Entscheidungsdatum: 25.02.2015
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 2. August 2013 - 9 Sa 108/13 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Belang - über Vergütung wegen Annahmeverzugs.
Die Beklagte führte im Auftrag der Bundespolizei auf dem Flughafen Köln/Bonn in drei Schichten Sicherheitskontrollen durch. Die Zahl der zu den jeweiligen Tageszeiten eingesetzten Arbeitnehmer war von kurzfristigen Anforderungen der Bundespolizei abhängig.
Der 1979 geborene Kläger ist seit 2003 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Flugsicherheitskraft beschäftigt. Der Bruttostundenlohn betrug bei einem monatlichen Mindestbeschäftigungsumfang von 160 Stunden bis zum 29. Februar 2012 12,06 Euro, danach 12,36 Euro.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der bis zum 30. September 2010 allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2005 (im Folgenden: MTV) Anwendung. Dessen § 2 lautet:
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„§ 2 |
Arbeitsbedingungen für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer |
1. |
Die tarifliche Mindestarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt monatlich 160 Stunden. |
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2. |
Die monatliche Regelarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt im Durchschnitt eines Kalenderjahrs 260 Stunden. |
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…“ |
Für den Betrieb der Beklagten beschloss eine Einigungsstelle am 31. Januar 2011 die Betriebsvereinbarung „Dienst- und Pausenregelung“ (fortan BV 2011). In dieser ist ua. bestimmt:
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„§ 9 Pausen |
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(1) |
Dem Mitarbeiter werden die gesetzlichen Ruhepausen (§ 4 ArbZG) in einem Zeitkorridor zwischen Beginn der 2. Arbeitsstunde (frühester Beginn der Ruhepause) und Ende der 7. Arbeitsstunde (spätestes Ende der Ruhepause) durchgehend gewährt. Die Lage der Ruhepause/n wird dem Mitarbeiter bei Beginn der Schicht mitgeteilt. |
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(2) |
Es können pro Schicht zusätzlich unbezahlte Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden angeordnet werden, wenn innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt unbezahlte Pausen an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet werden.“ |
Die Lage der gesetzlichen Pause und der zusätzlichen Arbeitsunterbrechung für den jeweiligen Einsatztag wurden erst in der Nacht vor dem Einsatztag von den Disponenten der Beklagten festgelegt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei für Zeiten pausenbedingter Arbeitsunterbrechungen in Annahmeverzug geraten. Die jeweiligen Pausenanordnungen seien unwirksam. Die Pausen dienten nicht der Erholung, ihre zeitliche Lage richte sich allein nach dem Passagieraufkommen und lasse die Belange von Arbeitnehmern unberücksichtigt. Auf § 9 BV 2011 könne sich die Beklagte nicht berufen. Diese Regelung sei betriebsverfassungswidrig.
Der Kläger hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - zuletzt sinngemäß beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.328,17 Euro brutto und 169,79 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.497,96 Euro seit dem 1. Oktober 2012 zu zahlen. |
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem noch anhängigen Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage überwiegend abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Klage ist, soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist, unbegründet.
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB) für die streitgegenständlichen Arbeitsunterbrechungen. Während der auf der Grundlage von § 9 BV 2011 angeordneten Pausen war die Beklagte zur Beschäftigung des Klägers nicht verpflichtet. Im Übrigen war der Kläger im Umfang der gesetzlichen Mindestpausen nicht leistungsfähig, für die darüber hinausgehenden Arbeitsunterbrechungen fehlte es an dem erforderlichen Angebot der Arbeitsleistung.
1. In welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann, richtet sich grundsätzlich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Diese bestimmt den zeitlichen Umfang, in welchem der Arbeitnehmer berechtigt ist, Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitsleistung anzunehmen (BAG 16. April 2014 - 5 AZR 483/12 - Rn. 13). Allerdings sind dabei die gesetzlichen Ruhepausen des § 4 ArbZG zu beachten. Mit der bußgeld- und strafbewehrten (§ 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 ArbZG) Verpflichtung des Arbeitgebers, die Arbeit mindestens in dem vorgeschriebenen Umfang zu unterbrechen, entbindet die Norm gleichzeitig den Arbeitgeber von der Verpflichtung, Arbeitsleistung der Arbeitnehmer anzunehmen, und setzt zudem die Arbeitnehmer außerstande, die Arbeitsleistung zu bewirken (§ 297 BGB).
2. Der Kläger hat für die auf der Grundlage von § 9 BV 2011 angeordneten Arbeitsunterbrechungen keinen Vergütungsanspruch. Er hat in diesen Zeiten weder gearbeitet, noch sich zur Arbeit bereithalten müssen, noch war die Beklagte zur Beschäftigung verpflichtet.
a) Die von der Einigungsstelle beschlossene Regelung in § 9 BV 2011 über die Lage und Dauer der gesetzlichen Pause sowie einer zusätzlichen Ruhepause ist vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst und wirksam.
aa) Nach § 9 Abs. 1 BV 2011 gewährt die Beklagte den von der BV 2011 erfassten Arbeitnehmern die gesetzlichen Ruhepausen in dem dort bestimmten Zeitkorridor. Die Lage der Pausen wird dem Mitarbeiter bei Schichtbeginn mitgeteilt. Absatz 2 erweitert die Anordnungsbefugnis der Beklagten unter den dort bestimmten Voraussetzungen für eine zusätzliche unbezahlte Ruhepause von maximal 30 Minuten pro Schicht.
bb) Die Ausgestaltung der Pausenzeiten unterfällt dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
(1) Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen. Der Zweck des Mitbestimmungsrechts besteht darin, die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit zugleich ihrer freien und für die Gestaltung ihres Privatlebens nutzbaren Zeit zur Geltung zu bringen. Dementsprechend betrifft das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG die Lage der Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit (BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 14).
(2) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG können die Betriebsparteien die Lage und die Dauer von Pausen innerhalb der Arbeitszeit mit normativer Wirkung für die Betriebsangehörigen festlegen.
(a) Der Begriff der Pause ist in der Vorschrift nicht definiert, sondern wird dort vorausgesetzt. Er hat denselben Inhalt wie der Begriff der Ruhepause in § 4 ArbZG und in seiner allgemeinen Bedeutung (BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 603/01 - zu I 3 b dd der Gründe, BAGE 103, 197). Pausen sind im Voraus feststehende Unterbrechungen der Arbeit, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat und frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann (BAG 23. September 1992 - 4 AZR 562/91 - zu I 2 der Gründe; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 157/09 - Rn. 10; Baeck/Deutsch 3. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 9; ErfK/Wank 15. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 1; Schliemann 2. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 6, jeweils mwN). Weil sie keine Arbeit, sondern eine Unterbrechung der Arbeit sind, zählen sie nicht zur Arbeitszeit, § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG (BAG 18. November 2009 - 5 AZR 774/08 - Rn. 13) und müssen nicht nach § 611 Abs. 1 BGB vergütet werden (vgl. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 137, 366).
(b) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst auch die Frage, ob die Arbeit an einem Arbeitstag zusammenhängend oder in mehreren Teilabschnitten, die durch größere Pausenzeiten unterbrochen sind, geleistet wird (BAG 14. März 1989 - 1 ABR 77/87 - zu B II 2 b der Gründe). Hierbei haben die Betriebsparteien die Interessen der Arbeitnehmer an einer sinnvollen, insbesondere zusammenhängenden Gestaltung der arbeitsfreien Zeit mit denen des Arbeitgebers, die Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen mit Unterbrechungen festzulegen, zu einem Ausgleich zu bringen.
(3) Die in § 9 Abs. 1 BV 2011 getroffene Regelung über die Lage der gesetzlichen Pausen hält sich ebenso im Rahmen des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG wie die in Absatz 2 ausgestaltete weitere Pause. Die Lage und Dauer der Pausen musste nicht bereits in den Monats- oder Tagesschichtplänen verbindlich festgelegt werden. Der durch § 4 ArbZG bestimmte Rahmen für die gesetzliche Mindestpause wird durch den Einigungsstellenspruch nicht überschritten. Ebenso war die Einigungsstelle befugt, die Lage und Dauer einer weiteren Arbeitsunterbrechung von längstens 30 Minuten zu regeln. Denn die in § 4 ArbZG geregelten Ruhepausen stellen lediglich das Mindestmaß dar (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 157/09 - Rn. 7) und verwehren es den Betriebsparteien nicht, längere Pausen vorzusehen.
cc) Die Pausenregelung in § 9 BV 2011 ist hinreichend bestimmt.
Mit dem in § 9 Abs. 1 Satz 1 BV 2011 verwandten Begriff der „gesetzlichen Ruhepausen“ werden die in § 4 ArbZG festgelegten Mindestruhezeiten bezeichnet. Diese können unter den in § 9 Abs. 2 BV 2011 näher ausgestalteten Voraussetzungen um eine „unbezahlte“ Ruhepause von bis zu 30 Minuten verlängert werden. Das in § 9 Abs. 1 Satz 1 BV 2011 enthaltene Erfordernis der durchgehenden Gewährung sowie die in Satz 2 bestimmte Mitteilungspflicht gelten für die Gesamtpausenzeit und daher auch für die nach Absatz 2 verlängerte Ruhepause. Für dieses Verständnis spricht, dass bei der Mitteilungspflicht in § 9 Abs. 1 Satz 2 BV 2011 einheitlich auf „die Lage der Ruhepause/n“ abgestellt wird. Auch der Zeitkorridor für die Pausengewährung ist wegen der in § 9 Abs. 1 Satz 1 BV 2011 enthaltenen Bezugnahme auf § 4 ArbZG eindeutig bestimmt.
dd) Die Pausenregelung in § 9 Abs. 1 BV 2011 verstößt nicht deshalb gegen § 4 Satz 1 ArbZG, weil es sich nicht um eine „im Voraus“ feststehende Arbeitsunterbrechung handelt. Eine Festlegung von Lage und Dauer der gesetzlichen Pause vor Beginn der täglichen Arbeitszeit verlangt § 4 Satz 1 ArbZG nicht (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 139/08 - Rn. 47, BAGE 132, 195; ebenso bereits BAG 22. Juli 2003 - 1 ABR 28/02 - zu B II 3 c dd der Gründe, BAGE 107, 78; Baeck/Deutsch 3. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 24; Schliemann 2. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 19, jeweils mwN). Dies gilt gleichermaßen für die in § 9 Abs. 2 BV 2011 vorgesehenen zusätzlichen Pausen.
(1) Das Arbeitszeitgesetz legt weder einen bestimmten Zeitpunkt, noch - anders als § 11 Abs. 2 JArbSchG - einen bestimmten Zeitrahmen fest, zu dem bzw. innerhalb dessen die Ruhepause gewährt werden muss. Ebenso wenig regelt § 4 Satz 1 ArbZG, wann die Ruhepause im Voraus feststehen muss. Auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 12/5888 S. 24) ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Notwendigkeit, Beginn und Dauer der Ruhepause bereits vor Beginn der täglichen Arbeitszeit festzulegen.
(2) Das Erfordernis des im Voraus Feststehens soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer sich auf die Pause einrichten und sie auch tatsächlich zur Erholung nutzen kann (ErfK/Wank 15. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 4). Die Ruhepause soll nicht durch kontinuierliche Weiterarbeit überlagert und „vergessen“ werden (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 139/08 - Rn. 47, BAGE 132, 195). Diesem Zweck genügt es, wenn dem Arbeitnehmer - wie von § 9 Abs. 1 Satz 2 BV 2011 vorgesehen - Beginn und Dauer der Ruhepause zu Beginn der täglichen Arbeitszeit mitgeteilt werden.
(3) Der Senat braucht deshalb nicht zu entscheiden, ob eine „spontan“ gewährte Ruhepause, in der der Arbeitnehmer weder arbeiten noch sich zur Arbeit bereit halten muss, den gesetzlichen Anforderungen genügt und allein ein Verstoß gegen das Erfordernis des im Voraus Feststehens überhaupt zu einer Vergütungspflicht des Arbeitgebers führt oder die Gewährung (nur) nicht im Voraus feststehender Ruhepausen ebenso wie die Gewährung zu kurzer Ruhepausen (hierzu BAG 28. September 1972 - 5 AZR 198/72 -) einen Schadensersatzanspruch begründet, wenn Arbeitnehmer durch die Nichteinhaltung des § 4 Satz 1 ArbZG einen Schaden an der Gesundheit erleiden.
ee) Der Einigungsstellenspruch ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Einigungsstelle ihrem Regelungsauftrag nicht ausreichend nachgekommen ist. Zwar hat sie die konkrete Lage und Dauer der Pausen im Dienstplan nicht festgelegt. In § 9 BV 2011 wird jedoch ein Verfahren für die Festlegung von Lage und Dauer der Pausen abschließend geregelt. Damit ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in ausreichendem Umfang ausgeübt worden.
(1) Eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Ausübung des Mitbestimmungsrechts liegt allerdings nicht vor, wenn dem Arbeitgeber das alleinige Gestaltungsrecht über den mitbestimmungspflichtigen Sachverhalt eröffnet wird (BAG 3. Juni 2003 - 1 AZR 349/02 - zu II 2 der Gründe, BAGE 106, 204). Dieses Erfordernis gilt auch für die aufgrund eines Einigungsstellenspruchs ergangenen betrieblichen Regelungen. Die Einigungsstelle muss bei ihrer Entscheidung das jeweilige Mitbestimmungsrecht entsprechend seinem Normzweck angemessen ausgestalten und die einseitige Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers begrenzen. Eine Regelung, in der das Beteiligungsrecht verkannt oder faktisch ausgeschlossen wird, genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. BAG 17. Oktober 1989 - 1 ABR 31/87 [B] - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 63, 140).
(2) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist bei der Ausgestaltung der Pausenregelung in § 9 BV 2011 wirksam ausgeübt worden.
Die Einigungsstelle hat der Beklagten zwar gestattet, innerhalb der Grenzen von § 9 BV 2011 Pausenzeiten anzuordnen, ohne dafür in jedem Einzelfall die Zustimmung des Betriebsrats einholen zu müssen. Das durch § 106 Satz 1 GewO eröffnete Bestimmungsrecht des Arbeitgebers wird durch die Regelung entsprechend dem Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG jedoch in mehrfacher Weise beschränkt. Die Beklagte verfügt über keine beliebige Ausgestaltungsmöglichkeit der täglichen Arbeitszeit. Die Lage der gesetzlichen Ruhepause hält sich in den durch § 4 ArbZG gezogenen Grenzen. In § 9 Abs. 2 BV 2011 werden die über die gesetzliche Mindestpause hinausgehenden Arbeitsunterbrechungen nach Zahl und Dauer begrenzt. Die Beklagte hat keine Möglichkeit, die Pausen in mehrere Zeitabschnitte aufzuteilen. Ihr ist es versagt, die konkrete Lage der Pause erst im Verlauf der Schicht flexibel zu bestimmen. Soweit die Anordnung einer Pause nach § 9 Abs. 2 BV 2011 dazu führt, dass der betroffene Arbeitnehmer an anderen Tagen für eine entsprechend längere Schicht eingeteilt werden muss, damit die monatliche Mindestarbeitszeit erreicht wird, unterliegt diese Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der Ausgestaltung des Schichtplans.
ff) Ob die Einigungsstelle mit der Pausenregelung in § 9 BV 2011 die Belange der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigt hat, ist vorliegend nicht zu prüfen. Der Einigungsstellenspruch ist von den Betriebsparteien nicht angefochten worden. Eine Kontrolle des Einigungsstellenspruchs auf Ermessensfehler findet nur in einem innerhalb der Frist des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG von Arbeitgeber oder Betriebsrat eingeleiteten Beschlussverfahren statt.
b) Durch die von der Beklagten auf der Grundlage von § 9 BV 2011 angeordneten Arbeitszeitunterbrechungen hat diese die Lage der Arbeitszeit nach § 106 Satz 1 GewO wirksam bestimmt.
aa) Nach § 106 Satz 1 GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 26 mwN).
bb) Die Beklagte ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zur Durchführung der in § 9 BV 2011 getroffenen Pausenregelung berechtigt und gegenüber ihrem Betriebsrat auch verpflichtet. Wegen der fehlenden Anfechtung des Einigungsstellenspruchs gelten die kollektiven Interessen der Arbeitnehmer bei der Festlegung der gesetzlichen Ruhepause und der zusätzlichen Arbeitsunterbrechung als gewahrt. Damit entsprechen die von der Beklagten innerhalb des durch § 9 BV 2011 bestimmten Rahmens angeordneten Arbeitsunterbrechungen billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO. Dass deren Festlegung im Einzelfall aus Gründen erfolgt ist, die mangels eines kollektiven Tatbestands nicht dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegen und deshalb von der Einigungsstelle nicht geregelt werden konnten, hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht geltend gemacht.
3. Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass die Beklagte nicht für alle von ihr angeordneten Arbeitsunterbrechungen die sich aus § 9 BV 2011 ergebenden Vorgaben beachtet hat. Ein etwaiges betriebsverfassungswidriges Verhalten der Beklagten führt nicht zu einem Vergütungsanspruch des Klägers aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB.
a) Im Umfang der gesetzlichen Mindestpausen war der Kläger in diesen Zeiträumen schon aus Rechtsgründen nicht leistungsfähig, § 297 BGB. Denn § 4 Satz 1 ArbZG verpflichtet - bußgeld- und strafbewehrt (§ 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 ArbZG) - den Arbeitgeber, die Arbeit mindestens in dem vorgeschriebenen Umfang zu unterbrechen. Damit entbindet die Norm gleichzeitig den Arbeitgeber von der Verpflichtung, Arbeitsleistung anzunehmen, und setzt den Arbeitnehmer außerstande, seine Arbeitsleistung zu bewirken.
b) Unabhängig davon fehlt es in allen Fällen an dem erforderlichen Angebot der Arbeitsleistung für die genommenen Pausen.
aa) Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Unter den Voraussetzungen des § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber zumindest konkludent erklärt hat, er werde die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich (zuletzt BAG 15. Mai 2013 - 5 AZR 130/12 - Rn. 22; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 22).
bb) Nach diesen Grundsätzen hätte der Kläger gegen die angeordneten Arbeitsunterbrechungen zumindest protestieren und damit seine Arbeitsleistung für die Zeit der genommenen Pausen wörtlich anbieten müssen.
(1) Die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Regelarbeitszeit bestimmt sich unstreitig nach § 2 Ziff. 1 MTV und beträgt 160 Stunden monatlich (vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 236/10 - Rn. 52 und 72; 22. April 2009 - 5 AZR 629/08 - Rn. 13). In diesem Umfang ist der Kläger - ohne die Arbeitsunterbrechungen - beschäftigt bzw. vergütet worden. Das steht zwischen den Parteien außer Streit.
(2) Soweit die Beklagte durch die Schichteinteilung von der Möglichkeit des § 2 Ziff. 2 MTV, den Arbeitnehmer mehr als 160 Stunden monatlich zur Arbeit heranzuziehen, Gebrauch gemacht hat und Arbeitsunterbrechungen nicht wirksam angeordnet haben sollte, hätte der Kläger, der während der angeordneten Zeiten unstreitig weder gearbeitet hat, noch sich zur Arbeit bereit halten musste, seine Arbeitsleistung zumindest wörtlich anbieten müssen. Das ist nicht erfolgt. Der Kläger hat die von der Beklagten festgelegten Ruhe- und Zusatzpausen genommen, ohne bei der jeweiligen Anordnung dagegen zu protestieren. Er hat nicht deutlich gemacht, dass er - unter Beachtung des § 4 ArbZG - an dem betreffenden Arbeitstag eine Ruhepause zu einem anderen als von der Beklagten bestimmten Zeitpunkt einlegen und/oder keine Zusatzpause nehmen möchte.
(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger seine Arbeitsleistung für die seiner Auffassung nach „unwirksamen“ Pausen auch nicht tatsächlich angeboten. Dafür reichen das Erscheinen am Arbeitsplatz und die Arbeitsaufnahme als solche nicht aus (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 20). Denn daraus wird für den Arbeitgeber nicht deutlich, dass der Arbeitnehmer auch dann arbeiten möchte, wenn er tatsächlich nicht arbeitet, sondern die angeordnete Pause nimmt.
(4) Ein zumindest wörtliches Angebot der Arbeitsleistung war auch dann nicht entbehrlich, wenn die Beklagte die Arbeitszeitunterbrechungen entgegen § 9 BV 2011 und damit betriebsverfassungswidrig angeordnet hätte.
(a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats führt allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (BAG 11. Januar 2011 - 1 AZR 310/09 - Rn. 33; 3. September 2014 - 5 AZR 109/13 - Rn. 17, jeweils mwN). Dies gilt nicht nur, wenn eine Beteiligung des Betriebsrats gänzlich unterbleibt, sondern auch, wenn der Arbeitgeber sein Direktionsrecht unter Verstoß gegen die nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG zwingenden Vorgaben aus einer Betriebsvereinbarung ausübt.
(b) Selbst wenn die Beklagte im Einzelfall bei der Anordnung von Arbeitsunterbrechungen die Vorgaben von § 9 BV 2011 nicht beachtet und deshalb Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verletzt hätte, begründet dies alleine keinen Anspruch des Klägers auf Vergütung der davon erfassten Pausen. Ein solcher Anspruch kann sich - da der Kläger in den Pausen weder gearbeitet noch sich zur Arbeit bereitgehalten hat - nur aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB ergeben (vgl. BAG 18. September 2002 - 1 AZR 668/01 - zu I 2 der Gründe) und hätte ein entsprechendes Angebot der Arbeitsleistung erfordert, an dem es vorliegend gerade fehlt. Aus diesem Grund ist etwa unerheblich, ob die Beklagte stets der sich aus § 9 Abs. 1 Satz 2 BV 2011 ergebenden Mitteilungspflicht genügt oder sich an die in § 9 Abs. 1 Satz 1 BV 2011 bestimmte Lage der Pausenzeiten gehalten hat. Ebenso kann dahinstehen, ob die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung überhaupt Fallgestaltungen erfasst, in denen der Arbeitgeber eine unwirksame Betriebsvereinbarung durchführt.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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