Entscheidungsdatum: 28.02.2013
I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf vom 7. November 2012 für den Neubau der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung Pkt. Fellerhöfe - Pkt. Sankt Tönis, Bauleitnummer (Bl.) 4571. Das dem Lückenschluss dienende Vorhaben umfasst neben dem Neubau der circa 7,3 km langen Höchstspannungsfreileitung den Rückbau der 220-kV-Höchstspannungsfreileitung Osterath - Wesel/Niederrhein, Bl. 2339, im Abschnitt Pkt. Edelstahlwerk bis Pkt. Mörterfeld, die vom Neubau ersetzt wird. Die Leitungstrasse verläuft auf gesamter Länge parallel zur vorhandenen 110-/220-kV-Hoch-/Höchstspannungsfreileitung Sankt Tönis - Osterrath, Bl. 2388. In dem Abschnitt UA Osterrath bis Pkt. Fellerhöfe sowie in dem Abschnitt Pkt. Sankt Tönis bis UA Dülken ist bereits eine 380-kV-fähige Verbindung vorhanden. Das Vorhaben umfasst u.a. die Errichtung von 23 neuen, zum Teil mehr als 70 m hohen Masten und den Rückbau von 17 Masten der ersetzten 220-kV-Höchstspannungsfreileitung; mehrere Masten sollen auf Gründstücken der Antragstellerin zur Ausführung gelangen.
Teilflächen zahlreicher Grundstücke der Antragstellerin liegen im Schutzstreifen der geplanten Leitung, darunter auch Gartenflächen mehrerer Grundstücke, die von Erbbauberechtigten mit Wohnhäusern bebaut sind.
Die Antragstellerin hat zu den ausgelegten Plänen Stellung genommen und dabei neben Belangen des Schutzes der Wohnbevölkerung vor Gesundheitsgefahren, des Landschafts- und Naturschutzes sowie der Trinkwasserversorgung auch die gemeindliche Bauleitplanung sowie Wertminderungen bzw. verschlechterte Vermarktungsmöglichkeiten gemeindlicher Grundstücke angesprochen und die Prüfung von Planungsalternativen in Gestalt einer Erdverkabelung oder von Trassenvarianten gefordert.
Gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss, mit dem ihre Einwendungen zurückgewiesen worden sind, macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend, die Planfeststellung verletze sie in ihrem Selbstverwaltungsrecht und in ihren Rechten als Gründstückseigentümerin. Dem Vorhaben fehle die Planrechtfertigung, da der ausgewiesene Schutzstreifen überdimensioniert sei. Die Alternativenprüfung sei fehlerhaft; eine Teilverkabelung sei nicht aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, sondern dränge sich im Rahmen der gebotenen planerischen Abwägung angesichts der Vorteile eines Erdkabels gegenüber einer Freileitung geradezu auf. Zwei in ihrem Eigentum stehende Grundstücke, die mit Wohnhäusern bebaut seien, lägen im Bereich elektromagnetischer Felder, deren Stärke hinter den Grenzwerten der 26. BImSchV nur wenig zurückbleibe. Es bestünden Zweifel, ob die Grenzwerte noch dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprächen. Die Ergebnisse der gebotenen UVP-Vorprüfung seien nicht ausreichend dokumentiert worden. Auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht verzichtet worden.
Der Antragsgegner und die Beigeladene treten dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen und verteidigen den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss.
II.
1. Der Antrag, über den nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. lfd. Nr. 14 der Anlage zu § 1 Abs. 3 des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) vom 21. August 2009 (BGBl I S. 2870, geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 7. März 2011, BGBl I S. 338) sowie nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO das Bundesverwaltungsgericht als erstinstanzlich zuständiges Gericht der Hauptsache entscheidet, ist statthaft. Gemäß § 43e Abs. 1 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970 in der hier maßgeblichen Fassung von Art. 2 des Gesetzes vom 20. Dezember 2012, BGBl I S. 2730) hat die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss keine aufschiebende Wirkung. Entgegen den von Seiten der Beigeladenen geäußerten Zweifeln ist der Planfeststellungsbeschluss nicht unanfechtbar geworden, da die Klage in der Hauptsache ausweislich des Empfangsbekenntnisses über die Zustellung des Beschlusses am 27. November 2012 an die Antragstellerin fristgerecht erhoben worden ist.
Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin ist als Eigentümerin von Grundstücken, auf denen Masten errichtet oder die von den Schutzstreifen des Vorhabens erfasst werden, antragsbefugt. Dass Gemeinden nicht Träger des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sind, hindert sie nicht daran, wie private Grundstückseigentümer Belastungen abzuwehren, die ihre Rechtsposition als Eigentümer im zivilrechtlichen Sinne betreffen (Beschluss vom 13. März 1995 - BVerwG 11 VR 2.95 - Buchholz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 3).
2. Der Antrag ist aber nicht begründet. Die Interessen der Antragstellerin an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache überwiegen nicht gegenüber dem öffentlichen Interesse an der gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben.
a) Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich die Prüfung auf die innerhalb der Antragsbegründungsfrist nach § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG, auf die in der dem Planfeststellungsbeschluss beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß hingewiesen worden ist, vorgebrachten Einwände beschränkt. Belange des Lärmschutzes, auf die sich die Antragstellerin erst später berufen hat, sind schon deshalb für die Beurteilung ohne Belang.
Für den gerichtlichen Kontrollumfang ist außerdem zu beachten, dass die Antragstellerin ihr Begehren auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nur auf Verstöße gegen solche Bestimmungen zu stützen vermag, die ihrem Schutz dienen. Anders als Art. 14 GG, auf den sich die Antragstellerin - wie bereits erwähnt - mangels Grundrechtsträgerschaft nicht berufen kann, vermitteln weder die in Art. 28 Abs. 2 GG verbürgte Selbstverwaltungsgarantie und Planungshoheit noch das zivilrechtliche Eigentum an den Grundstücken, die durch die Planfeststellung in Anspruch genommen werden, einen Anspruch auf Vollüberprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (Beschluss vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 9 VR 7.03 - juris Rn. 4). Soweit sich die Antragstellerin auf Verstöße gegen das Naturschutzrecht, den Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) und die Belange der durch die Leitung betroffenen Wohnbevölkerung beruft, kann sie damit folglich nicht gehört werden.
b) Die Antragstellerin muss sich nicht gemäß § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG einen vollständigen Einwendungsausschluss entgegenhalten lassen, ist aber mit einem Teil der von ihr im Antragsverfahren geltend gemachten Einwände präkludiert.
aa) Ein vollständiger Einwendungsausschluss scheidet aus, weil die Antragstellerin mit ihrem an die Anhörungsbehörde gerichteten Schreiben vom 5. Mai 2011 fristgerecht nicht nur eine behördliche Stellungnahme abgegeben, sondern auch Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben hat. Die allen durch ein planfestzustellendes Vorhaben Betroffenen mit der Präklusionsregelung des § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG auferlegte Mitwirkungslast gilt uneingeschränkt auch für eine Gebietskörperschaft, die im Planfeststellungsverfahren als Behörde zur Stellungnahme aufgefordert worden ist. Die Betroffenenanhörung nach § 73 Abs. 4 VwVfG mit der Präklusionsmöglichkeit nach § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG und die Behördenanhörung nach § 73 Abs. 2 VwVfG mit der Präklusionsmöglichkeit nach § 43b Nr. 1 Satz 5 i.V.m. § 43a Nr. 7 Satz 4 EnWG sind gesonderte Verfahrensschritte. Soweit ein Träger öffentlicher Belange durch das Vorhaben zugleich in eigenen Rechten betroffen ist und sich die Möglichkeit offenhalten will, diese Rechte notfalls im Klagewege geltend zu machen, muss er deshalb im Rahmen der Betroffenenbeteiligung frist- und formgerecht Einwendungen erheben (Urteil vom 9. Februar 2005 - BVerwG 9 A 62.03 - Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 10
bb) Ausgeschlossen ist die Antragstellerin aber mit Einwendungen, die Belange betreffen, die sie im Anhörungsverfahren gänzlich unerwähnt gelassen und erstmals im gerichtlichen Verfahren dem Vorhaben der Beigeladenen entgegengehalten hat. Dem Schreiben der Antragstellerin vom 5. Mai 2011 kann kein Hinweis darauf entnommen werden, dass der Schutzstreifen in seiner parallelen Führung zur Stromleitung überdimensioniert ist, weil auch eine ellipsenförmige, die angrenzenden Grundstücke weniger in Anspruch nehmende Ausbildung des Streifens ausgereicht hätte. Unter diesem Gesichtspunkt kann deshalb weder das Fehlen einer Planrechtfertigung noch eine nicht ordnungsgemäße planerische Abwägung geltend gemacht werden. Ebenso wenig enthält das Schreiben einen Hinweis, dass die Antragstellerin ihre Grundstücke im Winter Risiken infolge von Mastbrüchen der Stromleitung ausgesetzt sieht. Die ausgelegten Planunterlagen hätten Anlass geboten, zu diesen Gesichtspunkten Einwendungen bereits im Anhörungsverfahren zu erheben. Die formellen Voraussetzungen für einen Einwendungsausschluss sind gleichfalls erfüllt; namentlich enthielt die ortsübliche Bekanntmachung des Vorhabens in der Stadt Krefeld einen Hinweis auf die Rechtsfolge einer Versäumung der Einwendungsfrist.
c) Soweit die Antragstellerin eine unzureichende Dokumentation der von der Planfeststellungsbehörde durchgeführten Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht (§ 3c Satz 6 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung <UVPG>) und den fehlerhaften Verzicht auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung rügt, lässt sich nach vorläufiger Prüfung nicht feststellen, dass diese Einwände ihrem Klagebegehren zum Erfolg verhelfen werden.
aa) Nach § 3c Satz 6 UVPG sind die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BRDrucks 551/06 S. 44) soll diese Regelung den vom Europäischen Gerichtshof gestellten Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Entscheidung, dass ein Projekt keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen zu werden braucht (EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - Rs. C-87/02 - Slg. 2004 I-05975 Rn. 49), Rechnung tragen. Dem wird entsprochen, wenn die der Vorprüfung zugrunde gelegten Unterlagen, die wesentlichen Prüfschritte und die dabei gewonnenen Erkenntnisse über nachteilige Umweltauswirkungen zumindest grob skizziert im Planfeststellungsbeschluss oder in einem zu den Verwaltungsakten genommenen Dokument niedergelegt sind. Bei den Verwaltungsakten befindet sich ein Vermerk der Planfeststellungsbehörde vom 8. Januar 2008, der diese Angaben - wenn auch nur stichwortartig - enthält. Zusätzlich ist zu beachten, dass die Beigeladene der Planfeststellungsbehörde ein Gutachten über die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG vorgelegt hat, das diese vor ihrer Entscheidung verschiedenen Dezernaten der Bezirksregierung zur Stellungnahme überlassen hat und das damit zur Grundlage der behördlichen Vorprüfung geworden ist. Jedenfalls unter Berücksichtigung dieses Gutachtens stellt der auf ihm aufbauende Vermerk eine ausreichende Dokumentation der Prüfergebnisse sicher.
bb) Warum der Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung den Kriterien der Anlage 2 zum UVPG nicht gerecht werden sollte, hat die Antragstellerin in ihrer Antragsschrift nicht nachvollziehbar dargelegt. Dass die Grenzwerte für die elektrische Feldstärke der Leitung teilweise nur knapp unterschritten seien, lässt nicht den Schluss zu, die Behörde habe unter diesem Gesichtspunkt der Möglichkeit schädlicher Umweltauswirkungen im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung weiter nachgehen müssen.
d) Dem Vorhaben der Beigeladenen fehlt nicht die erforderliche Planrechtfertigung. Aufgrund seiner Aufnahme in den Bedarfsplan ist das Vorhaben gemäß § 1 Abs. 2 EnLAG entsprechend der Zielsetzung des § 1 EnWG energiewirtschaftlich notwendig und damit gerechtfertigt. Diese Feststellung entfaltet Bindungswirkung nicht nur für die Planfeststellung (§ 1 Abs. 2 Satz 3 EnLAG), sondern auch für das gerichtliche Verfahren (stRspr; vgl. Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 14.10 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 218 Rn. 15 m.w.N.).
e) Der Planfeststellungsbeschluss leidet nach summarischer Prüfung nicht an Verstößen gegen das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot (§ 43 Satz 3 EnWG), die der Klage der Antragstellerin und damit auch dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zum Erfolg verhelfen würden.
aa) Soweit die Antragstellerin die Belastung in ihrem Eigentum stehender Wohngrundstücke durch die von der geplanten Höchstspannungsfreileitung verursachte elektrische Feldstärke und magnetische Flussdichte geltend macht, greift dieser Einwand nicht durch. Dies gilt unabhängig davon, ob die Antragstellerin mit diesem Einwand nicht schon präkludiert ist, weil sie Beeinträchtigungen durch elektromagnetische Felder in ihrem Schreiben vom 5. Mai 2011 nicht deutlich auf ihre Rechtsposition als Grundstückseigentümerin bezogen hat.
Die Planfeststellungsbehörde hat im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss die Exposition benachbarter Grundstücke durch die von der Freileitung hervorgerufenen elektromagnetischen Felder und damit möglicherweise einhergehende Gesundheitsrisiken für sich dort aufhaltende Personen erwogen, aber darauf verwiesen, dass die im Einwirkungsbereich der Trasse auftretenden höchsten Belastungswerte niedriger als die Grenzwerte der 26. BImSchV liegen werden. Gegenüber den Darlegungen, mit denen die Antragstellerin die in den Grenzwerten zum Ausdruck kommende normative Risikoeinschätzung unter Berufung auf Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen aus den Jahren 2002 und 2005 in Zweifel zieht, verweist die Beigeladene auf eine sehr zurückhaltende, die Aussagekraft vorhandener epidemiologischer Untersuchungen stark relativierende Stellungnahme der Strahlenschutzkommission vom 14./15. April 2011. Der Senat ist in seinem Gerichtsbescheid vom 21. September 2010 - BVerwG 7 A 7.10 - (juris Rn. 17) unter Bezugnahme auf eine Empfehlung der Strahlenschutzkommission vom 21./22. Februar 2008 davon ausgegangen, dass die der 26. BImSchV zugrunde liegenden Annahmen durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse nicht überholt seien. Bei Einhaltung der Grenzwerte bestehe deshalb in der Regel keine Gefahr. Mangels belastbarer gegenteiliger Erkenntnisse ist hieran festzuhalten, zumal der Entwurf einer Änderungsverordnung vom 19. Februar 2013 (BTDrucks 17/12372), mit der u.a. die Bewertung elektrischer und magnetischer Felder an Grenzwertempfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission aus dem Jahr 2010 angepasst werden soll, für die hier einschlägigen Grenzwerte keine Änderung vorsieht. Angesichts des weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers bei der Festlegung der Grenzwerte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805) muss deshalb nach wie vor von deren Verbindlichkeit ausgegangen werden.
Durch die unterhalb der Grenzwerte bleibenden Immissionen brauchte der Planfeststellungsbeschluss das Vorhaben umso weniger in Frage gestellt sehen, als die betroffenen Grundstücke einschließlich derer der Antragstellerin schon seit mehr als 80 Jahren den Einwirkungen der (weiter fortbestehenden) Höchstspannungsfreileitung Sankt Tönis - Osterath, Bl. 2388 sowie der - durch das Neubauvorhaben nunmehr ersetzten - Höchstspannungsfreileitung Osterath - Wesel/Niederrhein ausgesetzt waren. Die Vorbelastung durch bestehende Leitungen prägt in ihrer Umgebung liegende Grundstücke und mindert grundsätzlich auch deren Schutzwürdigkeit (Urteile vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110 <131 f.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 2 S. 22 f. und vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350 <356 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 23 S. 66). Diese reduzierte Schutzwürdigkeit gilt ebenso für den Standort der im Bereich des Campus Fichtenhain errichteten "Schule für Erziehungshilfe", wo eine dem Grenzwert der 26. BImSchV angenäherte elektrische Feldstärke gemessen worden ist; insoweit kommt es mithin nicht darauf an, ob der von der Antragstellerin nicht bestrittene Vortrag der Beigeladenen zutrifft, dass das Schulgrundstück gar nicht im Eigentum der Antragstellerin steht.
bb) Dass darüber hinaus der Verkehrswert bebauter Grundstücke der Antragstellerin im Nahbereich des planfestgestellten Vorhabens sinken könnte, musste in der planerischen Abwägung nicht gesondert berücksichtigt werden. In die Abwägung sind die faktischen Beeinträchtigungen benachbarter Grundstücke durch eine geplante Anlage mit dem ihnen zukommenden Gewicht einzustellen. Dass diese Auswirkungen mittelbar neben anderen Faktoren den Verkehrswert der benachbarten Grundstücke beeinflussen können, stellt demgegenüber keinen eigenständigen Abwägungsposten dar (Urteil vom 4. Mai 1988 - BVerwG 4 C 2.85 - Buchholz 407.57 LStrG NW Nr. 1 S. 6 = juris Rn. 15 m.w.N.).
cc) Die Planfeststellungsbehörde hat bei ihrer Abwägungsentscheidung nicht die in Art. 28 Abs. 2 GG wurzelnde Planungshoheit der Antragstellerin missachtet. Eine Gemeinde wird durch eine überörtliche Fachplanung in ihrer Planungshoheit nur beeinträchtigt, wenn die Fachplanung eine konkrete gemeindliche Planung nachhaltig stört oder wegen ihrer Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht (stRspr; Urteile vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 40.86 - BVerwGE 81, 95 <106> = Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 1 S. 11 und vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <394> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 114 S. 127). Darüber hinaus muss die Planfeststellungsbehörde auch auf noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten einer Gemeinde abwägend dergestalt Rücksicht nehmen, dass durch die Fachplanung von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise "verbaut" werden (Urteil vom 21. März 1996 a.a.O.). An diesen Voraussetzungen fehlt es. Namentlich ist das planfestgestellte Vorhaben nicht geeignet, die Realisierung des Bebauungsplans Nr. 653 der Antragstellerin nachhaltig zu stören. Der Schutzstreifen für den Leitungsneubau tangiert überbaubare Grundstücksflächen des durch den genannten Bebauungsplan ausgewiesenen Gewerbegebiets nach eigenem Vortrag der Antragstellerin nur am Rande. Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass die gemeindliche Planung hierdurch mehr als geringfügig berührt wird. Dass der Schutzstreifen - wie von der Antragstellerin im Anhörungsverfahren gerügt - die durch den Bebauungsplan Nr. 653 ermöglichte Schaffung von Stellplätzen innerhalb privater Grünflächen verhindert, ist schon nicht hinreichend substantiiert dargetan.
dd) Der Planfeststellungsbeschluss beruht nicht auf einer fehlerhaften Alternativenprüfung.
(1) Trassenalternativen hat die Planfeststellungsbehörde geprüft und mit Rücksicht auf den Bündelungseffekt der planfestgestellten Lösung verworfen. Die Antragstellerin ist dem weder im Anhörungsverfahren noch in ihrer Antragsbegründung mit substantiiertem Vorbringen entgegengetreten.
(2) Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde sich gegen die von der Antragstellerin geforderte technische Ausführungsalternative einer Teilverkabelung der Leitung entschieden hat. Nach summarischer Prüfung spricht bereits vieles für die Auffassung des Antragsgegners, dass die Ausführung der 380-kV-Höchstspannungsleitung als Erdkabel rechtlich ausgeschlossen ist. Unabhängig davon genügt die Entscheidung gegen diese Alternative aber auch den Anforderungen einer planerischen Abwägung.
(a) Die Alternativenprüfung wird grundsätzlich durch das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot gesteuert. Das schließt aber nicht aus, dass der Gesetzgeber gestützt auf sachliche Gründe bindende Vorgaben für die Ausgestaltung des Vorhabens macht und so den Spielraum von Planungsträgern und Planfeststellungsbehörden bei der Alternativenwahl einschränkt. Von dieser Möglichkeit dürfte er mit den Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes und des Energieleitungsausbaugesetzes, denen das Vorhaben der Beigeladenen unterfällt, Gebrauch gemacht haben:
§ 43 Satz 1 EnWG regelt die Planfeststellungsbedürftigkeit bestimmter Arten von Energieleitungen. Nach Nummer 1 der Vorschrift zählen dazu namentlich "Hochspannungsfreileitungen" mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr. An diese Regelung knüpft das Energieleitungsausbaugesetz in § 1 Abs. 1 und mit dem diesem Gesetz als Anlage beigefügten Bedarfsplan an; der Bedarfsplan weist Vorhaben nach § 43 Satz 1 EnWG im Bereich der Höchstspannungsnetze mit einer Nennspannung von 380 kV oder mehr, die näher bezeichneten Ausbauzielen dienen, als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs aus. Durch die Bezugnahme auf § 43 Satz 1 EnWG wird verdeutlicht, dass es sich bei den ausgewiesenen Vorhaben, soweit sie unter die hier allein in Betracht zu ziehende Nummer 1 der genannten Vorschrift fallen, um Freileitungen handelt. Dies gilt auch für das planfestgestellte Vorhaben, das Teil der unter Nummer 14 des Bedarfsplans aufgeführten Leitung ist. Das dürfte den Schluss zulassen, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung sich auf die Ausführung als Freileitung erstreckt und damit die Ausführungsalternative eines Erdkabels ausschließt.
Gestützt wird dieses Verständnis der in § 1 Abs. 1 EnLAG i.V.m. § 43 Satz 1 Nr. 1 EnWG getroffenen Regelung auch durch § 2 Abs. 1 und 3 EnLAG. § 2 Abs. 1 EnLAG listet vier im Bedarfsplan genannte Leitungen auf, die als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden können; § 2 Abs. 3 EnLAG erweitert den an sich auf Freileitungen beschränkten Anwendungsbereich des § 43 Satz 1 Nr. 1 EnWG auf diese Vorhaben der Erdverkabelung. Dies legt den Schluss nahe, dass nach der gesetzlichen Regelungssystematik der Bau von 380-kV-Höchstspannungsfreileitungen die Regel, der Bau derartiger Leitungen als Erdkabel hingegen die auf die gesetzlich benannten Vorhaben beschränkte Ausnahme bildet. Dieses Verständnis findet eine zusätzliche Stütze in der ausdrücklich benannten Zielsetzung, die mit der Regelung des § 2 Abs. 1 EnLAG verfolgt wird. Die Möglichkeit, Teile der vier aufgelisteten Leitungsprojekte als Erdkabel auszuführen, dient dazu, den Einsatz von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene im Übertragungsnetz als Pilotvorhaben zu testen. Der Gesetzgeber ist somit davon ausgegangen, dass die Technologie der Erdverkabelung von Höchstspannungsleitungen vor ihrem generellen Einsatz noch der Erprobung bedürfe. Von diesem Ausgangspunkt her ließe es sich mit der allgemeinen, in § 1 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 EnWG zum Ausdruck kommenden Zielsetzung, das Energieleitungsnetz sicher, zuverlässig und leistungsfähig auszugestalten, schwerlich vereinbaren, die Erdverkabelung als generell einsatzfähige, nach Maßgabe des Abwägungsgebots zu berücksichtigende Planungsalternative zu behandeln.
Auch die Gesetzesmaterialien sprechen für dieses Auslegungsergebnis. Der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 26. Januar 2011, in dem zu einer geplanten Änderung von § 2 Abs. 2 EnLAG Stellung genommen wurde, hat ausdrücklich betont, dass das Energieleitungsausbaugesetz "eine abschließende Regelung hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene" treffe (BTDrucks 17/4559 S. 6). Dies lässt sich nur dahin verstehen, dass über diese Regelung hinaus für eine Berücksichtigung der Erdverkabelung im Wege planerischer Abwägung kein Raum sein soll.
(b) Letztlich kann die Frage, ob die Alternative einer Erdverkabelung für das hier in Rede stehende Vorhaben bereits gesetzlich ausgeschlossen ist, aber offen bleiben. Die behördliche Auswahlentscheidung erweist sich nämlich selbst dann als tragfähig, wenn sie an den Vorgaben des fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebots gemessen wird. Die von der Planfeststellungsbehörde insoweit hilfsweise vorgenommene Prüfung gibt keinen Anlass zu Beanstandungen. Die Auswahl zwischen verschiedenen Planungsalternativen als Abwägungsentscheidung ist gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich (§ 43 Satz 3, § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG). Ihre Rechtmäßigkeit hängt nicht davon ab, ob für eine andere planerische Lösung einleuchtende Gründe angeführt werden können. Es reicht vielmehr aus, wenn die Behörde ernsthaft in Betracht kommende Alternativen prüft, sich mit dem Für und Wider der jeweiligen Lösung auseinandersetzt und tragfähige Gründe für die gewählte Lösung anführen kann. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Lösung sich unter Berücksichtigung der abwägungserheblichen Belange als die eindeutig bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde (vgl. Urteile vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <249 f.> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 107 S. 66 f. und vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41 m.w.N.
Diesen Grundsätzen wird die Abwägungsentscheidung gerecht. Der Planfeststellungsbeschluss hat die Erdverkabelung eines Teilstücks der geplanten Leitung und die Vor- und Nachteile dieser Lösung einerseits und der Ausführung als Freileitung andererseits in den Blick genommen; in Übereinstimmung mit der gutachterlichen Stellungnahme des von der Antragstellerin beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. O. (Gutachten S. 47 ff.) ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass der Ausführung des Vorhabens als Freileitung der Vorrang einzuräumen sei. Die Übertragung von Strom auf der Höchstspannungsebene durch Freileitungen entspreche dem Stand der Technik, während für eine Stromübertragung mittels Erdkabels nur beschränkte Erfahrungswerte vorlägen. Außerdem seien bei Freileitungen Störungen besser beherrschbar und könnten ganz überwiegend durch Kurzunterbrechungen im Sekundenbereich ohne Auswirkung auf die Versorgung beseitigt werden, während Kurzschlüsse in Kabeln eine sofortige Abschaltung und eine aufwändige Reparatur erforderten. Die Lebensdauer von Freileitungen liege bei 80 Jahren und mehr, während - orientiert an den Erfahrungen auf der 110-kV-Ebene - die Lebensdauer von Erdkabeln nur circa 40 Jahre betrage. Zwar ergäben sich bezüglich des Natur- und Landschaftsschutzes Vorteile für eine Erdverkabelung, wenngleich auch eine Kabeltrasse sichtbar bleibe; vorliegend relativiere sich dieser Vorteil aber wiederum, weil die geplante Höchstspannungsfreileitung mit einer bestehenden Freileitung gebündelt werde, die das Landschaftsbild bereits vorbelaste. Die Schutzgüter Biotope, Boden und Wasser würden durch eine Verkabelung in größerem Maße beeinträchtigt. Eine Erdverkabelung verursache schließlich Mehrkosten um das 2,8- bis 4,2-fache.
All diese überwiegend für eine Freileitung sprechenden Gesichtspunkte hat die Antragstellerin mit ihrem Gegenvorbringen nicht zu entkräften vermocht. Das gilt insbesondere auch für ihren Verweis auf im Ausland betriebene Referenzprojekte. Sie vermag insoweit nicht darzutun, dass sich mit deren Betrieb belastbare und damit gesicherte Erkenntnisse über eine zu präferierende Technik der Stromübertragung verbinden. Unter diesen Umständen kann keine Rede davon sein, dass sich die Erdverkabelung der Planfeststellungsbehörde als vorzugswürdige Ausführungsalternative hätte aufdrängen müssen.