Entscheidungsdatum: 02.06.2010
1. Die Dienststelle macht im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG einen Ersatzanspruch gegen die Dienstkraft geltend, wenn sie ihr mitteilt, dass sie einen bestimmten Ersatzanspruch gegen sie für gegeben hält.
2. Die Dienstkraft muss Gelegenheit erhalten, der Mitbestimmung gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG zu widersprechen, bevor der Personalrat mit der Angelegenheit befasst wird.
3. Das Schreiben der Dienststelle, mit welchem die Dienstkraft über die beabsichtigte Geltendmachung des Ersatzanspruchs informiert wird, muss zugleich den Hinweis erhalten, dass der Personalrat eingeschaltet wird, sofern die Dienstkraft dem nicht innerhalb einer kurz bemessenen Frist widerspricht.
I.
Der Beteiligte wandte sich an vier beim Bezirksamt beschäftigte Arbeitnehmerinnen mit folgenden im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben vom 30. Juni 2004:
"Sehr geehrte Frau ...,
nach Mitteilung Ihrer Beschäftigungsabteilung sind Sie an der Verursachung eines Schadens in der Fachstelle für Wohnraumsicherung und Wohnungslose in Höhe von ... € beteiligt, da Sie Auszahlungsbelege unter anderem blanko unterzeichneten.
Die abschließende Aufklärung des Sachverhaltes wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Ich mache daher zur Wahrung der Ausschlussfrist gemäß § 70 BAT-O vorsorglich meine Ansprüche auf Erstattung des entstandenen Schadens geltend.
Nach abschließender Aufklärung werden Sie entsprechend informiert."
Vier weitere Schreiben des Beteiligten vom 25. April 2005 an die betroffenen Arbeitnehmerinnen hatten folgenden Wortlaut:
"Sehr geehrte Frau ...,
mit Schreiben vom 30.06.2004 machte ich vorsorglich Ansprüche auf Erstattung des durch Ihr Mithandeln verursachten Schadens in Höhe von ... € geltend.
Im Rahmen des damit im Zusammenhang stehenden Betruges durch Ihre damalige Fachbereichsleiterin Frau S. erklärte diese, alle Zahlungen in Empfang genommen zu haben.
Frau S. ist aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage die Gesamtforderung zu begleichen. Sie haften somit gesamtschuldnerisch für den von Ihnen mitverursachten Schaden, da Sie mit Ihrer Zweitunterschrift ohne Vorliegen zahlungsbegründender Unterlagen den Betrug in 41 Fällen ermöglichten.
Da im Rahmen der Haftungsprüfung alle be- und entlastenden Umstände zu berücksichtigen sind, steht die endgültige Entscheidung zur Inanspruchnahme zum Schadensersatz noch aus.
Sie werden zu gegebener Zeit entsprechend informiert.
Ich erhalte daher meinen Anspruch auf Erstattung des entstandenen Schadens aufrecht.
Aufgrund einer teilweisen Erstattung durch Frau S. reduziert sich die Schadenshöhe auf derzeit ... €.
Für den Fall der Inanspruchnahme zum Schadensersatz ist der Personalrat gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 4 des Personalvertretungsgesetzes Berlin zu beteiligen, sofern die Dienstkraft dem nicht widerspricht. Sofern Sie sich innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens nicht anderweitig äußern, gehe ich davon aus, dass Sie die Beteiligung des Personalrates wünschen."
Mit Schreiben vom 16. Mai 2006 bat der Beteiligte den Antragsteller, der beabsichtigten Inanspruchnahme der vier Arbeitnehmerinnen in jeweils bestimmter Höhe zuzustimmen. In seiner Sitzung vom 24. Mai 2006 verweigerte der Antragsteller die Zustimmung. Die im Folgenden angerufene Einigungsstelle setzte das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens aus.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Beteiligte durch die Schreiben vom 30. Juni 2004 und vom 25. April 2005 an die näher bezeichneten vier Dienstkräfte das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG verletzt hat. Auf die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluss geändert und den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Maßnahmen, die lediglich der Wahrung tarifvertraglicher Ausschlussfristen dienen sollten, erfüllten den Mitbestimmungstatbestand noch nicht. Nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG könne der Beschäftigte der Mitbestimmung des Personalrats widersprechen. Dieses Widerspruchsrecht des Betroffenen diene dem Schutz seines Persönlichkeitsrechts. Ihm solle die Möglichkeit eröffnet werden, die Frage des Ersatzanspruchs mit der Dienststelle unabhängig von Dritten zu regeln. Der Dienststellenleiter habe zur Wahrung des Widerspruchsrechts dem Betroffenen rechtzeitig die Geltendmachung des Ersatzanspruchs anzukündigen und auf die Möglichkeit eines Widerspruchsrechts gegen die Beteiligung des Personalrats hinzuweisen. Damit der Betroffene in die Lage versetzt werde, sein Entscheidungsrecht sachgerecht auszuüben, habe der Dienststellenleiter dem Betroffenen den anspruchsbegründenden Sachverhalt sowie die ungefähre Höhe des Ersatzanspruchs mitzuteilen. Ohne diese Angaben könne der Widerspruchsberechtigte keine sachgerechte Entscheidung darüber treffen, ob er den Personalrat beteiligt zu wissen wünsche. Ein ordnungsgemäßes Informationsschreiben setze all diejenigen Angaben an den Beschäftigten voraus, die ein die Ausschlussfrist nach § 70 Satz 1 BAT-O wahrendes Schreiben ebenfalls enthalten müsste. Der sich daraus ergebende Wertungswiderspruch bei der Anwendung des Mitbestimmungstatbestandes könne nicht ohne Verstoß gegen § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG in der Weise aufgelöst werden, dass der Personalrat bei dem Fristwahrungsschreiben nach § 70 Satz 1 BAT-O ohne vorherige Unterrichtung des Betroffenen mitbestimme. Eine solche Handhabung ließe dessen Widerspruchsrecht leerlaufen und komme angesichts des dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vom Gesetzgeber zugemessenen hohen Gewichts nicht in Betracht. Der Dienststellenleiter könne der Zwangslage nur entkommen, wenn das Schreiben zur Wahrung der Ausschlussfrist noch mitbestimmungsfrei sei, die vorsorgliche Anmeldung der Ansprüche also nicht unter den Begriff der Geltendmachung in § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG falle.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Der Beteiligte hätte die betroffenen Arbeitnehmerinnen anschreiben können, ohne den Ersatzanspruch im Sinne von § 70 BAT-O geltend zu machen; zugleich hätte er auf die Beteiligung des Personalrats und das dahingehende Widerspruchsrecht hinweisen können. Die Kopie solcher Schreiben hätte er nach Ablauf der Überlegungsfrist der Beschäftigten dem Personalrat zukommen lassen und um Zustimmung zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber den Betroffenen bitten können. Diese sachgerechte Verfahrensweise zeige, dass der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Wertungswiderspruch in Wirklichkeit nicht bestehe.
Der Antragsteller beantragt;
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerde des Beteiligten gegen den erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung von Rechtsnormen (§ 91 Abs. 2 BlnPersVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994, GVBl S. 337, zuletzt geändert durch Art. III des Gesetzes vom 25. Januar 2010, GVBl S. 22, i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Er ist daher aufzuheben; da der Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist die Beschwerde des Beteiligten gegen den erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen. Der Beteiligte hat mit der Versendung seiner Schreiben vom 30. Juni 2004 und 25. April 2005 an die betroffenen vier Arbeitnehmerinnen das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt, das diesem bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Dienstkräfte zusteht.
Rechtsgrundlage für das streitige Begehren ist § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG. Danach stimmt der Personalrat mit bei Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen eine Dienstkraft, soweit diese der Mitbestimmung nicht widerspricht.
1. Die Dienststelle macht im Sinne des vorbezeichneten Mitbestimmungstatbestandes einen Ersatzanspruch gegen die Dienstkraft geltend, wenn sie ihr kundtun will, dass sie einen Ersatzanspruch gegen sie für gegeben hält. Auf eine Zahlungsaufforderung kommt es ebenso wenig an wie etwa auf eine ausdrückliche Erklärung der Absicht, den Anspruch, wenn erforderlich, durch Bescheid oder Klage durchzusetzen (vgl. Beschluss vom 24. April 2002 - BVerwG 6 P 4.01 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 9 S. 20).
a) Nach dem Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes ist der Personalrat zu beteiligen, sobald die Dienststelle beabsichtigt, der Dienstkraft mitzuteilen, dass nach ihrer Einschätzung auf der Grundlage der vorliegenden Ermittlungen ein Ersatzanspruch besteht. Die frühzeitige Beteiligung versetzt den Personalrat in die Lage, den Ersatzanspruch in angemessener Weise rechtlich zu überprüfen, anspruchserhebliche Umstände vorzubringen und auf die Gleichbehandlung der Dienstkräfte hinzuwirken. Sie dient damit zugleich dem Wohl der Dienstkräfte und der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben (§ 2 Abs. 1 BlnPersVG), weil sie eine unnötige Beunruhigung der Betroffenen vermeiden und einer Verhärtung der Auseinandersetzung vorbeugen kann (vgl. Beschlüsse vom 19. Dezember 1990 - BVerwG 6 P 24.88 - Buchholz 251.2 § 86 BlnPersVG Nr. 1 S. 3 f., vom 24. April 2002 a.a.O. S. 21 f. und vom 27. Januar 2006 - BVerwG 6 P 5.05 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 12 Rn. 13).
b) Das Gesetz grenzt den Mitbestimmungstatbestand über den Begriff der "beabsichtigten Maßnahme" gegenüber Vorbereitungshandlungen ab (§ 79 Abs. 2 Satz 1 BlnPersVG). Solange die Dienststelle noch mit der Sachaufklärung und sonstigen Ermittlungen befasst ist, liegen lediglich Vorbereitungshandlungen vor. Mitbestimmungspflichtig wird der Vorgang mit der Absicht, an die Dienstkraft heranzutreten, um den dem Grunde nach und jedenfalls größenordnungsmäßig fixierten Anspruch "geltend zu machen" (vgl. Beschluss vom 24. April 2002 a.a.O. S. 22).
2. Allerdings kann nach der ausdrücklichen Regelung in § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG die Dienstkraft der Mitbestimmung des Personalrats widersprechen. Das Widerspruchsrecht dient dem Schutz der Persönlichkeitssphäre der Dienstkraft, die gegebenenfalls ein Interesse daran haben kann, die Angelegenheit unter Ausschluss der Beteiligung Dritter zu erledigen (so zum Antragserfordernis nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9, Satz 2 BPersVG: Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Band V, K § 76 Rn. 54; Rehak, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 76 Rn. 109b; Kersten, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 76 Rn. 205).
a) Das Widerspruchsrecht trägt dem Umstand Rechnung, dass die Interessenlage der Dienstkräfte im Hinblick auf die Mitbestimmung des Personalrats bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen nicht stets eindeutig ist. Einerseits bietet die Beteiligung des Personalrats Schutz davor, mit Forderungen überzogen zu werden, die nach Grund oder Höhe unberechtigt sind oder deren Durchsetzung dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderläuft. Andererseits bringt sie es zwingend mit sich, dass der Personalrat von Vorgängen erfährt, deren Bekanntgabe wegen des damit einhergehenden Vorwurfs schuldhafter Pflichtverletzung der Dienstkraft unangenehm sein muss. Insbesondere bei Ansprüchen der unteren Größenkategorie wird es nicht selten dem Interesse der Dienstkraft entsprechen, die Angelegenheit diskret im Einvernehmen mit der Dienststellenleitung zu bereinigen.
b) Dieser Zielvorstellung des Gesetzes ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die Dienstkraft Gelegenheit erhält, von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen, bevor der Personalrat mit der Angelegenheit befasst wird. Dies setzt wiederum voraus, dass sie vom Beteiligungsrecht des Personalrats und ihrem dahingehenden Widerspruchsrecht durch die Dienststelle unterrichtet wird (vgl. Germelmann/Binkert, Personalvertretungsgesetz Berlin, 2. Aufl. 2002, § 86 Rn. 25; zur antragsabhängigen Mitbestimmung nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9, Satz 2 BPersVG: Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 76 Rn. 54; Rehak, a.a.O. § 76 Rn. 109b; Kersten, a.a.O. § 76 Rn. 205; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 76 Rn. 135; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 76 Rn. 55). Diese Unterrichtung kann nicht losgelöst sein von dem beteiligungserheblichen Sachverhalt und damit der Absicht der Dienststelle, den Ersatzanspruch im oben beschriebenen Sinne geltend zu machen. Die Vorverlagerung der Informationspflicht in das Ermittlungsstadium zu einem Zeitpunkt, in welchem die Inanspruchnahme der Dienstkraft noch eine offene Frage ist, wäre dagegen kontraproduktiv. Sie würde die Dienstkraft unnötig beunruhigen, ohne dass diese in der Lage wäre, über die Beteiligung des Personalrats eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. Letzteres ist vielmehr nur dann der Fall, wenn die Dienststelle die Dienstkraft davon in Kenntnis setzt, dass nach ihrer Rechtsüberzeugung ein - nach Grund und Größenordnung konkretisierter - Ersatzanspruch besteht. Auf dieser Grundlage kann die Dienstkraft abschätzen, ob sie zu ihrem Schutz die Einbeziehung des Personalrats oder die diskrete Bereinigung der Angelegenheit ohne dessen Einschaltung bevorzugen soll. Die korrekte Unterrichtung über das Beteiligungsrecht und das dahingehende Widerspruchsrecht erfüllt somit zugleich den Mitbestimmungstatbestand "Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gegen die Dienstkraft" im oben beschriebenen Sinne. Diese Zusammenhänge hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt.
c) Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass das Merkmal "Geltendmachung eines Ersatzanspruchs" nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG mit Blick auf das Widerspruchsrecht der Dienstkraft ein restriktives Verständnis in der Weise gebietet, dass etwa erst die beabsichtigte Zahlungsaufforderung die Mitbestimmung des Personalrats auslöst. Eine derartige Sichtweise verfehlt das beschriebene Bedürfnis nach frühzeitiger Einschaltung der Personalvertretung. Es besteht die Gefahr, dass der Personalrat erst zu einem Zeitpunkt tätig werden kann, in welchem sich die Dienststelle bereits auf die Inanspruchnahme der Dienstkraft nach Grund und Höhe festgelegt hat. Dem Anliegen der Mitbestimmung, dem Personalrat eine effektive Einflussnahme zu ermöglichen, die nicht auf eine lediglich formale Beteiligung reduziert ist, wird damit nicht Rechnung getragen (vgl. Beschluss vom 24. April 2002 a.a.O. S. 22).
d) Freilich ist nach der Konzeption in § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG die korrekte Unterrichtung der Dienstkraft und die Befassung des Personalrats mit der Sache nicht zeitgleich möglich. Soll das Widerspruchsrecht der Dienstkraft nicht leerlaufen, so muss die Information darüber der - etwaigen - Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens vorausgehen. Das Schreiben der Dienststelle, mit welchem die Dienstkraft über die beabsichtigte Geltendmachung des Ersatzanspruchs informiert wird, muss zugleich den Hinweis erhalten, dass der Personalrat eingeschaltet wird, sofern die Dienstkraft dem nicht innerhalb einer kurz bemessenen Frist widerspricht, die zwei Wochen keinesfalls überschreiten darf. Auf diese Weise wird zwar die Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens kurzfristig hinausgeschoben. Dies ist jedoch zwangsläufige Folge der gesetzlichen Mitbestimmungskonzeption, nach welcher die Unterrichtung der Dienstkraft aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes der Beteiligung des Personalrats vorausgehen muss. Die Effektivität der Mitbestimmung leidet nicht, wenn der Personalrat nach Ablauf der "Widerspruchsfrist" seine Arbeit aufnimmt.
e) Mit der beschriebenen Lösung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. November 1991 - 8 AZR 151/91 - (AP Nr. 1 zu § 86 LPVG Berlin), mit welchem die Schadensersatzklage gegen eine Dienstkraft mangels durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens "als zurzeit unzulässig" abgewiesen wurde. Daraus geht zwar hervor, dass das Bundesarbeitsgericht die Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens für möglich gehalten hat. Verbindliche Aussagen dazu, bei welchen Sachverhalten und in welcher Weise die Mitbestimmung nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG einsetzt, enthält die Entscheidung jedoch nicht.
3. Nach dem Maßstab der vorstehenden Grundsätze hat der Beteiligte mit der Versendung seiner Schreiben vom 30. Juni 2004 und 25. April 2005 an die vier betroffenen Arbeitnehmerinnen das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG verletzt.
Bereits mit dem Schreiben vom 30. Juni 2004 hat der Beteiligte gegenüber den vier Arbeitnehmerinnen Ersatzansprüche im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes geltend gemacht. In diesem Schreiben sind der Kern des anspruchsbegründenden Sachverhalts - Blankounterzeichnung von Auszahlungsbelegen in der Fachstelle für Wohnraumsicherung für Wohnungslose - und die in Betracht kommende Anspruchshöhe bezeichnet. Der Umstand, dass der Anspruch vorsorglich zur Fristwahrung nach § 70 BAT-O geltend gemacht wurde, ist ebenso unmaßgeblich wie der Hinweis auf die Vorläufigkeit des Ermittlungsergebnisses (vgl. Beschluss vom 24. April 2002 a.a.O. S. 23).
Dass der Beteiligte sich mit seinem Schreiben vom 30. Juni 2004 zunächst an die betroffenen Arbeitnehmerinnen gewandt hat, ist für sich gesehen unschädlich. Er hätte in dieses Schreiben jedoch den Hinweis aufnehmen müssen, dass er den Antragsteller beteiligen werde, falls die Arbeitnehmerinnen nicht innerhalb einer kurz bemessenen Frist widersprächen. Nach Ablauf dieser Frist und fehlendem Widerspruch hätte er das Mitbestimmungsverfahren einleiten müssen. Stattdessen hat er die Arbeitnehmerinnen erst mit seinen Schreiben vom 25. April 2005 - zehn Monate nach Geltendmachung der Ersatzansprüche im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes - auf das Beteiligungsrecht des Personalrats und ihr dahingehendes Widerspruchsrecht hingewiesen. Förmlich beteiligt hat er den Antragsteller erst über ein weiteres Jahr später, nämlich mit Schreiben vom 16. Mai 2006. Seiner Verpflichtung zur frühzeitigen Beteiligung des Personalrats, die durch das in § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG normierte Widerspruchsrecht der Dienstkraft im Kern unberührt bleibt, ist der Beteiligte auf diese Weise nicht gerecht geworden.
4. Die Mitbestimmung des Antragstellers nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG wird durch das demokratische Prinzip (Art. 20 Abs. 1 und 2, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) zwar eingeschränkt, aber nicht ausgeschlossen.
Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen eine Dienstkraft gehört zu denjenigen innerdienstlichen Maßnahmen, die schwerpunktmäßig die Erledigung von Amtsaufgaben betreffen ("Gruppe c"). Hier darf die am Ende des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens stehende Entscheidung der Einigungsstelle nur den Charakter einer Empfehlung an die zuständige Dienstbehörde haben (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <72 f.>; BVerwG, Beschlüsse vom 24. April 2002 a.a.O. S. 23 und vom 18. Mai 2004 - BVerwG 6 P 13.03 - BVerwGE 121, 38 <50> = Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 17 S. 6).
Dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe entsprach die Regelung des Berliner Personalvertretungsgesetzes, die im hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt - April 2005 - noch in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes vom 19. November 2004, GVBl S. 462 (BlnPersVG 2004), anzuwenden waren, ihrem Wortlaut nach nicht. Das in § 81 Abs. 2 Satz 1 BlnPersVG 2004 vorgesehene Verfahren der eingeschränkten Mitbestimmung, wonach die oberste Dienstbehörde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses der Einigungsstelle die Entscheidung des Senats von Berlin beantragen konnte, bezog sich nicht auf die Mitbestimmung nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG 2004. Die analoge Anwendung der Regelung in § 81 Abs. 2 Satz 1 BlnPersVG 2004 auf die Mitbestimmung bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Dienstkräfte war jedoch im entscheidungserheblichen Zeitpunkt möglich und führt im vorliegenden Fall zu einem verfassungskonformen Ergebnis.
a) Soweit § 81 Abs. 2 Satz 1 BlnPersVG 2004 die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Dienstkräfte vom Verfahren der eingeschränkten Mitbestimmung ausnahm, handelte es sich um eine planwidrige Lücke, die durch die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 entstanden war. Ihrem Wortlaut nach bezog sich die Vorschrift auf die in § 85 Abs. 2 Nr. 3 bis 7, § 86 Abs. 3 und § 88 BlnPersVG 2004 genannten Angelegenheiten der Beamten sowie auf besonders wichtige allgemeine Angelegenheiten nach § 85 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 8 bis 10 BlnPersVG 2004 (Fortbildungsfragen, Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung sowie Angelegenheiten im Bereich der Informations- und Kommunikationstechniken). Mit dieser Regelung wollte der Berliner Landesgesetzgeber, soweit er nicht ohnehin der schwächeren Beteiligungsform der Mitwirkung den Vorzug gegeben hat (§§ 84, 90 BlnPersVG 2004), offensichtlich dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 1959 - 2 BvF 2/58 - (BVerfGE 9, 268 <281 ff.>) und der darauf zurückgehenden rahmenrechtlichen Vorschrift des § 104 Satz 3 BPersVG Rechnung tragen, wonach Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwohl wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, den der Volksvertretung verantwortlichen Stellen nicht entzogen werden dürfen. Die Materialien zum Berliner Personalvertretungsgesetz vom 22. Juli 1968, GVBl S. 1004, sowie zum Berliner Personalvertretungsgesetz vom 26. Juli 1974, GVBl S. 1669, das die Grundlage für die hier anzuwendende Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 bildet, bestätigen die Richtigkeit dieser Einschätzung (Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 5/388 S. 13 zu § 63; 6/1354 S. 19 zu § 81). Ebenso offensichtlich war der Berliner Landesgesetzgeber seinerzeit der Überzeugung, dass ein uneingeschränktes, mit dem Letztentscheidungsrecht einer weisungsunabhängigen Einigungsstelle verbundenes Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Dienstkräfte verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Insofern befand er sich bis zum Ergehen der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats (Beschluss vom 19. Dezember 1990 a.a.O. S. 4 ff.) und des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 14. November 1991 a.a.O. Bl. 324); in beiden vorbezeichneten Entscheidungen wurde das Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle für unbedenklich gehalten, weil die Entscheidung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen unter Zugrundelegung strikter Rechtsvorschriften zu treffen sei und daher der vollen richterlichen Nachprüfung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren unterliege. Die durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 entstandene Gesetzeslücke bestand jedenfalls bis Mai 2005 mangels bis dahin verlautbarter entgegenstehender Aussagen des Berliner Landesgesetzgebers fort (vgl. Beschlüsse vom 24. April 2002 a.a.O. S. 23 f., vom 18. Juni 2002 - BVerwG 6 P 12.01 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 28 S. 31 f. und vom 18. Mai 2004 a.a.O. S. 53 ff. bzw. S. 8 ff.).
b) Hätte der Berliner Landesgesetzgeber die Gesetzeslücke erkannt, die durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 entstanden war, so hätte er das in § 81 Abs. 2 Satz 1 BlnPersVG 2004 normierte Modell der eingeschränkten Mitbestimmung auf den Tatbestand in § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG 2004 erstreckt. Dies lässt sich bereits aus seinem Willen, bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber Dienstkräften ein uneingeschränktes Mitbestimmungsrecht vorzusehen, ohne Weiteres herleiten (vgl. Beschlüsse vom 24. April 2002 a.a.O. S. 24, vom 18. Juni 2002 a.a.O. S. 32 und vom 18. Mai 2004 a.a.O. S. 55 f. bzw. S. 10 f.).
c) Durchgreifende Bedenken dagegen, dass das Modell der eingeschränkten Mitbestimmung in § 81 Abs. 2 Satz 1 BlnPersVG 2004 als solches den Anforderungen des demokratischen Prinzips entsprach, bestehen nicht. Die Vorschrift war - auch mit Blick auf die Regelung in § 83 Abs. 3 Satz 3 BlnPersVG 2004 - dahin zu verstehen, dass der Beschluss der Einigungsstelle in den genannten Angelegenheiten lediglich den Charakter einer Empfehlung hatte, wenn die oberste Dienstbehörde nicht einverstanden war und deswegen fristgerecht den Senat von Berlin anrief. Ungeachtet dessen, dass § 81 Abs. 2 Satz 1 BlnPersVG 2004 den Begriff "Empfehlung" nicht verwandte, war die Regelung der Sache nach mit derjenigen in § 81 Abs. 6 HmbPersVG a.F. vergleichbar. Gegen das dort normierte Modell der eingeschränkten Mitbestimmung hatte der Senat keine verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben (vgl. Beschluss vom 24. April 2002 a.a.O. S. 23). Im Übrigen ist der Senat in seiner Rechtsprechung bereits - unausgesprochen - von der verfassungsmäßigen Unbedenklichkeit des Modells eingeschränkter Mitbestimmung nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz ausgegangen (zu Personalangelegenheiten von Beamten nach § 88 BlnPersVG: Beschluss vom 28. Oktober 2002 - BVerwG 6 P 13.01 - PersR 2003, 117).
d) Der Berliner Landesgesetzgeber hat im Siebten Gesetz zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes vom 17. Juli 2008, GVBl S. 206, mit welchem er die Anpassung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vornehmen wollte, in Abweichung vom Gesetzentwurf des Senats von Berlin davon abgesehen, die Mitbestimmung bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Dienstkräfte nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 BlnPersVG dem Kreis derjenigen Angelegenheiten zuzuordnen, die der eingeschränkten Mitbestimmung unterliegen (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/1108 S. 10 Nr. 25 und S. 21; 16/1644 S. 1 Nr. 3). Ob mit Inkrafttreten des Siebten Änderungsgesetzes die Mitbestimmung bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Dienstkräfte noch verfassungskonform geregelt ist, kann auf sich beruhen, weil das Siebte Änderungsgesetz im vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden war.