Entscheidungsdatum: 12.09.2012
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. Mai 2012 im Gesamtstrafausspruch nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten – im zweiten Durchgang – wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer in einem früheren Verfahren wegen Beleidigung verhängten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt (Einzelstrafen: zwei Jahre und neun Monate sowie zehn Monate Freiheitsstrafe). Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt lediglich zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
Die Strafkammer hat die Vorgaben der Senatsentscheidung vom 14. Dezember 2011 (5 StR 425/11, BGHR AMG § 95 Bewertungseinheit 1) rechtsfehlerfrei umgesetzt und den Angeklagten nunmehr wegen eines einheitlichen Vergehens des Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2a und 4 AMG zu der Einsatzstrafe von zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die von ihr vorgenommene Gesamtstrafenbildung begegnet jedoch durchgreifenden Bedenken.
Das Landgericht hat bei der Bemessung der Gesamtstrafe ausdrücklich berücksichtigt, dass ein weiteres Verfahren wegen Beleidigung in zwei Fällen im Hinblick auf die im vorliegenden Verfahren zu erwartende Strafe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, „so dass die Kammer die Erhöhung der Einsatzstrafe auf drei Jahre und sechs Monate für schuld- und tatangemessen erachtet hat“ (UA S. 48, 49). Eine strafschärfende Berücksichtigung von einer Einstellung nach § 154 StPO betroffener Taten setzt jedoch voraus, dass diese in der Hauptverhandlung prozessordnungsgemäß festgestellt sind und zur Überzeugung des Tatgerichts feststehen (BGH, Beschluss vom 2. August 2000 – 5 StR 143/00, NStZ 2000, 594; Urteil vom 30. November 1990 – 2 StR 230/90, NStZ 1991, 182; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 46 Rn. 41). Das Abstellen auf einen bloßen Verdacht der Begehung weiterer Straftaten ist unzulässig (BGH, Beschluss vom 12. Mai 1995 – 3 StR 179/95, NStZ 1995, 439; Beschluss vom 9. April 1991 – 4 StR 138/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 14).
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Zwar wird der dem eingestellten Verfahren zugrunde liegende Sachverhalt mitgeteilt. Dem Urteil lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Strafkammer hierzu eigene Feststellungen getroffen und sich die Überzeugung verschafft hätte, der Angeklagte habe diese Taten in der geschilderten Weise begangen.
Für die erneut durchzuführende Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass an die Begründung der Gesamtstrafenhöhe umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je mehr sich die Strafe der unteren oder oberen Grenze des Zulässigen nähert (BGH, Beschluss vom 25. August 2010 – 1 StR 410/10, NJW 2010, 3176; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 54 Rn. 7a mwn). Die Besorgnis, der Tatrichter habe sich bei der Bemessung der Gesamtstrafe von der Summe der Einzelstrafen leiten lassen, kann bereits für sich genommen einen Rechtsfehler begründen (vgl. BGH aaO; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 661).
Der Senat bemerkt ferner, dass die überflüssige Wiedergabe dem Angeklagten in weiteren anhängigen Verfahren vorgeworfener Sachverhalte unter Umständen Anlass zu der Befürchtung geben kann, das Tatgericht habe den insoweit gegen den Angeklagten bestehenden Verdacht im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Lasten berücksichtigt.
Raum Schaal Schneider
König Bellay