Entscheidungsdatum: 30.04.2014
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 0,37 € festgesetzt.
Die Kläger begehren als gemeinschaftliche Erben nach Dr. Paul M. die Rückübertragung eines Miteigentumsanteils von 1/8000 an dem 33 m² großen Flurstück 51/3 der Flur 2 der Gemarkung ..., eingetragen im Grundbuch von ..., Blatt ... . Dieses Grundstück ging aus dem 57 m² großen Flurstück 1028/51 der Flur 2 der Gemarkung ... hervor, das von 1931 bis 1978 im Eigentum der B.Aktiengesellschaft stand. Der 1938 verstorbene Rechtsvorgänger der Kläger verwendete zur Begleichung der Judenvermögensabgabe unter anderem Aktien an dieser Gesellschaft im Nennwert von 30 000 RM. Seine unmittelbaren Erben meldeten nach Kriegsende Wiedergutmachungsansprüche an und erhielten eine rückerstattungsrechtliche Entschädigung für die Entziehung von Wertpapieren ihres Rechtsvorgängers. Mit Schreiben vom 18. September 2007 machten die Kläger vermögensrechtliche Ansprüche auf Einräumung von Bruchteilseigentum am verfahrensgegenständlichen Grundstück geltend. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mangels fristgerechter Anmeldung nach § 30a VermG abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die dagegen eingelegte Beschwerde der Kläger, die sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache berufen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die erstinstanzliche Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG beanstanden und eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör rügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg. Soweit der Revisionszulassungsgrund des Verfahrensmangels geltend gemacht wird, sind schon die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht erfüllt.
1. Mit den materiell-rechtlichen Einwänden gegen die Richtigkeit der Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG ist kein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO dargetan. Zwar kann der Antrag auf Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit ernsthaften Zweifeln an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils begründet werden. Die Revision ist jedoch nach § 132 Abs. 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der drei abschließend aufgezählten Revisionszulassungsgründe gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO substanziiert dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
2. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO reicht es nicht aus, im Stil einer Berufungsbegründung materiell-rechtliche Mängel des angegriffenen Urteils geltend zu machen. Vielmehr muss eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts formuliert werden, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
a) Die Frage:
Genügt es für die fristgemäße Geltendmachung des „Grundanspruches" innerhalb der Anmeldefrist des § 30 Abs. 1 VermG für den Anspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 4 Teilsatz 2, Satz 5 VermG, dass die Kläger die Anteilsschädigungen bereits im Bundesrückerstattungsverfahren ausdrücklich geltend gemacht hatten und über diese Ansprüche wegen der Belegenheit der Vermögenswerte außerhalb des damaligen Anwendungsbereichs des Gesetzes noch nicht entschieden worden war?
würde sich im angestrebten Revisionsverfahren so nicht stellen, weil sie in tatsächlicher Hinsicht von einem Verlauf des Rückerstattungsverfahrens ausgeht, den die Vorinstanz nicht festgestellt hat. Unabhängig davon ist die Frage aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung - verneinend - zu beantworten. Schon nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 VermG ist ein Antrag erforderlich, der Ansprüche nach dem Vermögensgesetz geltend macht. Diese konnten nicht vor Inkrafttreten des Gesetzes entstehen. Ebenso wenig konnten vorher vermögensrechtliche Anträge gestellt werden; dies erklärt auch die Fiktionsregelung des § 30 Abs. 1 Satz 5 VermG. Die Bewertung eines rückerstattungsrechtlichen Antrags wegen der Entziehung der Aktien (auch) als vermögensrechtliche Anmeldung einer Anteilsschädigung im Sinne des § 1 Abs. 6, § 3 Abs. 1 Satz 4 Teilsatz 2, Satz 5 VermG scheidet danach aus. Der rückerstattungsrechtliche Antrag bezog sich zwar auf dieselbe Schädigung - die Entziehung der Aktien im Zuge der Einziehung der Judenvermögensabgabe -, aber nicht auf dieselben daraus abzuleitenden Ansprüche. Der Regelungszusammenhang mit § 30a VermG und der Zweck der Regelung des Antragserfordernisses und der Ausschlussfrist schließen es ebenfalls aus, den rückerstattungsrechtlichen Antrag als vermögensrechtlichen Antrag zu werten. § 30 Abs. 1, § 30a VermG sollen eine zügige Individualisierung der nach dem Vermögensgesetz restitutionsbelasteten Vermögenswerte herbeiführen und einen schnellen Abschluss der Restitutionsverfahren im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gewährleisten (vgl. z.B. Urteil vom 28. März 1996 - BVerwG 7 C 28.95 - BVerwGE 101, 39 <42 f.> = Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 2; Beschluss vom 27. Oktober 2009 - BVerwG 8 C 22.09 - juris Rn. 3 ff.). Dem würde es widersprechen, in Fällen, in denen Schädigungen bereits rückerstattungsrechtlich geltend gemacht worden waren, vom Erfordernis eines vermögensrechtlichen Antrags zur Geltendmachung etwa weiter gehender vermögensrechtlicher Ansprüche abzusehen. Dass auch die Geltendmachung der erst 1997 gesetzlich geregelten Ansprüche auf ergänzende Bruchteilsrestitution nach einer Unternehmens- oder Anteilsschädigung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 und 5 VermG eine Anmeldung der Unternehmens- oder Anteilsschädigung voraussetzen, ist in der Rechtsprechung bereits geklärt (Urteil vom 22. April 2009 - BVerwG 8 C 5.08 - Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 50 Rn. 29; Beschlüsse vom 27. Oktober 2009 a.a.O. und vom 9. September 2011 - BVerwG 8 B 15.11 - ZOV 2011, 226 f.),
b) Die weiter aufgeworfene Frage:
War die innerhalb der Frist des § 30 Abs. 1 VermG geforderte „Grundanmeldung" für Ansprüche nach § 3 Abs. 1 Satz 4 Teilsatz 2, Satz 5 VermG entbehrlich, wenn der Hauptanspruch nach der materiellen Rechtslage des Vermögensgesetzes in der Fassung bis Ende 1992 gar nicht bestand, weil das Unternehmen, dessen Anteile verfolgungsbedingt im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG geschädigt wurden, seinen alleinigen Sitz innerhalb des Anmeldezeitraums außerhalb des Beitrittsgebiets hatte?
wäre im angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich und deshalb nicht zu klären. Sie geht von der unzutreffenden rechtlichen Annahme aus, für die räumliche Anwendbarkeit des § 1 Abs. 6 VermG komme es auf die Belegenheit des entzogenen Vermögenswertes im Zeitraum vom Inkrafttreten des Vermögensgesetzes bis zum Ablauf der Ausschlussfrist des § 30a VermG an und nicht auf seine Belegenheit im Zeitpunkt der Entziehung. Das Gegenteil trifft zu. Wie in der Rechtsprechung zu § 1 Abs. 6 VermG geklärt ist, setzt dessen räumliche Anwendbarkeit voraus, dass die Schädigung einen räumlichen Bezug zum Beitrittsgebiet aufweist, was regelmäßig voraussetzt, dass der betroffene Vermögenswert im Zeitpunkt der Schädigung im Beitrittsgebiet belegen war. Bei Anteilsschädigungen ist davon grundsätzlich auszugehen, wenn der Sitz des Unternehmens im Zeitpunkt der Schädigung im Beitrittsgebiet lag (vgl. Urteile vom 27. Mai 1997 - BVerwG 7 C 67.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 112 S. 338, vom 19. Februar 2009 - BVerwG 8 C 4.08 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 92 Rn. 19 und vom 25. November 2009 - BVerwG 8 C 12.08 -BVerwGE 135, 272
3. Der gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör ist nicht prozessordnungsgemäß nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geltend gemacht. Der Vortrag, der Schriftsatz der Beigeladenen vom 24. Mai 2013 sei zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden, obwohl er dem Prozessbevollmächtigten erst nach der Verhandlung zugestellt worden und zuvor lediglich - fehlerhaft - an den Kläger zu 7 persönlich übermittelt worden sei, genügt dazu nicht. Er umschreibt nur Umstände, aus denen sich eine Verletzung der gerichtlichen Informationspflicht ergeben kann (vgl. Urteil vom 25. Mai 1988 - BVerwG 6 C 40.86 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 201; Beschluss vom 25. Juni 2010 - BVerwG 8 B 128.09 - juris Rn. 6; Pietzner/Buchheister, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, § 132 Rn. 106). Zur substanziierten Darlegung eines damit einhergehenden Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör hätten die Kläger außerdem dartun müssen, inwieweit das Unterbleiben der ordnungsgemäßen, rechtzeitigen Zustellung des Schriftsatzes sie an ergänzendem, relevantem Prozessvortrag hinderte. Dazu wäre erforderlich gewesen darzulegen, welche weiteren rechtlich relevanten Gesichtspunkte oder Argumente die Kläger bei rechtzeitiger Kenntnis vom Inhalt des Schriftsatzes vorgetragen hätten (Urteile vom 10. August 1978 - BVerwG 2 C 36.77 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 105 S. 28 und vom 21. Mai 1980 - BVerwG 8 C 87.79 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 116 S. 45; vgl. Beschluss vom 29. Juni 2005 - BVerwG 1 B 185.04 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 37; Pietzner/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier a.a.O. § 133 Rn. 41 m.w.N.). Dazu führt die Beschwerdebegründung jedoch nichts aus. Entgegen der Auffassung der Kläger erübrigte sich der Vortrag auch nicht schon, weil eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör einen absoluten Revisionsgrund darstellt (§ 138 Nr. 3 VwGO). Dies macht nicht die Substanziierung des Verfahrensmangels entbehrlich, sondern nur die Darlegung, dass die Entscheidung auf dem Mangel beruht (Urteil vom 10. August 1978 a.a.O.; Pietzner/Bier a.a.O. Rn. 41 f.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Die Billigkeit gebietet nicht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 und 3 GKG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass das Verfahren seit dem verwaltungsgerichtlichen Trennungsbeschluss vom 5. November 2012 nur noch den Miteigentumsanteil von 1/8000 an der 33 m² großen Restfläche zum Gegenstand hat und entspricht der darauf bezogenen, von den Beteiligten nicht beanstandeten Wertbestimmung durch die Vorinstanz.