Entscheidungsdatum: 16.03.2016
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 9. September 2015 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Schuldspruchänderung im Fall II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen fasste der Angeklagte, der viele Jahre – teils gegen Entlohnung – als Informant der Polizei tätig gewesen war, im Mai 2014 den Entschluss, mit B. , der im Raum D. einen „schwungvollen“ Handel mit Betäubungsmitteln, insbesondere Kokain, betrieb, Betäubungsmittelgeschäfte zu machen. Er tat dies entweder in der Absicht, die von B. erworbenen Betäubungsmittel gewinnbringend weiterzuverkaufen, oder aber in dem Bestreben, durch die Drogengeschäfte näheren Zugang zu B. zu gewinnen, dessen Umfeld auszuleuchten und die hierdurch erlangten Informationen anschließend der Polizei anzubieten, wovon er sich eine angemessene Entlohnung für seine Tätigkeit oder die Zahlung einer Erfolgsprämie versprach. Kleinere Gewinne rechnete er mit ein, weil er sich dadurch die Mittel für seinen Eigenkonsum von Marihuana verdienen wollte.
In der Folgezeit bezog der Angeklagte meist nach vorangegangener telefonischer Bestellung von B. in acht Fällen Kokain in Mengen zwischen 10 und 50 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils 40 %, das er in vier Fällen mit Gewinn (Taten II.2. Nr. 3 bis 6 der Urteilsgründe) und in vier Fällen zum Selbstkostenpreis (Taten II.2. Nr. 1, 2, 7 und 13 der Urteilsgründe) an Abnehmer weiterveräußerte. In weiteren fünf Fällen stellte der Angeklagte den Kontakt von B. zu Abnehmern her, die jeweils Kokain verschiedener Qualität in Mengen zwischen 30 und 60 Gramm erwarben oder erwerben wollten (Taten II.2. Nr. 8, 10, 11, 18 und 19 der Urteilsgründe). Ferner verkaufte er Marihuana, das er in Mengen von zweimal 1 Kilogramm von B. und von 100 Gramm von einem anderen Lieferanten bezogen hatte, mit Gewinn weiter (Taten II.2. Nr. 9, 12 und 14 der Urteilsgründe). Am 5. November 2014 erwarb der Angeklagte zunächst von einem weiteren Lieferanten 9,807 Gramm Kokainzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von 99,4 %, die er zum Selbstkostenpreis an einen Abnehmer abgeben wollte, und wenig später 21,98 Gramm Marihuana, das zur Hälfte zum Eigenkonsum und zur anderen Hälfte zur Weitergabe an Kollegen zum Selbstkostenpreis bestimmt war (Tat II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe). Schließlich wurden bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 21. Januar 2015 im Keller 5 Gramm Kokain aufgefunden, die der Angeklagte einige Tage zuvor unentgeltlich von B. mit der Bestimmung erhalten hatte, dafür einen Kunden zu suchen (Tat II.2. Nr. 22 der Urteilsgründe).
II.
Die Revision des Angeklagten führt lediglich zu einer Schuldspruchänderung im Fall II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe. Ansonsten hält der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils einer rechtlichen Prüfung stand.
1. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch in den Fällen, in denen der Angeklagte von seinem Lieferanten B. bezogene Betäubungsmittel zum Einkaufspreis an Abnehmer abgab (Taten II.2. Nr. 1, 2, 7 und 13 der Urteilsgründe) oder ohne Provisionserwartung den Kontakt zwischen B. und Abnehmern von Betäubungsmitteln vermittelte (Taten II.2. Nr. 8, 10, 11, 18 und 19 der Urteilsgründe).
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG setzt eigennütziges Handeln voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256). Eigennützig ist eine Tätigkeit, wenn das Tun des Täters vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder wenn er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder – objektiv messbar – immateriell bessergestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur Urteil vom 24. Juni 1986 – 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 126; Beschlüsse vom 26. August 1992 – 3 StR 299/92, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 34; vom 6. November 2012 – 2 StR 410/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 80; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Rn. 150 mwN). Da der Vorteil weder tatsächlich erlangt werden noch unmittelbar aus dem Umsatzgeschäft resultieren muss (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1981 – 5 StR 56/81, StV 1981, 238; Urteil vom 4. Dezember 2007 – 5 StR 404/07, insoweit in NStZ 2008, 354 nicht abgedruckt; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 323), reicht die Erwartung mittelbarer Vorteile aus, um die Eigennützigkeit zu begründen. Danach ist in den genannten Fällen ein eigennütziges Handeln des Angeklagten gegeben. Mit dem von einem finanziellen Eigeninteresse getragenen Bestreben, als Informant der Polizei gegen Entgelt verwertbare Informationen über seinen Lieferanten zu erhalten, zielte das Handeln des Angeklagten jeweils auf die Erlangung eines materiellen Vorteils, der nach den Vorstellungen des Angeklagten auch an seine auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit anknüpfte und damit einen hinreichenden Umsatzbezug (vgl. hierzu Weber aaO, Rn. 330; Rahlf in MüKoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 387) aufwies. Dass die erstrebten geldwerten Informationen erst später durch Weitergabe an die Polizei zu Geld gemacht werden sollten, steht der Annahme von Eigennützigkeit nicht entgegen. Aus denselben Gründen ist auch im Fall II.2. Nr. 22 der Urteilsgründe ein eigennütziges Handeln des Angeklagten zu bejahen.
2. In den Fällen, in denen der Angeklagte den Kontakt zwischen dem Lieferanten B. und den Abnehmern von Betäubungsmitteln herstellte (Taten II.2. Nr. 8, 10, 11, 18 und 19 der Urteilsgründe), ist durch die Urteilsfeststellungen ein täterschaftliches Handeln des Angeklagten hinreichend belegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 339/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 75; vom 4. September 2012 – 3 StR 337/12, NStZ-RR 2013, 46).
3. Dagegen kann der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG im Fall II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben. In diesem Fall, in dem der Angeklagte die Kokainzubereitung nicht von B. sondern von einem anderen Lieferanten bezog, um es zum Selbstkostenpreis an einen Abnehmer abzugeben, ist ein eigennütziges Verhalten des Angeklagten in den Urteilsgründen nicht festgestellt. Der Angeklagte hat sich nach den Feststellungen indes wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen. Der Strafausspruch wird durch die Schuldspruchänderung nicht berührt. Angesichts der identischen Strafandrohung kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte.
4. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin