Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 27.03.2014


BVerwG 27.03.2014 - 5 C 6/13

Ausbildungsförderungsrecht; Aktualisierungsantrag; Einkommensermittlung eines Elternteils; Pauschalbeträge zur sozialen Sicherung


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
27.03.2014
Aktenzeichen:
5 C 6/13
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 13. September 2012, Az: 1 A 486/12, Urteilvorgehend VG Dresden, 27. Oktober 2010, Az: 5 K 801/08, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Stellt ein Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wegen einer Verminderung des Einkommens eines Elternteils einen Aktualisierungsantrag, dann ist bei der endgültigen Berechnung der Ausbildungsförderung nach Maßgabe des § 24 Abs. 2 Satz 2 BAföG auf die gesamten Einkommensverhältnisse des Elternteils in den betroffenen Kalenderjahren abzustellen. Hierbei sind nicht nur die Einkünfte, sondern auch die abzugsfähigen Pauschalbeträge zur sozialen Sicherung für die jeweiligen Kalenderjahre getrennt zu ermitteln.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Höhe der Ausbildungsförderung des Klägers.

2

Der Kläger erhielt von Oktober 2004 bis Oktober 2005 Ausbildungsförderung für die letzten Semester seines Medizinstudiums. Aufgrund eines Aktualisierungsantrags des Klägers wurde bei der Berechnung der Höhe der Ausbildungsförderung das geschätzte aktuelle Einkommen seiner Mutter zu Grunde gelegt und unter dem Vorbehalt einer späteren Überprüfung geleistet. Nachdem die Mutter des Klägers ihre Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005 vorgelegt hatte, berechnete der Beklagte das anzurechnende Einkommen neu und forderte vom Kläger mit Bescheid vom 31. August 2007 Ausbildungsförderung in Höhe von 5 343,00 € zurück.

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Der Kläger erhob nach erfolglosem Widerspruch Anfechtungsklage. Das Einkommen seiner Mutter sei falsch berechnet worden. Seine Mutter sei von Oktober 2004 bis Ende 2005 selbständig tätig gewesen, so dass von ihrem Einkommen nicht die niedrigere Arbeitnehmerpauschale, sondern die höhere Selbständigenpauschale abzuziehen sei. Daher sei der Rückforderungsbetrag um 1 613,30 € zu kürzen. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt und hob den Leistungsbescheid im beantragten Umfang auf.

4

Das Oberverwaltungsgericht änderte auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage ab. Auch wenn die Mutter des Klägers im gesamten Bewilligungszeitraum selbständig erwerbstätig gewesen sei, sei die Anwendung der Arbeitnehmerpauschale nicht zu beanstanden. Nach dem Ausbildungsförderungsrecht sei jeder Einkommensbezieher nur einer Pauschalengruppe zuzuordnen. Die Arbeitnehmerpauschale sei schon dann anzuwenden, wenn jemand im maßgeblichen Zeitraum nur zeitweise als Arbeitnehmer tätig gewesen sei. Die Zuordnung zu der im Gesetz zuerst genannten Arbeitnehmerpauschale schließe die Anwendung der Selbständigenpauschale aus. Da die Mutter des Klägers vom 1. Februar bis 8. März 2004 als Arbeitnehmerin tätig gewesen sei, sei für den maßgeblichen Berechnungszeitraum die Arbeitnehmerpauschale zu Grunde zu legen. Etwas anderes gelte auch nicht bei Aktualisierungsanträgen. Zwar sei in diesen Fällen auf die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum abzustellen. Bei der Berechnung des im Bewilligungszeitraum erzielten durchschnittlichen Monatseinkommens sei jedoch auf die gesamten Einkommensverhältnisse in den betroffenen Kalenderjahren zurückzugreifen.

5

Mit der Revision macht der Kläger geltend, dass das Berufungsgericht unter Verstoß gegen Bundesrecht das maßgebliche Einkommen des Klägers falsch berechnet habe. Es habe verkannt, dass es für die Ermittlung der Sozialpauschale - wenn wie hier ein Aktualisierungsantrag gestellt sei - allein auf die berufliche Betätigung im Bewilligungszeitraum ankomme. Dafür sprächen der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und die Systematik des Gesetzes. Auch im Bereich des Unterhaltsrechts und des Sozialhilferechts werde hinsichtlich der Absetzbeträge allein auf den Zeitraum der Unterhalts- bzw. Leistungsgewährung abgestellt.

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Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf einer fehlerhaften Anwendung der bundesrechtlichen Vorschrift des § 24 Abs. 4 Satz 2 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung - Bundesausbildungsförderungsgesetz - in der hier für das Studienjahr 2004/2005 maßgeblichen Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 (BGBl I S. 645), zuletzt geändert durch Art. 10 Nr. 3 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950 - im Folgenden: BAföG).

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1. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagte grundsätzlich nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG zum Erlass eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides befugt gewesen ist, weil die Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Neuberechnung und Rückforderung geleistet worden ist (vgl. dazu Urteil vom 25. April 1985 - BVerwG 5 C 42.82 - Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 6; Beschluss vom 13. November 1987 - BVerwG 5 B 152.86 - Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 10 S. 7 = juris Rn. 4).

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Ferner hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass entgegen der Ansicht des Klägers bei der erforderlichen Neuberechnung nicht ausschließlich auf die tatsächlichen Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum abgestellt werden kann. Zwar eröffnet § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG die Möglichkeit, im Falle einer Verschlechterung der Einkommensverhältnisse der Eltern eine Berücksichtigung der "Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum" zu beantragen (sog. Aktualisierungsantrag). Dann kommt es für die Anrechnung des elterlichen Einkommens abweichend von der Regel des § 24 Abs. 1 BAföG nicht auf die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr, sondern auf die aktuellen Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum an. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei der Ermittlung dieses aktuellen Einkommens ausschließlich die tatsächlichen Einkommensverhältnisse der Eltern in den Monaten berücksichtigt werden, für die die Ausbildungsförderung gewährt wird.

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Denn das Gesetz selbst regelt in § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG wie die Einkommensanrechnung im Falle eines Aktualisierungsantrags erfolgt. Danach wird der Durchschnittswert der im Bewilligungszeitraum erzielten Monatseinkommen angerechnet. "Als Monatseinkommen gilt ein Zwölftel des jeweiligen Kalenderjahreseinkommens". Durch die Formulierung "gilt" fingiert das Gesetz, dass das durchschnittliche Monatseinkommen eines Kalenderjahres dem tatsächlich erzielten Einkommen in einem bestimmten Monat entspricht. Es verpflichtet dazu, nicht mehr auf die tatsächlichen, von Monat zu Monat schwankenden Einkommensverhältnisse, sondern auf das aus dem "jeweiligen" Kalenderjahreseinkommen zu bildende durchschnittliche Monatseinkommen zu achten (ebenso OVG Münster, Beschluss vom 27. März 2012 - 12 A 300/12 - juris Rn. 6).

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Dies entspricht auch dem historischen Willen des Gesetzgebers. Er wollte mit dem 6. BAföG-Änderungsgesetz vom 16. Juli 1979 (BGBl I S. 1037) lediglich die früher in Tz. 24.3.5 und 24.3.6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz vom 25. August 1976 - BAföGVwV 1976 (GMBl S. 386) - enthaltene und von der Rechtsprechung gebilligte Durchschnittswertbildung (vgl. Urteil vom 12. März 1987 - BVerwG 5 C 37.84 - Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 9 S. 3) kodifizieren, um auch bei erheblichen Einkommensschwankungen eine ausgewogene Erfassung des im Bewilligungszeitraum erzielten Einkommens sicherzustellen (BTDrucks 8/2467 S. 17). Im Hinblick darauf, dass die Eltern der Auszubildenden im Normalfall nicht nur sporadische, sondern kontinuierliche Einkünfte haben, erschien es dem Gesetzgeber sachlich gerechtfertigt, nicht nur das speziell in den Bewilligungsmonaten erzielte elterliche Einkommen, sondern auch deren Einkünfte in den übrigen Monaten des jeweiligen Kalenderjahres in den Blick zu nehmen (vgl. Urteil vom 12. Mai 1993 - BVerwG 11 C 9.92 - BVerwGE 92, 272 <274> = Buchholz 436.36 § 22 BAföG Nr. 5 S. 1 <3 f.>).

12

Der aus der grammatikalischen und der historischen Auslegung sich ergebende Befund wird von dem systematischen Zusammenhang zwischen § 24 Abs. 2 Satz 2 und § 21 BAföG bestätigt. Als Einkommen gilt nach § 21 Abs. 1 Satz 2 BAföG in der Regel die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes, hier in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 - EStG 2002 - (BGBl I S. 4210; 2003 I S. 179). Nach § 2 Abs. 7 Satz 1 EStG 2002 ist die Einkommensteuer eine Jahressteuer. Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für das Kalenderjahr zu ermitteln (§ 2 Abs. 7 Satz 2 EStG 2002). Ist für die Gewinnermittlung das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr maßgeblich, sieht § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG 2002 eine zeitanteilige Aufteilung des Gesamtgewinns auf die Kalenderjahre vor, die vom Wirtschaftsjahr berührt werden. Auch dies spricht dafür, im Anwendungsbereich des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG das Einkommen der Kalenderjahre, die den Bewilligungszeitraum erfassen, entsprechend dem jeweiligen zeitlichen Anteil aufzuteilen und dementsprechend als Einkommen im Bewilligungszeitraum die Summe seiner zeitlichen Anteile festzustellen (vgl. Urteil vom 12. März 1997 a.a.O. S. 4 f.).

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Die entspricht auch dem Zweck des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG. Die Berücksichtigung der den Bewilligungszeitraum übersteigenden Einkommenssituation dient nicht nur einer angemessenen Einkommenserfassung, sondern auch dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung. Denn dies ermöglicht es, bei der Einkommensberechnung auf die Steuerbescheide der betroffenen Kalenderjahre zurückzugreifen. Es müssen nicht eigens für die Zwecke der Ausbildungsförderung monatliche Einkommensaufstellungen angefertigt werden. Vielmehr kann auf die von den Finanzämtern erstellten Einkommensteuerbescheide und auf die ohnedies für das Kalenderjahr vorliegenden Einkommensunterlagen zurückgegriffen werden (vgl. Urteil vom 12. März 1987 a.a.O. S. 4).

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Dementsprechend lassen es der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, die systematische Auslegung und der Sinn und Zweck des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG nicht zu, bei der Ermittlung des Einkommens nur auf die tatsächlichen Verhältnisse im Bewilligungszeitraum abzustellen. Angesichts dieser speziellen gesetzlichen Regelung im Bundesausbildungsförderungsgesetz kann es nicht darauf ankommen, ob - wie der Kläger vorträgt - im Unterhalts- und Sozialhilferecht ausschließlich die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum maßgeblich sind.

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Schließlich kann auch nicht eingewendet werden, dass es bei der im vorliegenden Fall umstrittenen Bestimmung der Pauschale für Aufwendungen zur sozialen Sicherung (Sozialpauschale) im Sinne der § 21 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BAföG nicht um die Ermittlung des Einkommens, sondern um die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Abzüge gehe und dass insoweit ein anderer Zeitraum maßgeblich sei. Denn es liegt auf der Hand, dass das auf den Bedarf des Auszubildenden nach § 24 Abs. 4 BAföG anzurechnende Einkommen nur das um die Abzüge bereinigte Einkommen im Sinne des § 21 BAföG sein kann (vgl. Rothe/Blanke, BAföG, Stand 2005, § 24 Rn. 36.1). Wenn auf den studentischen Bedarf das Bruttoeinkommen der Eltern anzurechnen wäre, hätte die Ermittlung des um die notwendigen Aufwendungen bereinigten Nettoeinkommens in § 21 BAföG keinen Sinn. Im Übrigen wäre es systemwidrig, wenn bei der Ermittlung der monatlichen Einkünfte im Rahmen des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG auf die im jeweiligen Kalenderjahr erzielten durchschnittlichen Monatseinkünfte abgestellt werden würde, bei der Ermittlung der Belastungen aber nur die konkreten Verhältnisse in den im Bewilligungszeitraum liegenden Monaten maßgeblich wären. Daher ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass auch bei der Bestimmung der sog. Sozialpauschale nach § 21 Abs. 2 BAföG die Verhältnisse in dem gesamten Kalenderjahr maßgeblich sind.

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2. Das Oberverwaltungsgericht hat allerdings bei der Anwendung des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG dadurch gegen Bundesrecht verstoßen, dass es im vorliegenden Fall die Höhe der Sozialpauschale für beide Kalenderjahre einheitlich bestimmt hat. § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG ordnet an, dass bei der Einkommensanrechnung der Eltern auf deren durchschnittliches Monatseinkommen im Bewilligungszeitraum abzustellen ist und dass als Monatseinkommen "ein Zwölftel des jeweiligen Kalenderjahreseinkommens" gilt. Besteht ein Bewilligungszeitraum - wie hier - aus Teilen mehrerer Kalenderjahre, müssen folglich die in dem Bewilligungszeitraum liegenden Monatseinkommen nach Kalenderjahren getrennt ermittelt werden. Dies folgt schon daraus, dass der Wortlaut des § 24 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 BAföG von den Monatseinkommen des "jeweiligen" Kalenderjahres spricht. Eine getrennte Ermittlung war auch ausdrücklich in Tz. 24.3.6 BAföGVwV 1976 vorgeschrieben, deren Inhalt der Gesetzgeber in § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG aufnehmen wollte (vgl. Urteil vom 12. März 1987 - BVerwG 5 C 37.84 - Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 9 S. 3). Schließlich widerspräche es dem Zweck des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG, die Einkommensverhältnisse angemessen zu erfassen, wenn wesentliche Veränderungen im Verlauf zweier Kalenderjahre unberücksichtigt blieben.

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Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die im Bewilligungszeitraum liegenden Monatseinkommen des Jahres 2004 getrennt von den Monatseinkommen des Jahres 2005 auf der Grundlage des jeweiligen Kalenderjahreseinkommens im Sinne des § 21 BAföG zu berechnen sind. Dabei sind nicht nur bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG die unterschiedlichen Jahreseinkommensteuerbescheide zu Grunde zu legen. Vielmehr ist auch die Frage der abzuziehenden Sozialpauschale nach § 21 Abs. 2 BAföG nach Kalenderjahren getrennt zu beantworten (ebenso VG Regensburg, Urteil vom 13. März 2012 - RN 9 K 11.530 - juris Rn. 29).

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Das Oberverwaltungsgericht hat für das Kalenderjahr 2004 festgestellt, dass die Mutter des Klägers ungefähr einen Monat als rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmerin tätig gewesen ist. Es hat daraus zutreffend geschlossen, dass für das Kalenderjahr 2004 nur ein Einkommensabzug für Aufwendungen zur sozialen Sicherung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG in Höhe von 21,5 vom Hundert beansprucht werden kann. Denn aus § 21 Abs. 2 Satz 2 BAföG folgt, dass ein Einkommensbezieher einer der genannten Pauschalengruppen schon dann zuzuordnen ist, wenn er deren Voraussetzungen auch nur für einen Teil des Berechnungszeitraumes erfüllt. § 21 Abs. 2 Satz 3 BAföG schließt bei Zuordnung zur erstgenannten Pauschale der rentenversicherungsrechtlichen Arbeitnehmer eine Zuordnung zu den nachfolgenden Pauschalengruppen aus.

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Es mag dem Kläger zwar unbillig erscheinen, dass wegen einer sehr kurzen Beschäftigungsphase seiner Mutter als Arbeitnehmerin der höhere Pauschalbetrag für Selbständige für das gesamte Jahr 2004 entfällt. Die schematische Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 2 und 3 BAföG ist jedoch vom Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung geschaffen worden, um den Ausbildungsförderungsbehörden die Bearbeitung der Vielzahl von Ausbildungsförderungsanträgen zu erleichtern. Es handelt sich daher um eine bei der Ordnung von Massenerscheinungen notwendige und verfassungsrechtlich zulässige Typisierung und Generalisierung. Härten in Einzelfällen sind dabei unvermeidlich und daher hinzunehmen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. September 1986 - 1 BvR 363/86 - FamRZ 1987, 901 zum Ausschluss des Verlustabzugs in § 21 Abs. 1 Satz 2 BAföG).

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Diese mit der Typisierung verbundenen Nachteile sollen jedoch, da § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG eine nach Kalenderjahren getrennte Ermittlung der Monatseinkommen vorschreibt, nicht auf das folgende Kalenderjahr erstreckt werden. Für das Kalenderjahr 2005 hat das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht unwidersprochen festgestellt, dass die Mutter des Klägers ausschließlich selbständig tätig gewesen ist. Demzufolge ist bei der Berechnung der in das Jahr 2005 fallenden Monatseinkommen nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BAföG ein Abzug der vom Kläger beanspruchten höheren Sozialpauschale für Selbständige in Höhe von 31,5 vom Hundert des Einkommens geboten.

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Auf diesem Rechtsanwendungsfehler beruht die angegriffene Entscheidung auch. Denn der Kläger hat einen Rechtsanspruch darauf, dass ihm bei der Ermittlung der Monatseinkommen von Januar bis Oktober 2005 ein zusätzlicher Abzug von Vorsorgeaufwendungen bewilligt und der Bescheid des Beklagten insoweit abgeändert wird.

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3. Die angegriffene Entscheidung ist daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das Bundesverwaltungsgericht kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Oberverwaltungsgericht - von seinem Standpunkt aus nachvollziehbar - keine tatsächlichen Feststellungen zum durchschnittlichen Monatseinkommen in den Jahren 2004 und 2005 getroffen und die behördlichen Berechnungen nicht weiter überprüft hat.