierungen und die in Zertifizierungsverfahren eingereichten Unterlagen zur Nachweisführung gemäß § 36 GewO geeignet sein können und deshalb bei der Entscheidung über den Bestellungsantrag zu berücksichtigen sind. Allerdings folgt aus einer Zertifizierung noch kein Bestellungsanspruch und auch kein Anspruch auf ein Bejahen besonderer Sachkunde im Sinne des § 36 GewO. Das ergibt sich aus dessen systematischem Verhältnis zu § 36a GewO, der die Anerkennung von Nachweisen und Ausübungsbefugnissen aus anderen EU-/EWR-Staaten regelt. Rechtsgrundsätzliche Fragen zur Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelung mit Verfassungs- oder Unionsrecht wirft die Beschwerdebegründung nicht auf. In der bisherigen Rechtsprechung ist schließlich geklärt, dass weitere Überprüfungsmaßnahmen nur veranlasst werden dürfen, wenn ausreichende sonstige Sachkundenachweise fehlen (Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 4). Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das sei hier der Fall, kann nicht mit der Grundsatzrüge angegriffen werden.

13

g) Neue Gesichtspunkte, die aus bundesrechtlicher Sicht Anlass geben könnten, die bisherige Rechtsprechung in Zweifel zu ziehen, sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Der Hinweis auf eine Literaturmeinung, die einen Einschätzungsspielraum bejaht und von einer Prüfung ausgeht, genügt dazu nicht. Neue Argumente, die für sie sprechen oder die bisherige Rechtsprechung sonst in Frage stellen könnten, führt der Kläger nicht an. Soweit er sich auf neuere bundesverfassungsgerichtliche Entscheidungen zur Grundrechtsbindung im Prüfungsrecht beruft (dazu sogleich unter 2.), vernachlässigt er die oben (Rn. 7) dargelegten wesentlichen Unterschiede zwischen Prüfungs- und prüfungsähnlichen Verfahren. Bei Prüfungsverfahren, die durch Beurteilungsspielräume eines verbindlich entscheidenden Prüfungsorgans gekennzeichnet sind (Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 6), ist eine detaillierte rechts-satzförmige Regelung erforderlich, um die verfassungskonforme Ausfüllung des Beurteilungsspielraums zu sichern und Chancengleichheit zu gewährleisten. Im prüfungsähnlichen Verfahren gemäß § 36 GewO, das dem Fachgremium nur beratende Funktion zuweist und keinen Beurteilungsspielraum eröffnet, wird der Grundrechtsschutz bezüglich der Beurteilung der besonderen Sachkunde durch die umfassende gerichtliche Kontrolle der Konkretisierung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs am Maßstab der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet.

14

2. Die geltend gemachte Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht prozessordnungsgemäß dargetan (§ 132 Abs. 2 Nr. 2, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Dazu hätte der Kläger einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennen müssen, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die angebliche Divergenzentscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hätte (vgl. Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 18). Das ist nicht geschehen.

15

Der als angebliche Divergenzentscheidung angeführte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. April 1991 (1 BvR 1529/84 und 138/87 -BVerfGE 84, 59) und dessen Kammerbeschlüsse vom 12. Februar 1998 (1 BvR 2124/95 - MDR 1998, 499) und vom 3. Mai 1999 (1 BvR 1315/97 -NVwZ 1999, 1102) hatten jeweils nicht die Anwendung des § 36 GewO zum Gegenstand, sondern die Ärztliche Prüfung nach der Approbationsordnung für Ärzte vom 28. Oktober 1970 (BGBl I S. 1458), das Prüfungsverfahren nach § 10 des Gesetzes über Fachanwaltsbezeichnungen nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (RAFachBezG) vom 27. Februar 1992 (BGBl I S. 369) und das Examen, das zur Eignungsfeststellung nach § 2 Abs. 2 des Hamburgischen Gesetzes über die öffentliche Bestellung und allgemeine Vereidigung von Dolmetschern und Übersetzern (DolmG) vom 23. September 1986 (HambGVBl S. 291) abgelegt werden muss. Eine Divergenz zu diesen Entscheidungen ist auch nicht in Bezug auf deren Erwägungen zu Art. 12 Abs. 1 GG dargetan. Die Beschwerdebegründung arbeitet insoweit keinen Widerspruch abstrakter, entscheidungstragender Rechtssätze heraus, sondern meint lediglich, das Berufungsgericht habe die Übertragbarkeit der Rechtsprechung zum Prüfungsrecht auf das Verfahren nach § 36 GewO verkannt, also die Rechtssätze des Bundesverfassungsgerichts im konkreten Fall unrichtig angewendet.

16

Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ebenfalls nicht dargetan. Das Urteil vom 16. März 1994 (BVerwG 6 C 1.93 - BVerwGE 95, 237 = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 140) betrifft nicht § 36 GewO, sondern die Leistungsbewertung im Rahmen eines hochschulrechtlichen Habilitationsverfahrens. Das Urteil vom 6. Dezember 1978 (BVerwG 6 P 2.78 - BVerwGE 57, 151 = Buchholz 238.3A § 75 BPersVG Nr. 6) und der Beschluss vom 25. März 2009 (BVerwG 6 P 8.08 - BVerwGE 133, 289 = Buchholz 250 § 80 BPersVG Nr. 3) beschäftigen sich mit dem Prüfungsbegriff des § 80 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG). Der Vorwurf, das Berufungsgericht habe den Prüfungscharakter der Sachkundebeurteilung geleugnet, zeigt keinen Rechtssatzwiderspruch auf. Eine Divergenz zum Urteil vom 26. Juni 1990 (a.a.O.) ist ebenfalls nicht dargetan. Der Kläger behauptet eine "offenkundige Erweiterung" der darin aufgestellten Rechtssätze im Berufungsurteil, ohne die Erweiterung und deren Unvereinbarkeit mit der angeblichen Divergenzentscheidung aus den Entscheidungsgründen zu belegen. Sein Vortrag, dem Oberverwaltungsgericht zufolge müssten Zertifizierungen oder andere im Wesentlichen gleichwertige Qualifizierungen nicht berücksichtigt werden, trifft nicht zu. Das Berufungsurteil hält die Zertifizierungen und die sonst eingereichten Unterlagen für relevant und würdigt sie, vermag ihnen aber keinen Nachweis besonderer Sachkunde gemäß § 36 GewO zu entnehmen.

17

3. Verfahrensmängel, auf denen das angegriffene Urteil beruhen könnte (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), sind teils schon nicht substantiiert gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geltend gemacht und liegen im Übrigen nicht vor.

18

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Oberverwaltungsgericht die Begründungsanforderungen gemäß § 117 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 4 VwGO auch erfüllt, soweit es das Vorliegen einer Prüfung verneint hat. Es hat seine materiell-rechtliche Auffassung zu den Merkmalen einer Prüfung in Randnummer 42 des angegriffenen Urteils erläutert und sich in Randnummer 45 der bisherigen Rechtsprechung zum prüfungsähnlichen Verfahren nach § 36 GewO angeschlossen.

19

Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) sind nicht prozessordnungsgemäß dargelegt. Der Vorwurf, das Oberverwaltungsgericht habe seine eigene Berufungszulassungsfrage ohne ausreichende Überprüfung der bisherigen Rechtsprechung verneint sowie überzogene Anforderungen an den Sachkundenachweis und an die Nachvollziehbarkeit der vorgelegten Gutachten gestellt, kritisiert die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Vorinstanz, die nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden kann. Der Vorwurf, das Oberverwaltungsgericht habe aufgrund der schriftlichen Expertise des von der Beklagten hinzugezogenen Sachverständigen Müller entschieden, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an den Sachkundenachweis in Randnummer 56 ff., 63 ff. des angegriffenen Urteils in Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung und Literatur entwickelt. Seiner Würdigung der vom Kläger vorgelegten, von der Beklagten geprüften Gutachten liegt die ausführliche Erörterung möglicher Einwände in der Berufungsverhandlung zugrunde. Dabei setzt das Urteil sich auch mit den Äußerungen des Sachverständigen Müller kritisch auseinander (vgl. z.B. Rn. 69 f. zur Frage, ob der Verlauf einer Elektrizitätsleitung ausreichend dokumentiert wurde). Für das geltend gemachte Verbot, Stellungnahmen dieses Sachverständigen zu verwerten, nennt der Kläger keine prozessrechtliche Grundlage. Er legt auch nicht näher dar, inwiefern das von ihm pauschal angesprochene Urheber- und Datenschutzrecht die Beklagte hindern könnten, zur Begutachtung der vom Kläger vorgelegten Unterlagen nach § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 SVO einen Sachverständigen hinzuzuziehen, ohne dass in Bezug auf ihn Ausschluss- oder Ablehnungsgründe gemäß §§ 20 f. VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfZG substantiiert dargetan wären.

20

Die Berufungsentscheidung verletzt nicht die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei einem derartigen Verstoß um einen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO handeln würde. Selbst wenn der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht ausreichend angehört worden wäre, wäre dieser Mangel nach § 45 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfZG im gerichtlichen Verfahren geheilt worden und stünde der klageabweisenden Sachentscheidung nicht entgegen.

21

Das Oberverwaltungsgericht hat auch das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO nicht verletzt. Dass die Vorinstanz aus ihrer materiell-rechtlichen Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers übergangen hätte, ist nicht dargetan. Das Berufungsurteil stellt auch keine unzulässige Überraschungsentscheidung dar. Eine etwaige Pflicht, auf die Teilnahme des Sachverständigen Müller an der Berufungsverhandlung hinzuweisen, hat das Oberverwaltungsgericht rechtzeitig erfüllt. Als der Berichterstatter am 26. April 2013 erfuhr, dass der Sachverständige als Beistand der Beklagten erscheinen werde, informierte er ausweislich seines Aktenvermerks umgehend telefonisch den Prozessbevollmächtigten des Klägers und wies darauf hin, auch dieser könne zum Termin am 2. Mai 2013 einen Sachverständigen als Beistand mitbringen. Weiterer Hinweise bedurfte es nicht. Die möglicherweise erheblichen tatsächlichen Umstände waren für den Kläger erkennbar. Er kannte sowohl die von ihm als Sachkundenachweise eingereichten Gutachten als auch die dagegen von Seiten der Beklagten nach Beteiligung des Vorprüfungsausschusses und des Fachgremiums erhobenen Einwände (vgl. z.B. die in Rn. 108 der Beschwerdebegründung zitierte Erwiderung des Klägers vom 28. September 2009 auf den Schriftsatz der Beklagten vom 31. August 2009). Auf die eigene materiell-rechtliche Rechtsauffassung musste das Oberverwaltungsgericht nicht vor der Entscheidung hinweisen. Ein solcher Hinweis wäre nur erforderlich gewesen, wenn auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht damit rechnen musste, dass ein bestimmter rechtlicher Gesichtspunkt für die Entscheidung erheblich sein könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>; Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 - BVerfGE 96, 189 <204> und Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <409>). Das war hier nicht der Fall. Da öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige als kompetente Gutachter für Verwal-tungs- und Gerichtsverfahren zur Verfügung stehen sollen, musste der Kläger in Betracht ziehen, dass grundlegenden methodischen Anforderungen wie der vollständigen Angabe von Befundtatsachen, der ausreichenden Dokumentation wertrelevanter Eigenschaften, der Widerspruchsfreiheit und der Nachvollziehbarkeit von Gutachten besondere Bedeutung zugemessen würde. Wegen des gesetzlichen Erfordernisses besonderer - und nicht nur ausreichender oder üblicher - Sachkunde lag es auch nicht fern, den Nachweis erheblich über dem Durchschnitt liegender Fertigkeiten zu verlangen. Wie aus der umfangreichen Sitzungsniederschrift hervorgeht, wurden die entsprechenden Anforderungen und die Frage, inwieweit die vorgelegten Gutachten deren Erfüllung belegten, mit dem Kläger im Detail erörtert. Dabei hatte er ausreichend Gelegenheit, Einwände gegen den angelegten Maßstab vorzutragen und Kritik der Beklagten zu entkräften. Mit beidem setzt das angegriffene Urteil sich im Detail auseinander.

22

Neues Vorbringen in den Schriftsätzen des Klägers vom 4. Dezember 2013 sowie vom 17. Januar und 10. April 2014 kann nicht berücksichtigt werden, weil die Beschwerdebegründungsfrist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO bereits am 24. September 2013 abgelaufen ist.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.