Entscheidungsdatum: 07.03.2019
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 27. April 2018 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe von 40.000 Euro angeordnet ist.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
- Von Rechts wegen -
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betäubungsmitteldelikten zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren unter Aussetzung zur Bewährung verurteilt und die Einziehung von 4.900 Euro angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich allein gegen die Höhe der Einziehungsentscheidung. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte in den Jahren 2013 und 2014 gewinnbringend Betäubungsmittel (Ecstasy-Tabletten, einen MDMA-„Stein“, Amphetaminpulver und Marihuana), die er - mit einer Ausnahme - bei seinen Lieferanten für insgesamt 30.600 Euro aus eigenen finanziellen Mitteln erworben hatte. Lediglich im Fall 2 der Urteilsgründe erhielt er den Kaufpreis von 5.000 Euro von dem Abnehmer vorab, wovon er 2.000 Euro zurückzahlte, nachdem es ihm nicht gelungen war, das ursprünglich bestellte Marihuana zu beschaffen, und die ersatzweise gelieferten Ecstasy-Tabletten lediglich einen Verkaufswert von 3.000 Euro besaßen. Sein Gewinn belief sich für dieses Geschäft auf 500 Euro, in den übrigen Fällen - bei einem Verkaufserlös von 35.000 Euro - auf 4.400 Euro.
2. Das Landgericht hat seine Einziehungsentscheidung auf „§ 33 BtMG, §§ 73 Abs. 1, 73c, 73d StGB“ gestützt. Für die Höhe der Anordnung hat es den aus den Betäubungsmittelgeschäften erzielten Gewinn von insgesamt 4.900 Euro herangezogen, da der Angeklagte „nach dem Nettoprinzip“ nur den Geldbetrag erlangt habe, der ihm „nach Abzug der Erwerbskosten verblieben“ sei.
3. Die wirksam auf die Höhe der Einziehungsanordnung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 - 5 StR 623/17 und 624/17) ist begründet, da die Entscheidung des Landgerichts insoweit durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
a) Die Strafkammer hat im Fall 2 der Urteilsgründe bei der Beurteilung der Frage, was der Angeklagte durch die Tat erlangt hat, einen unzutreffenden Maßstab angelegt.
„Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB ist jeder Vermögenswert, der dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs derart zugeflossen ist, dass er seiner faktischen Verfügungsgewalt unterliegt. Da es sich bei dem Erlangen um einen tatsächlichen Vorgang handelt, kommt es auf zivilrechtliche Besitz- oder Eigentumsverhältnisse nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2018 - 4 StR 78/18, NStZ-RR 2019, 22). Unerheblich ist es daher auch, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter eine durch die Tat gewonnene Verfügungsmacht später aufgibt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 - 5 StR 645/17, NStZ-RR 2018, 278, 279).
Danach hat - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - der Angeklagte durch die Tat nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG den gesamten Kaufpreis von 5.000 Euro erlangt. Dabei ist es ohne Belang, dass sein Abnehmer in Vorleistung getreten ist. Denn ein vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegt bereits dann vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten - wie hier - ein verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet; dass es nicht zu dem ursprünglich vereinbarten Umsatzgeschäft gekommen ist, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 2004 - 2 StR 232/04, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 61). Rechtlich unerheblich ist es danach auch, dass der Angeklagte 2.000 Euro an den Abnehmer zurückgezahlt hat, da der vereinnahmte Kaufpreis von 5.000 Euro seinem Vermögen so zugeflossen war, dass er jedenfalls vorübergehend die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Geldbetrag ausüben konnte (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2018 - 4 StR 78/18, aaO).
b) Zudem ist dem Landgericht in allen Fällen bei der Bestimmung des Wertes des Tatertrages ein durchgreifender Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten unterlaufen. Zwar ist es zutreffend davon ausgegangen, dass der Wert des Taterlangten aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 316h Satz 1 StGB gemäß § 73d Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes über die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 872) zu bestimmen war. Es hat aber das Abzugsverbot für Tataufwendungen des § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB verkannt und den Wert des Erlangten daher rechtsfehlerhaft nach dem „Nettoprinzip“ bestimmt.
Mit § 73d Abs. 1 StGB hat der Gesetzgeber das „Bruttoprinzip“ konkretisiert (BT-Drucks. 18/9525, S. 55, 67 ff.). Eine Abkehr von diesem seit 1992 normierten Grundsatz der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (vgl. BTDrucks. 12/1134, S. 12) hat er damit nicht verbunden (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 62; 18/11640, S. 78 f.). Danach sind nur solche Aufwendungen des Täters nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB abzugsfähig, die weder für die Begehung noch für die Vorbereitung der Tat angefallen sind (§ 73d Abs. 1 Satz 2 StGB). Erwerbskosten für verkaufte Betäubungsmittel dürfen mithin auch nach der Neufassung der §§ 73 ff. StGB nicht vom Verkaufserlös abgezogen werden (vgl. BTDrucks. 18/9525, S. 55, 68; BGH, Beschluss vom 22. März 2018 - 3 StR 577/17, wistra 2018, 427). Daran hat auch die Streichung des § 73c StGB aF nichts geändert, weil der Schutz vor unverhältnismäßigen Eingriffen im neuen Recht durch die vollstreckungsrechtliche Vorschrift des § 459g Abs. 5 StPO gewährleistet ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2018 - 4 StR 78/18, aaO S. 23).
c) Angesichts dieser durchgreifenden Rechtsfehler kann es dahinstehen, ob das Urteil zudem darauf beruht, dass Landgericht die Einziehungsentscheidung rechtsfehlerhaft (auch) auf die ausschließlich für Tatobjekte im Sinne des § 74 Abs. 2 StGB (z.B. gehandelte Betäubungsmittel) geltende Ermessensvorschrift des § 33 BtMG gestützt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 - 2 StR 519/09, NStZ-RR 2010, 141, 142; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 25, § 74 Rn. 17).
d) Einen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) hat die Überprüfung der Einziehungsentscheidung nicht ergeben.
4. Da die Anordnung nach §§ 73, 73 c StGB bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen rechtlich zwingend ist, kann der Senat - dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend - auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen analog § 354 Abs. 1 StPO die Einziehung des Wertes des Tatertrages von 40.000 Euro selbst anordnen (vgl. LR-Franke, StPO, 26. Aufl., § 354 Rn. 12).
Mutzbauer |
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König |
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Berger |
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Mosbacher |
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Köhler |
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