Entscheidungsdatum: 05.10.2010
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 1. Juni 2010 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch im Fall III. 3. der Urteilsgründe,
b) im gesamten Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch im Fall III. 3. der Urteilsgründe hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte von dem gesondert verfolgten O. eine Bestellung über 300 g Kokain entgegen und sagte zu, die nötigen Kontakte zu vermitteln. Hierfür sollte er zumindest 400 € erhalten. Auf Anfrage des Angeklagten erklärte sich der gesondert verfolgte E. bereit, das Rauschgift zu besorgen. Beide verabredeten, das Kokain in der Wohnung eines Dritten gegebenenfalls vor der Übergabe an O. zu strecken, der es weiterverkaufen wollte. Hierzu kam es nicht, weil die Beteiligten jeweils auf ihrem Weg zu der als Übergabeort vorgesehenen Wohnung festgenommen wurden.
b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte täterschaftlich Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge getrieben hat.
Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531; Beschluss vom 20. Dezember 2000 - 2 StR 468/00, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 56). Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt (Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 394 und 611 mwN).
Nach diesem Maßstab rechtfertigen die bisherigen Feststellungen nur die Annahme einer Beihilfe des Angeklagten zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er vermittelte und begleitete lediglich ein fremdes Umsatzgeschäft, wofür ihm ein vergleichsweise geringer Festbetrag als Entlohnung zugesagt war. Einen eigenen Einfluss auf das Betäubungsmittelgeschäft, die angefragte Menge, deren Preis sowie deren Weiterverkauf hatte er nicht; ebensowenig sollte er eigenständigen Besitz an dem gehandelten Kokain erlangen. Auch enthält das landgerichtliche Urteil keine ausreichenden Feststellungen dazu, dass mit der Begleitung des Haupttäters bei der Übergabe des Rauschgifts Aktivitäten des Angeklagten verbunden waren oder sein sollten, die geeignet gewesen wären, Tatherrschaft zu begründen.
2. Der Strafausspruch in den Fällen III. 1. und 2. der Urteilsgründe hat keinen Bestand; denn die Bestimmung des Strafrahmens durch das Landgericht ist rechtsfehlerhaft. Hierzu gilt:
Die Strafkammer hat einen "gemäß § 31 BtMG i.V.m. § 49 StGB gemilderten" Strafrahmen des § 29a BtMG von 3 Monaten bis 11 Jahre und 3 Monate Freiheitsstrafe angenommen. Ein solcher ergibt sich bei einer Milderung des Strafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG nach § 49 Abs. 1 StGB, auf den die Neufassung des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG (idF des 43. StrÄndG vom 29. Juli 2009, BGBl I 2288, in Kraft seit 1. September 2009) verweist. Demgegenüber weist der Umstand, dass das Landgericht die vom Angeklagten erst nach Erlass des Eröffnungsbeschlusses geleistete Aufklärungshilfe nicht als gemäß § 31 Satz 2 BtMG nF i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB verspätet angesehen hat, darauf hin, dass es - in der Sache zutreffend (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524) - für die im Mai und August 2009 begangenen Taten III. 1. und III. 2. der Urteilsgründe die alte Fassung des § 31 Nr. 1 BtMG angewandt hat, die eine solche zeitliche Grenze für die Aufklärungshilfe nicht vorsieht. § 31 Nr. 1 BtMG aF ermöglicht jedoch eine Milderung nach § 49 Abs. 2 StGB und eröffnet damit einen Strafrahmen von Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe von einem Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe.
Da sich die verhängten Einzelstrafen für die Taten III. 1. und III. 2. in Höhe von sechs und zehn Monaten jeweils an der unteren Grenze des Strafrahmens bewegen, kann der Senat nicht ausschließen, dass sich die rechtsfehlerhafte Strafrahmenbestimmung zu Lasten des Angeklagten auf die Strafzumessung ausgewirkt hat.
3. Der Senat schließt nicht aus, dass das neue Tatgericht Feststellungen treffen kann, die im Fall III. 3. der Urteilsgründe ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge belegen. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall III. 3. der Urteilsgründe sowie der Wegfall der hierfür und für die Fälle III. 1. und 2. verhängten Einzelstrafen lässt die Gesamtstrafe entfallen. Der Senat hebt auch den Strafausspruch im Fall III. 4. der Urteilsgründe sowie die jeweils zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter eine insgesamt einheitliche Strafzumessung zu ermöglichen. Mit Blick auf die Urteilsgründe besteht insgesamt Anlass zu dem Hinweis, dass deren Abfassung auch dann eines Mindestmaßes an Sorgfalt bedarf, wenn das Urteil auf einer Absprache beruht (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 222/10 Rn. 8).
4. Der Senat bemerkt im Übrigen, dass das Landgericht im Fall III. 3. der Urteilsgründe in der Sache schon deshalb zutreffend § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF angewendet hat, weil die Tat erst im Dezember 2009 und damit nach Inkrafttreten der Neufassung begangen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524). Auf die Frage, ob dieser Fall mit den Fällen III. 1. und 2. der Urteilsgründe eine Tat im Sinne des autonomen Tatbegriffs des § 31 BtMG bildet, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Dieser Tatbegriff ist dann von Belang, wenn zu beurteilen ist, ob die Aufklärungshilfe des Angeklagten nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF wesentlich dazu beigetragen hat, dass "die Tat" über seinen eigenen Beitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Er ist aber nicht maßgebend für die Entscheidung, welches Strafzumessungsrecht zeitlich gilt.
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