Entscheidungsdatum: 17.06.2011
I.
Der Kläger ist ein in Nordrhein-Westfalen anerkannter Umwelt- und Naturschutzverein. Er wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss vom 22. Februar 2008 für den Neubau einer 380-kV-Hochspannungsfreileitung vom geplanten Kraftwerk Datteln bis zum Punkt Mengeder Heide.
Nach Einleitung des Planfeststellungsverfahrens übersandte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2007 über das Landesbüro der Naturschutzverbände NRW die Antragsunterlagen und wies zugleich darauf hin, dass die Beteiligung der Naturschutzverbände nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) künftig nur noch durch ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung der Planunterlagen erfolgen werde. Einwendungen könnten bis spätestens 23. Mai 2007 erhoben werden, nach Ablauf dieser Frist seien Einwendungen gemäß § 43a Nr. 7 EnWG ausgeschlossen.
Die Planunterlagen lagen nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung in den Amtsblättern der Städte Datteln, Waltrop und Castrop-Rauxel, die einen Hinweis auf § 43a Nr. 7 EnWG enthielt, in der Zeit vom 26. März 2007 bis zum 25. April 2007 zur Einsichtnahme aus.
Am 23. Mai 2007 wurde einem Mitarbeiter der Beklagten von der E-Mail-Adresse "Dr. Thomas K." ... aus um 10.18 Uhr eine E-Mail mit folgendem Inhalt übersandt: "Anbei finden Sie die Stellungnahme der Naturschutzverbände, die Ihnen auch parallel per Fax zugeht". Die E-Mail war nicht mit einer eingescannten Unterschrift versehen. Der E-Mail war im Anhang eine PDF-Datei beigefügt, bei der es sich um ein nicht unterzeichnetes Schreiben vom 23. Mai 2007 mit dem Absendervermerk "Dr. Thomas K." zu dem Betreff "Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Naturschutzverbände zum Planfeststellungsverfahren Neubau einer 380-kV-Leitung vom Standort des geplanten Kraftwerks in Datteln bis zum Pkt. Mengeder Heide" handelte. Darin wurden u.a. eine fehlerhafte Variantenprüfung, Eingriffe in Waldbereiche, die Trassenführung, unzureichender Artenschutz und nicht kompensierte Eingriffe in die Landschaft gerügt.
Zudem wurde ausweislich eines Telefax-Sendeberichts am 23. Mai 2007 um 9.36 Uhr vom Faxgerät der "G. GmbH" aus, deren Geschäftsführer Dr. K. ist, versucht, das Einwendungsschreiben vom gleichen Tag an das Faxgerät des vormals zuständigen Dezernats 56 (Fax-Nr. 0251/411-81439) der Beklagten zu übersenden. Unter der Rubrik "ÜBERTR" ist in dem Sendebericht "KEINE VERBINDUNG" verzeichnet.
Die Beklagte stellte den Plan mit Beschluss vom 22. Februar 2008 fest und wies die Einwendungen des Klägers als unbegründet zurück.
Die gegen den Planfeststellungsbeschluss erhobene Klage hat das Oberverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger sei mit seinen Einwendungen im Klageverfahren nach § 43a Nr. 7 Satz 2 EnWG materiell präkludiert, weil er diese im Planfeststellungsverfahren nicht fristgerecht erhoben habe. Eine fristwahrende Übersendung der Stellungnahme vom 23. Mai 2007 sei weder durch E-Mail noch per Telefax erfolgt. Der Einwendungsausschluss sei auch bei Vereinsklagen nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) nach § 2 Abs. 3 UmwRG beachtlich. § 2 Abs. 3 UmwRG stehe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Einklang mit europäischem Unionsrecht, eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof scheide daher aus.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II.
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Revision ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
1. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob die so genannten "Präklusionsregelungen" des § 2 Abs. 3 UmwRG bzw. des § 43a Nr. 7 Satz 2 EnWG, wonach (hier) Umweltvereinigungen im Rechtsbehelfsverfahren gegen eine angefochtene Genehmigungsentscheidung zu einem i.S.v. §§ 3 bis 3e UVPG i.V.m. Anlage 1 zu § 3 UVPG umweltverträglichkeitsprüfungspflichtigen Vorhaben mit allen Einwendungen ausgeschlossen sind, die nicht bereits im Genehmigungsverfahren vorgebracht worden sind, mit europäischem Unionsrecht, namentlich Art. 10a der UVP-RL i.V.m. dem Effektivitätsprinzip in Einklang stehen,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits im Sinne des vom Oberverwaltungsgericht eingenommenen Rechtsstandpunktes geklärt. Der Senat hat sich mit - den Beteiligten bekanntem - Beschluss vom 14. September 2010 - BVerwG 7 B 15.10 - (NuR 2011, 53) der Rechtsauffassung des 4. Senats (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - Buchholz 406.254 URG Nr. 1 Rn. 2 bis 8) sowie des 9. Senats (Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 45 Rn. 107 f.) angeschlossen, wonach die Präklusionsregelungen im deutschen Recht (vgl. § 2 Abs. 3 UmwRG, § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002, § 10 Abs. 3 BImSchG) grundsätzlich in Einklang mit Art. 10a Abs. 1 UVP-RL sowie dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot stehen, weil durch die in Art. 10a Abs. 1 UVP-RL enthaltene Einschränkung "im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften" klargestellt sei, dass die Ausgestaltung des Verfahrens Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, und die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Rechtsbehelfen dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz grundsätzlich genüge, weil sie ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sei. Wegen der Einzelheiten kann insoweit auf die Ausführungen unter Rn. 7 bis 15 des Beschlusses vom 14. September 2010 verwiesen werden, in denen der Senat sich u.a. mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08, Djurgården - ZUR 2010, 28) auseinandergesetzt und eine Zulassung der Revision zwecks Vorlage der o.g. Rechtsfrage an den EuGH mangels vernünftiger Zweifel an der Unionsrechtskonformität der Präklusionsregelungen als nicht erforderlich erachtet hat. Diese Erwägungen können uneingeschränkt auf die hier streitgegenständliche Vorschrift des § 43a Nr. 7 EnWG übertragen werden.
Das Beschwerdevorbringen gibt dem Senat keine Veranlassung, die im Beschluss vom 14. September 2010 vertretene Rechtsauffassung zur Vereinbarkeit nationaler Präklusionsregelungen mit dem europäischen Unionsrecht einer Überprüfung in einem Revisionsverfahren zu unterziehen bzw. die Revision mit dem Ziel einer Vorlage an den EuGH zuzulassen.
Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache damit zu begründen versucht, dass er ohne Zulassung der Revision in seinem Prozessrecht auf Vorlage an den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt würde (S. 4 f. und 36 bis 41 der Beschwerdebegründung), kann dieses Vorbringen seiner Nichtzulassungsbeschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil es der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung verleiht.
Im Übrigen greift die Beschwerde die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, namentlich den Beschluss des Senats vom 14. September 2010, zur Unionsrechtkonformität der o.g. Präklusionsregelungen mit der Begründung als fehlerhaft und überprüfungsbedürftig an, dass der Senat die inhaltliche Tragweite der Entscheidungsgründe des Urteils des EuGH vom 15. Oktober 2009 in der Rechtssache C-263/08 (S. 9 bis 13 der Beschwerdebegründung) sowie der Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in dieser Rechtssache vom 2. Juli 2009 (S. 13 bis 21 der Beschwerdebegründung) verkannt, sich nicht ausreichend mit dem Unionsrecht, insbesondere dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz in der Rechtsprechung des EuGH und im Schrifttum befasst (S. 23 bis 36 der Beschwerdebegründung) und seine Vorlagepflicht deshalb zu Unrecht verneint habe.
Die Ausführungen der Beschwerde zum Urteil des EuGH vom 15. Oktober 2009 überzeugen nicht. Die Beschwerde entnimmt diesem Urteil (Rn. 38 f.) einen Rechtssatz des Inhalts, dass die gerichtliche Anfechtbarkeit einer Genehmigungsentscheidung unabhängig von der Beteiligung im Verwaltungsverfahren sein müsse ("...gleichviel, welche Rolle...") und dies im Umkehrschluss bedeute, dass der betroffenen Öffentlichkeit selbst dann ein Gerichtszugang zu gewähren sei, wenn sie sich im Verwaltungsverfahren überhaupt nicht beteiligt habe (S. 11 der Beschwerdebegründung). Damit gibt die Beschwerde den Inhalt der Rn. 39 bzw. des 2. Leitsatzes des Urteils vom 15. Oktober 2009 nicht nur verkürzt (und unzutreffend) wieder, sondern zieht daraus auch zu weitreichende Schlussfolgerungen. Tatsächlich lautet die Formulierung des EuGH, dass es der betroffenen Öffentlichkeit möglich sein müsse, eine Genehmigung anzufechten, "gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte". Mit Blick auf den dem EuGH-Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt und der vom EuGH unter Rn. 32 formulierten Fragestellung ist damit erkennbar nur gemeint, dass die Möglichkeit einer gerichtlichen Anfechtung von Genehmigungsentscheidungen durch die betroffene Öffentlichkeit nicht allein deshalb ausgeschlossen sein darf, weil sie sich schon im Genehmigungsverfahren beteiligen konnte bzw. beteiligt hat. Zu anders gelagerten Fallkonstellationen verhält sich das Urteil dagegen nicht.
Der Senat kann dem Urteil des EuGH vom 15. Oktober 2009 entgegen der Auffassung der Beschwerde auch keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass nationale Präklusionsvorschriften im Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/35/EG dem unionsrechtlichen Grundsatz des "effet utile" zuwiderlaufen (S. 12 der Beschwerdebegründung). Soweit die Beschwerde hierzu auf Rn. 45 des Urteils verweist, wonach die nationalen Vorschriften "einen weiten Zugang zu Gerichten" sicherstellen müssen, übersieht sie schon, dass diese Ausführungen die dritte Vorlagefrage nach der Zulässigkeit von Beschränkungen des Zugangs zu Gerichten für kleine, lokale Umweltschutzvereinigungen betreffen, und sich darauf beziehen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 10a Abs. 3 Satz 1 UVP-RL in Einklang mit dem Ziel der Richtlinie, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, bestimmen, was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt. Bei Präklusionsregelungen geht es dagegen - jedenfalls in erster Linie - nicht um die allgemeine Reichweite des gerichtlichen Rechtsschutzes, sondern um eine Mitwirkung der Naturschutzverbände im vorgelagerten Verwaltungsverfahren.
Ob, wie die Beschwerde meint, die Ausführungen der Generalanwältin in ihren Schlussanträgen vom 2. Juli 2009 (Rn. 32 f., 40 bis 44, 52) so zu verstehen sind, dass das Unionsrecht eine Beteiligung im Verwaltungsverfahren nicht als Voraussetzung für eine Rechtskontrolle durch die Gerichte ansieht (vgl. S. 14 f. der Beschwerdebegründung) oder diese Schlussfolgerung schon angesichts des zutreffenden Hinweises der Generalanwältin unter Rn. 45 der Schlussanträge auf den Wortlaut von Art. 10a Abs. 1 UVP-RTL, wonach der Zugang zu den Gerichten von den Mitgliedstaaten "im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften" sicherzustellen ist, zu kurz greift, kann dahinstehen. Die Erwägungen der Generalanwältin haben jedenfalls im Urteil des EuGH vom 15. Oktober 2009 keinen Niederschlag gefunden. Dies gilt auch für die Ausführungen der Generalanwältin unter Rn. 57, 64, 69 bis 74 der Schlussanträge, die sich im Übrigen - wie auch die Beschwerde nicht verkennt - nur zur Definition der "betroffenen Öffentlichkeit" verhalten.
Soweit die Beschwerde meint, die in Rn. 14 des Beschlusses vom 14. September 2010 zitierten Entscheidungen des EuGH vom 16. Mai 2000 in der Rechtssache C-78/98 und vom 9. Februar 1999 in der Rechtssache C-343/96 trügen die Auffassung des Senats zur unionsrechtlichen Zulässigkeit der Präklusionsregelungen nicht, missversteht sie den Kontext, in dem der Senat diese Entscheidungen zitiert hat. Richtig ist, dass diese Entscheidungen die Frage der Vereinbarkeit von Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Rechtsbehelfen mit dem Effektivitätsgrundsatz zum Gegenstand hatten. Ihnen kann aber jedenfalls entnommen werden, dass Ausschlussfristen dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz grundsätzlich genügen, weil sie u.a. der Rechtssicherheit dienen. Dies trifft auch auf Präklusionsregelungen zu, die ebenso wie etwa Klagefristen auf einen Ausschluss verfahrensrelevanten Vorbringens zielen und so zur Rechtssicherheit beitragen (vgl. Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - a.a.O. Rn. 6 m.w.N.).
Zweifel daran, dass Präklusionsregelungen unionsrechtlich grundsätzlich zulässig sind, folgen auch nicht aus dem von der Beschwerde erörterten Urteil des EuGH vom 14. Dezember 1995 in der Rechtssache C-312/93, Peterbroeck (Slg. 1995, I-4599). Abgesehen davon, dass es dort um den Ausschluss ergänzenden Vorbringens zur Rechtslage ging, kommt dieser Entscheidung nicht die grundsätzliche Bedeutung zu, die die Beschwerde ihr beimessen will. Der EuGH hat auch in der Peterbroeck-Entscheidung den Grundsatz betont, dass die Ausgestaltung der Rechtsschutzverfahren mangels unionsrechtlicher Regelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten sei. Überdies hat er darauf hingewiesen, dass bei der Prüfung, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen seien, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie z.B. der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (vgl. LS 1 und 2, Rn. 14). Hieran hat der EuGH in seinem Urteil vom 21. November 2002 in der Rechtssache C-473/00, Cofidis (Slg. 2002 I-10875) ausdrücklich festgehalten (Rn. 37). Zudem hat der EuGH in der Rechtssache Peterbroeck nicht die Ausschlussfrist als solche beanstandet, sondern die Besonderheiten des fraglichen Verfahrens hervorgehoben (a.a.O. Rn. 16).
Vor diesem Hintergrund begründen auch die weiteren Ausführungen der Beschwerde, namentlich der Hinweis auf die Dissertation von Oexle ("Das Rechtsinstitut der materiellen Präklusion in den Zulassungsverfahren des Umwelt- und Baurechts", 2001) und die Regelungsgegenstände des Århus-Übereinkommens sowie der Richtlinien 85/337/EWG und 2008/1/EG keine durchgreifenden Zweifel an der Unionskonformität der streitgegenständlichen Präklusionsvorschriften.
Die Präklusionsvorschriften sind Teil eines dem gerichtlichen Verfahren vorgelagerten Einwendungsverfahrens. Dieses vorgelagerte Einwendungsverfahren trägt dem Anliegen der Richtlinie 2003/35/EG, die Öffentlichkeit frühzeitig in den Entscheidungsprozess einzubeziehen (vgl. Erwägungsgründe Nr. 3 und 6 sowie Art. 2 Abs. 2 Buchst. b und c), in besonderem Maße Rechnung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 Rn. 88 bis 91) ermöglicht gerade die vorgezogene Rechtsschutzgewährung in den Einwendungsverfahren - neben der insbesondere in Massenverfahren unerlässlichen Verfahrenskonzentration und -zügigkeit - eine umfassende Ermittlung und Erörterung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte und damit einen frühzeitigen Interessenausgleich, der durch die Amtsermittlungspflicht nicht gleich wirksam gewährleistet werden kann. Dem Einwender wird zwar eine Mitwirkungslast auferlegt, weil er seine Einwendungen form- und fristgerecht vorbringen muss. Diese Verfahrensausgestaltung dient aber einer Verstärkung des Rechtsschutzes, weil das Einwendungsverfahren es ermöglicht, Rechtsschutz schon vor Eintritt vollendeter Tatsachen wirksam werden zu lassen. Überdies verschafft der Ausschluss nicht fristgemäß erhobener Einwendungen den Beteiligten Rechtssicherheit und sichert die Funktionsfähigkeit von Verwaltungsbehörden und Gerichten. Der Einwendungsausschluss fungiert damit als notwendiges Korrelat zur Öffentlichkeitsbeteiligung (von Danwitz, UPR 1996, 323, <324>).
Dem kann entgegen der Auffassung von Oexle (a.a.O. S. 64 bis 66) nicht entgegengehalten werden, die materielle Präklusion im Einwendungsverfahren verstoße gegen Unionsrecht, weil es sich dabei nicht um ein auch von den meisten anderen Mitgliedstaaten bzw. der Europäischen Union anerkanntes Rechtsinstitut handele. Die durch die - später erlassene - Richtlinie 2003/35/EG in Art. 10a UVP-RL und Art. 15a IVU-RL eingefügten Regelungen zum Zugang zu Gerichten verweisen in Absatz 1 jeweils allgemein auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und lassen zudem das Erfordernis einer Ausschöpfung der verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht (Art. 10a Abs. 4 UVP-RL, Art. 15a Abs. 4 IVU-RL). Damit ist den Mitgliedstaaten ungeachtet dessen, ob das Einwendungsverfahren unter Absatz 1 oder Absatz 4 zu fassen wäre, ein Ausgestaltungsfreiraum eröffnet, den der deutsche Gesetzgeber nicht überschritten hat (vgl. Halama, in: Berkemann/Halama, Handbuch zum Recht der Bau- und Umweltrichtlinien der EG, 1. Aufl. 2008, S. 766 f. Rn. 327).
2. Auch die weiter als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Fragen,
ob eine rechtsverbindliche Erklärung (hier: Einwendung gegenüber einer projektierten Planfeststellung) in dem Sinne "schriftlich" zum Ablauf der Einwendungsfrist vorliegen muss, dass ein mit einer Unterschrift versehenes Exemplar des Einwendungstextes bei der zur Entgegennahme der Einwendung zuständigen Stelle zumindest als Faxkopie eingegangen sein muss oder ob es insofern ausreichend ist, wenn der Inhalt der Einwendungen bei der zur Entgegennahme der Einwendung zuständigen Stelle per E-Mail eingegangen ist, auch wenn diese E-Mail nicht mit einer elektronischen Signatur i.S.v. § 3a VwVfG versehen war, sofern kein Zweifel an der Identität und dem Übertragungswillen der die Einwendungen übermittelnden Person bestehen,
bzw.
ob eine E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur unter keinen Umständen ein "elektronisches Dokument" i.S.v. § 3a Abs. 1, 2 VwVfG darstellt, mit welchem ein Schriftformerfordernis nach § 43a Nr. 3 Satz 1 EnWG i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfüllt werden kann, selbst wenn aufgrund von sonstigen Umständen des Einzelfalls die Authentizität der Erklärung insbesondere im Hinblick auf deren Verfasser zweifelsfrei festgestellt werden kann,
die sich der Sache nach nicht unterscheiden, rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Der Senat hat bereits mit dem o.g. Beschluss vom 14. September 2010 - BVerwG 7 B 15.10 - (a.a.O.) zu § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG NRW, der mit der entsprechenden Regelung im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt, entschieden, dass nur eine mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehene E-Mail geeignet ist, die gesetzliche Frist für die Erhebung von Einwendungen zu wahren (a.a.O. Rn. 23 bis 25).
Die Beschwerde trägt auch dazu nichts vor, was den Senat veranlassen könnte, seine Rechtsauffassung in einem Revisionsverfahren zu überprüfen. Nach Auffassung des Klägers verstößt die Rechtsprechung des Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG, weil der Senat den Fall der Übersendung einer Einwendung per E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur nicht genauso behandelt habe wie die Übersendung einer Einwendung auf Papier ohne eigenhändige Unterschrift, für die in der Rechtsprechung Ausnahmen vom Unterschriftserfordernis anerkannt würden, sofern sich aus anderen Umständen eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Rechtsverkehrswillen ergebe.
Dem ist nicht zu folgen. Die Annahme der Beschwerde, das Fehlen einer qualifizierten elektronischen Signatur bei der Übersendung einer E-Mail sei genauso zu behandeln wie das Fehlen einer eigenhändigen Unterschrift unter einem Schriftstück, ist unzutreffend. Zwar stellt die elektronische Signierung das Substitut für die eigenhändige Unterschrift dar (BTDrucks 14/4987 S. 12). Die Beschwerde übersieht aber, dass elektronische Daten auf ihrem Weg durch offene Netze für den Empfänger unerkennbar verändert werden können und es daher eines sicheren Rahmens zur elektronischen Authentifizierung des Kommunikationspartners und Überprüfung der Integrität der übermittelten Daten bedarf (BTDrucks 14/9000 S. 26, unter II. Ziff. 3). Vor diesem Hintergrund hat sich der Gesetzgeber in § 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG für die qualifizierte elektronische Signatur und damit für eine besonders hohe Sicherheitsstufe elektronischer Signaturen entschieden. Es geht nicht an, diese gesetzlichen Sicherheitsanforderungen dadurch zu unterlaufen, dass Ausnahmen von den sich aus § 3a VwVfG ergebenden Formerfordernissen zugelassen werden, die im Ergebnis niedrigeren Sicherheitsstufen entsprechen (so zu § 130a ZPO BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - VII ZB 112/08 - BGHZ 184, 75
3. Schließlich rechtfertigt auch die weiter als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,
ob einen Bevollmächtigten, der die Aufgabe übernommen hat, bei einer Behörde für einen Dritten fristwahrend eine rechtserhebliche Erklärung einzureichen, im Rahmen der Delegation der Tätigkeit der rechtzeitigen Absendung der Erklärung auf eine Hilfsperson eine derart erhöhte Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Gewährleistung des rechtzeitigen Versandes der Erklärung trifft, welcher nicht dadurch genügt wird, die betreffende, in der Vergangenheit zuverlässige und im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Bevollmächtigten mit den Übermittlungsmodalitäten vertrauten Hilfsperson auf die Wichtigkeit der Erledigung der Übermittlung der Erklärung per Telefax noch am selben Tag hinzuweisen, sondern welche es dem Bevollmächtigten abverlangt, sich nicht auf die ordnungsgemäße Durchführung der Übermittlungstätigkeit durch die Hilfsperson verlassen zu dürfen und sich stattdessen selbst von der erfolgreichen Übermittlung der Erklärung überzeugen zu müssen,
die Zulassung der Revision nicht. Das Beschwerdevorbringen wird insoweit den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht gerecht. Die Beschwerde formuliert schon keine abstrakte Rechtsfrage, die sich in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten ließe und deren Bedeutung über den vorliegenden Fall hinausreicht, sondern kleidet lediglich einen konkreten - vom Oberverwaltungsgericht im Übrigen so nicht festgestellten - Sachverhalt in das Gewand einer Grundsatzfrage. Im Übrigen erschöpft sich das Beschwerdevorbringen darin, die vom Oberverwaltungsgericht im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal "ohne Verschulden" in § 32 Abs. 1 VwVfG vorgenommene Würdigung der Einzelfallumstände als fehlerhaft anzugreifen. Das reicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus.
Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2010 beantragte Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO kommt nicht in Betracht. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die vom Kläger gegen den Beschluss des Senats vom 14. September 2010 in der Sache BVerwG 7 B 15.10 eingelegte Verfassungsbeschwerde (1 BvR 2782/10) ist für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht vorgreiflich im Sinne des § 94 VwGO. Von einer analogen Anwendung der Vorschrift (vgl. hierzu BAG, Beschluss vom 5. Mai 2010 - 6 AZR 481/09 - NJW 2011, 1836; BGH, Beschluss vom 25. März 1998 - VIII ZR 337/97 - NJW 1998, 1957) macht der Senat im Rahmen seines Ermessens keinen Gebrauch.