Entscheidungsdatum: 02.11.2017
Der Kläger, eine anerkannte Umweltvereinigung, begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer der Beigeladenen für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2015 erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb des Kraftwerkes S.
Das aus fünf Blöcken bestehende Kraftwerk ist immissionsschutzrechtlich bestandskräftig genehmigt. Seit dem Jahr 2013 werden noch der Block 4 mit Erdgas und der Block 5 mit Steinkohle betrieben. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen beabsichtigte zunächst, einen weiteren steinkohlebefeuerten Block 6 zu errichten. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2010 erteilte ihr der Beklagte nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hierzu die 1. immissionsschutzrechtliche Teilgenehmigung.
Die wasserrechtliche Erlaubnis vom 20. Dezember 1995 für die Kraftwerksblöcke 1 bis 5 war bis zum 31. Dezember 2012 befristet. Im Juni 2012 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Erlaubnis, für den Zeitraum bis zur Inbetriebnahme des Blocks 6 Wasser aus dem M. zu entnehmen, zum Betrieb der Blöcke 1, 4 und 5 zu nutzen und wieder in den M. einzuleiten.
Mit Bescheid vom 28. März 2012 erteilte der Beklagte eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 15. Dezember 2028, die er nach Verzicht der Beigeladenen auf die Errichtung des Blocks 6 mit Bescheid vom 10. April 2014 änderte. Die Bescheide sind Gegenstand des Revisionsverfahrens BVerwG 7 C 25.15.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2012 erteilte der Beklagte die beantragte wasserrechtliche Erlaubnis für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2015 zur Entnahme von M.wasser für den Betrieb der Kraftwerksblöcke 4 und 5 u.a. als Prozesswasser für die Rauchgasentschwefelungsanlage des Blocks 5 und die Einleitung von Abwässern über die im Einzelnen bezeichneten Anfallstellen der Blöcke 4 und 5. Die Nebenbestimmungen legen u.a. Überwachungswerte und Jahresfrachten für bestimmte Schwermetalle, darunter Quecksilber, fest. Die Erlaubnis steht unter dem Vorbehalt nachträglicher Anforderungen und Auflagen, insbesondere im Hinblick auf die Reinhaltung der Gewässer. Hinsichtlich des Blocks 1 wurde der Antrag wegen des Verzichts der Beigeladenen auf den Betrieb abgelehnt, der nicht widerrufen werden könne. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung sei nicht erforderlich gewesen. Die Gewässerbenutzungen selbst seien nicht UVP-pflichtig.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beklagte ergänzte die Erlaubnis mit Bescheid vom 13. September 2013 u.a. um die Einleitung von über Ölabscheider geführte Betriebsabwässer und Niederschlagswasser sowie mit Bescheid vom 14. Juli 2014 um die Einleitung von Abwasser aus der Sedimentbehandlung des neuen Regenklärbeckens. Der Kläger bezog die Ergänzungsbescheide in die Klage ein.
Mit Urteil vom 14. Juli 2015 hat der Verwaltungsgerichtshof die Klage abgewiesen. Als anerkannte Umweltvereinigung sei der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG klagebefugt. Die Geltendmachung einer fehlenden oder fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfung sei ein grundsätzlich tauglicher Klagegegenstand nach § 2 Abs. 1 UmwRG. Einer Öffentlichkeitsbeteiligung nach der IVU-VO Abwasser, der IZÜV und der Industrieemissionsrichtlinie habe es vor Erlass der Erlaubnis nicht bedurft. Es bestehe auch keine UVP-Pflicht. Mit der Erteilung der Erlaubnis gehe weder eine wesentliche Änderung der bestandskräftig genehmigten und ihrerseits UVP-pflichtigen Anlage im Sinne des § 16 BImSchG noch der Abwasserbehandlungsanlage einher. Das Vorhaben gehöre nicht zu den in der Anlage 1 zum UVPG unter Ziffer 13 aufgeführten wasserrechtlichen Vorhaben.
Gegen das Urteil hat der Kläger die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt und seine Klage nach Ablauf der zeitlichen Geltung der angefochtenen Erlaubnis auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Das besondere Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Erlaubnis ergebe sich aus einer Wiederholungsgefahr. Überdies komme der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Erlaubnis präjudizielle Wirkung für das Verfahren BVerwG 7 C 25.15 zu. Er rügt eine unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Auffassung, eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 5 Abs. 1 IVU-VO Abwasser sei nur bei wesentlicher Änderung der immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage erforderlich, sei mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung sei auch wegen der Anpassung der Erlaubnis in Form von verschärften Grenzwerten für die Einleitung von Quecksilber erforderlich. Er macht des Weiteren Verstöße gegen Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes und der Wasserrahmenrichtlinie geltend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juli 2015, berichtigt durch Beschluss vom 31. August 2015, zu ändern und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2012 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. September 2013 und 14. Juli 2014 rechtswidrig ist.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Revision zurückzuweisen.
Dem Kläger fehle es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Auf eine Wiederholungsgefahr könne er sich nicht berufen, da sich diese mit der Erteilung der Erlaubnis für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2016 bereits realisiert habe. Mit der hiergegen erhobenen Klage könne der Kläger eine umfassende Klärung der auch hier aufgeworfenen Rechtsfragen herbeiführen. Eine präjudizielle Wirkung für das Verfahren BVerwG 7 C 25.15 bestehe nicht. Sie verteidigen im Übrigen das angefochtene Urteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses hält unter Verweis auf seinen Vortrag im Parallelverfahren BVerwG 7 C 25.15 eine Verknüpfung des Verschlechterungsverbots, des Verbesserungsgebots und der Phasing-Out-Verpflichtung für fehlerhaft. Es handele sich um jeweils eigenständige Anforderungen. Eine verbindliche Phasing-Out-Verpflichtung bestehe wegen fehlender Maßnahmen der Europäischen Union nicht.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist unzulässig.
Mit dem Ablauf der zeitlichen Geltung der wasserrechtlichen Erlaubnis zum 31. Dezember 2015 ist der Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nur zulässig, wenn die zuvor erhobene Anfechtungsklage zulässig war (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1967 - 1 C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <167>), insbesondere eine Klagebefugnis gegeben ist (BVerwG, Urteil vom 23. März 1982 - 1 C 157.79 - BVerwGE 65, 167 <170 f.>). Ihr steht das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht entgegen. Denn der Übergang von der Anfechtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO und deshalb auch in der Revisionsinstanz noch zulässig (stRspr., BVerwG, Urteil vom 28. September 2016 - 7 C 1.15 - Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 21 Rn. 31 m.w.N.).
Die ursprüngliche Anfechtungsklage ist mit Inkrafttreten des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 23. August 2017 (BGBl. I S. 3290) zwar zulässig geworden. Dem Kläger steht als anerkannte Umweltvereinigung im Sinne von § 3 Abs. 1 UmwRG ein Verbandsklagerecht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG zu. Bei der wasserrechtlichen Erlaubnis handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG. Zur weiteren Begründung wird auf das Urteil vom heutigen Tag im Verfahren BVerwG 7 C 25.15 unter II. 1. verwiesen.
Dem Kläger fehlt es jedoch an dem gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderlichen berechtigten Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes. Dieses Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Es kommt darauf an, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr., BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 20 m.w.N.). Ein solches besonderes Feststellungsinteresse ist auch für eine Verbandsklage nach § 2 UmwRG erforderlich. Auch die Fortsetzungsfeststellungsklage ist ein Rechtsbehelf, welcher sich gegen eine konkrete Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG richtet und auf die Feststellung ihrer - umweltrechtlichen - Rechtmäßigkeit gerichtet ist (§ 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG). Nach § 2 Abs. 1 UmwRG kann die anerkannte Vereinigung diesen Rechtsbehelf nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen. Für die Statthaftigkeit des einzelnen Rechtsbehelfs soll es nach dem Willen des Gesetzgebers auf die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Verwaltungsgerichtsordnung ankommen (BT-Drs. 16/2495 S. 11 f.). Die Auffassung des Klägers, bei der umweltrechtlichen Verbandsklage sei es nicht erforderlich, auf ein konkretes Vorhaben abzustellen, ist hiermit nicht vereinbar.
Der Kläger kann sich nicht auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Es besteht weder eine Wiederholungsgefahr noch hat die Rechtmäßigkeit der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden sogenannten Interimserlaubnis präjudizielle Wirkung sowohl für die ab dem 1. Januar 2016 geltende als auch für zukünftige Erlaubnisse.
1. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (stRspr., BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2017 - 7 B 1.16 - Buchholz 406.25 § 16 BImSchG Nr. 3 Rn. 29; Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 21). Hat sich die Wiederholungsgefahr bereits realisiert, ist ein berechtigtes Interesse zu verneinen; die Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes ist für den Kläger nutzlos, weil der Erlass des Verwaltungsaktes nicht mehr abgewendet werden kann. Der Feststellung bedarf es auch nicht, weil der Kläger den erlassenen Verwaltungsakt anfechten kann, um seine Rechte wahrzunehmen (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 24. November 2010 - 3 L 91/10 - juris Rn. 23).
Mit Erlass der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Erlaubnis für eine entsprechende Gewässerbenutzung hat sich die Wiederholungsgefahr bereits realisiert. Diese war Gegenstand des Revisionsverfahrens BVerwG 7 C 25.15. Nach Ablauf der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden sogenannten Interimserlaubnis kann auch nicht von unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen ausgegangen werden. Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Einleitungserlaubnis im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an eine vorhergehende Erlaubnis nach § 57 WHG vorliegen, insbesondere, ob die Benutzung mit den Bewirtschaftungszielen des § 27 WHG vereinbar ist, ist auf den chemischen Ist-Zustand zum Zeitpunkt der Geltung der Erlaubnis unter Berücksichtigung der bisherigen Einleitungen abzustellen. Zudem ist im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit der Erlaubnis mit dem Verbesserungsgebot ausgehend von den Bewirtschaftungszielen nach dem jeweils geltenden Bewirtschaftungsplan zum maßgeblichen Zeitpunkt zu prüfen, ob das Erreichen eines guten Zustands des Oberflächenwasserkörpers bzw. eines guten ökologischen Potenzials und (oder) eines guten chemischen Zustands mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gefährdet ist (vgl. Urteil im Parallelverfahren BVerwG 7 C 25.15 unter II 2.b.bb) (2) und 2.b.dd). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem als erheblich verändert eingestuften oberirdischen Gewässer wie dem M. mit einer Vielzahl von Einleitungen und Benutzungen die nach diesen Maßstäben zu berücksichtigenden Kriterien und Faktoren einer zukünftigen Erlaubnis unverändert zugrunde gelegt werden können.
2. Aus den gleichen Gründen besteht auch keine präjudizielle Wirkung der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Interimserlaubnis für zukünftige Erlaubnisse.
Der chemische Ist-Zustand ist der tatsächliche Zustand des Gewässers zum maßgeblichen Zeitpunkt der Geltung einer Erlaubnis unter Berücksichtigung der bisherigen Einleitungen. Dabei kommt es grundsätzlich - von Ausnahmefällen kollusiven Zusammenwirkens bei illegalen Einleitungen abgesehen - nicht darauf an, wie dieser Zustand zustande gekommen ist und welche Ursachen etwa vorhandene Schadstoffbelastungen haben. Die Einleitungen durch die Beigeladene bis zum 31. Dezember 2015 sind auf Grundlage einer gemäß § 43 LVwVfG jedenfalls wirksamen Erlaubnis erfolgt. Der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Erlaubnis kommt deshalb keine präjudizielle Wirkung sowohl für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Erlaubnis im Parallelverfahren BVerwG 7 C 25.15 als auch für andere zukünftige Erlaubnisse zu. Sie ist nicht geeignet, die Position des Klägers im Verfahren über die Anfechtungsklage gegen die ab dem 1. Januar 2016 geltende Erlaubnis zu verbessern. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage kann er eine umfassende Klärung der von ihm benannten Rechtsfragen auch für zukünftige Zeiträume herbeiführen, so dass ihm die Früchte des hiesigen Verfahrens nicht verloren gehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.