Entscheidungsdatum: 30.07.2013
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 12. Februar 2013 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II.7 der Urteilsgründe wegen Diebstahls verurteilt wurde; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) der Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Diebstahls in fünf Fällen und des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen und wegen Diebstahls in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen richtet sich seine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Verfahren ist hinsichtlich einer Tat einzustellen, da es an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten unbegründet.
1. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch ist wirksam. Dies gilt auch für die Tat II.11 der Urteilsgründe, denn die Bewertung als (Trick-)Diebstahl, wie sie das Landgericht vorgenommen hat, beruht auf vollständigen und widerspruchsfreien Feststellungen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 318 Rn. 16). Läge entsprechend der Ansicht des Generalbundesanwalts auf derselben Tatsachengrundlage dagegen ein Betrug vor, würde es sich um einen bloßen Subsumtionsfehler handeln. Ein solcher steht indes der Wirksamkeit der Revisionsbeschränkung nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2005 - 5 StR 499/04 [juris Rn. 6]; Meyer-Goßner, aaO, § 318 Rn. 17a mwN). Der Senat ist daher an der beantragten Schuldspruchberichtigung gehindert (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 318 Rn. 31; KK-Paul, 6. Aufl., § 318 Rn. 9).
2. Das Verfahren ist jedoch teilweise einzustellen, weil hinsichtlich des Diebstahls im Fall II.7 der Urteilsgründe weder ein Strafantrag gestellt ist, noch die Staatsanwaltschaft (oder der Generalbundesanwalt) das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht hat.
In diesem Fall, einem Ladendiebstahl mit einer "Beute" im Wert von 22 Euro, liegt ein Strafantrag nicht vor (vgl. auch das Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 16. Juli 2013). Entgegen der Ansicht der Strafkammer hat die Staatsanwaltschaft aber auch das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung "durch Anklageerhebung" nicht konkludent bejaht. Dies ist zwar grundsätzlich möglich und in der Regel zu bejahen, sofern sich aus den Umständen nicht anderes ergibt (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 230 Rn. 4). Letzteres ist hier der Fall. Die Staatsanwaltschaft hat die Tat in der Anklageschrift - wie auch alle anderen Diebstahlsvorwürfe - ausschließlich als gewerbsmäßigen Diebstahl ("§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2" StGB) gewürdigt. Das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung hat sie ausdrücklich (nur) hinsichtlich einer später nach § 154 StPO ausgeschiedenen Sachbeschädigung bejaht. Es liegt mithin nicht fern, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur § 243 Abs. 2 StGB, sondern auch § 248a StGB übersehen hat (vgl. zu einem Fall der Anklage wegen gefährlicher, einer Verurteilung aber nur wegen "einfacher" Körperverletzung auch BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 - 4 StR 464/00 [juris Rn. 3]). Da beim Diebstahl geringwertiger Sachen ein (wirksamer und noch bestehender) Strafantrag oder die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft Voraussetzung für eine entsprechende Verurteilung ist, also (positiv) vorliegen muss, scheidet ein Schuldspruch wegen Diebstahls schon dann aus, wenn hieran - wie vorliegend - Zweifel bestehen.
Der deshalb gebotenen Einstellung des Verfahrens gemäß § 206a StPO steht die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch nicht entgegen, da der Senat das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen hat (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. August 1996 - 4 StR 344/96; weitere Nachweise bei KK-Kuckein, aaO, § 352 Rn. 3).
Der Senat schließt aus, dass die Verurteilung in diesem Fall die Bemessung der Einzelstrafen im Übrigen oder die Anordnung der Maßregel beeinflusst hat und dass der Tatrichter angesichts der verbleibenden Einzelstrafen (ein Jahr vier Monate, ein Jahr drei Monate, zwei Mal ein Jahr, fünf Mal acht Monate und ein Mal sechs Monate) ohne die für die Tat II.7 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe (sechs Monate) eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
3. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 12. Februar 2013 im Übrigen ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 7. Juni 2013 dargelegten Gründen erfolglos. An der entsprechenden Verwerfung gemäß § 349 Abs. 2 StPO ist der Senat durch den den Fall II.11 der Urteilsgründe betreffenden Antrag des Generalbundesanwalts (allein) auf Schuldspruchberichtigung nicht gehindert (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2013 - 3 StR 61/13). Zur Zulässigkeit einer wiederholten Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verweist der Senat ergänzend auf § 67f StGB.
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin