Entscheidungsdatum: 14.08.2018
Die Klägerin begehrt eine Entschädigung wegen der Überführung der K. KG in Volkseigentum aufgrund des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates der DDR vom 9. Februar 1972.
Nach der Enteignung wurde das Unternehmen zunächst als Werk E. des VEB G. fortgeführt und später stillgelegt. Im Februar 1990 beantragte der Nachtragsliquidator der Klägerin, der bis zur Enteignung Komplementär der K. KG gewesen war, die Überführung des enteigneten Betriebs in sein Privateigentum. Mit Vereinbarung vom 30. März 1990, notariell beurkundet am 11. April 1990, übernahm die zu diesem Zweck gegründete Klägerin mit Wirkung vom 1. April 1990 gemäß § 19 Abs. 1 des Gesetzes über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligungen der DDR vom 7. März 1990 das Werk E. des VEB G. Die Klägerin erhielt das frühere Betriebsgrundstück der K. KG. Daneben sollten ihr weitere, in einer Anlage zu der Vereinbarung aufgelistete Aktiva und Passiva der Struktureinheit Werk E. des VEB G. übertragen werden. Eine Wiederaufnahme des Unternehmensbetriebs erfolgte nicht. Die Klägerin geriet in Vermögensverfall. Das frühere Betriebsgrundstück wurde 1993 zwangsversteigert. 2011 machte der Nachtragsliquidator unter Berufung auf einen Anpassungsantrag vom 24. Mai 1991 wegen der Enteignung Ansprüche nach dem Vermögensgesetz und dem Entschädigungsgesetz für die K. KG i.L. geltend. Diese Anträge lehnte der Beklagte ab. Die Klage der K. KG i.L. wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 13. August 2014 mit der Begründung ab, Anpassungsansprüche nach § 6 Abs. 8 VermG könnten allenfalls der Klägerin zustehen. Daraufhin verfolgte die Klägerin das Anpassungsbegehren weiter. Der Beklagte entschied, dass der Klägerin weder Ansprüche nach dem Vermögensgesetz noch nach dem Entschädigungsgesetz zustünden. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. März 2018 abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
1. Die Frage,
ob ein von den Antragstellern im Reprivatisierungsverfahren neu gegründeter Unternehmensträger, auf den gemäß § 17 UntG entgegen der Regelung des § 17 UntG lediglich Unternehmenstrümmer (Grundstücke) und kein Unternehmen restituiert wurde, als Berechtigter im Sinne von § 6 Abs. 8 VermG auch Berechtigter im Sinne von § 6 Abs. 7 VermG ist, also im Wege der Anpassung Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe des § 6 Abs. 7 VermG für diejenigen Vermögensgegenstände hat, deren Rückgabe im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 VermG nicht möglich war,
und die weitere Frage,
ob ein im Zuge der Reprivatisierung gemäß § 17 UntG neu gegründeter Unternehmensträger, auf den gemäß § 17 UntG entgegen der Regelung des § 17 UntG lediglich Unternehmenstrümmer und kein Unternehmen restituiert wurde, im Wege der Anpassung dieselben Ansprüche gemäß § 6 Abs. 7 VermG hat wie jeder andere gemäß § 6 VermG restituierte Unternehmensträger, der seinen Anspruch erst nach dem Inkrafttreten des Vermögensgesetzes durchgesetzt hat, oder warum dies nicht sein darf,
rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Sie unterstellen dem Verwaltungsgericht jeweils eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts, die dieses nicht vorgenommen hat. Es ist nicht davon ausgegangen, dass mit der Vereinbarung vom 30. März 1990 Unternehmenstrümmer restituiert wurden. Es hat vielmehr ausgeführt, das enteignete Unternehmen sei auf Grundlage von § 17 Abs. 1 des Unternehmensgesetzes (UntG) wirksam reprivatisiert und in die Klägerin umgewandelt worden. Die Rückgabe eines stillgelegten Betriebes sei eine rechtlich zulässige Form der Unternehmensrückgabe nach dem Unternehmensgesetz gewesen.
Im Übrigen sind die Voraussetzungen, unter denen ein Berechtigter im Sinne von § 6 Abs. 8 VermG Entschädigungsansprüche nach § 6 Abs. 7 VermG hat, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt. Nach § 6 Abs. 8 VermG antragsberechtigt ist derjenige, der das Unternehmen als Berechtigter zurückerhalten hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2002 - 8 C 16.01 - BVerwGE 116, 277 <280 f.>). Nach § 14 Abs. 2 der Unternehmensrückgabeverordnung - URüV - behandelt die zuständige Behörde einen Anpassungsantrag wie einen Antrag auf Rückgabe des Unternehmens, es sei denn, der Berechtigte beschränkt sein Begehren auf Anpassung der Rückgabe. Wird nur eine Anpassung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 oder 2 URüV beansprucht, sind Ausgleichsleistungsansprüche nach § 6 Abs. 2 bis 4 VermG oder nach der Zweiten Durchführungsverordnung zum Unternehmensgesetz vom 13. Juni 1990 zu prüfen. Entscheidet sich der Berechtigte nach § 14 Abs. 3 URüV, vor Bestandskraft der Entscheidung über den Anspruch nach § 6 Abs. 8 VermG zu einem Antrag auf Entschädigung nach § 6 Abs. 7 VermG überzugehen, sind der Reprivatisierungsvertrag rückabzuwickeln und Entschädigungsansprüche zu berechnen. Den Antrag nach § 14 Abs. 3 URüV darf ebenso wie den Anpassungsantrag nur derjenige stellen, der das Unternehmen als Berechtigter zurückerhalten hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2002 - 8 C 16.01 - BVerwGE 116, 277 <281>). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 3 URüV steht dem Berechtigten damit ein Wahlrecht zu. Er kann entweder zusätzlich zur Restitution des Unternehmens Anpassungsleistungen nach § 14 Abs. 2 URüV beanspruchen oder für das gesamte entzogene Unternehmen Entschädigung nach den Berechnungsmodalitäten des Entschädigungsgesetzes verlangen. Ein die Unternehmensrückgabe ergänzender Entschädigungsanspruch ist dagegen nicht vorgesehen.
2. Die Frage,
wieso es beim Anpassungsanspruch gemäß § 6 Abs. 8 VermG, der jedem Unternehmensträger zusteht, der auf der Basis von § 17 UntG restituierte und lediglich Unternehmenstrümmer empfing, bei der Durchsetzung der Ansprüche darauf ankommt, dass es sich im Zeitpunkt des Anpassungsantrages oder der Bearbeitung des Antrages um ein werbendes Unternehmen handeln muss,
rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Denn sie ist nicht auf die Klärung einer Rechtsfrage, sondern auf die Mitteilung einer rechtlichen Begründung gerichtet.
Revisionsrechtlicher Klärungsbedarf wird auch nicht aufgezeigt, wenn man den Vortrag der Klägerin dahingehend versteht, dass geklärt werden soll, ob der Anpassungsanspruch nach § 6 Abs. 8 VermG nur werbend tätigen reprivatisierten Unternehmen zusteht. Diese Frage ist unabhängig davon, dass auch sie eine rechtliche Bewertung unterstellt, die das Verwaltungsgericht nicht vorgenommen hat, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 1993 - 7 C 5.93 - BVerwGE 95, 1 <6> und vom 18. Dezember 2002 - 8 C 40.01 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 52 S. 88). § 6 Abs. 8 VermG soll die Überlebensfähigkeit reprivatisierter Unternehmen unter marktwirtschaftlichen Bedingungen durch den Ausgleich wesentlicher Verschlechterungen der Vermögens- oder Ertragslage und der daraus folgenden besseren Kapitalausstattung sichern. Dieser Zweck der Vorschrift kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Unternehmen seine werbende Tätigkeit endgültig eingestellt hat. Erneuten oder weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Klägerin nicht auf.
3. Die Fragen,
warum ein Unternehmensträger, auf den nach § 17 UntG restituiert wurde und der nur Unternehmenstrümmer empfing, keinen Anspruch auf Entschädigung für das verlustig gegangene Unternehmen hat,
und
warum entgegen derselben Wortwahl des Begriffes "Berechtigter" in § 6 Abs. 8 VermG und § 6 Abs. 7 VermG unterschieden werde, dahingehend, dass im Sinne von § 6 Abs. 7 VermG ein für die Reprivatisierung gegründeter neuer Unternehmensträger nicht Berechtigter, aber der neue Unternehmensträger gemäß § 6 Abs. 8 VermG Berechtigter ist,
können ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen. Sie zielen wiederum nicht auf die Klärung einer Rechtsfrage, sondern verlangen lediglich eine rechtliche Begründung für ein von der Klägerin vorgegebenes rechtliches Ergebnis.
Die Frage, ob ein Unternehmensträger, der bei einer Unternehmensrückgabe nach § 17 UntG nur Unternehmenstrümmer empfing, einen Anspruch auf Entschädigung für das entzogene Unternehmen hat, würde sich in einem Revisionsverfahren zudem nicht stellen. Das Verwaltungsgericht ist, wie ausgeführt, nicht davon ausgegangen, dass die Klägerin Unternehmenstrümmer empfangen hat.
Die Antwort auf die Frage, ob ein für die Reprivatisierung gegründeter Unternehmensträger Berechtigter im Sinne von § 6 Abs. 7 VermG sein kann, ergibt sich zudem ohne Weiteres aus dem Gesetz. Berechtigter bei der Rückgabe oder Rückführung eines Unternehmens nach §§ 6 und 12 VermG ist derjenige, dessen Vermögenswerte von Maßnahmen gemäß § 1 VermG betroffen sind (§ 6 Abs. 1a VermG). Berechtigter im Sinne des § 6 Abs. 7 VermG ist also stets der geschädigte Unternehmensträger. § 6 Abs. 8 VermG setzt dagegen eine Rückgabe vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes voraus und bezeichnet als Berechtigten denjenigen, an den das Unternehmen damals zurückübertragen wurde. Um den geschädigten Unternehmensträger (§ 6 Abs. 1a Satz 1 VermG) kann es sich nur handeln, wenn dieser noch nicht untergegangen war. Die Fiktion des Fortbestehens untergegangener Unternehmensträger gemäß § 6 Abs. 1a Satz 2 VermG trat erst mit dem Vermögensgesetz in Kraft. Wurde das Unternehmen vorher durch Übertragung des Betriebsvermögens auf einen neu gegründeten Träger privatisiert, kommt nur dieser als Berechtigter im Sinne des § 6 Abs. 8 VermG in Betracht. Das entspricht auch dem bereits erläuterten Zweck der Regelung, die nicht der Wiedergutmachung dient, sondern die Lebensfähigkeit des zurückgegebenen Unternehmens sichern soll.
Der Vortrag der Klägerin, sie müsse nach Art. 3 Abs. 1 GG so gestellt werden wie jedes andere Unternehmen, welches auf der Grundlage der §§ 17 bis 19 UntG reprivatisiert wurde, führt dies ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Die Klägerin zeigt insoweit weder eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Stattdessen wendet sie sich gegen die verwaltungsgerichtliche Annahme, die Reprivatisierung des stillgelegten Betriebes gemäß §§ 17 ff. UntG sei als wirksame Unternehmensrückgabe einzuordnen, und rügt eine Ungleichbehandlung gegenüber Fällen der Unternehmenstrümmerrestitution nach § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG. Dabei kritisiert sie die Rechtsanwendung im Einzelfall, ohne klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfragen zu einer der revisiblen Vorschriften aufzuwerfen.