Entscheidungsdatum: 17.07.2012
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 21. Februar 2012 im Maßregelausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug von einem Jahr der Freiheitsstrafe angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten wendet sich allein gegen die Anordnung der Dauer des Vorwegvollzugs. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs insgesamt.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestehen bei dem Angeklagten eine langjährige multiple Substanzabhängigkeit mit im Vordergrund stehendem Cannabis-, Amphetamin- und Kokainkonsum sowie eine dissoziale Persönlichkeitsfehlentwicklung, möglicherweise sogar eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Er konsumierte phasenweise täglich Cannabinoide, Amphetamine, gelegentlich Ecstasy und - wenn er ausreichend Geld zum Erwerb hatte - auch Kokain. Nach der letzten Haftentlassung im Jahr 2010 lebte er drei Monate lang abstinent, danach wurde er rückfällig. Der Drogenkonsum ist möglicherweise Ausdruck seiner dissozialen Persönlichkeitsfehlentwicklung. Eine Langzeittherapie nach § 35 BtMG hat der Angeklagte abgebrochen, aus einer weiteren ist er von der Einrichtung disziplinarisch entlassen worden. Er hat wegen seiner Persönlichkeitsfehlentwicklung oder Persönlichkeitsstörung erhebliche Probleme, im offenen Rahmen einer normalen Therapieeinrichtung eine Drogentherapie konstruktiv wahrzunehmen. Allerdings kann er seine Verhaltensauffälligkeiten willentlich steuern und hat Krankheits- und Behandlungseinsicht geäußert. Das Landgericht hat deshalb die Erfolgsaussicht der Maßregel bejaht. Entgegen der Auffassung des von ihm gehörten Sachverständigen, der wegen des bereits lange Zeit andauernden Betäubungsmittelmissbrauchs von einer längeren Therapiedauer von bis zu drei Jahren ausgegangen ist, hat das Landgericht eine Therapiedauer von zwei Jahren prognostiziert. Eine längere Therapiedauer sei nach dem Willen des Gesetzgebers nicht vorgesehen. Danach sei - entgegen der Formulierung im Urteilstenor - ein Vorwegvollzug von einem Jahr und sechs Monaten der Freiheitsstrafe anzuordnen.
2. Die grundsätzlich mögliche Beschränkung der Revision auf die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs ist im vorliegenden Fall ausnahmsweise unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 3 StR 516/07, NStZ-RR 2009, 48, 49). Die Rechtswirksamkeit einer Beschränkung setzt voraus, dass der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil rechtlich und tatsächlich beurteilt werden kann, ohne eine Überprüfung des Urteils im Übrigen erforderlich zu machen. Das ist hier nicht der Fall.
Die Dauer des Vorwegvollzugs hängt gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 StGB von der Höhe der verhängten Strafe und der voraussichtlichen Dauer der Unterbringung gemäß § 64 StGB ab. Für letztere ist derjenige Zeitraum maßgebend, der bei prognostischer Beurteilung erforderlich erscheint, um einen Behandlungserfolg zu erzielen. Die Festlegung einer angemessenen Dauer der Unterbringung setzt deshalb voraus, dass die Maßregel als solche überhaupt Aussicht auf Erfolg bietet. Ist dies bereits dem Grunde nach nicht der Fall oder zweifelhaft, lässt sich kein angemessener Zeitraum für die Therapie bemessen.
3. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt als solche begegnet hier durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie setzt nach § 64 Satz 2 StGB voraus, dass eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Das Urteil teilt keine tragfähigen Gründe dafür mit, dass eine (nur) zweijährige Therapie bei dem Angeklagten erfolgversprechend ist. Der vom Landgericht zutreffend erkannte Umstand, dass nach § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB die Unterbringung nicht länger als zwei Jahre dauern darf (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 65/12), reicht als Begründung für einen zu erwartenden Behandlungserfolg bei dem Angeklagten in diesem Zeitraum nicht aus. Dies gilt hier umso mehr, als möglicherweise der Drogenkonsum nur Ausdruck der dissozialen Persönlichkeitsfehlentwicklung des Angeklagten ist, was einen Heilungserfolg insgesamt oder jedenfalls innerhalb von zwei Jahren in Frage stellen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2009 – 2 StR 209/09; Urteil vom 11. August 2011 – 4 StR 267/11 Rn. 24; Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 65/12 Rn. 7). Bei einer Therapiedauer von drei Jahren, wie sie der gehörte Sachverständige prognostiziert hat, fehlt es aber an der notwendigen konkreten Erfolgsaussicht (BGH, Urteil vom 11. März 2010 – 3 StR 538/09 Rn. 10 ff., NStZ-RR 2011, 5, 6 f.; Urteil vom 5. August 2010 – 3 StR 195/10 Rn. 10; Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 65/12 Rn. 3).
4. Über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist deshalb erneut zu befinden. Der neue Tatrichter wird insbesondere Gelegenheit haben, neue Feststellungen zu der voraussichtlich notwendigen Therapiedauer zu treffen.
Da das Verfahren sich nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1988 – 4 StR 33/88, BGHSt 35, 267).
Mutzbauer Roggenbuck Schmitt
Bender Quentin