Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 21.10.2015


BPatG 21.10.2015 - 5 ZA (pat) 31/15 und 5 ZA (pat) 32/15

Patentnichtigkeitsklageverfahren – Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung – "Streitwert bei mehreren Klägern" – mehrere Kläger sind unterschiedlich vom Streitpatent betroffen - zur Höhe der Terminsgebühr - zur Bedeutung des Gesamtstreitwerts für die Anwaltsgebühren - nach Urteilserlass getroffener außergerichtlicher Vergleich mit vom Urteil abweichender Kostenregelung - Bedeutung für das Kostenfestsetzungsverfahren


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
21.10.2015
Aktenzeichen:
5 ZA (pat) 31/15 und 5 ZA (pat) 32/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Streitwert bei mehreren Klägern

1. Zur Höhe der Terminsgebühr, wenn ein Patentanwalt in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht mehrere Kläger gleichzeitig vertritt, die vom Streitpatent unterschiedlich betroffen sind.

2. Zur Bedeutung des (Gesamt-)Streitwerts nach Verbindung mehrerer gegen dasselbe Streitpatent gerichteter Nichtigkeitsklagen für die Anwaltsgebühren.

3. Zur Bedeutung eines nach Urteilserlass getroffenen außergerichtlichen Vergleichs, in dem eine von der streitigen Gerichtsentscheidung abweichende Kostenregelung getroffen wurde, für das Kostenfestsetzungsverfahrens, das von einer Partei aufgrund der gerichtlichen streitigen Entscheidung betrieben wird.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent …

(DE …)

(hier: Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung)

hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 21. Oktober 2015 durch die Vorsitzende Richterin Klante sowie die Richter Schwarz und Dipl.-Ing. Gottstein

beschlossen:

1. Die Erinnerungen der Klägerinnen zu 1), 2) und 4) sowie die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. März 2015 werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Erinnerungsverfahren werden jeweils gegeneinander aufgehoben.

3. Der Gegenstandswert für die Erinnerung der Klägerinnen zu 1) und 2) sowie für die Erinnerung der Klägerin zu 4) werden auf jeweils 87.295,20 €, der Gegenstandswert für die Erinnerung der Beklagten auf 385.191,01 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Mit Urteil des 5. Senats des Bundespatentgerichts vom 6. November 2013 wurden  die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Der Streitwert für das Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht wurde mit Beschluss vom 4. Dezember 2013 auf 23.750.000,00 Euro festgesetzt. Grundlage der Entscheidung waren dabei die vom Senat unter Führung des Verfahrens 5 Ni 64/11 miteinander verbundenen Klagen der Klägerinnen zu 1) und 2), welche unter dem Aktenzeichen 5 Ni 64/11 (EP) geführt wurde, der Klägerin zu 3), das zunächst unter dem Verfahren 5 Ni 68/12 (EP) geführt wurde, sowie der Klägerin zu 4), welches unter dem Aktenzeichen 5 Ni 94/12 (EP) geführt wurde.

2

Die Klägerinnen zu 1) und 2) sowie die Klägerin zu 4) haben mit jeweils getrennten Anträgen die Kostenfestsetzung beantragt, welche unter den Az. KoF 6/14 (Klägerinnen zu 1) und zu 2) und KoF 7/14 (Klägerin zu 4) geführt werden. Die Klägerinnen zu 1) und 2) haben dabei einen zu erstattenden Betrag von 408.786,61 Euro (KoF 6/14) zuzüglich verauslagter Gerichtskosten in Höhe von 20.052,00 Euro und die Klägerin zu 4) einen Erstattungsbetrag von 365.158,79 Euro (KoF 7/14) zuzüglich Gerichtskosten in Höhe von 110.780,00 Euro geltend gemacht.

3

Die Rechtspflegerin hat beide Anträge mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. März 2015 einheitlich beschieden und die von der Beklagten an die Klägerinnen zu 1) und 2) insgesamt zu zahlenden Kosten auf 385.191,01 Euro und die an die Klägerin zu 4) insgesamt zu zahlenden Kosten auf 421.213,19 Euro festgesetzt. Dabei wurden die von den Klägerinnen zu 1) und 2) einerseits und von der Klägerin zu 4) andererseits jeweils getrennt geltend gemachten Terminsgebühren in Höhe von jeweils 87.295,20 Euro für die Tätigkeit des Patentanwalts, welcher die Klägerinnen zu 1) und 2) einerseits sowie die Klägerin zu 4) andererseits gemeinsam im Termin vertreten hatte, nur einmal angesetzt. Zugunsten der Klägerinnen zu 1) und 2) wurden Kosten in Höhe von 43.647,60 € (anteilig zu ½), mithin 21.823,80 € jeweils für die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) berücksichtigt, zugunsten der Klägerin zu 4) andererseits jeweils zur Hälfte anteilig Kosten in Höhe von insgesamt 43.647,60 Euro.

4

Begründet ist dies zum einen damit, dass in dem Termin zur mündlichen Verhandlung für den Patentanwalt, der die Klägerinnen 1), 2) und 4) gemeinsam vertreten hatte, nur ein einheitliches Verfahren und somit eine Angelegenheit vorgelegen habe, für die der Patentanwalt die Gebühren auch nur einmal fordern könne. Darauf, ob die Interessen der Klägerinnen verschieden seien, komme es nicht an.

5

Zum anderen sei die Kostenfestsetzung ungeachtet des Antrags der Beklagten vom 20. August 2014 vorzunehmen, mit dem diese geltend gemacht habe, dass wegen eines außergerichtlichen Vergleichs zwischen den Klägerinnen zu 1) und 2) und der Beklagten der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerinnen zu 1) und 2) zurückzuweisen sei. Denn die Kostenfestsetzung finde aufgrund eines zumindest vorläufig vollstreckbaren Titels statt, hier also des rechtskräftigen Urteils des 5. Senats des Bundespatentgerichts. Das Urteil sei weder aufgehoben oder abgeändert noch sei die Zwangsvollstreckung aufgrund einstweiliger Anordnung, etwa gemäß § 769 ZPO eingestellt, so dass das Urteil für die Kostenfestsetzung bindend sei.

6

Gegen diesen Beschluss der Rechtspflegerin vom 13. März 2013 haben sowohl die Beklagte, deren Verfahrensbevollmächtigten der Beschluss am 25. März 2015 zugestellt worden ist, am 8. April 2015 als auch die Klägerinnen zu 1) und 2) sowie die Klägerin zu 4), deren Verfahrensbevollmächtigten der Beschluss jeweils am 10. April 2015 zugestellt worden ist, mit Schriftsätzen vom 17. April 2015 (Klägerin zu 4) und 21. April 2015 (Klägerinnen zu 1) und 2) Erinnerung eingelegt.

7

Die Klägerinnen zu 1) und 2) sowie zu 4) machen geltend, dass die Terminsgebühr für die Klägerinnen zu 1) und 2) einerseits und für die Klägerin zu 4) andererseits jeweils gesondert in Höhe von 87.296,20 € angefallen sei. Dass beide „zufällig“ denselben Patentanwalt zum Vertreter bestellt hätten, bedeute nicht, dass eine einheitliche Tätigkeit vorgelegen habe; denn da der beauftragte Patentanwalt „funktional völlig andere Aufgaben“ für jede der Klägerinnen wahrgenommen habe, was sich aus den unterschiedlichen Entgegenhaltungen und der unterschiedlichen Inanspruchnahme der Klägerinnen im Verletzungsprozess ergebe, lägen unterschiedliche Prozessrechtsverhältnisse vor. Zumindest sei aber, selbst wenn nur eine Terminsgebühr angefallen sei, diese auf der Grundlage der addierten Einzelstreitwerten aller Nichtigkeitsverfahren, an denen die Klägerinnen beteiligt seien, zu berechnen. Das bedeute, da nach § 22 Abs. 2 RVG die Obergrenze von 30 Millionen Euro nicht greife, dass vorliegend ein Streitwert von 47.500.00,00 Euro (23.750.000 Euro x 2) anzusetzen sei, woraus sich eine Terminsgebühr (1,2) in Höhe von 173.055,60 Euro errechne, hälftig mithin 86.527,80 € für die Klägerin zu 4).

8

Die Klägerinnen zu 1) zu 2) sowie die Klägerin zu 4) beantragen übereinstimmend,

9

1. den Kostenfestsetzungsbeschluss des Bundespatentgerichts zum Az. 5 Ni 64/11 (EP) vom 13. März 2015 dahingehend abzuändern, dass die von der Beklagten zu erstattende Terminsgebühr des Patentanwalts auf 87.295,20 EUR festgesetzt wird,

10

hilfsweise,

11

den Kostenfestsetzungsbeschluss des Bundespatentgerichts zum Az. 5 Ni 64/11 (EP) vom 13. März 2015 dahingehend abzuändern, dass die von der Beklagten zu erstattende Terminsgebühr des Patentanwalts auf 86.527,80 EUR festgesetzt wird,

12

2. sowie sinngemäß,

13

die Erinnerung der Beklagten zurückzuweisen.

14

Die Beklagte beantragt,

15

1. den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. März 2015 (KoF 6/14) hinsichtlich Ziffer 1) aufzuheben und festzustellen, dass im Verhältnis zwischen den Klägerinnen zu 1) und 2) und der Beklagten jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

16

2. die Erinnerungen der Klägerinnen zu 1), 2) und 4) zurückzuweisen.

17

Die Beklagte macht gegenüber der Erinnerung der Klägerinnen zu 1), 2) und 4)  geltend, dass die Voraussetzungen für eine separate Terminsgebühr hier nicht gegeben seien.

18

Im Hinblick auf ihre eigene Erinnerung trägt die Beklagte vor, Kosten zugunsten der Klägerinnen zu 1) und 2) hätten nicht festgesetzt werden dürfen, da sie bereits vor Urteilserlass einen außergerichtlichen Vergleich mit diesen Klägerinnen geschlossen habe. Darin sei zum einen vorgesehen, dass sich die Beklagte zur Rücknahme der Patentverletzungsverfahren gegen die Klägerinnen verpflichtet. Des Weiteren sei vorgesehen, dass die Klägerinnen das Patentverletzungsverfahren 5 Ni 64/11 (EP) für den Fall einer Einigung der Beklagten mit dem T…

Konzern, an welche die Klägerinnen ihre Patente verkauft hätten, zurücknehmen und jede Partei ihre eigenen Kosten selbst tragen solle. Die Einigung zwischen den T…-Konzern und der Beklagten sei im Juni 2014 erfolgt, so dass die Bedingung des Vergleichs eingetreten sei. Aufgrund der Entscheidung des OLG München NJW 1969, 2149 sei eine Kostenfestsetzung damit aufgrund des geschlossenen Vergleichs vorliegend ausgeschlossen.

19

Die Klägerinnen zu 1) und 2) sind der Erinnerung der Beklagten entgegen getreten. Ihrer Auffassung nach wird das vorliegende Verfahren von dem von der Beklagten vorgelegten Vergleich nicht erfasst. Denn dieser sehe eine Rücknahme nur der Nichtigkeitsverfahren vor, welche bei Eintritt der Bedingung, also der Einigung zwischen T… und der Beklagten, noch anhängig gewesen seien. Bei

Eintritt der Bedingung sei das vorliegende Verfahren aber bereits abgeschlossen gewesen, so dass es nicht unter den Vergleich fallen könne. Darüber hinaus fehle es auch an einer Zuständigkeit des Bundespatentgerichts, denn der Vergleich sehe ausdrücklich nur den Gerichtsstand der New Yorker Gerichte vor. Unabhängig davon sei die Erinnerung aber auch deshalb unbegründet, weil materiell-rechtliche Einwendungen, wie der BGH erst in der Entscheidung BGH NJW-RR 2010, 718 ausdrücklich festgestellt habe, außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend zu machen seien.

20

Die Rechtspflegerin hat den Erinnerungen mit Beschluss vom 29. Mai 2015 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

21

Die Erinnerungen der Klägerinnen zu 1), 2) und 4) sowie der Beklagten sind zwar jeweils zulässig, in der Sache aber unbegründet.

1.

22

Die Erinnerung der Klägerinnen zu 1), 2) und 4), mit der sie jeweils den Ansatz einer zweiten Terminsgebühr für den sie gemeinsam in der mündlichen Verhandlung vertretenden Patentanwalt geltend machen, ist unbegründet, weil sie im Rahmen der Kostenfestsetzung nur eine Terminsgebühr für den gemeinsamen Patentanwalt ersetzt verlangen können. Die Beklagte hat diese jeweils nur zur Hälfte gegenüber der aus den Klägerinnen zu 1) und 2) bestehenden Klägergruppe einerseits und gegenüber der Klägerin zu 4) andererseits zu erstatten.

23

a) Im Rahmen der Kostenfestsetzung sind Gebühren für einen Patentanwalt nur erstattungsfähig, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Da eine Gebührenregelung für die Tätigkeit von Patentanwälten nicht existiert, sind im Rahmen der Kostenfestsetzung die Vorschriften des RVG entsprechend anzuwenden.

24

Nach § 7 RVG erhält ein Rechtsanwalt, der in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig ist, die Gebühren nur einmal. Nach § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

25

Die Voraussetzung der analog anzuwendenden § 7 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 RVG sind vorliegend erfüllt, weil es sich bei der Vertretung der Klägerinnen im Termin um „dieselbe Angelegenheit“ im Sinne dieser Vorschrift handelte. Unter Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll (BGH, Urteil vom 8.5.2014 - IX ZR 219/13, in: NJW 2014, 2126, 2127 Rn. 14). Der Begriff der „Angelegenheit“ ist dabei von demjenigen des „Gegenstandes“ zu trennen (vgl. Schneider/Wolf, AnwK RVG, 7. Aufl., § 7 Rn. 21 unter Hinweis auf OLG Köln, Beschl. v. 20.5.2010 – 17 W 80/10 - juris). Nichts Anderes besagt auch die von den Klägerinnen zitierte Entscheidung BGH NJW 2014, 2126. Denn Ausgangspunkt dieser Entscheidung  ist es, dass der Begriff der „Angelegenheit“ von demjenigen des „Gegenstandes“ zu trennen ist, so dass die Verschiedenheit der dabei behandelten Gegenstände der Annahme nur einer Angelegenheit grundsätzlich nicht entgegensteht, wie der BGH ausdrücklich betont (vgl. den von den Klägerinnen nicht zitierten ersten Satz in BGH NJW 2014, 2126, 2127 Rn. 15 [nicht Rn. 14, wie die Klägerinnen irrtümlich angeben]). Wie der BGH weiter in der von den Klägerinnen zitierten Stelle (BGH NJW 2014, 2126, 2127 Rn. 15) ausdrücklich hervorhebt, reicht es für die Annahme nur einer Angelegenheit auch bei Verschiedenheit der Gegenstände grundsätzlich aus, dass diese in einem einheitlichen Verfahren behandelt werden, weil verschiedene Gegenstände bereits dann einen inneren Zusammenhang aufweisen, wenn mit ihnen in demselben Verfahren derselbe Erfolg erstrebt wird. Dieselben Grundsätze gelten dabei, wie der BGH nachfolgend darlegt (vgl. NJW 2014, 2126, 2127 Rn. 16), auch bei der Beauftragung durch mehrere Mandanten; auch hier reicht es, dass deren Zielsetzungen weitgehend identisch sind.

26

Danach lag im vorliegenden Nichtigkeitsverfahren für die Anwaltstätigkeit (hier also für die Terminsgebühr) nach der Prozessverbindung nur noch eine einzige Angelegenheit vor, weil die Klägerinnen zu 1), 2) und 4) nunmehr denselben Erfolg – das ist im Nichtigkeitsverfahren allein die Nichtigerklärung des Streitpatents - in demselben Verfahren anstrebten. Dies ergibt sich daraus, dass mehrere Verfahren, die, solange sie nebeneinander geführt werden, selbst dann, wenn sie denselben Gegenstand betreffen, zwar verschiedene Angelegenheiten darstellen (vgl. Schneider/Wolf, AnwK RVG, 7. Aufl., § 15 Rn. 86; v. Seltmann, in: Beck'scher Online-Kommentar RVG, 29. Edition [Stand: 15.07.2015], § 15 Rn. 5 unter Hinweis auf BGH NJW 2011, 2591), nach einer Verbindung für die weitere Anwaltstätigkeit aber zu einer einzigen Angelegenheit werden (vgl. Schneider/Wolf, AnwK RVG, 7. Aufl., § 15 Rn. 88 und 175 f.).

27

Im Ergebnis stimmt dies auch mit der patentrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überein, der zufolge bei Erhebung einer Nichtigkeitsklage durch mehrere Kläger, die durch einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten mit einem gemeinsamen Schriftsatz gegen dasselbe Streitpatent, demselben Klageantrag und wegen derselben Nichtigkeitsgründe  erhoben worden ist, ein einheitlicher Klagegegenstand und nur ein Prozessrechtsverhältnis vorliegt (vgl. BGH, GRUR 1987, 348 - Bodenbearbeitungsmaschine). Soweit die Klägerinnen in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des 5. Nichtigkeitssenats vom 20. September 2012 (BPatGE 53, 182 – Bitratenreduktion) verweisen, die der Senat in anderer Besetzung zur Frage der Anzahl der bei Klägermehrheit einzuzahlenden Gebühren getroffen hatte, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn zum einen kann an dieser der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (vgl. Nr. B. Abs. 1 des Gebührenverzeichnisses des PatKostG, der bei Antragstellermehrheit gesonderte Gebühren nur für die Gebührentatbestände in den Nr. 400 000 bis 401 300, nicht aber für den die Nichtigkeitsklage betreffenden Gebührentatbestand der Nr. 402 100 vorsieht, der damit im zwingenden Umkehrschluss hiervon ausdrücklich ausgenommen ist) widersprechenden Entscheidung nicht festgehalten werden. Und zum anderen kann die hierin behandelte Frage der Anzahl der einzuzahlenden Gerichtsgebühren für die hier zu entscheidende Frage der Anwaltsgebühren keine Aussage treffen, da die gesetzlichen Voraussetzungen für beide Gebührentatbestände unterschiedlich sind.

28

Vorliegend kann mithin dahinstehen, ob der die Klägerinnen zu 1) und 2) sowie die Klägerin zu 4) in der mündlichen Verhandlung gemeinsam vertretende Patentanwalt in unterschiedlichem Umfang tätig wurde. Insbesondere können entgegen der Ansicht der Klägerinnen weder der Umstand, dass die einzelnen Klägerinnen teils verschiedene Entgegenhaltungen zur Grundlage ihrer Klagen gemacht haben noch das Anlass für ihre Nichtigkeitsklagen war, dass sie in unterschiedlichem Umfang vom Streitpatent betroffen waren, Grundlage für die Annahme sein, dass es sich um verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 7 Abs. 1 RVG handeln würde. Ob aus den von den Klägerinnen vorgetragenen Gründen möglicherweise verschiedene Gegenstände verfahrensgegenständlich waren, bedarf daher keiner Vertiefung. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob und in welchem Umfang die einzelnen Kläger vom angegriffenen Streitpatent betroffen sind, für die Bestimmung des Streitgegenstandes im Nichtigkeitsverfahren ohne Bedeutung ist. Gegenstand des als Popularklage ausgestalteten verwaltungsgerichtlichen (so Meier-Beck, GRUR 2015, 929, 930) Nichtigkeitsverfahrens ist nach der gesetzlichen Ausgestaltung nur die Nichtigerklärung des Streitpatents im Allgemeininteresse mit Wirkung ex tunc, selbst wenn der Kläger – etwa bei Erhebung einer Teilnichtigkeitsklage – hierbei seinen Angriff nur auf die Patentansprüche konzentriert, die Grundlage der gegen ihn erhobenen Verletzungsklage sind. Schließlich spielt auch der mit der gemeinsamen Vertretung verbundene Mehraufwand für die Anwendung des § 7 Abs. 1 RVG keine Rolle (BGH MDR 1994, 414).

29

Soweit die Klägerinnen mit ihrer Erinnerung daher zwei getrennte Terminsgebühren für ihren sie gemeinsam in der mündlichen Verhandlung auftretenden Patentanwalt geltend machen, ist diese mithin unbegründet.

30

b) Aber auch ihr Hilfsantrag auf Berechnung der (einzigen) Terminsgebühr aus der Addition der Einzelstreitwerte der verbundenen Verfahren, an denen sie beteiligt waren, erweist sich als unbegründet.

31

Zwar ist nach Verbindung mehrerer, zunächst verschiedene Angelegenheiten darstellenden Klagen dem Gebührentatbestand der anwaltlichen Tätigkeit der neue Gesamtstreitwert der verbundenen Klagen zugrunde zu legen (vgl. Schneider/Wolf, AnwK RVG, 7. Aufl., § 15 Rn. 176 m. w. N.). Bei der Patentnichtigkeitsklage besteht allerdings die Besonderheit, dass die Verbindung – anders als im Zivilverfahren, in denen mehrere Kläger unterschiedliche zivilrechtliche Ansprüche gegen den Beklagten einklagen – sich gebührenrechtlich nicht auswirkt. Denn im Patentnichtigkeitsverfahren ist für die Berechnung des  nach § 2 Abs. 2 Satz 4 PatKostG i. V. m. § 51 GVG nach billigem Ermessen zu bestimmenden Streitwerts nach ständiger Rechtsprechung der gemeine Wert des Streitpatents bei Erhebung der Klage zuzüglich des Betrags der bereits gerichtlich rechtskräftig zuerkannten oder der gerichtlich oder außergerichtlich geltend gemachten Schadensersatzforderungen maßgeblich (BGH, GRUR 1957, 79; GRUR 2007, 175 – Sachverständigenentschädigung IV; GRUR 2009, 1100 – Druckmaschinen-Temperierungssystem III). Für die Bestimmung des gemeinen Wertes des Streitpatents kommt es dabei – anders als bei der zivilprozessualen Verfolgung mehrerer zivilrechtlicher Ansprüche - nicht auf die Anzahl der Kläger und die dem Patentinhaber im Falle des Unterliegens entstehenden Kosten an, weil die Anzahl der Kläger den (Gesamt-)Wert des Streitpatents nicht erhöht (vgl. BPatG, Beschluss vom 20. August 2013, Az. 3 Ni 15/08, BeckRS 2013, 17891, m. w. N.). Zwar fließen in den als Streitwert zugrunde zu legenden Wert des Streitpatents die Einzelwerte der vom Patentinhaber betriebenen Verletzungsverfahren ein, da diese bei der Streitwertbemessung für das Nichtigkeitsverfahren als dessen Mindestbetrag zu addieren sind (vgl. grundsätzlich zur Bedeutung des Verletzungsstreitwerts für den Streitwert des Nichtigkeitsverfahrens BGH GRUR 2011, 757 - Nichtigkeitsstreitwert). Dieser sich aus der Addition mehrerer Verletzungsverfahren resultierende Gesamtwert des angegriffenen Patents ist aber von Anfang an Grundlage für die Streitwertbemessung jeder einzelnen Nichtigkeitsklage. Da somit der Wert des Streitpatents bei im Wesentlichen gleichzeitiger Erhebung allen Nichtigkeitsklagen - unabhängig von der Anzahl der Nichtigkeitskläger - stets gleich ist, kann er sich durch die Verbindung der einzelnen Verfahren zu einem einheitlichen nicht mehr erhöhen, da sich infolge der Verbindung der Wert des Streitpatents nicht weiter erhöhen kann.

32

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Klägerinnen genannten Entscheidung des 5. Nichtigkeitssenats vom 20. September 2012 (BPatGE 53, 182 – Bitratenreduktion), denn diese Entscheidung, an der, wie bereits ausgeführt, nicht festgehalten werden kann, betrifft allein die Frage der Anzahl der einzuzahlenden Gerichtsgebühren und kann daher für die hier zu entscheidende Frage, aus welchem Streitwert diese Gebühren zu berechnen sind, keine Rolle spielen.

33

Da somit sowohl allen Einzelklagen als auch dem nach der Verbindung fortbestehenden einheitlichen Verfahren stets der vom Senat mit Beschluss vom 4. Dezember 2013 festgesetzte Streitwert in Höhe von 23.750.000,00 Euro zugrunde lag, ist die Terminsgebühr allein hieraus, wie von der Rechtspflegerin zutreffend vorgenommen, zu berechnen. Damit kann aber auch dem Hilfsantrag der Klägerinnen kein Erfolg beschieden sein.

34

Da sich sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag der Klägerinnen somit als unbegründet erweisen, sind die Erinnerungen der Klägerinnen zurückzuweisen.

2.

35

Auch die zulässige Erinnerung der Beklagten ist in der Sache ohne Erfolg.

36

Nach § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. §§ 104, 103 Abs. 1 ZPO findet aus einem vollstreckbaren Urteil die Kostenfestsetzung statt. Soweit – was hier der Fall und von der Beklagten nicht bestritten ist – die Voraussetzungen dieser Vorschriften gegeben sind, gibt es mangels gesetzlicher Grundlage keinen Grund, einen nach diesen Vorschriften zulässigen Kostenfestsetzungsantrag zurückzuweisen. Dies gilt auch für den hier von der Beklagten geltend gemachten außergerichtlichen Vergleich. Denn aus diesem kann der hierin Berechtigte allenfalls zivilrechtliche Ansprüche gegen den hierin Verpflichteten geltend machen, mithin materiell-rechtliche Einwendungen nach den allseits bekannten, sich aus der gesetzlichen Ausgangslage zwingend ergebenden Grundsätzen des Kostenfestsetzungsrechts nur außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens verfolgen oder dem Kostenfestsetzungstitel entgegenhalten (vgl. hierzu etwa die zutreffend von der Beklagten zitierte Entscheidung BGH NJW-RR 2010, 718). Dies gilt auch für die Abwehr der (Zwangs-) Vollstreckung aus einem danach erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss, wofür das Vollstreckungsrecht bekanntlich geeignete rechtliche Instrumente – soweit deren Voraussetzungen gegeben sind – zur Verfügung stellt.

37

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des OLG München, NJW 1969, 2149. Denn Gegenstand dieser Entscheidung ist allein die Frage, ob die Parteien nach Eintritt der Rechtskraft einer gerichtlichen Kosten(grund)entscheidung eine hiervon abweichende Kostenvereinbarung im Wege des gerichtlichen Vergleiches treffen können, und ob statt der gerichtlichen streitigen Entscheidung nunmehr allein diese vergleichsweise Vereinbarung die einzige (neue) Grundlage des Kostenfestsetzungsverfahrens sein kann. Die Entscheidung beschränkt sich also darauf, dass die gerichtliche streitige Entscheidung über die Kosten der Kostenfestsetzung auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs nicht entgegensteht, da der gerichtliche Vergleich, bei dem es sich um einen Vollstreckungstitel handelt (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), in gleicher Weise wie die Kostengrundentscheidung im vorausgegangenen Urteil Grundlage der Kostenfestsetzung sein kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich diese ausdrücklich nur gerichtliche Vergleiche betreffende Entscheidung nicht auf (wie hier) außergerichtliche Vergleiche übertragen. Denn wesentliche Voraussetzung für die vom OLG München bejahte Rechtsfolge, dass allein noch die Kostenregelung des gerichtlichen Vergleichs Grundlage der Kostenfestsetzung sein soll, ist, dass es sich beim gerichtlichen Vergleich um einen eigenständigen Vollstreckungstitel handelt. Diese Voraussetzung erfüllt der außergerichtliche Vergleich aber nicht, denn ohne ein vorausgegangenes neues gerichtliches Erkenntnisverfahren ist der außergerichtliche Vergleich nicht vollstreckungsfähig, so dass ein auf ihn allein gestützter Kostenfestsetzungsantrag als unzulässig zurückzuweisen wäre. Die sich aus dem außergerichtlichen Vergleich möglicherweise ergebenden materiell-rechtlichen Einwendungen können daher nur außerhalb des auf der gerichtlichen Kostengrundentscheidung beruhenden Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden.

38

Damit bedarf es keiner Erörterung mehr, ob der von der Beklagten genannte Vergleich überhaupt wirksam ist und die von ihr behauptete, von den Klägerinnen zu 1) und 2) bestrittene Rechtsfolge enthält.

39

Da somit der von der Beklagten genannte außergerichtliche Vergleich selbst für den Fall, dass er die von ihr behauptete Regelung enthielte, dem Kostenfestsetzungsantrag der Klägerinnen zu 1) und 2) von vornherein nicht entgegen stehen kann, ist die hierauf gerichtete Erinnerung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

III.

1.

40

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens waren gegeneinander aufzuheben, da sowohl die Klägerinnen als auch die Beklagte in etwa zu gleichen Teilen unterlegen sind, wobei die Kosten der Klägerinnen hälftig anfallen (§§ 84, Abs. 2, 599 Abs. 1 PatG i. V. m. 592 Abs. 1 ZPO). Der Wert des Erinnerungsverfahrens folgt gewöhnlich der Höhe des streitigen Betrags.

2.

41

Der vorliegende Beschluss ist unanfechtbar. Denn nach § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 574 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde in Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Bundespatentgericht, da das Gesetz sie nicht ausdrücklich vorsieht, nur eröffnet, wenn das Bundespatentgericht sie zugelassen hat (vgl. zur Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Bundespatentgericht BGHZ 196, 52; GRUR 2013, 427; Mitt. 2013, 145 - Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren). Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sieht der Senat aber keinen Anlass, weil die vorliegende Entscheidung keine Rechtsfragen aufwirft, die eine Klärung durch den Bundesgerichtshof erfordern würde; insbesondere weicht sie soweit ersichtlich weder von dessen Rechtsprechung noch von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts ab.