Entscheidungsdatum: 27.05.2015
Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Vergleichen, die ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche erfassen, sind regelmäßig als umfassender Anspruchsausschluss in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses zu verstehen.
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 16. Oktober 2013 - 4 Sa 288/13 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.
Der 1953 geborene Kläger war bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, vom 10. Juni 2008 bis zum 30. November 2009 als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt.
Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 9. Juni 2008 zugrunde, in dem es ua. heißt:
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„§ 1 |
Allgemeines |
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a) Auf das Arbeitsverhältnis finden ergänzend die für O fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zur Zeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag). |
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… |
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§ 2 |
Vergütung |
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a) Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage der für O gem. § 1 dieses Vertrages geltenden Tarifverträge (Entgeltrahmentarifvertrag und Entgelttarifvertrag). Der Mitarbeiter wird entsprechend seiner Tätigkeit in die Entgeltgruppe |
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E 3 |
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des Entgeltrahmentarifvertrages eingruppiert. |
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b) Die Grundvergütung (Lohn, Gehalt) beträgt danach brutto |
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8,20 €/Std. Produktivlohn |
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… |
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§ 14 |
Lohn- / Gehaltsabrechnung |
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a) als Abrechnungszeitraum gilt jeweils ein Kalendermonat. Die Lohn- / Gehaltsabrechnung wird jeweils bis zum 15., spätestens bis zum 20. des Folgemonats erstellt. Die Lohn- / Gehaltsauszahlung erfolgt, sofern der Mitarbeiter keine Bankverbindung nachweist, in bar durch Abholung durch den Mitarbeiter. |
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…“ |
Vom 10. Juni 2008 bis zum 16. Oktober 2009 wurde der Kläger verschiedenen Entleiherinnen als Elektrohelfer überlassen.
In einem beim Arbeitsgericht Nürnberg unter dem Az.: - 1 Ca 8610/09 - geführten Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien am 9. Dezember 2009 folgenden Vergleich:
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„1. |
Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 30.11.2009. |
2. |
Die Beklagte zahlt an den Kläger als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend §§ 9, 10 KSchG 1.000,-- € brutto. |
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3. |
Die Beklagte verpflichtet sich, für September 2009 € 334,25 brutto zu zahlen. |
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4. |
Die Beklagte verpflichtet sich für die Zeit vom 19.10.2009 bis 30.11.2009 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten. Die Beklagte verpflichtet sich, diesen Betrag ordnungsgemäß abzurechnen und auszuzahlen. |
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5. |
Die Beklagte verpflichtet sich, den offenen Resturlaub und die offenen Gutstunden auszuzahlen. |
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6. |
Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger eine Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III unter Berücksichtigung dieses Vergleiches zu erteilen und zu übersenden. |
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7. |
Darüber hinaus hat keine Partei mehr gegen die andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, unabhängig davon, ob solche derzeit bekannt oder unbekannt sind und auf welchem Rechtsgrund sie beruhen mögen. |
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8. |
Dieser Vergleich wird rechtswirksam, wenn er nicht von der Beklagten durch schriftliche Erklärung widerrufen wird, die bis spätestens 23.12.2009 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangen sein muss.“ |
Die Beklagte widerrief den Vergleich nicht.
Mit der am 13. Mai 2011 zu Protokoll der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts erklärten, später erweiterten Klage begehrt der Kläger, soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeit vom 10. Juni 2008 bis zum 16. Oktober 2009 die Differenz zwischen der erhaltenen Vergütung und dem Entgelt, das Entleiherinnen im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben sollen. Er hat geltend gemacht, der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt werde als gesetzlicher Anspruch von der Ausgleichsklausel des Vergleichs nicht erfasst. Mit der Ausgleichsregelung hätten nicht alle im Vergleich nicht angesprochenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zum Erlöschen gebracht werden sollen. Seine Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt seien im Kündigungsrechtsstreit nicht thematisiert worden. Sie könnten zudem nicht wirksam abbedungen werden. Ein Anspruchsverzicht sei mit dem gebotenen Schutz des Leiharbeitnehmers und der Sicherstellung des Gebots der Gleichbehandlung unvereinbar.
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.954,38 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen. |
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, für die ersten sechs Wochen des Arbeitsverhältnisses könne der Kläger bereits deshalb keine Differenzvergütung verlangen, weil er zuvor arbeitslos gewesen sei. Etwaige Ansprüche des Klägers seien jedenfalls durch die Abgeltungs- und Ausgleichsklausel im Vergleich vom 9. Dezember 2009 erloschen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat, soweit mit der Revision zur Überprüfung gestellt, die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Ansprüche des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt für die Dauer der jeweiligen Überlassungen im Streitzeitraum sind aufgrund der Ausgleichsklausel in Ziff. 7 des Prozessvergleichs vom 9. Dezember 2009 erloschen.
I. Der Kläger hatte für die streitgegenständlichen Zeiten der Überlassung Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG.
1. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 a) des Arbeitsvertrags verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 12 ff., BAGE 144, 306).
2. Der equal-pay-Anspruch des Klägers war nicht in den ersten sechs Wochen des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Nr. 2 Halbs. 2 AÜG in der bis 29. April 2011 geltenden Fassung ausgeschlossen.
a) Nach § 9 Nr. 2 Halbs. 2 AÜG aF waren Vereinbarungen, mit denen vom Gebot der Gleichbehandlung abgewichen wurde, unwirksam, es sei denn, der Verleiher gewährte dem zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmer, wenn mit diesem erstmals ein Arbeitsverhältnis begründet wurde, für die Überlassung an einen Entleiher für die Dauer von insgesamt höchstens sechs Wochen mindestens ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe des Betrags, den der Leiharbeitnehmer zuletzt als Arbeitslosengeld erhalten hatte. Nach § 19 AÜG nF ist die Bestimmung auf Leiharbeitsverhältnisse, die vor dem 15. Dezember 2010 begründet wurden, weiterhin anzuwenden.
b) Die Parteien haben von der Möglichkeit, eine Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung in den ersten sechs Wochen des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, keinen Gebrauch gemacht. Sowohl § 9 Nr. 2 Halbs. 2 AÜG aF als auch § 10 AÜG aF setzen eine eigenständige Vergütungsabrede voraus (vgl. BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 34). Hieran fehlt es. Die Regelung in § 2 des Arbeitsvertrags hat lediglich deklaratorische Bedeutung. Sie erschöpft sich in einer wiederholenden Verweisung auf die mit § 1 a) des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen, wegen fehlender Tariffähigkeit der CGZP unwirksamen Tarifverträge. Die „tariflichen“ Entgeltbestimmungen sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 35, BAGE 144, 306).
II. Der Anspruch des Klägers ist aufgrund der Ausgleichsklausel in Ziff. 7 des Prozessvergleichs vom 9. Dezember 2009 erloschen.
1. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei unterliegt die Auslegung typischer Klauseln in Prozessvergleichen, die zur Beilegung einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten verwendet werden, selbst wenn der materielle Regelungsgehalt des Vergleichs ausschließlich individuell bestimmt ist, einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung (vgl. BAG 29. September 2004 - 5 AZR 99/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 112, 120; 23. Januar 2008 - 5 AZR 393/07 - Rn. 15; offengelassen BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 17 mwN zum Meinungsstand).
2. Dieser Überprüfung hält das angegriffene Urteil stand. Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts die Ausgleichsklausel zu Recht als konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSd. § 397 Abs. 2 BGB ausgelegt.
Die Parteien haben mit der Ausgleichsklausel im Prozessvergleich vom 9. Dezember 2009 nicht lediglich die von ihnen angenommene Rechtslage festgestellt und dokumentiert, sondern sie im Sinne einer abschließenden Klärung der beiderseitigen Ansprüche gestaltet.
a) Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Vergleichen, die ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche erfassen sollen und auf diese Weise zu erkennen geben, dass die Parteien an die Möglichkeit des Bestehens ihnen nicht bewusster Ansprüche gedacht und auch sie in den gewollten Ausgleich einbezogen haben, sind - anders als solche in Ausgleichsquittungen (vgl. hierzu BAG 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 17, BAGE 146, 217) - regelmäßig als umfassender Anspruchsausschluss in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses zu verstehen (vgl. BAG 24. Juni 2009 - 10 AZR 707/08 (F) - Rn. 24; 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 49, BAGE 134, 111). Die Parteien wollen, wenn in einen gerichtlichen Vergleich eine umfassende, sich auf bekannte und unbekannte Ansprüche unabhängig von ihrem Rechtsgrund erstreckende Ausgleichsklausel aufgenommen und nicht nur der Rechtsstreit erledigt wird, in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend umfassend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig ob sie an sie dachten oder nicht. Jede andere Auslegung würde den angestrebten Vergleichsfrieden in Frage stellen. Der beurkundete Vergleichswille wäre wertlos, wenn über den beurkundeten Inhalt hinausgehende Ansprüche Quelle eines neuen Rechtsstreits sein könnten (BAG 5. April 1973 - 5 AZR 574/72 -; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 30).
b) Anhaltspunkte für einen abweichenden Vergleichswillen der Parteien sind vorliegend nicht gegeben. Dabei ist es unerheblich, ob mögliche Ansprüche des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt Gegenstand der Vergleichsverhandlungen waren, denn die Klausel erstreckt sich ausdrücklich selbst auf unbekannte Ansprüche. Die Absicht, die Vertragsbeziehungen abschließend zu regeln, wird zusätzlich bestätigt, indem die Parteien, neben der in den Ziff. 1 und 2 vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Abfindungszahlung, in den Ziff. 3 bis 6 die verbleibenden, von der Beklagten noch zu erfüllenden Ansprüche des Klägers ausdrücklich festgelegt haben.
3. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche werden von der Ausgleichsklausel erfasst. Zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39, BAGE 144, 306). Dies umfasst auch den Anspruch des Arbeitnehmers nach § 10 Abs. 4 AÜG auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird.
4. Die Ausgleichsklausel in Ziff. 7 des Vergleichs steht in Einklang mit den Bestimmungen des AÜG und der RL 2008/104/EG.
a) Nach § 9 Nr. 2 AÜG sind Vereinbarungen unwirksam, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen, sofern nicht einer der dort geregelten Ausnahmetatbestände vorliegt.
aa) § 9 Nr. 2 AÜG dient dem Schutz des Leiharbeitnehmers. Die Vorschrift stellt in Umsetzung von Art. 5 RL 2008/104/EG sicher, dass dem Leiharbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis zumindest die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährt werden, die für ihn gelten würden, wenn er vom Entleiher für eine vergleichbare Tätigkeit eingestellt worden wäre. Dieser Schutzzweck würde verfehlt, wenn durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung, sei es auch in einem gerichtlichen Vergleich, die Entstehung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt ausgeschlossen oder beschränkt werden würde oder dem Arbeitnehmer von vornherein die Möglichkeit genommen würde, den Anspruch zu realisieren. Ist der Anspruch entstanden bildet er, auch wenn er auf gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz des Leiharbeitnehmers beruht, einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber (vgl. zum Urlaubsabgeltungsanspruch BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 14, BAGE 145, 107).
bb) Danach steht § 9 Nr. 2 AÜG der Vereinbarung einer Ausgleichsklausel in einem gerichtlichen Vergleich, die zum Erlöschen bereits entstandener und durchsetzbarer Ansprüche auf equal pay führt, nicht entgegen. Eine solche Regelung - wie hier in Ziff. 7 des Prozessvergleichs - betrifft nicht die für die Zeit der Überlassung des Arbeitnehmers an einen Entleiher geltenden Arbeitsbedingungen. Sie schließt nicht die Entstehung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG aus, sondern regelt, ebenso wie eine Ausschlussfrist, das Erlöschen des entstandenen Anspruchs. Das AÜG enthält keine Bestimmung, wie zB in § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG, der zufolge ein Verzicht auf bereits entstandene Ansprüche auf equal pay unzulässig oder nur unter Einschränkungen möglich wäre.
b) Die Ausgleichsklausel ist auch nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Zwar kann eine vom Arbeitgeber gestellte allgemeine Geschäftsbedingung, die den Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt rückwirkend ausschließt und einen einseitig den Leiharbeitnehmer treffenden, kompensationslosen Verzicht auf bereits entstandene Ansprüche auf equal pay bezweckt, eine zur Unwirksamkeit der Bestimmung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB führende unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen (vgl. BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 24). Diese Voraussetzungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt. Es handelt sich bei der Ausgleichsklausel nicht um eine allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Anwendungsbereich von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auch nicht nach § 310 Abs. 3 BGB eröffnet. Die Bedingungen des Vergleichs wurden nach den in der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt und nicht von der Beklagten gestellt.
5. Der Senat kann den Streitfall abschließend entscheiden, ohne den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen.
a) Für den vorliegenden Rechtsstreit ist keine Frage des Unionsrechts entscheidungserheblich, was Voraussetzung für eine Vorlagepflicht wäre (vgl. BVerfG 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14 - Rn. 23). Keine Bestimmung der RL 2008/104/EG oder des sonstigen Unionsrechts untersagt Vereinbarungen, die zum Erlöschen bereits entstandener Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt führen.
b) Auch stehen derartige Vereinbarungen nicht im Widerspruch zu dem mit Art. 5 RL 2008/104/EG verfolgten Ziel, sicher zu stellen, dass dem Leiharbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis zumindest die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährt werden, die für ihn gelten würden, wenn er vom Entleiher für eine vergleichbare Tätigkeit eingestellt worden wäre.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist es, wenn eine einschlägige Gemeinschaftsregelung fehlt, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen. Diese dürfen nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - Rn. 25, Slg. 2010, I-7003).
Durch eine Ausgleichsregelung in einem gerichtlichen Vergleich, wie die hier im Streit stehende, werden die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität nicht verletzt. Eine derartige, Ansprüche auf Arbeitsentgelt zum Erlöschen bringende Ausgleichsklausel hätte in gleicher Weise zwischen Stammarbeitnehmern der Entleiherinnen und ihren Arbeitgeberinnen vereinbart werden können. Ihnen steht es ebenfalls frei, über entstandene Entgeltansprüche durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung zu verfügen. Auch wird dem Leiharbeitnehmer durch eine - wie vorliegend - getroffene Vereinbarung nicht von vornherein die Möglichkeit genommen, seine Rechte auszuüben. Nach Entstehung und Fälligkeit der Forderungen steht es ihm offen, statt eine Ausgleichsklausel zu vereinbaren, seine Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt - erforderlichenfalls auch gerichtlich - gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Müller-Glöge |
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Weber |
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Volk |
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Dittrich |
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S. Röth-Ehrmann |