Entscheidungsdatum: 29.01.2010
Die Beschwerde hat mit einer Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg. Sie rügt im Ergebnis zu Recht, dass das Verwaltungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt hat und die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen kann. Der Senat macht wegen dieses Verfahrensfehlers von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.
1. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verbietet, dass ein Beteiligter durch die angegriffene Entscheidung im Rechtssinne überrascht wird. Eine gerichtliche Entscheidung stellt sich auch dann als unzulässige Überraschungsentscheidung dar, wenn ein Gericht in einem aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangenen gerichtlichen Vergleichsvorschlag (vgl. § 106 Satz 2 VwGO) auf seine (vorläufige) Rechtsauffassung und/oder auf die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweist, aber in dem nach Nichtannahme des Vergleichsvorschlags - durch eine andere Kammer - erlassenen Urteil einen gegenteiligen Rechtsstandpunkt einnimmt und/oder den Prozessstoff abweichend würdigt, ohne die Beteiligten vorab darauf hinzuweisen, dass es möglicherweise anders entscheiden werde und ihnen damit Gelegenheit zu weiterem Vortrag und gegebenenfalls Beweisanträgen zu geben (vgl. Beschluss vom 4. April 2008 - BVerwG 8 B 108.07 - ZOV 208, 112; s. auch BVerfG, NJW 1996, 3202).
Zwar sind die im Zuge der Erörterung des Sach- und Streitstandes in einer mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansichten grundsätzlich unverbindlich. Auch ist ein Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (stRspr, siehe etwa Beschluss vom 7. Januar 2010 - BVerwG 5 B 67.09 - juris Rn. 15 m.w.N.). Teilt ein Gericht aber - wie hier - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und förmlichen Beratung den Beteiligten seine (vorläufige) Rechtsauffassung zu einer entscheidungserheblichen Frage schriftlich mit und knüpft hieran einen Vorschlag zur sachgerechten Lösung und prozessualen Behandlung des Falles, erweckt es einen bestimmten Eindruck. Um dem Rechtsstreit keine Wendung zu geben, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt nicht zu rechnen brauchten, muss es in diesem Fall die Beteiligten vor einer gegenteiligen Entscheidung davon unterrichten, dass es möglicherweise an der geäußerten Rechtsauffassung und/oder Sachverhaltswürdigung nicht festhalten wird. Andernfalls erweisen sich die im Rahmen des schriftlichen Vergleichsvorschlags unterbreiteten Hinweise als irreführend und kommen der Verhinderung eines Vortrages zur Sach- und Rechtslage gleich.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2008 darauf hingewiesen, "es spricht einiges dafür, dass die Rechtsprechung zu den Befugnissen eines Testamentsvollstreckers bei der Anmeldung von Ansprüchen nach dem Vermögensgesetz bzw. dem Ausgleichsleistungsgesetz auf den Kläger in seiner Funktion als executor/trustee entsprechend anzuwenden sein könnte" (BA S. 8). Nach dieser Rechtsprechung (Urteil vom 8. Mai 2003 - BVerwG 7 C 63.02 - Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 27) unterliege der vermögensrechtliche Anspruch auf Rückübertragung der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker auch dann, wenn der Geschädigte vor dem In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes verstorben sei und demzufolge der Anspruch auf Rückübertragung nach den erbrechtlichen Regeln weder bei gesetzlicher noch bei testamentarischer Erbfolge dem Nachlass angehöre, sondern erstmals in der Person des Rechtsnachfolgers des Geschädigten entstehe. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, "nach der wohl entsprechend heranzuziehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Antragstellung bei Miterben (Beschluss vom 30. November 2000 - BVerwG 8 B 206.00 -
In seinem Urteil vom 24. März 2009 hat das Verwaltungsgericht - nach Änderung der Geschäftsverteilung durch eine andere Kammer - zu allen vorstehenden Punkten eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten. Es hat sich der Rechtsprechung der Zivilgerichte (zitiert werden: OLG Brandenburg, Beschluss vom 2. April 2001 - 8 Wx 165/00 - juris, vgl. auch die gegenüber dem Kläger ergangene Hinweisverfügung des OLG Dresden vom 5. März 2007 - 3 W 0171/07 -) angeschlossen, wonach aus dem Umstand, dass der vermögensrechtliche Anspruch originär in der Person des Erben entstehe, folge, dass der Erbe insoweit den Beschränkungen einer testamentarisch angeordneten Testamentsvollstreckung nicht unterliege (UA S. 11). Ferner hat es die Auffassung vertreten, dass eine wirksame fristgerechte Anmeldung etwaiger Rechte nach dem Ausgleichsleistungsgesetz nicht vorliege, weil der Kläger innerhalb der Antragsfrist nicht zu erkennen gegeben habe, dass er als Testamentsvollstrecker handele (UA S. 9 f.), ohne sich - wie noch im Beschluss vom 15. Oktober 2008 - mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Antragstellung bei Miterben auseinanderzusetzen. Schließlich hat das Gericht ohne Einholung eines weiteren Rechtsgutachtens festgestellt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Anmeldung nicht mehr als Testamentsvollstrecker anzusehen sei, da die Testamentsvollstreckung bis zum Erreichen des 25. Lebensjahres befristet gewesen sei (UA S. 10 f.).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände stellt sich das angefochtene Urteil als eine gegen das rechtliche Gehör verstoßende Überraschungsentscheidung dar. Mit seiner Verfahrensgestaltung verletzt das Verwaltungsgericht zugleich den Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Es ist nicht auszuschließen, dass ein Hinweis auf den Wechsel der tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung infolge des dem Kläger möglichen ergänzenden Vortrags zur Sach- und Rechtslage nach kalifornischem Recht zu einer anderen Entscheidung - gegebenenfalls nach Einholung eines weiteren Rechtsgutachtens zur Stellung des Klägers als executor bzw. trustee nach Erreichung des 25. Lebensjahres der Erben sowie des Handelns in eigenem oder fremden Namen - geführt hätte.
Das Berufungsurteil beruht insoweit auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 138 Nr. 3 VwGO).
2. Auf die darüber hinaus erhobenen Verfahrensrügen kommt es demnach nicht an. Der Senat weist allerdings daraufhin, dass unter den gegebenen Umständen eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) wohl nicht hätte ergehen dürfen, ohne eine erneute Einverständniserklärung der Beteiligten einzuholen (vgl. Beschlüsse vom 29. Dezember 1995 - BVerwG 9 B 199.95 - Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 21 und vom 25. Februar 1980 - BVerwG 7 B 27.80 - Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 10).
3. Die geltend gemachte Divergenz müsste hingegen allerdings bereits daran scheitern, dass die insoweit in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Mai 2003 - BVerwG 7 C 63.02 - a.a.O. und Beschluss vom 30. November 2000 - BVerwG 8 B 206.00 - a.a.O.) nicht zu einem executor bzw. trustee nach kalifornischem Recht ergangen sind, auch wenn ihre entsprechende Anwendung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des ausländischen Rechts naheliegen dürfte.