Entscheidungsdatum: 12.11.2014
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. August 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Die allein auf den Revisionsgrund des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die Klägerin rügt sinngemäß, das Berufungsgericht hätte aufklären müssen, ob der Beklagte tatsächlich im Rahmen einer „zweiten Prognosestufe" dasjenige Zahlengerüst einer weiterführenden Bewertung und Gewichtung unterzogen habe, das auf Grundlage der „Allgemeinen Prognosegrundlagen" gemäß Anlage 2 zum erstinstanzlichen Schriftsatz des Beklagten vom 17. April 2013 und der darin aufgeführten Übergangsquoten (GA I S. 107) errechnet worden sei. Hätte das Berufungsgericht den Beklagten insoweit zu Darlegungen aufgefordert und die von der Klägerin benannten Zeugen vernommen, hätte sich voraussichtlich ergeben, dass es eine zweite Prognosestufe überhaupt nicht gegeben habe, sondern die Prognose ausschließlich unter Zugrundelegung der Schülerzahlen der bestehenden Grundschulen, der künftigen Geburten sowie der genannten Übergangsquoten getroffen worden sei (Beschwerdebegründung S. 20 ff., insbes. S. 22 f.).
Diese Rüge greift schon deshalb nicht durch, weil sie nicht auf einen Umstand hinführt, der für die angefochtene Entscheidung entscheidungserheblich ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist selbständig tragend davon ausgegangen, dass die Klägerin sich nur auf die schulische Versorgung ihrer eigenen Einwohner berufen könne. Nur in diesem Rahmen könne sie durch die angegriffene Prognoseentscheidung des Beklagten in eigenen Rechten verletzt sein (UA S. 27). Eine solche Rechtsverletzung sei indes nach jeder Betrachtungsweise zu verneinen, da ausgehend von der Einwohnerzahl der Klägerin von 5 650 sowie einer Geburtenquote von 0,83% ein Erwartungswert zwischen 22 und 24 Schülern, mithin also deutlich weniger als der zur Bejahung eines öffentlichen Bedürfnisses im Sinne von § 27 Abs. 2 LSchulG erforderliche Erwartungswert von 40 Schülern zu prognostizieren sei (UA S. 28 f.).
Ausgehend von diesen Annahmen kommt es auf die Frage, ob die auf Basis der o.g. Übergangsquoten ermittelten Zahlenwerte vom Beklagten einer weiterführenden Bewertung und Gewichtung unterzogen worden sind oder nicht, im Ergebnis nicht an. Diese Frage gewinnt allenfalls dann Entscheidungsrelevanz, wenn man einen künftigen Schulbesuch von Schülern anderer Gemeinden mit in die Prognose einbezieht, wodurch erst ein Erwartungswert von über 40 Schülern überhaupt in den Bereich des Möglichen rücken könnte. Hierauf hat sich der Verwaltungsgerichtshof jedoch lediglich im Rahmen einer Hilfserwägung eingelassen (UA S. 30 ff.).
Unabhängig davon ist dem Verwaltungsgerichtshof kein Aufklärungsmangel anzulasten. Der Beklagte hat im Rahmen der Berufungserwiderung vorgetragen, es sei bei allen Gemeinden gleichmäßig ein zweistufiges Prognoseverfahren angewandt worden, welches den Zweck verfolgt habe, die vom Gesetzgeber geforderte stabile Zweizügigkeit dadurch abzusichern, dass der denkbare Einzugsbereich hinterfragt und die denkbaren Schülerströme auf Wahrscheinlichkeit und Dauerhaftigkeit bewertet worden seien (Schriftsatz vom 14. Januar 2014 S. 3, 6 ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Vortrag im Rahmen der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils als „nachvollziehbar" bezeichnet (UA S. 30) und es für „überzeugend" erachtet, dass die auf Basis der o.g. Übergangsquoten errechneten Schülerzahlen in einem zweiten Schritt auf ihre Wahrscheinlichkeit zu überprüfen seien, weil sich in vielen räumlichen Gebieten die Einzugsbereiche verschiedener Schulen überschnitten, die Schüler aber nicht doppelt gewertet werden dürften (UA S. 31). Er hat ferner unter Bezugnahme auf den vom Beklagten eingereichten Bogen „Prüfung Schulorganisation" ausgeführt, dass der Vortrag des Beklagten durch die Aktenlage gedeckt sei (UA S. 32). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ausweislich der Verhandlungsniederschrift (GA II S. 311 ff.) keinen Beweisantrag gestellt und ist dem Vortrag des Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 11. August 2014 nicht substantiiert entgegengetreten (vgl. GA II S. 205 ff.). Bei dieser Sachlage musste es sich dem Verwaltungsgerichtshof nicht aufdrängen, eine weitere Sachaufklärung in die von der Klägerin aufgezeigte Richtung vorzunehmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin (vgl. Beschwerdebegründung S. 24 f.) ist er - wie soeben dargelegt - im Rahmen der Entscheidungsgründe auf die Frage der Durchführung einer „zweiten Prognosestufe" eingegangen und hat daher auch nicht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
2. Die Klägerin rügt ferner sinngemäß, der Verwaltungsgerichtshof habe ihr Vorbringen, auch nach neuem Recht habe sie Anspruch auf Zustimmung des Beklagten zur Errichtung einer Gemeinschaftsschule, nicht zur Kenntnis genommen (Beschwerdebegründung S. 25). Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beteiligten mit Verfügung vom 23. Juli 2014 auf die zum 1. August 2014 anstehenden Rechtsänderungen und ihre möglichen Auswirkungen auf das vorliegende Verfahren hingewiesen (GA II S. 143 ff.). Die Klägerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 11. August 2014 (GA II S. 187 ff.) ausgeführt, ungeachtet der Rechtsänderungen sei für die Entscheidung über ihr Begehren die Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablehnungsbescheids des Beklagten maßgeblich. Der Verwaltungsgerichtshof ist dem in verfahrensrechtlicher Hinsicht gefolgt (UA S. 20 ff.). In materiellrechtlicher Hinsicht ist er zu einer gegenteiligen Auffassung gelangt (UA S. 20). Es ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht substantiiert dargelegt worden, inwiefern der Verwaltungsgerichtshof hierbei ihr Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen oder gar eine sogenannte Überraschungsentscheidung getroffen haben könnte. Auch ist - entgegen der gleichfalls nicht substantiierten Behauptung der Klägerin (Beschwerdebegründung S. 25) - nicht ersichtlich, dass insoweit ein Aufklärungsmangel vorläge.
3. Schließlich rügt die Klägerin einen Verstoß gegen § 138 Nr. 6 VwGO. Diese Rüge hat gleichfalls keinen Erfolg.
Nach § 138 Nr. 6 VwGO liegt ein absoluter Revisionsgrund und damit zugleich ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, wenn die Entscheidung in formeller Hinsicht nicht mit Gründen versehen ist. Sinn dieser Regelung ist es zum einen, die Beteiligten über die der Entscheidung zu Grunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten, und zum anderen, dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der inhaltlichen Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiellrechtlicher Hinsicht zu ermöglichen. Nicht mit Gründen versehen ist eine Entscheidung in diesem Sinne deshalb nur, wenn sie - jedenfalls in maßgeblichen Teilen - so mangelhaft begründet ist, dass die Entscheidungsgründe ihre doppelte Funktion nicht mehr erfüllen können (Beschluss vom 4. Oktober 2013 - BVerwG 6 B 13.13 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 181 Rn. 13 m.w.N.).
Dies ist in Bezug auf die von der Klägerin angesprochenen Rechtsänderungen ab dem 1. August 2014 (Beschwerdebegründung S. 26) nicht der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof ist hierauf in den Entscheidungsgründen ausführlich eingegangen (UA S. 19 ff.). Auf die nunmehr nach § 30c LSchulG bestehende Möglichkeit, vor der Antragstellung ein Gebiet für die regionale Schulentwicklung (Raumschaft) zu benennen, musste der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht gesondert eingehen, da nach seinem Rechtsstandpunkt die neuen Verfahrensvorschriften über die Durchführung einer regionalen Schulentwicklung auf den vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen (UA S. 20 ff.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstands beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1
GKG.