Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 13.04.2015


BGH 13.04.2015 - 5 StR 110/15

Strafverfahren: Verlesung eines Polizeiberichts aus einem anderen Ermittlungsverfahren


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
13.04.2015
Aktenzeichen:
5 StR 110/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Bremen, 21. August 2014, Az: 60 KLs 962 Js 4797/12 (12/13)
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21. August 2014 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Zur Revision der Angeklagten S.    bemerkt der Senat ergänzend:

1. Der Senat teilt die Auffassung des Generalbundesanwalts, dass die auszugsweise Verlesung des polizeilichen „Tathergangsberichts" aus dem vormals gegen den Zeugen Br.    geführten Ermittlungsverfahren nach § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO jedenfalls insoweit nicht zu beanstanden ist, als dort die Tatsache und die Umstände der durch die Angeklagte erstatteten Strafanzeige betroffen sind. Weder dem Wortlaut der Vorschrift noch dem mit ihr verfolgten Anliegen der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung (vgl. dazu BT-Drucks. 15/1508 S. 26 f.; KK/Diemer, StPO, 7. Aufl., § 256 Rn. 9a) lässt sich eine Einschränkung auf Urkunden aus dem gerade anhängigen Verfahren entnehmen (aM SK-StPO/Velten, 4. Aufl., § 256 Rn. 33). Bestehen Zweifel an der Zuverlässigkeit der Urkunde, hat das Gericht ihnen im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) nachzugehen. Dass solche Zweifel hier bestanden haben könnten, wird von der Revision nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Die Strafkammer hat die bezeichnete Urkunde insoweit verwertet, als das Datum der Anzeigeerstattung und die Größe des vorgefundenen Duschkopfs betroffen waren. Hingegen vermag der Senat nicht zu erkennen, dass das Urteil auch auf den Inhalt einer rechtsfehlerhaft lediglich aufgrund einer Vorsitzendenverfügung verlesenen Niederschrift über die Beschuldigtenvernehmung des hiesigen Zeugen Br.     gestützt ist (UA S. 46/47). Das wird von der Revision auch nicht behauptet (RB S. 11). Unter diesen Vorzeichen kann ein Beruhen des Urteils (§ 337 Abs. 1 StPO) auf dem Mangel ausgeschlossen werden.

2. Dass die Strafkammer die von einem privatrechtlich organisierten Krankenhaus herrührenden Arztbriefe rechtsfehlerhaft nach § 256 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StPO verlesen hat (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 - 3 StR 557/14 Rn. 6 f.), gefährdet den Bestand des Urteils nicht. Der Senat kann dabei dahingestellt lassen, ob die darin enthaltenen Befunde - wie hier ausschließlich geschehen (UA S. 79 f.) - auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens hätten verwertet werden dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1956 - 3 StR 136/56, BGHSt 9, 292, 293 f.; Beschluss vom 17. November 1987 - 5 StR 547/87, BGHR StPO § 59 Satz 1 Sachverständigenfrage 1; jeweils mwN). Denn das Urteil würde auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler nicht beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO). Die sachverständig beratene Strafkammer hat nämlich eine - in der Sache ohnehin überaus fernliegende - Drogenabhängigkeit der Angeklagten S.    mit Persönlichkeitsdepravation für die allein maßgebende Tatzeit (2010) in nicht zu beanstandender Weise verneint (UA S. 78 f.). Ohne Berücksichtigung der Arztbriefe, die den vier Jahre später gegebenen Zustand der Angeklagten betrafen (2014), wäre sie zu keinem anderen Ergebnis gelangt.

3. Das Urteil legt unter detaillierter Wiedergabe vor der Polizei gemachter An- gaben des Zeugen Br.     dar, dass dieser das Geschehen „durchgängig seit dem 18.12.2010 bis heute (fast 4 Jahre später) in den wesentlichen Punkten konstant beschrieben" hat (UA S. 61). Entgegen der Meinung der Revision ist es nicht Aufgabe der Urteilsgründe, den „Verlauf und den Ertrag" sämtlicher Befragungen des Zeugen umfassend darzulegen. Angesichts einer Vielzahl von gegen die Angeklagten sprechenden, außerhalb der Aussage des Zeugen liegenden Beweismitteln, nicht zuletzt ferner eines Geständnisses der Angeklagten S.    gegenüber der Sachverständigen, war eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation mit den dafür geltenden erhöhten Darstellungspflichten nicht gegeben.

Sander                          Dölp                         König

                  Bellay                       Feilcke