Entscheidungsdatum: 28.03.2012
Die allein auf Grundsatzrügen gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt nur in Betracht, wenn in der Beschwerdebegründung in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt wird, dass für die Entscheidung des Berufungsgerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage bedeutsam war, die auch für die Entscheidung in dem erstrebten Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geboten erscheint (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 22 und vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19). Daran fehlt es hier.
1. Soweit die Beschwerde als rechtsgrundsätzlich geklärt wissen möchte,
"ob einen Person, die sich auf die Vertriebeneneigenschaft beruft, welche sie gemäß § 7 BVFG a.F. von einem Elternteil erworben hat, dass behördliche Tätigwerden oder das Verhalten der Behörde, das vorausgesetzt wird, um davon ausgehen zu können, der ständige Aufenthalt werde nicht verweigert, Anspruch darauf hat, dieses Aufnahmeverhalten bzw. den Aufnahmeakt gegenüber der Behörde, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigung nach BVFG zuständig ist, geltend machen kann und welche Voraussetzungen hierfür erforderlich sind sowie ob dieser Anspruch gerichtlich überprüfbar ist" (S. 3 der Beschwerdebegründung),
ist die Beschwerde bereits unzulässig, da es an einer klar und verständlich herausgearbeiteten Rechtsfrage mangelt. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, einen sprachlich defizitären Vortrag auszulegen und mögliche Rechtsfragen herauszuarbeiten (vgl. Beschlüsse vom 30. September 2005 - BVerwG 1 B 26.05 - Buchholz 310 § 133
Sollte die Beschwerde darauf gerichtet sein, rechtsgrundsätzlich zu klären, ob und ggf. gegenüber wem und unter welchen Voraussetzungen sowie mit welchen Rechtsbehelfsmöglichkeiten § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG das Bundesverwaltungsamt verpflichtet festzustellen, ob eine Person, die sich auf die Eigenschaft als Vertriebene beruft, Vertriebene ist, so wäre eine solche Frage nicht klärungsbedürftig. Das für die Auslegung des Sozialversicherungsrechts in erster Linie zuständige Bundessozialgericht hat entschieden, die Norm schließe sowohl die Antragsbefugnis des Betroffenen als auch die Befugnis der Vertriebenenbehörde aus, über die Vertriebeneneigenschaft dem Betroffenen gegenüber durch feststellenden Statusbescheid zu entscheiden. Eine unmittelbare Rechtsbeziehung des Betroffenen zur Vertriebenenbehörde bestehe nicht. Die Feststellung erfolge vielmehr auf Ersuchen der Leistungsbehörde als verwaltungsinterne Mitwirkungshandlung ausschließlich dieser gegenüber und stelle mangels unmittelbarer Rechtswirkung im Verhältnis zum Bürger keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X dar. Die Entstehungsgeschichte der Norm belege, dass die Vertriebenenbehörde nur noch im Bedarfsfall auf Ersuchen der Leistungsbehörde und nur dieser gegenüber - verwaltungsintern - tätig werden solle (BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 54/04 R - BSGE 96, 93
2. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen
a) "des Bestehens eines Anspruches auf dauernde Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland für Vertriebene und Abkömmlingen von Vertriebenen, die keine Spätaussiedler sind und deren Vertriebeneneigenschaft bereits wirksam vor dem 01.01.1993 entstanden ist" (S. 3 f. der Beschwerdebegründung), und
b) "ob ein Vertriebener sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten darf oder nicht" (S. 5 der Beschwerdebegründung),
genügen angesichts ihrer unbestimmt-offenen Formulierung bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Sie entziehen sich zudem einer Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren, weil das Berufungsgericht Tatsachen, die vorliegen müssten, damit sich die Rechtsfragen in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würden, nicht aufgeklärt hat. Dies gilt gleichermaßen für die weiteren Fragen,
c) "ob die deutschen Volkszugehörigen, die bereits vor dem 01.01.1993 eine Vertriebeneneigenschaft im Sinne des § 1 - 3 BVFG erworben haben und sich noch nicht im Bundesgebiet befinden, die Rechte, die ihnen vor dem 01.01.1993 zustanden, wozu auch der Anspruch auf dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet gehörte, weiterhin zustehen geltend gemacht werden können und auf welchem Wege" (S. 4 der Beschwerdebegründung),
d) ob Vertriebene, die sich "nach der Beendigung der Zwangslage (Zerfall d. ehemaligen Sowjetunion) aus ihrer Vertreibung befreit und in die Bundesrepublik Deutschland ohne jegliches Visum eingereist sind und hier ihren ständigen Aufenthalt genommen haben", "ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet zu Inanspruchnahme der ihnen nur bei dauerndem Aufenthalt zustehenden Rechte und Vergünstigungen nach dem BVFG haben und wie das Recht, ihren dauernden Aufenthalt in Deutschland zu nehmen, durchgesetzt werden" (S. 4 der Beschwerdebegründung),
e) "ob Vertriebene, deren Vertriebeneneigenschaft vor dem 01.01.1993 rechtsverbindlich entstanden ist und weiterhin Wirksamkeit entfaltet, nach dem sie sich mit Billigung einer Behörde im Bundesgebiet dauerhaft niedergelassen haben, dann, wenn ihre Vertriebeneneigenschaft feststeht, von dem ihnen zustehenden allgemeinen Aufnahmeanspruch als Vertriebene ausgeschlossen werden könne oder nicht" (S. 5 der Beschwerdebegründung), und
f) "ob sich Vertriebene, die keine deutschen Staatsangehörigen und keine Deutschen im Sinne des GG sind, bei der Durchsetzung ihres Anspruches auf dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 100 Abs. 1 BVFG auf § 94 BVFG a.F. berufen können" (S. 6 der Beschwerdebegründung).
Die Fragen gründen bei verständiger Würdigung jeweils auf der Annahme, dass erstens die Mutter der Klägerin zu 1 deutsche Volkszugehörige und als solche Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 BVFG sei und zweitens die Klägerinnen die Eigenschaft der Mutter der Klägerin zu 1 als Vertriebene gemäß § 7 BVFG a.F. erworben hätten. Eine Feststellung, dass die Mutter der Klägerin zu 1 deutsche Volkszugehörige und als solche Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 BVFG sei, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat es vielmehr ausdrücklich offengelassen, ob die Klägerinnen Abkömmlinge einer Vertriebenen seien (UA Rn. 65, 68, 75 f.), ohne dass dies von der Beschwerde erfolgreich mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden ist. Die von der Revision aufgeworfenen Fragen würden sich daher in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich stellen (vgl. Beschlüsse vom 29. Januar 1985 - BVerwG 7 B 4.85 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 209 S. 232, vom 30. Juni 1992 - BVerwG 5 B 99.92 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309, vom 5. September 1996 - BVerwG 9 B 387.96 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 12, vom 10. Januar 1997 - BVerwG 8 B 204.96 - NVwZ 1997, 801, vom 22. Mai 2008 - BVerwG 9 B 34.07 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 65; ferner Beschluss vom 13. April 1971 - BVerwG 4 B 61.70 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 76).
Dessen ungeachtet ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass § 94 BVFG a.F. nicht zu dem Bestand an vertriebenenrechtlichen Rechtspositionen zählt, auf dessen Aufrechterhaltung § 100 BVFG zielt, und dass Personen im Sinne der §§ 1 bis 3 BVFG, die nach dem 1. Januar 1993 ohne Aufnahmeverfahren in das Bundesgebiet einreisen, keinen speziellen vertriebenenrechtlichen Anspruch auf Aufnahme außerhalb des Aufnahmeverfahrens haben (vgl. Urteil vom 5. Dezember 2000 - BVerwG 1 C 24.00 - Buchholz 412.3 § 94 BVFG a.F. Nr. 1). Der Senat hat diese Rechtsprechung ausdrücklich bestätigt und hierzu ausgeführt,
"dass die Regelung des § 94 BVFG a.F. über den Zuzug von Angehörigen Vertriebener nach Aufhebung der Vorschrift durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz ab dem 1. Januar 1993 nicht mehr für den unter §§ 1 bis 3 BVFG fallenden Personenkreis anzuwenden ist. Insbesondere rechnet § 94 BVFG a.F. nicht zu dem Bestand an vertriebenenrechtlichen Rechtspositionen, auf dessen Aufrechterhaltung § 100 BVFG zielt, vielmehr wollte der Gesetzgeber durch die Aufhebung des § 94 BVFG a.F., bei dem es sich gerade nicht um eine ausschließlich vertriebenenrechtliche Bestimmung handelte, durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz gerade auch dem Umstand Rechnung tragen, dass durch das am 1. Januar 1991 in Kraft getretene Ausländergesetz eine bundeseinheitliche Regelung über den Nachzug ausländischer Familienangehöriger von Deutschen getroffen worden ist; Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes oder des Gleichbehandlungsgebotes stehen dem nicht entgegen. Die in dem Urteil vom 5. Dezember 2000 angeführten Gründe für die Nichtanwendung des § 94 BVFG (jedenfalls) ab dem 1. Januar 1993 gelten unabhängig davon, ob ein nachzugswilliger Familienangehöriger bzw. der Vertriebene selbst bei Außerkraftsetzung des § 94 BVFG bereits einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt oder sich der zur Familienzusammenführung anstehende Angehörige des Vertriebenen tatsächlich bereits im Bundesgebiet aufgehalten hatte, so dass auch insoweit die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist."
(Beschluss vom 22. März 2004 - BVerwG 5 B 20.04 - BA S. 2 f.). Das Vorbringen der Beschwerde begründet keinen neuerlichen oder weiteren Klärungsbedarf.