Entscheidungsdatum: 18.07.2018
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21. September 2017 aufgehoben,
a) soweit das Landgericht davon abgesehen hat, gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Tat-erträgen anzuordnen; insoweit wird gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 54.700 Euro als Gesamtschuldner angeordnet;
b) soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Einziehung von Tatmitteln anzuordnen; insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten verworfen.
- Von Rechts wegen -
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit besonders schwerem Raub sowie mit gefährlicher Köperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Anrechnungsentscheidung zu erlittener Auslieferungshaft getroffen. Der Angeklagte wendet sich gegen seine Verurteilung mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Die ebenfalls auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich allein gegen die Entscheidungen des Landgerichts, von einer Einziehung des Wertes der Taterträge und von Tatmitteln abzusehen. Während das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Erfolg hat, ist dasjenige des Angeklagten unbegründet.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts drangen der Angeklagte und der gesondert Verfolgte Ma. gemeinsam mit zwei weiteren Mittätern am Abend des 14. September 2012 in das von J. und Y. H. be-wohnte Haus ein. Sie überwältigten und fesselten die beiden Bewohner. Der Angeklagte, der in seinem Rucksack zwei mit scharfer Munition geladene Pistolen mit sich führte, mit denen er und Ma. etwaigen Widerstand der Bewohner brechen und diese zur Herausgabe von Wertgegenständen zwingen wollten, packte die Waffen aus und gab eine davon Ma. . Unter Vorhalt der Pistolen zwangen sie den Geschädigten Y. H. , sie zu dem Tresorraum des Hauses zu führen. Aus Angst um sein Leben und das seines Lebensgefährten öffnete Y. H. den Tresorraum und händigte dem Angeklagten, Ma. und einem der Mittäter 41.500 Euro Bargeld sowie eine Halskette im Wert von 3.750 Euro, 18 Armbanduhren mit einem durchschnittlichen Wert von jeweils 500 Euro, die der Angeklagte noch im Tresorraum aus ihrer Verpackung entnahm, und eine weitere Uhr im Wert von 1.950 Euro aus. Sie verstauten die Beute in mitgebrachten Rucksäcken, um sie dem Tatplan entsprechend für sich zu behalten. Vor ihrer Flucht riss der Angeklagte dem Geschädigten J. H. eine goldene Halskette vom Hals, die er noch vor dem Verlassen des Grundstücks wieder verlor. Außerdem verloren der Angeklagte und seine beiden Mittäter dort drei der 18 Armbanduhren, die an die Geschädigten zurückgelangten.
2. Das Landgericht hat von der Anordnung einer Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB abgesehen, weil ein dem Angeklagten zuzurechnender Tatertrag nicht sicher habe festgestellt werden können. Im Hinblick auf die von den beiden Geschädigten geschilderte Hierarchie zwischen Ma. als „Bandenboss“ bzw. „Wortführer“ und den weiteren Mittätern einschließlich des Angeklagten könne nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die Tatbeute bei der Übergabe durch den Geschädigten Y. H. in die (Mit-)Verfügungsgewalt des Angeklagten übergegangen sei. Vielmehr sei es möglich, dass Ma. als Planer und Wortführer des Überfalls auch über die Beuteteilung allein habe entscheiden sollen, sodass die gesamte Tatbeute bis zu einer solchen Teilung unter den Mittätern seiner alleinigen Verfügungsgewalt unterlegen habe. Anhaltspunkte für vom Angeklagten bei einer etwaigen späteren Beuteteilung konkret Erlangtes fehlten.
Eine Einziehung von Tatwerkzeugen habe nach § 74 Abs. 3 StGB unterbleiben müssen, da die am Tatort zurückgelassenen Einbruchswerkzeuge nicht hinreichend sicher dem Angeklagten hätten zugerechnet werden können.
II.
Die wirksam auf die Nichtanordnungen der Einziehung des Wertes der Taterträge (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 - 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f. mwN) und der sicherungsweisen Einziehung von Tatmitteln (vgl. Quentin in MüKo-StPO, § 318 Rn. 68; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 318 Rn. 22 mwN) beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet.
1. Die Entscheidung des Landgerichts, von einer Einziehung des Wertes der Taterträge gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB abzusehen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Beteiligten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann (vgl. BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 f., und vom 24. Mai 2018 - 5 StR 623/17 und 624/17 mwN). Bei mehreren Beteiligten genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können. Faktische Mitverfügungsgewalt kann aber - jedenfalls bei dem vor Ort anwesenden, Teile der Beute in den Händen haltenden Mittäter - auch dann vorliegen, wenn sich diese in einer Abrede über die Beuteteilung widerspiegelt. Denn damit „verfügt“ der Mittäter zu seinen oder der anderen Beteiligten Gunsten über die Beute, indem er in Absprache mit diesen Teile des gemeinsam Erlangten sich selbst oder den anderen zuordnet (vgl. zur Zurechnung bei Mittäterschaft und in einem Ausnahmefall auch BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 - 4 StR 63/18 mwN).
b) Nach diesem Maßstab hatte der Angeklagte jedenfalls gemeinsam mit seinen im Tresorraum anwesenden Mittätern tatsächliche (Mit-)Verfügungsge-walt über die Gesamtbeute bereits dort erlangt.
Sie gingen bei der unmittelbaren Tatausführung arbeitsteilig vor, ließen sich gemeinsam die im Tresorraum aufbewahrten Gelder und Wertgegenstände aushändigen und verstauten die Beute in zu deren Abtransport mitgebrachten Rucksäcken, um sie „für sich“ zu behalten (UA S. 12). Wollte und hatte damit jeder der vor Ort anwesenden Tatbeteiligten die Beute „für sich“ behalten, so hat jeder von ihnen Verfügungsmacht über sie beansprucht und auch innegehabt. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beteiligte eine unmittelbar durch die Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat (vgl. BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, aaO S. 46, und vom 24. Mai 2018 - 5 StR 623/17 und 624/17, jeweils mwN). Die vom Landgericht als maßgeblich erachtete Erwägung, eine alleinige Verfügungsgewalt des „Bandenbosses“ ergäbe sich aus dessen überragender hierarchischer Stellung, geht deshalb im Ansatz fehl.
c) Der Angeklagte hat danach - unter Nichtberücksichtigung der noch beim Tatort verlorenen Wertgegenstände - eine Beute im Gesamtwert von 54.700 Euro durch die Tat erlangt. Da diese selbst nach § 73 Abs. 1 StGB nicht mehr eingezogen werden kann, unterliegt der deren Wert entsprechende Geldbetrag gemäß § 73c Abs. 1 StGB der Einziehung.
Der Senat bestimmt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen und in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Wert des von dem Angeklagten Erlangten selbst und ordnet insoweit auch dessen gesamtschuldnerische Haftung an (vgl. zur klarstellenden Tenorierung einer im Urteilszeitpunkt bekannten gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Tatbeteiligter BGH, Urteile vom 24. Mai 2018 - 5 StR 623/17 und 624/17; vom 7. Juni 2018 - 4 StR 63/18; Beschlüsse vom 25. September 2012 - 4 StR 137/12, NStZ 2013, 401; vom 18. Juli 2013 - 4 StR 171/13; vom 20. Februar 2018 - 2 StR 12/18).
2. Auch die Entscheidung des Landgerichts, von einer Einziehung sichergestellter Tatmittel abzusehen, hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Insoweit hat es die Vorschrift des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB aF unberücksichtigt gelassen, wonach im Eigentum Dritter stehende Gegenstände eingezogen werden können, wenn die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden.
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Eine solche individuelle Gefährlichkeit ist nicht bereits dann zu bejahen, wenn die bloße gedankliche Möglichkeit einer rechtswidrigen Verwendung vorliegt, sondern erst, wenn konkrete Anhaltspunkte diese nahelegen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 1991 - 3 StR 284/90, BGHR StGB § 74 Abs. 2 Nr. 2 Gefahr 2). Ob die Umstände eine nahe Wahrscheinlichkeit für eine Verwendung unter Missachtung der Rechtsordnung begründen, ist im Wesentlichen Tatfrage. Bei Gegenständen, die praktisch nicht anders als auf rechtswidrige Weise verwendet werden können, kann eine konkrete Gefahr ohne weiteres anzunehmen sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 1988 - 1 StR 257/88, BGHR StGB §74 Abs. 2 Nr. 2 Gefahr 1).
Hiervon ausgehend drängt sich eine konkrete Gefahr für die im vorliegenden Fall sichergestellten Einbruchswerkzeuge (vgl. Fischer, StGB 65. Aufl. § 74b Rn. 6) in Form eines Brecheisens, eines Multitools, eines Bolzenschneiders und eines Nothammers auf, während sich dies für das sichergestellte Fesselmaterial (Kabelbinder und Paketklebeband) nicht von selbst versteht. Die Entscheidung über die Einziehung bedarf deshalb weiterer Feststellungen durch das mit der Sache neu zu befassende Tatgericht.“
Dem schließt sich der Senat an.
III.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die Überprüfung des Urteils keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler ergeben hat. Insbesondere genügt die Darstellung des DNA-Gutachtens den Anforderungen, die die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 - 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490; Beschlüsse vom 22. Februar 2017 - 5 StR 606/16 und vom 18. Januar 2018 - 4 StR 377/17 jeweils mwN). Nähere Darlegungen im Urteil zur vom Sachverständigen herangezogenen Vergleichs-Datenbank verlangt sie bei dem inzwischen in weiten Teilen standardisiertem Verfahren nicht. Ob solche Ausführungen im Sachverständigengutachten geboten sind - worauf die von der Revision angeführten Zitate hindeuten könnten - bedarf keiner Entscheidung, da auf die Sachrüge hin nur das Urteil der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt.
Mutzbauer |
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Sander |
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Schneider |
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Berger |
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Köhler |
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