Entscheidungsdatum: 27.09.2018
1. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz vermittelt dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger keine Klagebefugnis für eine auf die Untersagung einer gewerblichen Sammlung durch die Abfallbehörde gerichtete Verpflichtungsklage.
2. Eine Subjektivierung der Rechtsposition des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG nicht zu entnehmen. Der Schutz der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist der für die Entscheidung nach § 18 Abs. 5 KrWG zuständigen Abfallbehörde aufgegeben.
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, gegen die Beigeladene eine abfallrechtliche Untersagungsverfügung zu erlassen.
Die Klägerin nimmt im X.landkreis die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wahr. Seit dem 1. Januar 2014 führt sie eine Getrenntsammlung von Alttextilien und -schuhen in einem Bring- und Holsystem in ihrem Entsorgungsgebiet durch. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, die dort seit 1997 Altkleider sammelte, zeigte am 31. Mai 2012 eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien und -schuhen an. In ihrer Stellungnahme gegenüber der beklagten oberen Abfallbehörde machte die Klägerin u.a. geltend, dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden, und beantragte die Befristung bis zum 31. Dezember 2013. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 4. September 2013 ab.
Das Verwaltungsgericht wies die nach Ablauf des Befristungszeitraums auf Untersagung der Sammlung gerichtete Klage als unbegründet ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 1. Juni 2016 zurückgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig. Die Klägerin sei nicht klagebefugt. Es bestehe kein subjektiv-öffentliches Recht, das der Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch einräume. Weder die Eingriffsbefugnis nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG noch die darin in Bezug genommene Sachnorm des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 17 Abs. 3 KrWG gebe den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern ein subjektiv-öffentliches Recht auf staatliches Einschreiten. § 17 Abs. 3 KrWG sei keine Schutznorm, sondern diene lediglich den im Rahmen der Abfallentsorgung zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen. Auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG könne die Klägerin sich nicht berufen.
Zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Sie habe aus § 18 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einen Anspruch auf Einschreiten. Die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG weise insbesondere im Bereich lukrativer Abfallfraktionen, in dem der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger der wettbewerblichen Konkurrenz durch gewerbliche Sammlungen ausgesetzt sei, individualschützende Elemente auf. Während der Begriff des öffentlichen Interesses in § 17 Abs. 1 Satz 3 KrWG rein ordnungsrechtlicher Natur sei, weise die Konkretisierung dieses Begriffs in Gestalt der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers über die Gewährleistung der Entsorgungssicherheit zum Wohle der Allgemeinheit hinaus. Es gehe auch um das betriebswirtschaftliche Auslastungs- und Amortisationsinteresse des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, der damit als Institution geschützt werde. Dies werde durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Des Weiteren liege der Verfahrensbeteiligung nach § 18 Abs. 4 KrWG ebenfalls die Vorstellung zugrunde, dass durch eine konkurrierende gewerbliche Sammlung in eine Rechtsposition des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eingegriffen werden könne. Die Klage sei schließlich auch begründet; sie habe einen Anspruch auf Erlass einer Untersagungsverfügung.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 1. Juni 2016, das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 29. April 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 4. September 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die gewerbliche Sammlung der Beigeladenen zu untersagen.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und führen ergänzend aus, dass die Klage jedenfalls unbegründet sei.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht unterstützt die Revision.
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet und demnach zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). In Einklang mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts wegen Unzulässigkeit der Klage zurückgewiesen (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass der Klägerin für die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Untersagung der gewerblichen Sammlung der Beigeladenen die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis fehlt.
1. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein, und wenn nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich erscheint. Eine Verpflichtungsklage ist nur begründet, wenn ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts gegeben ist; dies setzt einen Rechtssatz voraus, der die Behörde zum Erlass dieses Verwaltungsakts verpflichtet oder wenigstens ermächtigt und zugleich einen subjektiven Anspruch darauf gewährt sowie den jeweiligen Kläger in den Kreis der Berechtigten einbezieht (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115 <118>). Für die Klagebefugnis reicht es dabei aus, dass ein solcher Anspruch auf der Grundlage des Klagevorbringens nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (siehe hierzu BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 38 m.w.N.).
2. Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht diese Voraussetzungen wegen des Fehlens einer die Klägerin begünstigenden Anspruchsgrundlage verneint.
a) Das von der Klägerin begehrte abfallbehördliche Einschreiten findet zwar in § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) eine Rechtsgrundlage. Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach der letztgenannten Bestimmung besteht eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht, wenn dieser Abfall durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt wird, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen stehen einer gewerblichen Sammlung gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet. Dies ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Letzteres ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG).
b) Neben die bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende objektiv-rechtliche Handlungspflicht der Behörde tritt aber nur dann ein Anspruch eines Dritten auf Einschreiten, wenn dieser durch den rechtswidrigen Zustand in seinen Rechten verletzt wird und er folglich die Abwehr der Beeinträchtigung verlangen kann. Das ist hier nicht der Fall.
aa) Eine Verletzung in subjektiven Rechten liegt vor, wenn der Verstoß gegen eine Schutznorm, d.h. eine Vorschrift geltend gemacht wird, die den von ihrem Regelungsgehalt Betroffenen nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm zu schützen bestimmt ist und ihm die Rechtsmacht verleiht, eine Verletzung der Norm insbesondere vor Gericht geltend zu machen. Fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung, setzt dies, soweit es um ein subjektiv-öffentliches Recht im Verhältnis Bürger-Staat geht, bei dem die Klagbarkeit durch Art. 19 Abs. 4 GG sichergestellt wird, zum einen voraus, dass sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit hinreichend unterscheidet. Aus dem Schutzzweck der Norm muss sich zum anderen ergeben, dass sie unmittelbar (auch) dem rechtlichen Interesse dieses Personenkreises zu dienen bestimmt ist und nicht nur tatsächlich, also reflexartig, seine Rechte berührt (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8.01 - BVerwGE 117, 93 <99>). Entsprechendes gilt ungeachtet der Reichweite des Begriffs des subjektiv-öffentlichen Rechts, wenn Rechte im staatlichen Binnenbereich in Rede stehen. Aufgabenzuweisungen an und Zuständigkeiten von Hoheitsträgern sind zwar - vorbehaltlich einer ausnahmsweise begründeten Grundrechtsträgerschaft (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 19. März 1997 - 6 C 8.95 - BVerwGE 104, 170 <176 ff.>) - keine Rechte im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG, so dass deren gerichtliche Durchsetzung verfassungsrechtlich nicht gewährleistet ist (Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Stand April 2018, Art. 19 Abs. 4 Rn. 147 f.). Sie können gleichwohl Rechte im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO sein, sofern die Rechtsordnung einzelnen Rechtsträgern oder deren Organen verselbständigte Rechtspositionen im "organschaftlichen Rechtskreis" einräumt, die im Konfliktfall auch gegenüber anderen Hoheitsträgern durchsetzbar sein sollen (vgl. Gärditz, in: ders., VwGO, 2. Aufl. 2018, § 42 Rn. 55; Wahl, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Mai 2018, vor § 42 Abs. 2 Rn. 118 ff.; R.-P. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 42 Rn. 80). Solche Rechtspositionen sind nicht beschränkt auf die Sicherung von Mitwirkungs- und Verfahrensrechten zur Optimierung von Entscheidungen (zum Organstreit zwischen sog. Kontrastorganen siehe Scherzberg, in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2016, § 12 Rn. 27 und Burgi, ebd., § 8 Rn. 53 ff.), sondern können sich auch auf das von der Verwaltungseinheit wahrgenommene Sachinteresse beziehen. Diese wehrfähigen Rechtspositionen unterscheiden sich insoweit von den sonstigen subjektiv-öffentlichen Rechten, die Ausdruck von Individualität und Personalität sind, als sie durch ihre Gemeinwohlorientierung gekennzeichnet sind (vgl. Wahl, a.a.O., Rn. 120).
bb) Eine solche Rechtsposition ist der Klägerin, der auf der Grundlage der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen (§ 3 Abs. 1 Abfallgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 1. Februar 2010, GVBl. LSA S. 44, zuletzt geändert durch § 1 des Gesetzes vom 10. Dezember 2015, GVBl. LSA S. 610, § 3 Satz 1 des Gesetzes über die kommunalen Anstalten des öffentlichen Rechts vom 3. April 2001, GVBl. LSA S. 136) die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Wege der Delegation übertragen sind, nicht eingeräumt. Der Wortlaut von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG schließt dies zwar nicht aus (1); eine Regelung, die der Klägerin erlaubt, sich gegen eine Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit gerichtlich zur Wehr zu setzen, kann der Norm jedoch nicht entnommen werden (2).
(1) Mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wird ein dessen Rechtskreis betreffendes Schutzgut vom Gesetz ausdrücklich benannt, dem bei der Entscheidung über die Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen Rechnung zu tragen ist. Als normativer Ansatzpunkt für eine subjektive Rechtsposition ist dies entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht deswegen untauglich, weil in § 17 Abs. 3 KrWG lediglich der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG aufgeführte Begriff des öffentlichen Interesses abschließend konkretisiert wird, was wiederum nur das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionierenden öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung, nicht aber ein Interesse am Schutz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers "um seiner selbst willen" erfasst. Denn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger verfolgt keine eigennützigen und insoweit privaten Interessen, die dem durch das öffentliche Interesse umschriebenen Gemeinwohl gegenüberzustellen sind. Vielmehr sind das öffentliche Interesse und das Interesse des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers an der Gewährleistung der Voraussetzungen einer effektiven Aufgabenerfüllung aufgrund der dann gegebenen Orientierung am aufgabenbezogenen Gemeinwohl gleichgerichtet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Funktionsfähigkeit auch betriebswirtschaftliche Aspekte umfasst.
(2) Die Subjektivierung einer Rechtsposition ist mit der Erwähnung eines die Klägerin betreffenden Schutzguts nicht verbunden. Den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist eine solche Ausgestaltung nicht zu entnehmen.
Bei der Ermittlung des zutreffenden Verständnisses von § 17 Abs. 3 KrWG ist unbeachtlich, dass die Klägerin als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger und die Abfallbehörde verschiedenen Rechtsträgern zugeordnet sind und es sich insoweit um einen Außenrechtsstreit handelt. Denn eine Vermutungsregel zugunsten eines Drittschutzes (vgl. hierzu Jestaedt, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 2012, § 14 Rn. 63) kann daraus bereits deswegen nicht folgen, weil diese verwaltungsorganisatorische Einbettung vom Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht vorgegeben wird. Vielmehr eröffnet das Gesetz in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG dem Landesgesetzgeber insoweit Regelungsspielräume. Von diesen kann er auch in einer Weise Gebrauch machen, die wegen der zulässigen Doppelzuständigkeit einer Behörde (siehe hierzu BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2017 - 7 C 36.15 - LKV 2018, 69 Rn. 16 ff.) auf einen Innenrechtsstreit führt, der gegebenenfalls eine gegenteilige Vermutung nach sich ziehen könnte. Diese unterschiedliche organisationsrechtliche Ausgestaltung ist für die gebotene einheitliche Auslegung der bundesrechtlichen Bestimmung ohne Belang.
Demgegenüber ist von entscheidender Bedeutung, dass § 17 Abs. 3 KrWG nicht die Abgrenzung von unmittelbar auf die Bewältigung einer Verwaltungsaufgabe bezogener Zuständigkeiten zweier Hoheitsträger bzw. Verwaltungseinheiten regelt, sondern die Trennlinie zwischen den Zugriffsmöglichkeiten des gewerblichen Sammlers und der verbleibenden (Auffang-)Zuständigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zieht. Nach Maßgabe dieser Bestimmung ist dem gewerblichen Sammler eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition zugewiesen, über deren Reichweite (zunächst) die Abfallbehörde entscheidet. Die reale Ausnutzung dieser materiellen Rechtsposition kann beeinträchtigt werden, wenn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger hiergegen ein Klagerecht eingeräumt und der gewerbliche Sammler einem gegebenenfalls mit zeitlichen Verzögerungen und sonstigen Unwägbarkeiten verbundenen Prozessrisiko ausgesetzt wird. Der hierin liegende Grundrechtseingriff fordert, sofern - wie hier - das konkurrierende Interesse des Dritten nicht seinerseits grundrechtlich geschützt und schon deswegen gemäß Art. 19 Abs. 4 GG prozessual bewehrt ist, wegen des Vorbehalts des Gesetzes eine hinreichend deutliche normative Entscheidung gerade für die Möglichkeit einer gerichtlichen Geltendmachung des Gegenrechts (vgl. Gärditz, a.a.O. § 42 Rn. 66 f.). Daran fehlt es.
Der Schutz der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist der für die Entscheidung nach § 18 Abs. 5 KrWG zuständigen Abfallbehörde aufgegeben. Der Bedeutung der damit bezweckten institutionellen Sicherung der dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugewiesenen Verwaltungsaufgabe wird durch das Recht zur Stellungnahme nach § 18 Abs. 4 Satz 1 KrWG Rechnung getragen, das zur Aufbereitung der Entscheidungsgrundlage beiträgt. Soweit der sachliche Gegenstand dieses Schutzauftrags in den Gesetzesmaterialien als Rechtsposition bezeichnet worden ist (BT-Drs. 17/6052 S. 88) - und dies durch den weiteren Verlauf der Beratungen (BT-Drs. 17/7505 S. 4, 48) nicht überholt sein sollte -, bezieht sich das nur auf das Verhältnis zur Abfallbehörde; zu prozessualen Folgen verhalten sie sich nicht.
Eine ausdrückliche Aussage, wonach der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben einklagen und folglich ein Vorgehen gegen den gewerblichen Sammler verlangen kann, enthält das Gesetz nicht. Dieser Befund wird nicht durch hinreichend deutliche, bei der Auslegung zu beachtende Anhaltspunkte ausgeglichen, die für die Gewährung eines solchen Klagerechts streiten könnten. Vielmehr belegt nicht zuletzt die Entstehungsgeschichte der Neuregelung des Abfallrechts, dass der Einfluss des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auf die Bewertung der und die Entscheidung über die Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen vor dem Hintergrund unionsrechtlicher Vorgaben zurückgedrängt werden sollte. Diese gebieten in einer solchen durch wettbewerbliche Elemente gekennzeichneten Situation die Neutralität der entscheidenden Behörde (BT-Drs. 17/6052 S. 88, 17/6645 S. 4 f.). Auf eine bundesrechtliche Normierung zur Sicherung einer neutralen Entscheidung wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zwar verzichtet, am Regelungsziel aber festgehalten und dessen Verwirklichung organisationsrechtlichen Vorkehrungen auf Landesebene überlassen (BT-Drs. 17/7505 S. 47; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2017 - 7 C 36.15 - LKV 2018, 69 Rn. 16 ff.). Der Wechsel hin zur Entscheidung durch die zur Neutralität verpflichtete Abfallbehörde bliebe unvollkommen, wenn sich der gewerbliche Sammler nicht nur mit der zur Entscheidung berufenen Abfallbehörde, sondern auch mit dem in der Sache betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gerichtlich auseinandersetzen müsste. Ein abweichender Regelungswille hätte einen nachvollziehbaren Niederschlag finden müssen. Eine nicht dokumentierte allgemeine Übereinstimmung der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten über die Klagebefugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, auf die der Vertreter des Bundesinteresses verweist, ist hierfür unzureichend. Im Übrigen kann entgegen dem Einwand der Klägerin auch keine Rede davon sein, dass der öffentlich-rechtlich Entsorgungsträger ohne ein Klagerecht "schutzlos gestellt" würde; dieser Einwand verkennt die Gesetzesbindung der Abfallbehörde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.