Entscheidungsdatum: 21.07.2010
Die selbständige Tätigkeit eines zu einer Wehrübung einberufenen niedergelassenen Arztes, der seinen Beruf in einer Praxisgemeinschaft ausübt, ruht in der Regel nicht im Sinne des § 13a Abs. 3 Satz 1 USG, wenn das nichtärztliche Praxispersonal während seiner Abwesenheit erwerbsbezogene Tätigkeiten für ihn ausführt.
Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie und Oberstabsarzt der Reserve. Er begehrt von dem Beklagten, ihm nach dem Unterhaltssicherungsgesetz Betriebsausgaben für seine Praxis zu erstatten.
Der Kläger wurde mit Bescheid des Kreiswehrersatzamtes Aurich vom 28. Oktober 2004 zu einer Truppenwehrübung in der Zeit vom 11. bis zum 20. Februar 2005 einberufen. Im streitgegenständlichen Zeitraum übte er seine selbständige ärztliche Tätigkeit in einer Praxisgemeinschaft mit einer Berufskollegin aus. Mit Antrag vom 25. Januar und Ergänzung vom 15. Februar 2005 beantragte er bei dem Beklagten Leistungen für Selbständige in der Form der Entschädigung für entfallende Einkünfte und der Erstattung von Betriebsausgaben nach § 13a Abs. 1, Abs. 3 USG. Eine Vertretung für den Kläger stand nicht zur Verfügung. Seine Einkünfte betrugen 409,54 € pro Tag, der von ihm zu tragende Anteil der Betriebsausgaben der Praxisgemeinschaft belief sich auf 444,64 € pro Tag.
Mit Bescheid vom 21. Februar 2005 gewährte der Beklagte dem Kläger als Unterhaltssicherungsleistung für die gesamte Zeit der Wehrübung die Mindestleistung nach § 13c Abs. 1 USG in Höhe von 493,40 €. Die begehrten Leistungen nach § 13a Abs. 3 USG lehnte er ab, weil der Praxisbetrieb des Klägers während der Wehrübung nicht im Sinne dieser Vorschrift geruht habe. Das nichtärztliche Personal sei während der wehrdienstbedingten Abwesenheit des Klägers für dessen Partnerin in der Praxisgemeinschaft tätig gewesen.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2005 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten geltend, am 11. Februar 2005 sei die Praxisgemeinschaft vollständig geschlossen gewesen, da sich seine Berufskollegin im Urlaub befunden habe. Er selbst habe während der gesamten Zeit seiner Wehrübung nicht in seiner Praxis tätig sein können und deshalb in Anbetracht des Grundsatzes, dass ein Arzt seine Leistungen persönlich erbringen müsse, keine Einkünfte erzielt. Seinen Anteil an den Betriebskosten der Praxisgemeinschaft habe er unverändert tragen müssen.
Mit Verfügung vom 2. März 2005 hob der Beklagte den Bescheid vom 21. Februar 2005 auf. Er gewährte für den 11. Februar 2005 Entschädigung für entfallende Einkünfte und Erstattung der Betriebsausgaben gemäß § 13a Abs. 3 USG. Für die übrige Zeit der Wehrübung lehnte er die begehrten Leistungen weiterhin ab. Es sei davon auszugehen, dass die in der Praxisgemeinschaft angestellten Arzthelferinnen nicht nur für die Kollegin des Klägers tätig gewesen seien, sondern den Betrieb auch für den Kläger - wenn auch sehr eingeschränkt - durch erwerbsbezogene Tätigkeiten aufrechterhalten hätten, so dass Verdienstmöglichkeiten nicht ausgefallen, sondern nur verschoben worden seien.
Unter dem 19. April 2005 teilte der Beigeladene zu 2 dem Beklagten mit, der Beigeladene zu 1 habe das Einvernehmen über einen dem Kläger zu gewährenden Härteausgleich nach § 23 Abs. 1 USG in Form einer Entschädigung für entfallende Einkünfte nach den Maßstäben des § 13a Abs. 3 USG hergestellt, hingegen eine Erstattung von Betriebsausgaben im Rahmen des Härteausgleichs ausgeschlossen. Hierauf änderte der Beklagte unter dem 26. April 2005 seinen Bescheid vom 2. März 2005 und gewährte dem Kläger einen Härteausgleich in Form der Entschädigung für entfallende Einkünfte nach dem in § 13a Abs. 3 Satz 2 USG vorgesehenen Höchstbetrag, nicht aber für angefallene Betriebskosten.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage, mit der der Kläger sein Begehren auf Erstattung von Betriebsausgaben von insgesamt 4 001,76 € für die Zeit vom 12. bis zum 20. Februar 2005 weiterverfolgt hat, mit der Begründung stattgegeben, die Praxis des Klägers habe als Quelle unterhaltssichernder Einkünfte während der Zeit der Wehrübung lediglich in ganz unerheblichen Teilen weiter funktioniert und zu keinem nennenswerten Zufluss von Einkünften geführt.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Allein die Abwesenheit des Klägers als zur persönlichen Leistungserbringung verpflichteter Arzt habe ein Ruhen der Praxis, das nach § 13a Abs. 3 Satz 1 und 4 USG Voraussetzung für eine Erstattung von Betriebsausgaben sei, nicht zur Folge gehabt. Die in der Praxisgemeinschaft angestellten Arzthelferinnen seien für den Kläger während der Zeit seiner Wehrübung insoweit tätig geworden, als sie Behandlungstermine für die Zeit nach der Wehrübung vergeben, für sonstige Anfragen seiner Patienten zur Verfügung gestanden sowie Notfälle und sonstige Patienten, die eine ärztliche Leistung des Klägers begehrten, an die in der Praxisgemeinschaft tätige Berufskollegin des Klägers verwiesen hätten. Durch diese Tätigkeiten seien zwar nicht unmittelbar Einkommensansprüche des Klägers ausgelöst worden, sie hätten jedoch den Weiterbetrieb seiner Praxis in der fraglichen Zeit sichergestellt. Es sei davon auszugehen, dass dem Kläger während seiner nur kurzen Abwesenheit sein Patientenstamm erhalten geblieben sei und auch neue Patienten Termine für die Zeit nach der Wehrübung erhalten hätten und deshalb dem Kläger nicht verloren gegangen seien.
Mit seiner von dem Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision wiederholt und vertieft der Kläger seine Auffassung, im Sinne des Unterhaltssicherungsrechts habe seine Praxis während seiner wehrübungsbedingten Abwesenheit geruht: Die Anwesenheit des Personals in der Praxis habe für ihn keinen zählbaren Nutzen gehabt. Seine Funktion sei nicht über die eines sonst einzusetzenden telefonischen Anrufbeantworters hinausgegangen. Von erwerbsbezogenen Tätigkeiten könne deshalb nicht die Rede sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. November 2008 zu ändern und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte und der Beigeladene zu 1 beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie treten der Revision entgegen und verteidigen das Berufungsurteil.
Der Beigeladene zu 2 hat keinen Antrag gestellt.
Die zulässige Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil, das die zulässige Klage gegen die Bescheide des Beklagten vom 2. März und 26. April 2005 im Hinblick auf die noch in Streit stehende Erstattung der Betriebsausgaben für die Zeit vom 12. bis zum 20. Februar 2005 abgewiesen hat, steht mit Bundesrecht im Einklang.
1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der Betriebsausgaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Nr. 3, § 13a Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 4 des Gesetzes über die Sicherung des Unterhalts der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen und ihrer Angehörigen (Unterhaltssicherungsgesetz - USG) in seiner zur Zeit der Wehrübung des Klägers im Februar 2005 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 20. Februar 2002 (BGBl I S. 972) mit den anschließenden, zuletzt durch Art. 44 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3022) vorgenommenen Änderungen nicht zu.
a) Der Kläger ist mit Bescheid des Kreiswehrersatzamtes Aurich vom 28. Oktober 2004 auf der Grundlage des § 23 WPflG zu einer Wehrübung und damit im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 USG als Wehrpflichtiger zur Erfüllung der Wehrpflicht einberufen worden. Der nach Landesrecht zuständige Beklagte hat ihm gemäß § 2 Nr. 3 USG Leistungen zur Unterhaltssicherung nach den §§ 13 bis 13d USG zu gewähren.
Der Kläger, der als niedergelassener Arzt tätig ist, übt eine selbständige Tätigkeit im Sinne des § 13a Abs. 1 USG aus. Gemäß § 13a Abs. 2 USG werden Selbständigen Unterhaltssicherungsleistungen grundsätzlich in der Form gewährt, dass zur Fortführung des Betriebes oder der selbständigen Tätigkeit die angemessenen Aufwendungen für eine Ersatzkraft oder die angemessenen Mehraufwendungen für eine Übertragung der Aufgaben des Wehrpflichtigen auf andere Betriebsangehörige - jeweils im Rahmen von Höchstbeträgen - erstattet werden. Nach § 13a Abs. 3 Satz 1 bis 3 USG erhält der Wehrpflichtige unter der Voraussetzung, dass eine Fortführung des Betriebs oder der selbständigen Tätigkeit aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht möglich ist und demzufolge die betriebliche oder selbständige Tätigkeit während des Wehrdienstes ruht, eine - wiederum in der Höhe begrenzte - Entschädigung für die ihm entfallenden Einkünfte. Daneben, das heißt unter den gleichen Voraussetzungen wie die Einkünfte, werden gemäß § 13a Abs. 3 Satz 4 USG die Miete für die Berufsstätte und die sonstigen Betriebsausgaben im Sinne des Einkommensteuergesetzes im Rahmen laufender Zahlungsverpflichtungen erstattet. In jedem Fall kann der Wehrpflichtige die in § 13c Abs. 1 USG und der zugehörigen Tabelle vorgesehene Mindestleistung in Form von Tagessätzen verlangen.
Nach diesen Vorschriften steht dem Kläger, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, die begehrte Erstattung der Betriebsausgaben für die noch streitgegenständliche Zeit seiner Wehrübung nicht zu. Zwar war eine Fortführung der selbständigen Tätigkeit des Klägers nach § 13a Abs. 2 USG aus Gründen, die er nicht zu vertreten hatte, nicht möglich. Denn dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts liegt die Feststellung zu Grunde, dass eine Ersatzkraft für den Kläger während der Zeit seiner Wehrübung nicht zur Verfügung stand. Auch eine praxisinterne Aufgabenübertragung kam nicht in Betracht, da der Kläger mit seiner Berufskollegin lediglich in einer bloßen Praxisgemeinschaft - das heißt zum Zweck einer gemeinsamen Nutzung sächlicher und personeller Ressourcen bei sonst selbständiger Praxisführung - verbunden und damit im rechtlichen Sinne als Einzelarzt tätig war. Jedoch hat die selbständige Tätigkeit des Klägers, das heißt seine Praxis, während seines Wehrdienstes nicht im Sinne des § 13a Abs. 3 Satz 1 USG geruht. Denn das nichtärztliche Personal der Praxisgemeinschaft hat auch für den Kläger in einem Umfang erwerbsbezogen gearbeitet, der ausreichte, ihm die Funktionsfähigkeit seiner Praxis als Einkommensquelle zu erhalten. Nach dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck des § 13a Abs. 3 USG kommt in einer solchen Konstellation eine Erstattung von Betriebsausgaben nach § 13a Abs. 3 Satz 4 USG nicht in Betracht.
b) Ihrem Wortlaut nach unterscheidet die Vorschrift des § 13a Abs. 3 Satz 1 USG zwischen Fortführung und Ruhen nicht mit Blick auf die persönliche erwerbsbezogene Tätigkeit des Betriebsinhabers oder sonstigen selbständig Tätigen, sondern unter Anknüpfung an den Betrieb oder die selbständige Tätigkeit als solche. Weiterhin ist nach dem Gesetzeswortlaut die Unmöglichkeit, den Betrieb oder die selbständige Tätigkeit im Sinne des § 13a Abs. 2 USG mit einer Ersatzkraft fortzuführen, nicht gleichbedeutend mit dem Ruhen der betrieblichen oder selbständigen Tätigkeit nach § 13a Abs. 3 Satz 1 USG, sondern kann dieses Ruhen lediglich zur Folge haben. Die im Wortlaut der Vorschrift des § 13a Abs. 3 Satz 1 USG angelegten Alternativen sind demnach die Fortführung (im weiteren Sinne) des Betriebs oder der selbständigen Tätigkeit ohne eine Ersatzkraft nach § 13a Abs. 2 USG einerseits und das Ruhen des Betriebs oder der selbständigen Tätigkeit andererseits.
Bereits für die Vorgängervorschriften des § 13a Abs. 3 Satz 1 USG war in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 10. September 1975 - BVerwG 8 B 49.75 -, in Eichler/Oestreicher/Decker, Unterhaltssicherungsgesetz, Stand Januar 2010, 713, S. 143 <144>, Urteil vom 22. August 1979 - BVerwG 8 C 20.78 - BVerwGE 58, 247 <249 f.> = Buchholz 448.3 § 13 USG Nr. 8 S.10 f.) anerkannt, dass die wehrdienstbedingte Abwesenheit des Betriebsinhabers oder sonstigen Selbständigen dann nicht gleichbedeutend mit dem Ruhen des Betriebs oder der Praxis sein muss, wenn dieser zwar seine Aufgaben nicht übertragen hat, während seiner Abwesenheit aber trotzdem in dem Betrieb oder der Praxis weiterhin gearbeitet wird.
c) Die Entstehungsgeschichte der Regelungen zur Unterhaltssicherungsleistung für Selbständige spricht ebenfalls dagegen, dass im Fall der wehrdienstbedingten Abwesenheit des Betriebsinhabers oder selbständig Tätigen und der Unmöglichkeit der Fortführung des Betriebs oder der Praxis mit einer Ersatzkraft oder mit Hilfe einer internen Übertragung der Aufgaben des Wehrpflichtigen stets von einem Ruhen der betrieblichen oder selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden müsste und Leistungen nach § 13a Abs. 3 USG zu bewilligen wären. Den Vorschriften liegt vielmehr ein generell restriktiver Ansatz zu Grunde, der in der Rechtsentwicklung gerade im Hinblick auf das Merkmal des Ruhens der betrieblichen oder selbständigen Tätigkeit noch eine deutliche Akzentuierung erfahren hat.
Die Ursprungsfassung des Unterhaltssicherungsgesetzes vom 26. Juli 1957 (BGBl I S. 1046) konzipierte die Leistungen zur Unterhaltssicherung von Wehrpflichtigen allgemein nicht als Ausgleich für jede Einkommensminderung, sondern als Sozialleistungen besonderer Art. Sie sollten der Familie des einberufenen Wehrpflichtigen die Aufrechterhaltung einer den bisherigen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Lebenshaltung ermöglichen (BTDrucks 2/3210 S. 12).
Besondere Unterhaltssicherungsleistungen für Wehrübende wurden erstmals mit dem Gesetz zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes vom 21. April 1961 (BGBl I S. 457) eingeführt. Nach § 13 Abs. 1 und 2 USG 1961 erhielt ein nichtselbständig ebenso wie ein selbständig tätiger Wehrübender unter näher bestimmten Voraussetzungen eine Verdienstausfallentschädigung von je nach Familienstand 80 oder 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens im zurückliegenden Bemessungszeitraum und im Rahmen festgelegter Höchstbeträge. Keine Verdienstausfallentschädigung stand gemäß § 13 Abs. 4 USG 1961 demjenigen Wehrpflichtigen zu, dessen Gewerbebetrieb, Betrieb der Land- oder Forstwirtschaft oder dessen selbständige Tätigkeit während des Wehrdienstes fortgeführt wurde; ihm wurden angemessene Aufwendungen für an seiner Stelle tätig werdende Ersatzkräfte oder Vertreter erstattet. Durch § 13 Abs. 5 USG 1961 wurde in den Fällen, in denen der Wehrpflichtige seinen Betrieb oder seine selbständige Tätigkeit während des Wehrdienstes nicht durch eine Ersatzkraft oder einen Vertreter fortführen ließ und der Betrieb ruhte, neben der Verdienstausfallentschädigung ein Anspruch auf Ersatz der laufenden Betriebsausgaben gewährt. Auch mit dieser Neuregelung gab der Gesetzgeber dem Unterhaltsgesichtspunkt Vorrang vor dem Ausgleichsgedanken (BVerfG, Beschluss vom 11. Dezember 1973 - 2 BvL 47/71 - BVerfGE 36, 230 <235>). Insbesondere hatte die Verdienstausfallentschädigung keinen vollständigen Ausgleich zur Folge (BTDrucks 3/1898 S. 11 und 3/2423 S. 2; Urteil vom 3. September 1970 - BVerwG 8 C 5.69 - BVerwGE 36, 81 <84> = Buchholz 448.3 § 13 USG Nr. 1 S. 3).
Durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes und des Arbeitsplatzschutzgesetzes vom 15. Dezember 1989 (BGBl I S. 2205) erhielten §§ 13 bis 13d USG die Fassung, die sie im Wesentlichen noch heute haben. Das vorrangige Regelungsziel der Gesetzesänderung bestand in der Gleichstellung der Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft mit den Beamten, Richtern und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst, deren Bezüge bzw. Arbeitsentgelte gemäß § 1 Abs. 2, § 9 Abs. 2 ArbPlSchG während einer Wehrübung weitergezahlt werden. Dieses Ziel fand seinen Niederschlag in der Neufassung des § 13 USG, der seitdem für nichtselbständig Tätige innerhalb bestimmter Höchstgrenzen eine volle Erstattung des durch die Wehrübung entfallenden aktuellen Arbeitsentgelts vorsieht. Die Leistungen für selbständig Tätige sind demgegenüber in § 13a USG eigenständig geregelt worden, wobei diese Leistungen im Vergleich zum bisherigen Recht teils erweitert, teilweise aber auch beschränkt wurden. Ein Verdienstausfall wird zwar wie bei nichtselbständig Tätigen grundsätzlich in voller Höhe erstattet, anders als zuvor jedoch nicht schon dann, wenn der Betrieb oder die selbständige Tätigkeit nicht mit Hilfe einer Ersatzkraft fortgeführt wird, sondern nur dann, wenn der Betrieb auch sonst nicht fortgeführt wird und ruht. Zugleich wurde die Erstattung der Kosten einer Ersatzkraft als regelmäßig in Anspruch zu nehmende Form der Unterhaltssicherung ausgestaltet und dadurch die Möglichkeit des Wehrpflichtigen beseitigt, zwischen der Fortführung des Betriebs mit Hilfe einer Ersatzkraft und dem Ruhen des Betriebs mit Erstattung des Verdienstausfalls frei zu wählen (vgl. dazu: Urteile vom 3. September 1970 a.a.O. S. 85 bzw. S. 4 und vom 28. November 1974 - BVerwG 8 C 90.73 - BVerwGE 47, 238 <242> = Buchholz 448.3 § 13 USG Nr. 4 S. 13 f.).
d) Der entstehungsgeschichtliche Befund spiegelt sich in der Gesetzessystematik wider. Sie verdeutlicht den eigenständigen Charakter der Unterhaltssicherungsleistungen für Selbständige. Dem entspricht es, das Ruhen der betrieblichen oder selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 13a Abs. 3 Satz 1 USG nicht mit der wehrdienstbedingten Abwesenheit des Betriebsinhabers oder selbständig Tätigen und der Unmöglichkeit der Fortführung des Betriebs oder der Praxis mit den Mitteln des § 13a Abs. 2 USG gleichzusetzen.
Die Unterhaltssicherung von beruflich Selbständigen stellt sich gegenüber derjenigen von nichtselbständig Tätigen gesetzessystematisch als eine Sonderregelung dar, die seit der Gesetzesänderung vom 15. Dezember 1989 auch in einer eigenen Vorschrift - dem § 13a USG - enthalten ist. Deren Ansatz ist in erster Linie nicht auf direkte Zahlungen zur Sicherung des Unterhalts, sondern darauf gerichtet, die selbständige Erwerbsgrundlage als solche während der Wehrübung zu erhalten. Dem wehrübenden Betriebsinhaber oder selbständig Tätigen soll es im Regelfall ermöglicht werden, seinen Betrieb oder seine Praxis in dieser Zeit fortzuführen. Dem dient es, dass nach § 13a Abs. 2 USG die angemessenen Aufwendungen für eine Ersatzkraft oder die durch eine interne Aufgabenübertragung entstehenden Mehraufwendungen erstattet werden; Leistungsansprüche nach § 13a Abs. 3 USG bestehen daneben nicht. Solche Ansprüche sind nach der Gesetzessystematik auch dann ausgeschlossen, wenn die Mittel des § 13a Abs. 2 USG nicht zum Einsatz kommen können, eine Fortführung des Betriebs oder der Praxis aber dennoch stattfindet. In diesem Fall unterstützt die Mindestleistung nach § 13c Abs. 1 USG die Fortführung des Betriebs oder der Praxis. Nur in dem Ausnahmefall des Ruhens des Betriebs oder der Praxis sollen ersatzweise Zahlungen nach § 13a Abs. 3 USG eingreifen (Urteil vom 28. November 1974 a.a.O. S. 241 f. bzw. S. 13
e) Die bisherigen Auslegungsergebnisse finden einerseits ihre Bestätigung, andererseits ihre Begrenzung in einer Auslegung der Vorschrift des § 13a Abs. 3 USG nach ihrem Sinn und Zweck.
Der Wehrpflichtige, dessen Betrieb oder Praxis während der Zeit seiner Wehrübung fortgeführt wird, bedarf wegen des damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteils nicht der in § 13a Abs. 3 USG vorgesehenen Leistungen. Denn ihm bleibt die bisherige Erwerbsgrundlage als Quelle unterhaltssichernder Einkünfte - unterstützt durch Leistungen nach § 13a Abs. 2 USG oder jedenfalls die Mindestleistung nach § 13c Abs. 1 USG - auch während der Zeit des Wehrdienstes erhalten. Nur in den Fallgestaltungen, in denen diese Art der Unterhaltssicherung nicht funktionieren kann, weil die betriebliche oder selbständige Tätigkeit wehrdienstbedingt ruht, sollen die Betriebsausgabenerstattung nach § 13a Abs. 3 Satz 4 USG zur Erhaltung des Betriebs oder der Praxis beitragen und die Entschädigung nach § 13a Abs. 3 Satz 1 USG an die Stelle der entfallenden Einkünfte treten (Urteile vom 28. November 1974 a.a.O. S. 241 f. bzw. S. 13 und vom 22. August 1979 a.a.O. S. 250 bzw. S. 11; OVG Saarlouis, Urteil vom 5. März 1992 - 1 R 61/89 - juris Rn. 27
Eine solche Konstellation kann nach der Konzeption des Gesetzes nur dann eintreten, wenn der Betriebsinhaber oder selbständig Tätige für die Zeit seiner wehrdienstbedingten Abwesenheit keine Ersatzkraft einsetzt und seine Aufgaben auch nicht betriebs- oder praxisintern überträgt. Hier kommt es für die Abgrenzung der Begriffe des Ruhens und der Fortführung einerseits nicht darauf an, ob die während der Abwesenheit des Wehrpflichtigen erwirtschafteten Gewinne die zuvor erzielten Gewinne erreichen, hinter diesen zurückbleiben oder diese übersteigen. Andererseits ist nicht erst dann eine Fortführung zu verneinen und ein Ruhen anzunehmen, wenn in dem Betrieb oder der Praxis des Wehrpflichtigen überhaupt nicht mehr gearbeitet wird. Entscheidend ist, ob Tätigkeiten stattfinden, die erwerbsbezogen in dem Sinne sind, dass sie sich auf das Funktionieren des Betriebs oder der selbständigen Tätigkeit auch während der Zeit des Wehrdienstes bzw. der Wehrübung richten. Ist dies der Fall, ruhen der Betrieb oder die Tätigkeit grundsätzlich nicht, denn die Funktionsfähigkeit der Einkommensquelle bleibt auch ohne Übertragung der Aufgaben des Betriebsinhabers oder selbständig Tätigen erhalten. Die Frage, ob dann, wenn in dem Betrieb oder der Praxis des Wehrpflichtigen während der fraglichen Zeit nur in sehr eingeschränktem Umfang erwerbsbezogen gearbeitet wird, ausnahmsweise von einem Ruhen im Sinne des Gesetzes auszugehen ist, muss unter Berücksichtigung von Art und Gegenstand des Betriebs oder der selbständigen Tätigkeit und der Dauer der wehrdienstbezogenen Abwesenheit beantwortet werden (Urteil vom 22. August 1979 a.a.O. S. 250 f. bzw. S. 11 f.).
f) Diesen Maßstäben zufolge waren die Tätigkeiten, die das nichtärztliche Personal der Praxisgemeinschaft nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts während der Wehrübung des Klägers für diesen ausgeführt hat, erwerbsbezogen, auch wenn sich aus ihnen unmittelbar kein Entgeltanspruch des Klägers ergab. Denn sie waren auf eine Mindestbetreuung der Patienten des Klägers und damit auf das weitere Funktionieren seiner ärztlichen Praxis als freiberufliche Erwerbsgrundlage gerichtet. Die angestellten Arzthelferinnen konnten Anfragen von Patienten des Klägers beantworten, fortlaufend Termine für die Zeit nach Abschluss der Wehrübung vergeben und Patienten nicht nur in Notfällen an die Berufskollegin des Klägers verweisen, die in den Räumen der Praxisgemeinschaft tätig war, und damit in den Augen der Patienten faktisch nicht in einer Konkurrenzsituation zu dem Kläger stand. Dadurch sorgten sie dafür, dass dem Kläger sein Patientenstamm erhalten blieb und ihm auch neue Patienten nicht verloren gingen. Die vorübergehende Behandlung "seiner" Patienten durch die Berufskollegin hielt für die Patienten den Eindruck aufrecht, dass die Praxis weiterläuft. Sie stützte damit auch für die Zeit der Abwesenheit des Klägers die Bindung dieser Patienten an ihn. Dabei ist ohne Belang, dass die genannten Tätigkeiten verglichen mit dem Normalbetrieb der Praxis bei Anwesenheit des Klägers einen stark eingeschränkten Umfang hatten. Denn die Annahme eines Ausnahmefalls im Sinne eines Ruhens der Praxis trotz weiteren erwerbsbezogenen Arbeitens in ihr ist weder nach Art und Gegenstand der selbständigen Tätigkeit des Klägers noch nach der Dauer seiner wehrdienstbezogenen Abwesenheit gerechtfertigt.
Eine hier relevante Besonderheit der selbständigen Tätigkeit des Klägers ergibt sich nicht aus dem (kassen-)arztrechtlichen Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung (§ 32 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - Ärzte-ZV - vom 28. Mai 1957, BGBl I S. 572, 608, hier anwendbar in der zuletzt durch Art. 16 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003, BGBl I S. 2190 geänderten Fassung). Denn nach den Maßstäben der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es - wie dargelegt - nicht darauf an, ob sich während der Abwesenheit des Betriebsinhabers oder selbständig Tätigen an der Gewinn- bzw. Einkommenssituation des Betriebs oder des Tätigkeitsbereiches etwas ändert. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 10. September 1975 a.a.O. S. 144) gerade auch im Fall eines in einer Einzelpraxis tätigen (Zahn-)Arztes entschieden. Dementsprechend kann allein der Umstand, dass während der Abwesenheit eines (Kassen-)Arztes in dessen Praxis keine Gebührentatbestände verwirklicht werden, eine relevante Besonderheit nicht begründen. Auch für eine (Kassen-)Arztpraxis ist deshalb entscheidend, ob während der Wehrübung des Arztes das übrige - auch nichtärztliche Personal - erwerbsbezogen weiterarbeitet.
Die Dauer der wehrdienstbedingten Abwesenheit des Klägers begründet nicht die Annahme, seine Praxis habe geruht, obwohl in dieser von seinen Helferinnen durchgehend - wenn auch in eingeschränktem Umfang - erwerbsbezogen gearbeitet wurde. Die Dauer der Abwesenheit des Betriebsinhabers oder selbständig Tätigen spielt für die Funktionserhaltung des Betriebs oder der Praxis als Einkommensquelle eine erhebliche Rolle. Je kürzer die Zeit der Abwesenheit ist, desto geringer kann der Umfang der erwerbsbezogenen Tätigkeiten sein, der geeignet ist, die Funktionsfähigkeit des Betriebs oder der Praxis noch zu wahren, deren Funktion als Erwerbsquelle also nicht gänzlich wegfallen zu lassen (vgl. zu dieser Relation: OVG Saarlouis, Urteil vom 5. März 1992 a.a.O. Rn. 27). Gemessen an den noch streitigen fünf Arbeitstagen kommt den währenddessen erbrachten Dienstleistungen des nichtärztlichen Praxispersonals ein Gewicht zu, das der Annahme eines Ruhens der Praxis entgegensteht.
2. Der Kläger kann die Erstattung der streitigen Betriebsausgaben auch nicht im Wege eines Härteausgleichs nach § 23 Abs. 1 USG verlangen.
Nach dieser Vorschrift kann ein Ausgleich gewährt werden, sofern sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften des Unterhaltssicherungsgesetzes besondere Härten ergeben. Hierzu bedarf es vorbehaltlich der in § 23 Abs. 2 USG genannten Fälle des Einvernehmens der obersten Landesbehörde oder der dieser nachgeordneten, durch Rechtsverordnung der Landesregierungen bestimmten Behörde und des Bundesministeriums der Verteidigung.
Als Härteausgleich kommt eine Erstattung der Betriebsausgaben hier bereits deshalb nicht in Betracht, weil deren Versagung gegenüber dem Kläger die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der besonderen Härte (Urteile vom 3. September 1980 - BVerwG 8 C 39.79 - BVerwGE 60, 355 <357 f.> = Buchholz 448.3 § 23 USG Nr. 6 S. 10 und vom 19. August 1988 - BVerwG 8 C 117.86 - Buchholz 448.3 § 7 USG Nr. 11 S. 5) nicht erfüllt. Eine besondere Härte liegt nicht bereits dann vor, wenn die Wehrdienstleistung zu - auch spürbaren - Einkommensverlusten führt (Urteile vom 30. Oktober 1974 - BVerwG 8 C 122.72 - Buchholz 448.3 § 10 USG Nr. 2 S. 14 f. und - BVerwG 8 C 158.72 - Buchholz 448.3 § 13 USG Nr.3 S. 10). Erforderlich ist vielmehr, dass die Anwendung der Vorschriften des Gesetzes im Einzelfall ein Ergebnis zur Folge hat, das dem Gesetzeszweck, zwar nicht Einkommensverluste als solche auszugleichen, aber während des Wehrdienstes den Lebensbedarf des Wehrpflichtigen und seiner Familienangehörigen zu sichern, zu deren Nachteil nicht mehr entspricht (Urteil vom 3. September 1980 a.a.O. S. 357 bzw. S. 10). Es muss sich um eine besondere Lage handeln, die eine Ablehnung der Leistung nach den Vorschriften des Gesetzes als offensichtlich unbillig erscheinen lässt (Eichler/Oestreicher/Decker, a.a.O. § 23 Anm. 1).
In eine derartige, vom Gesetzeszweck nicht mehr erfasste Lage wird der Kläger nicht deshalb versetzt, weil er die von ihm anteilig zu tragenden Betriebsausgaben der Praxisgemeinschaft für die noch streitigen neun Tage nicht erstattet erhält. Wie dargelegt, blieb ihm während dieser Zeit seine Praxis als Einkommensquelle funktionsfähig erhalten. Die Betriebskosten der Praxis stellen quasi die Gegenleistung für diesen wirtschaftlichen Vorteil dar, die zu erbringen dem Kläger um so mehr zugemutet werden kann, als der Beklagte ihm seine entfallenden Einkünfte im Rahmen des Härteausgleichs erstattet hat.