Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 09.10.2018


BGH 09.10.2018 - 4 StR 318/18

Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
4. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
09.10.2018
Aktenzeichen:
4 StR 318/18
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:091018B4STR318.18.1
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend BGH, 9. Oktober 2018, Az: 4 StR 318/18, Beschlussvorgehend LG Paderborn, 16. April 2018, Az: 1 KLs 2/18nachgehend BGH, 9. Oktober 2018, Az: 4 StR 318/18, Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 16. April 2018, soweit es den Angeklagten betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig ist;

b) im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zehn Monaten verurteilt und ein Grundstück des Angeklagten eingezogen. Des Weiteren hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass ein Jahr und elf Monate der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollstrecken sind. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu einer Schuldspruchänderung und zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

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1. Nach den Feststellungen erfolgte die Aufzucht der Marihuanapflanzen in der Plantage jeweils zum Zwecke des späteren gewinnbringenden Absatzes der geernteten Pflanzen. Bei dieser Sachlage erfüllt der Anbau bereits den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und geht als unselbständiger Teilakt in der Bewertungseinheit des Handeltreibens auf (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12, BGHSt 58, 99, 101; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 121 mwN). Der Angeklagte hat sich damit des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend; § 265 StPO steht nicht entgegen.

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2. Der Strafausspruch und die Einziehungsentscheidung haben keinen Bestand, weil die Strafkammer die Wechselwirkung zwischen Strafe und Einziehung nicht bedacht hat.

4

Die Einziehung des zur Tatbegehung genutzten Grundstücks des Angeklagten hat das Landgericht rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I, 872) gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat – ebenso wie nach alter Rechtslage – den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2018 – 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. April 1983 – 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710; vom 3. Mai 2018 – 3 StR 8/18, aaO mwN). Das Landgericht hat den Wert des eingezogenen Grundstücks nicht festgestellt und die Einziehung bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Beachtung der dargelegten Grundsätze zu milderen Strafen gelangt wäre. Infolge des inneren Zusammenhangs zwischen Strafausspruch und Einziehung unterliegt auch die Einziehungsentscheidung der Aufhebung.

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3. Der Maßregelausspruch hält ebenfalls einer rechtlichen Prüfung nicht stand. In den Urteilsgründen wird weder das Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 64 StGB noch der erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen dem angenommenen Hang und den abgeurteilten Taten tragfähig belegt.

6

Das Landgericht, das zum Konsumverhalten des Angeklagten lediglich festgestellt hat, dass der Angeklagte ab dem Alter von 15 Jahren bis heute regelmäßig Cannabis raucht und daneben in wechselnder Ausprägung Alkohol konsumiert, hat sich die Bewertung des Sachverständigen zu eigen gemacht, wonach beim Angeklagten ausweislich der umfangreich durchgeführten Drogenanamnese eine Alkohol- und Cannabisabhängigkeit gegeben sei. Zu den tatsächlichen Grundlagen dieser Einschätzung des Sachverständigen verhält sich das Urteil nicht. Beschränkt sich der Tatrichter – wie hier – darauf, sich ohne eigene Erwägungen einem Sachverständigengutachten anzuschließen, ist er aber aus Gründen sachlichen Rechts regelmäßig gehalten, die für die Schlussfolgerungen des Sachverständigen maßgeblichen Anknüpfungs- und Befundtatsachen insoweit in den Urteilsgründen mitzuteilen, als dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner gedanklichen Schlüssigkeit im Revisionsrechtszug erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 1958 – 4 StR 399/58, BGHSt 12, 311, 314 f.; vom 23. September 1997 – 4 StR 433/97, NStZ 1998, 83; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 275/13, NStZ 2014, 36, 37; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 32 mwN). Dem ist das Landgericht nicht gerecht geworden. Des Weiteren wird der für die Anordnung nach § 64 StGB erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen (angenommenem) Hang und den abgeurteilten Taten in den Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht tragfähig dargetan. Allein die von der Strafkammer übernommene Wertung des Sachverständigen, wonach es basierend auf dem Hang zu dem Tatgeschehen, welches gerade den Aufbau und Betrieb einer Cannabisplantage zum Inhalt gehabt habe, gekommen sei, reicht hierfür nicht ansatzweise aus.

7

4. Für die im Ermessen des neuen Tatrichters stehende Entscheidung über die Einziehung des zur Tatbegehung genutzten Grundstücks des Angeklagten verweist der Senat auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 31. März 2016 – 2 StR 243/15 (NStZ 2017, 89) und 2. April 2015 – 3 StR 197/14 (Rn. 22 ff., insoweit in NStZ 2015, 636 nicht abgedruckt).

Sost-Scheible     

      

Cierniak     

      

Franke

      

Bender     

      

Quentin