Entscheidungsdatum: 22.05.2014
Zu den Anforderungen an die Feststellung und Darlegung des Irrtums beim Betrug im Zusammenhang mit routinemäßigen Massengeschäften (hier: Missbrauch des Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens).
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 12. September 2012 wird
a) die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts jeweils auf den Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 198.070 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen beschränkt,
b) das Urteil in den Strafaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des gewerbsmäßigen Bandenbetruges schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. W. hat es zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angeklagten T. S. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten und die Angeklagte D. S. zu einer solchen von vier Jahren verurteilt. Ferner hat es eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB getroffen, die sich gegen die AG richtet.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revisionen haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
I.
Die von allen Angeklagten erhobene Rüge der Verletzung von § 275 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 338 Nr. 7 StPO, mit der sie beanstanden, der Vorsitzende der erkennenden Strafkammer, Vorsitzender Richter am Landgericht H. , habe sich wegen seiner während des Laufs der Urteilsabsetzungsfrist in einem Parallelverfahren erfolgten Zeugenvernehmung zu Unrecht gehindert gesehen, das Urteil zu unterschreiben, weshalb es innerhalb dieser Frist nur unvollständig zu den Akten gelangt sei, ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO); ob sie in der Sache Erfolg haben könnte, bedarf daher keiner Entscheidung.
1. Zur Begründung einer Verfahrensrüge sind die den Mangel begründenden Tatsachen gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO so vollständig und genau anzugeben, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die bezeichneten Tatsachen erwiesen werden (SSW-StPO/Momsen, § 344 Rn. 36; LR-StPO/Franke, 26. Aufl. § 344 Rn. 78, jeweils m.N. zur st. Rspr.).
2. Gemessen daran vermag der Senat hier nicht zu prüfen, ob der Vorsitzende wegen seiner Vernehmung als Zeuge „in der Sache“ im Sinne von § 22 Nr. 5 StPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen war.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedeutet Gleichheit der Sache gemäß § 22 Nr. 5 StPO nicht notwendig Verfahrensidentität; Sachgleichheit kann auch bei Vernehmung des Richters als Zeuge zu demselben Tatgeschehen in einem anderen Verfahren in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 22. Mai 2007 – 5 StR 530/06, BGHR StPO § 338 Nr. 2 Ausschluss 4, Tz. 6 mwN; vgl. auch LR-StPO/Siolek, 26. Aufl., § 22 Rn. 25; SSW-StPO/Kudlich/Noltensmeier, § 22 Rn. 19). Insoweit fehlt es im Revisionsvortrag der Angeklagten T. und D. S. schon an der Mitteilung des Beweisthemas, zu dem der Strafkammervorsitzende in dem Verfahren gegen A. u.a. geladen und vernommen wurde. Aber auch dem Vortrag des Angeklagten W. kann das betreffende Beweisthema allenfalls mittelbar entnommen werden, da er das Schreiben des Präsidenten des Landgerichts Bielefeld vom 31. Oktober 2012 über die Erteilung einer Aussagegenehmigung für den Vorsitzenden Richter vorgelegt hat. Danach hatte der Angeklagte A. in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung beantragt, den Vorsitzenden Richter am Landgericht H. dazu zu vernehmen, dass sich seine (des A.) in einer polizeilichen Vernehmung getätigte Aussage in dem Verfahren gegen die hiesigen Angeklagten als wahr herausgestellt habe. Aber auch dieses Rügevorbringen genügt den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht. Um dem Senat die Überprüfung der Sachgleichheit im Sinne von § 22 Nr. 5 StPO zu ermöglichen, hätte zumindest noch vorgetragen werden müssen, welchen Inhalt diese polizeiliche Aussage hatte, inwiefern sie im vorliegenden Verfahren Gegenstand der Hauptverhandlung war, was der als Zeuge benannte Vorsitzende Richter am Landgericht H. im dortigen Verfahren dazu bekundet hat und ferner, welchen Zusammenhang und welche Bedeutung dies für die gegen die Angeklagten des vorliegenden Verfahrens erhobenen Tatvorwürfe hatte (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 – 4 StR 507/07, StV 2008, 283, Tz. 5 f. m. Anm. Leu StV 2009, 507 zu den Voraussetzungen des § 22 Nr. 5 StPO in derartigen Fällen). Das ist hier jedoch nicht geschehen; auch aus den auf die Sachrüge heranzuziehenden Urteilsgründen ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte.
II.
Der Senat beschränkt die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO jeweils auf den Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in den Strafaussprüchen. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrügen keinen die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
a) Die Angeklagten schlossen sich Anfang 2008 aufgrund einer zumindest stillschweigend getroffenen Vereinbarung zusammen, um spätestens ab Juli 2008 von einer Vielzahl von Personen unter Vorspiegelung eines tatsächlich nicht bestehenden Vertragsverhältnisses im Wege des Lastschriftverfahrens Geldbeträge einzuziehen. Das von den Angeklagten im arbeitsteiligen Zusammenwirken im Folgenden in die Tat umgesetzte Geschäftsmodell bestand in einer Variante darin, eine möglichst große Zahl von Personen durch entsprechend angeleitete Callcenter-Mitarbeiter anzurufen und bei diesen den Eindruck eines – tatsächlich nicht bestehenden – Vertragsverhältnisses über die Teilnahme an Gewinnspielen hervorzurufen. Auf diese Weise wollten die Angeklagten an die Kontodaten der Angerufenen gelangen und von diesen Konten Lastschriften vornehmen, wobei sie davon ausgingen, dass die Angerufenen infolge der Annahme, es bestehe tatsächlich ein Vertragsverhältnis und die Lastschrift sei daher rechtmäßig erfolgt, den Lastschrifteinzügen nicht widersprechen würden. Bei einer weiteren Tatvariante, bei der die Kontodaten bereits bekannt und Telefonanrufe daher entbehrlich waren, sollte den Betroffenen allein durch die durchgeführte Lastschrift ein bestehendes Vertragsverhältnis vorgespiegelt werden, um diese von einem Widerspruch abzuhalten. Dabei nahmen die Angeklagten einerseits billigend in Kauf, dass die Kontoinhaber von den Lastschriftabbuchungen durch Lektüre ihrer Kontoauszüge Kenntnis erhalten, sich den Zugriff auf ihr Konto aber nicht anders erklären würden, als dass der jeweiligen Abbuchung ein wirksamer Vertrag zu Grunde lag, sei es auch nur in der Form, dass sie sich insoweit unsicher waren und/oder die Sache wegen des relativ geringen Betrages auf sich beruhen ließen. Andererseits handelten die Angeklagten auch in der Erwartung, die Betroffenen würden in zahlreichen Fällen mangels ausreichend sorgfältiger Kontrolle ihrer Kontoauszüge die Abbuchungen nicht bemerken oder einfach übersehen.
Zur Verwirklichung des Tatplans bedienten sich die Angeklagten insbesondere der in der S. ansässigen AG, die vom Angeklagten W. vertreten wurde. Dieser schloss für die AG zahlreiche Verträge unter anderem mit Callcentern, Zahlungsdienstleistern sowie mit Banken ab, über die die Lastschrifteneinzüge erfolgen sollten und später auch tatsächlich erfolgten. Auch mit dem von der Angeklagte D. S. betriebenen Callcenter GmbH & Co KG, bei dem der Angeklagte T. S. angestellt war, schloss der Angeklagte W. sog. Vertriebspartnerverträge ab. Insgesamt waren für die Angeklagten im Tatzeitraum mindestens 66 Callcenter mit etwa 400 bis 600 Mitarbeitern in der sog. Gewinnspielvermittlung tätig. Die Callcenter erhielten für jeden Fall, in dem sie die Kontodaten erlangten, einen Betrag in Höhe von 45 bis 60 Euro.
Die zur Erschwerung von Nachforschungen meist unter falschen Namen handelnden Mitarbeiter der Callcenter gaben bei ihren Anrufen (1. Tatvariante) entsprechend den Vorgaben eines ihnen auf Veranlassung der Angeklagten ausgehändigten sog. Negativleitfadens für die Gesprächsführung vor, sie hätten die Möglichkeit, einen vermeintlich bestehenden Gewinnspielvertrag entweder unbefristet weiterlaufen zu lassen oder ihn zum Ablauf von drei Monaten zu beenden, wobei für die letzten drei Monate, sollten Gewinne ausbleiben, eine „Geld-zurück-Garantie“ bestehe. Tatsächlich war die Übernahme einer solchen Garantie zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt; in keinem Fall wurden zuvor abgebuchte Geldbeträge zurückerstattet. Der durch den Leitfaden im Einzelnen vorgegebene Erstanruf diente dazu, die Angerufenen jeweils zur Kündigung eines in Wirklichkeit nicht bestehenden Vertrages und – abwicklungshalber – zur Herausgabe ihrer Kontodaten zu veranlassen. Widersprachen die angerufenen Personen – wie in der weit überwiegenden Zahl der Fälle – der Behauptung an einem derartigen Gewinnspiel teilgenommen zu haben, bemühten sich die von den Angeklagten angewiesenen Callcenter-Mitarbeiter dies – wahrheitswidrig – zu widerlegen und behaupteten beispielsweise, auf die Kontodaten aus Datenschutzgründen keinen Zugriff zu haben, sie aber nun zu benötigen, etwa um den Betroffenen aus dem Vertrag „herauszuhelfen“.
Im Anschluss an den Erstanruf erfolgte sodann ein Zweitanruf (sog. Quality Call), der zum Teil elektronisch aufgezeichnet wurde und dazu diente, mittels geschickter Gesprächsführung von den Betroffenen eine telefonisch erteilte Einzugsermächtigung zu erhalten, um die Betroffenen selbst, aber auch die beteiligten Banken oder im Fall von Nachforschungen die Strafverfolgungsbehörden über den auf diesem Weg dokumentierten angeblichen Vertragsschluss zu täuschen. Im Anschluss daran erhielten die Angerufenen – auch diejenigen, die den vermeintlichen Vertrag gekündigt hatten – von der GmbH, die von der AG mit der „technischen Abwicklung“ beauftragt worden war, sog. Begrüßungsschreiben, in denen behauptet wurde, die Empfänger hätten „die Chance, bei 200 Internet-Gewinnspielen monatlich eingetragen zu werden“; diese Leistung sei „ebenfalls in Ihrem Servicebetrag … enthalten, den wir wie besprochen jeden Monat im voraus automatisch von Ihrem Konto… abbuchen“. Tatsächlich war ab dem Jahr 2008 - wie die Angeklagten wussten – eine Eintragung in 200 Gewinnspiele monatlich je Kunde nicht mehr möglich, sondern erfolgte „in einem deutlich geringeren Umfang“.
Der Einzug der vermeintlichen Forderungsbeträge in Höhe von jeweils zwischen 55 und 79,80 Euro erfolgte im Tatzeitraum vom 9. März 2009 bis zum 22. Januar 2010 mittels Einzugsermächtigungslastschriftverfahren. Die auf dem jeweiligen Kontoauszug der Betroffenen wiedergegebene Belastungsbuchung enthielt den Namen des Zahlungsdienstleisters, den Namen des „Produkts“, den abgebuchten Betrag sowie eine zwölfstellige ID-Nummer. Es wurden bei insgesamt 136.890 Betroffenen (teilweise mehrfach) Beträge im Lastschriftverfahren eingezogen, die im angefochtenen Urteil auf 4.885 Seiten im Einzelnen in Tabellenform aufgeführt sind. In 198.070 Fällen wurde die Lastschrift nicht zurückgegeben, so dass das Geld bei den Angeklagten verblieb. Dagegen erfolgte in 129.708 Fällen eine Rückgabe der Lastschriften. Die Angeklagten erzielten durch ihr Vorgehen einen Gewinn „im deutlich siebenstelligen Bereich“.
b) Zur Beweiswürdigung hat das Landgericht lediglich mitgeteilt, dass die Angeklagten im Rahmen einer nach § 257c StPO durchgeführten Verständigung den Anklagevorwurf gestanden und weitere Fragen der Kammer glaubhaft, ausführlich und nachvollziehbar beantwortet hätten. Von der Richtigkeit der geständigen Einlassungen sei die Strafkammer überzeugt, da sie „mit dem Ermittlungsergebnis sowie auch mit dem übrigen Ergebnis der nach Maßgabe des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten umfassenden Beweisaufnahme im Einklang“ stünden. Weitere Ausführungen hierzu enthält das Urteil nicht.
2. Die Verurteilung der Angeklagten wegen vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetruges begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil offen bleibt, auf welche Weise sich die Strafkammer auch unter Berücksichtigung der umfassenden Geständnisse der Angeklagten die Überzeugung verschafft hat, die Betroffenen hätten die Lastschriften in den 198.070 festgestellten Fällen hingenommen, weil sie sich über das Bestehen einer Zahlungspflicht im Irrtum befanden.
a) In welchem Umfang der Tatrichter seine Überzeugungsbildung in den Urteilsgründen mitzuteilen hat, hängt von den Gegebenheiten des jeweiligen Falles ab. Zwar sind, wenn sich die Angeklagten – wie hier – auf der Grundlage einer Absprache geständig einlassen, an die Überprüfung dieser Einlassungen und deren Darlegung im Urteil regelmäßig keine strengeren Anforderungen zu stellen als bei einem in herkömmlicher Verfahrensweise abgegebenen Geständnis (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1063, Tz. 71; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 1 StR 163/13); es gibt auch keine forensische Erfahrung dahin, dass bei einem Geständnis im Rahmen einer Verständigung regelmäßig mit einer wahrheitswidrigen Selbstbelastung zu rechnen ist (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 1 StR 208/12, NStZ 2012, 584). Aber auch in einem solchen Fall müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Würdigung der Beweise auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung nach den Maßstäben rationaler Argumentation ermöglicht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. November 1992 – 5 StR 456/92, BGHR StPO § 261 Vermutung 11; Beschluss vom 15. September 1999 – 2 StR 373/99, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 34; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 3 StR 285/11, StV 2012, 653, Tz. 4, Beschluss vom 25. September 2012 – 5 StR 372/12, NStZ-RR 2012, 361; vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. § 261 Rn. 2a).
Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter insbesondere mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f; vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8; zu den Darlegungsanforderungen bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“ vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 aaO, Tz. 6; Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 15; Beschluss vom 2. November 2007 – 2 StR 384/07, NStZ 2008, 89, Tz. 5). In einfach gelagerten Fällen mag sich dies von selbst verstehen. Im Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von selbstverständlichen Erwartungen geprägt sind, kann der Tatrichter befugt sein, auf die täuschungsbedingte Fehlvorstellung auf der Grundlage eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ indiziell zu schließen, wobei er dies im Urteil darzulegen hat. Ist das Vorstellungsbild des Verfügenden normativ geprägt, kann bei einem Tatvorwurf, dem zahlreiche Einzelfälle zu Grunde liegen, die Vernehmung weniger Zeugen ausreichen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden (BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13; Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, 1546; Beschluss vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, Tz. 15, insoweit in BGHSt 54, 44 nicht abgedruckt). In komplexeren Fällen wird es regelmäßig erforderlich sein, die betreffenden Personen über ihr tatrelevantes Vorstellungsbild als Zeugen zu vernehmen sowie deren Bekundungen im Urteil mitzuteilen und zu würdigen (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, Tz. 15, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8 f.).
b) Gemessen daran vermögen – jedenfalls im vorliegenden Fall – weder der Hinweis auf das „Ermittlungsergebnis“ noch die ebenfalls nicht näher belegte Bezugnahme auf die „umfassende Beweisaufnahme“ und die „umfassende geständige Einlassung der Angeklagten“ eine Irrtumserregung bei den von den Lastschrifteinzügen betroffenen Bankkunden zu belegen.
aa) Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass die Strafkammer Geschädigte als Zeugen vernommen hat oder dass deren Angaben auf andere Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.
bb) Die Annahme eines täuschungsbedingten Irrtums und einer dadurch kausal hervorgerufenen Vermögensverfügung versteht sich hier auch nicht von selbst. Denn nach den Feststellungen der Strafkammer wurde bei den Betroffenen im Rahmen der Telefonanrufe durch die Callcenter-Mitarbeiter der Eindruck erweckt, sie hätten die Möglichkeit, einen bestehenden Vertrag entweder unbefristet weiterlaufen zu lassen oder ihn zum Ablauf von drei Monaten zu beenden. In der „weit überwiegenden Anzahl“ der Fälle hatten die Betroffenen jedoch der Behauptung widersprochen, sie hätten einen derartigen Vertrag abgeschlossen. Danach liegt es – auch soweit dem Bestehen eines Vertragsverhältnisses nicht ausdrücklich widersprochen wurde – nicht auf der Hand, dass die Betroffenen die Rückforderung der abgebuchten Beträge gerade aufgrund der irrtümlichen Annahme unterließen, sie seien aufgrund eines bestehenden Vertragsverhältnisses verpflichtet, die Abbuchung dieser Beträge (dauerhaft) als rechtmäßig zu dulden.
Was die Fälle betrifft, in denen die Täter bereits über die Bankdaten verfügten und Anrufe bei den jeweiligen Kontoinhabern daher entbehrlich waren, vermögen die Urteilsgründe ebenfalls nicht hinreichend zu vermitteln, auf welcher Grundlage sich das Landgericht die Überzeugung gebildet hat, die Bankkunden hätten sich gegen die Lastschriften nicht zur Wehr gesetzt, weil ihnen das Bestehen eines Vertragsverhältnisses oder die Erteilung einer Einzugsermächtigung vorgespiegelt wurde. Diese Annahme ist schon mit der von der Strafkammer festgestellten, ausweislich der Urteilsgründe aber nicht näher überprüften Erwartung der Angeklagten unvereinbar, die Kontoinhaber würden die Lastschriften gar nicht bemerken, möglicherweise also noch nicht einmal einer täuschungsbedingten Fehlvorstellung im Sinne eines sog. sachgedanklichen Mitbewusstseins unterliegen.
3. Der Senat nimmt deshalb gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die aus der Urteilsformel ersichtliche Beschränkung vor.
a) Die Feststellungen und die im Urteil mitgeteilte Beweiswürdigung belegen für beide Tatvarianten insbesondere, dass die Angeklagten nach ihrer Vorstellung als Mittäter im Wege eines uneigentlichen Organisationsdelikts Betrugshandlungen im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB in 198.070 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zum Nachteil der Kontoinhaber begehen wollten und hierzu auch unmittelbar angesetzt haben (§ 22 StGB).
aa) In den sog. Anruffällen ging es den Angeklagten darum, bei den Telefonanrufen und durch die Übersendung der Begrüßungsschreiben den Empfängern das Bestehen eines Vertragsverhältnisses vorzuspiegeln, um sie auf diese Weise zu veranlassen, auf einen Widerspruch gegen die spätere Abbuchung zu verzichten. Hierin liegt ein versuchter Betrug (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, Tz. 17).
bb) Aber auch in den Fällen, in denen die Lastschrifteinzüge ohne vorherige telefonische Kontaktaufnahme erfolgten und die Übersendung von Begrüßungsschreiben unterblieb, ein direkter Kundenkontakt also nicht stattfand, war der Tatplan der Angeklagten auf die Begehung eines Betruges gerichtet.
(1) Den Angeklagten war bewusst, dass die betroffenen Kunden von ihrer jeweiligen Bank einen Kontoauszug erhalten würden, in dem die von ihnen veranlasste Abbuchung ausgewiesen war. Nach den Feststellungen des Landgerichts enthielt die jeweilige Kontoinformation auf dem Auszug nicht nur den Namen des Zahlungsdienstleisters, den abgebuchten Betrag und eine sog. ID-Nummer, sondern auch einen Produktnamen. Dabei entsprach es der Vorstellung der Angeklagten, dass den betroffenen Bankkunden unter Berücksichtigung des insoweit maßgeblichen Empfängerhorizonts im Hinblick auf die Mitteilung einer derartigen Produktbezeichnung ein wirksames Kausalgeschäft vorgespiegelt werden sollte.
(2) Der Ablauf des im Wesentlichen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geregelten Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens (vgl. Nr. 9 AGB-Banken i.d. bis zum 30. Oktober 2009 gültigen Fassung sowie die Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr im Einzugsermächtigungsverfahren i.d.F. v. Oktober 2009 und die Bedingungen für den Lastschrifteinzug vom November 2009), dessen sich die Angeklagten hier zur Tatausführung bedienten, bestätigt diese rechtliche Beurteilung. Dieses Verfahren wird durch die Übermittlung eines vom Zahlungsempfänger – hier also von den Angeklagten – mit den erforderlichen Informationen versehenen Lastschriftdatensatzes – regelmäßig in elektronischer Form – über dessen Bank an das Geldinstitut des Schuldners ohne dessen Einschaltung in Gang gesetzt. Dessen Institut belastet seinerseits ohne eigene Sachprüfung das Konto des Kunden mit dem genannten Betrag (vgl. Nr. 2.1.2 sowie 2.3.1 der Sonderbedingungen; vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 – II ZR 277/84, BGHZ 95, 103, 106). Der zahlungspflichtige Bankkunde erhält sodann von seiner Zahlstelle entsprechend dem vom Zahlungsempfänger an dessen Bank übermittelten Lastschriftdatensatz eine Mitteilung über die erfolgte Belastung auf seinem Kontoauszug (Lastschriftabkommen Abschnitt 1 Nr. 7 Abs. 1). Da dieses Verfahren den Zahlungsempfänger in die Lage versetzt, von sich aus ohne Mitwirkung des Zahlungspflichtigen den Zeitpunkt des Zahlungsflusses zu bestimmen (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 – IX ZR 42/07, ZIP 2008, 1241, Tz. 15), und der Schuldner auf die (nachträgliche) Verweigerung der Genehmigung verwiesen wird (Nr. 2.4 der Sonderbedingungen), muss der Zahlungsempfänger, um Forderungen einzuziehen, gegenüber seiner Bank versichern, dass ihm eine schriftliche Ermächtigung des Zahlungspflichtigen vorliegt (vgl. dazu Lastschriftabkommen Abschnitt I Nr. 3; Einzelheiten bei Ellenberger in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 58 Rn. 11). Auch diese Erklärung über das Vorliegen einer Einzugsermächtigung gibt die Gläubigerbank über die Schuldnerbank als Boten an den vermeintlichen Schuldner weiter.
(3) Danach war der Tatplan der Angeklagten darauf gerichtet, die betroffenen Bankkunden sowohl über das Bestehen eines Vertragsverhältnisses als auch über die Berechtigung zur Vornahme des Lastschrifteinzugs zu täuschen. Dies geschah mit dem Ziel, die Bankkunden bis zum endgültigen Eintritt der Genehmigungswirkung von der Geltendmachung von Einwendungen gegenüber der kontoführenden Bank und damit von der Möglichkeit der Rückbuchung der vereinnahmten Geldbeträge abzuhalten.
(4) Die Angeklagten haben auch unmittelbar im Sinne des § 22 StGB zur Begehung dieser Tat angesetzt. Indem sie den Lastschrifteinzug bei ihrer Bank einreichten und damit das Einzugsermächtigungslastschriftverfahren in Gang setzten, gaben sie das Geschehen aus der Hand (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt 30, 363, 365; vgl. auch SSW-StGB/Kudlich/Schuhr, 2. Aufl., § 22 Rn. 40).
b) Auch die Voraussetzungen für eine Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO liegen vor (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 416/12, BGHSt 58, 119, Tz. 13, 51, m. abl. Anm. Heghmanns ZJS 2013, 423; i.E. ebenso schon BGH, Beschluss vom 12. September 1990 – 3 StR 277/90, HFR 1991, 496). Schon im Hinblick auf die Vielzahl der Fälle und die Komplexität des Tatgeschehens würde die weitere Aufklärung mit dem Ziel der Feststellung eines vollendeten Delikts einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten.
III.
Die Beschränkung der Strafverfolgung führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs für alle drei Angeklagten. § 265 StPO steht nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, dass sich die umfassend geständigen Angeklagten anders als geschehen verteidigt hätten.
Die Strafaussprüche können jedoch nicht bestehen bleiben, da die Möglichkeit besteht, dass die Strafen auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs dem gemäß §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen worden wären. Über diese Frage wird der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter nunmehr auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeiten und der Tatumstände unter besonderer Berücksichtigung der versuchsbezogenen Gesichtspunkte, insbesondere der Vollendungsnähe, zu entscheiden haben (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, Tz. 21).
IV.
Ob die vom Landgericht gemäß § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB getroffene Entscheidung in der Sache durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, hat der Senat nicht zu entscheiden. Die Angeklagten sind von dieser Entscheidung weder betroffen noch durch sie beschwert.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin