Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 21.12.2011


BVerwG 21.12.2011 - 4 C 13/10

Verhältnis von Anspruch auf sanierungsrechtliche Abschlusserklärung und Sanierungszweck


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsdatum:
21.12.2011
Aktenzeichen:
4 C 13/10
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 16. Juni 2010, Az: 2 L 296/08, Urteilvorgehend VG Halle (Saale), 28. Oktober 2008, Az: 2 A 164/06
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Ein Anspruch auf eine nur ein einzelnes Buchgrundstück betreffende sanierungsrechtliche Abschlusserklärung besteht nicht, wenn dieses Grundstück eines von mehreren Grundstücken ist, die im Hinblick auf die Ziele und Zwecke der Sanierung und die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen als Einheit anzusehen sind.

Tatbestand

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Die Klägerin erstrebt die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Abschlusserklärung gemäß § 163 BauGB. Sie ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Zentrum von Halle. Auf diesen befinden sich im westlichen Bereich am Marktplatz ein Warenhaus, in der Mitte des Häuserblocks ein unterirdischer Anlieferungsbereich und im östlichen Bereich eine Tiefgarage sowie die Zufahrt von der Kleinen Steinstraße. Die Grundstücke liegen im Bereich des 1994 beschlossenen Sanierungsgebiets "Historischer Altstadtkern". Ab 1998 führte die Beklagte einen Investorenwettbewerb zur Wiederbebauung, Sanierung und weiteren Gestaltung der Nordost-Ecke des Marktplatzes durch. 2000 erhielt eine Arbeitsgemeinschaft, der die Klägerin angehörte, den Zuschlag. Mit Kaufvertrag vom 2. Oktober 2001 veräußerte die Beklagte mehrere in diesem Teilbereich liegende Grundstücke an die Rechtsvorgängerin der Klägerin. Diese verpflichtete sich in dem Vertrag zur Durchführung umfangreicher Baumaßnahmen, die in mehreren Bauabschnitten durchgeführt werden sollten.

2

Am 2. Juli 2001 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben "gemischt genutzter Gebäudekomplex: Tiefgarage, Warenhaus, Gastronomie, Büroflächen". Die Baugenehmigung und die sanierungsrechtliche Genehmigung wurden in der Folgezeit erteilt. Im Dezember 2005 veräußerte die Klägerin u.a. die Flurstücke ..., auf denen sich u.a. das Warenhaus befindet. Hierfür wurde die sanierungsrechtliche Genehmigung erteilt.

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Den ebenfalls im Dezember 2005 gestellten Antrag, die Sanierung hinsichtlich der Flurstücke ... für abgeschlossen zu erklären, lehnte die Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid ab, da das Baugrundstück noch nicht entsprechend den Zielen und Zwecken der Sanierung bebaut sei. Insbesondere sei die Überbauung der Tiefgaragenzufahrt nicht realisiert worden.

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Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt (BauR 2011, 482): Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Abschlusserklärung nach § 163 BauGB für die in ihrem Antrag genannten Grundstücke. Abzustellen sei nicht auf die im Antrag der Klägerin vom 15. Dezember 2005 aufgeführten Buchgrundstücke, sondern auf das ihrem Bauantrag vom 2. Juli 2001 zugrunde liegende Baugrundstück. Die Abschlusserklärung könne zwar auch für mehrere selbständige, benachbarte Grundstücke erteilt werden. Gehörten die Grundstücke einem einzigen Eigentümer, sei allerdings eine auf einzelne Grundstücke bezogene Abschlusserklärung nicht zulässig, wenn alle Grundstücke im Hinblick auf die Ziele und Zwecke der Sanierung und der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen als Einheit anzusehen seien. Für die Bestimmung des Grundstücksbegriffs sei maßgeblich, ob es gerade mit dem Sinn und Zweck der sanierungsrechtlichen Vorschriften zu vereinbaren sei, einzelne Buchgrundstücke, die mit anderen Buchgrundstücken einen engen Zusammenhang, insbesondere eine bauliche Einheit, bilden, aus den durch die sanierungsrechtlichen Vorschriften auferlegten Beschränkungen zu entlassen. Dabei liege es nahe zu fragen, ob die Herausnahme einzelner Buchgrundstücke die Durchführung der Sanierung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würde. Dies lasse sich für ein sich über mehrere Buchgrundstücke erstreckendes Bauwerk in aller Regel nur einheitlich beurteilen. Auch die Grenzen der Sozialbindung des Eigentums würden nicht überschritten, wenn vom Grundstückseigentümer und Bauherrn verlangt werde, dass er die für sein Bauvorhaben in Anspruch genommenen Flächen insgesamt entsprechend den Zielen und Zwecken der Sanierung bebaue und nicht in einem sanierungsrechtlich unfertigen Zustand hinterlasse. Im vorliegenden Fall gehörten zum Baugrundstück auch die Flurstücke, auf denen die Zufahrt zur Tiefgarage sowie wesentliche Teile der Tiefgarage selbst errichtet worden seien. Somit komme es darauf an, ob auch diese Buchgrundstücke entsprechend den Zielen und Zwecken der Sanierung bebaut seien. Das sei nicht der Fall. Für diese Flurstücke seien bislang keine konkreten Sanierungsziele und -zwecke bestimmt worden. Da diese Bestimmung eine Abwägung erfordere, sei das Sanierungskonzept grundsätzlich von der Gemeindevertretung zu beschließen oder zumindest zu billigen. Dies sei bisher nicht, insbesondere nicht durch den Investorenwettbewerb oder den Grundstückskaufvertrag, erfolgt, da die entsprechenden Beschlüsse keinen Bezug zu den Zielen und Zwecken der Sanierung erkennen ließen. Daraus folge indes nicht, dass die Sanierung für abgeschlossen erklärt werden könne. Denn die Bebauung sei sanierungsrechtlich nicht genehmigt und erkennbar nicht abgeschlossen; vielmehr klaffe dort weiterhin eine Baulücke.

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Zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor: Auch im Recht der städtebaulichen Sanierung sei maßgebend auf den grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriff abzustellen. Ein Abweichen vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff müsse auf Ausnahmen beschränkt bleiben. Selbst wenn die Tiefgaragengrundstücke einbezogen würden, sei ihr Anspruch auf Abschlusserklärung anzuerkennen. Denn § 163 BauGB müsse verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass die Sanierung für ein Grundstück als abgeschlossen zu erklären sei, wenn die Ziele und Zwecke der Sanierung nicht mehr in einem Zeitraum konkretisiert werden könnten, der sich noch als verhältnismäßige Beschränkung des Eigentums darstelle. Dieser Zeitraum müsse auf etwa zehn Jahre angesetzt werden und sei damit hier deutlich überschritten.

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Die Beklagte tritt der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht im Einklang mit Bundesrecht.

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Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch gemäß § 163 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf Erteilung einer Abschlusserklärung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB für die im Antrag vom 15. Dezember 2005 aufgeführten Grundstücke hat. In Übereinstimmung mit Bundesrecht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Frage, ob die Sanierung abgeschlossen ist, im vorliegenden Fall nur für das gesamte Baugrundstück unter Einbeziehung der Grundstücke, auf denen sich die Zufahrt und die Tiefgarage befinden, zu entscheiden ist (1.). Das Gericht ist ferner ohne Verstoß gegen Bundesrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Sanierung noch nicht abgeschlossen ist (2.).

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1. Nach § 163 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauGB hat die Gemeinde auf den Antrag des Eigentümers die Sanierung für ein Grundstück als abgeschlossen zu erklären, wenn entsprechend den Zielen und Zwecken der Sanierung (Nr. 1.) das Grundstück bebaut ist oder in sonstiger Weise genutzt wird oder (Nr. 2.) das Gebäude modernisiert oder instandgesetzt ist. Vorliegend kommt nur Nr. 1 in Betracht. Die Regelung ergänzt die Pflicht der Gemeinde, die Sanierungssatzung nach § 162 BauGB unter den dort genannten Voraussetzungen teilweise (Abs. 1 Satz 2) oder ganz aufzuheben. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die im Allgemeinen eine längere Zeit in Anspruch nehmende Sanierung für einzelne Grundstücke bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgreich abgeschlossen sein kann. Mit der Erklärung nach § 163 Abs. 1 BauGB entfallen die Beschränkungen nach §§ 144, 145 BauGB. Zugleich ist nach Abschluss der Sanierung der Ausgleichsbetrag gemäß § 154 BauGB zu entrichten.

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Bei der Beurteilung der Frage, ob "das Grundstück" nach § 163 Abs. 1 BauGB entsprechend den Zielen und Zwecken der Sanierung bebaut ist (oder in sonstiger Weise genutzt wird), ist den Zielsetzungen und Regelungen des Rechts der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen Rechnung zu tragen. Ein Anspruch auf eine nur ein einzelnes Buchgrundstück betreffende Abschlusserklärung besteht nicht, wenn dieses Grundstück eines von mehreren Grundstücken ist, die im Hinblick auf die Ziele und Zwecke der Sanierung und die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen als Einheit anzusehen sind. Bei dieser Beurteilung wird maßgeblich auf den Bauantrag, die Baugenehmigung und die hierzu erteilte sanierungsrechtliche Genehmigung abzustellen sein, die sich vorliegend alle auf dasselbe Baugrundstück beziehen, das überdies bis zu einer späteren Veräußerung im Eigentum derselben Person stand.

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Weder § 163 BauGB noch andere Vorschriften des Baugesetzbuchs enthalten eine gesetzliche Definition des Grundstücks. § 200 Abs. 1 BauGB bestimmt lediglich, dass die für Grundstücke geltenden Vorschriften entsprechend auch auf Grundstücksteile anzuwenden sind. Daher ist durch Auslegung zu ermitteln, welcher Grundstücksbegriff im jeweiligen Sachzusammenhang zum Tragen kommt (Urteil vom 14. Februar 1991 - BVerwG 4 C 51.87 - BVerwGE 88, 24 <29>). In der Regel ist unter dem Begriff des Grundstücks das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne zu verstehen (Urteile vom 26. Juni 1970 - BVerwG 4 C 73.68 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 28, vom 14. Dezember 1973 - BVerwG 4 C 48.72 - BVerwGE 44, 250 und vom 14. Februar 1991 a.a.O.; Beschluss vom 30. November 2000 - BVerwG 4 BN 57.00 - Buchholz 406.12 § 19 BauNVO Nr. 5). Bei der bauplanungsrechtlichen Beurteilung wird regelmäßig auf das Baugrundstück abzustellen sein. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass auch bei baurechtlich maßgeblichen Sachverhalten das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne in den meisten Fällen tatsächlich identisch ist mit dem Baugrundstück oder aber aus rechtlichen Gründen mit dem Baugrundstück gleichzusetzen ist. Die Rechtsprechung geht jedoch davon aus, dass das Baugrundstück und das Buchgrundstück keineswegs ausnahmslos gleichzusetzen sind. Ausnahmen sind nicht nur vertretbar, sondern sogar geboten, wenn bei Verwendung des grundbuchrechtlichen Begriffs die Gefahr entstünde, dass der Sinn einer bestimmten bau- und bodenrechtlichen Regelung handgreiflich verfehlt würde (Urteile vom 14. Februar 1991 a.a.O. und vom 19. September 2002 - BVerwG 4 C 13.01 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 40 S. 13 ).

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Im Anwendungsbereich von § 163 BauGB würde der Sinn der Regelung handgreiflich verfehlt, wenn nicht berücksichtigt würde, dass die Sanierung im Einzelfall ein über das Buchgrundstück hinausgehendes Ziel verfolgt. Denn städtebauliche Sanierungsmaßnahmen sind Maßnahmen, durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird (§ 136 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Sie dienen der Behebung der in dem Gebiet vorhandenen Missstände (vgl. Urteil vom 24. Mai 2006 - BVerwG 4 C 9.04 - BVerwGE 126, 104 Rn. 21) und zielen somit im Regelfall auf eine Veränderung der bestehenden Situation auf einer Reihe von Grundstücken. Diese Veränderung soll mit Ordnungsmaßnahmen, darunter der Bodenordnung (§ 147 BauGB) und Baumaßnahmen (§ 148 BauGB) erreicht werden. Die angestrebten Ziele lassen sich häufig nur mit Maßnahmen herbeiführen, die die (vorhandenen) Grundstücksgrenzen überschreiten. Das versteht sich bei Maßnahmen der Bodenordnung von selbst. Dementsprechend kann nicht auf alte Buchgrundstücksgrenzen abgestellt werden, wenn es gerade Ziel der Sanierung ist, eine neue Bodenordnung herbeizuführen und auf den neu zugeschnittenen Grundstücken eine entsprechende Bebauung zu ermöglichen. Aber auch bei Baumaßnahmen, insbesondere bei komplexen Vorhaben, lassen sich die Ziele und Zwecke der Sanierung in vielen Fällen nur unter Inanspruchnahme mehrerer Buchgrundstücke verwirklichen. Daraus folgt, dass zur Bestimmung des Grundstücksbegriffs i.S.d. § 163 Abs. 1 BauGB auf den funktionellen Zusammenhang von Vorhaben und Grundstück mit Blick auf die Ziele und Zwecke der Sanierung abzustellen ist. Der funktionelle Zusammenhang kann durch eine grundstücksübergreifende Bebauung auf benachbarten Grundstücken hergestellt werden. Anhaltspunkte für einen funktionellen Zusammenhang der Grundstücke können sich aber auch aus der Darstellung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auf dem vom Bauherrn benannten Baugrundstück ergeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dabei unerheblich, ob die Landesbauordnung den Begriff "Grundstück" als Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn versteht. Der Rechtsbegriff des (Bau-)Grundstücks, soweit er im Baugesetzbuch verwendet wird, ist bundesrechtlich festgelegt; das landesrechtliche Begriffsverständnis kann einen bundesrechtlichen Begriff nicht modifizieren.

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Auf dieser Grundlage sind die Vorinstanzen zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erklärung, die Sanierung sei hinsichtlich der im Antrag aufgeführten Flurstücke abgeschlossen, nicht erteilt werden kann. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist die Tiefgarage nebst Einfahrt untrennbar mit dem im Bauantrag dargestellten Gesamtvorhaben verbunden. Ohne die Inanspruchnahme dieser Flächen hätte das Vorhaben so nicht verwirklicht werden können. Die der Zufahrt und damit der Anlieferung dienenden baulichen Anlagen stehen danach in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Warenhaus und sind für dessen Nutzung funktionell erforderlich. Der funktionelle Zusammenhang wird dadurch bestätigt, dass alle Flurstücke Gegenstand eines einheitlichen Baugenehmigungsverfahrens waren; sie können auch im Hinblick auf die Ziele und Zwecke der Sanierung nur zusammen gewürdigt werden. Das zur Genehmigung gestellte Vorhaben hätte ohne Inanspruchnahme der im Bauantrag ebenfalls genannten Flurstücke ... und ..., auf denen sich die Tiefgaragenzufahrt sowie die Tiefgarage befinden, nicht verwirklicht werden können. Auch diese Flurstücke sind damit Teil des gesamten Grundstücks.

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Entgegen der Auffassung der Klägerin wird mit diesem Ergebnis nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, wonach der Gesetzgeber Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen hat. Dem Gesetzgeber steht es frei, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums vorzusehen, dass deren weitere Konkretisierung durch die Träger der Bauleitplanung oder andere Hoheitsträger erfolgt oder dass im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften die Mitwirkung der Betroffenen vorgesehen wird. Hierzu regelt der Gesetzgeber im Sanierungsrecht ausdrücklich, dass die Betroffenen zur Mitwirkung und zur Durchführung der erforderlichen baulichen Maßnahmen angeregt werden sollen (§ 137 BauGB) und dass im Grundsatz die Durchführung von Baumaßnahmen den Eigentümern überlassen bleibt (§ 148 BauGB). Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht.

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2. Das Oberverwaltungsgericht ist ferner ohne Verstoß gegen Bundesrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Sanierung noch nicht abgeschlossen ist. Der Auffassung der Klägerin, auch bei Einbeziehung des Grundstücks, auf dem sich die Tiefgarage und die Zufahrt befinden, sei die Sanierung als abgeschlossen zu erklären, ist nicht zu folgen.

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2.1 Das maßgebliche Grundstück ist noch nicht entsprechend den Zielen und Zwecken der Sanierung bebaut.

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Die Voraussetzungen des § 163 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB liegen nicht bereits dann vor, wenn das (Bau-)Grundstück überhaupt bebaut oder in sonstiger Weise genutzt wird. Es kommt nicht darauf an, ob die im Antrag vom 15. Dezember 2005 genannten Flächen, wie im Bauantrag vorgesehen, bebaut worden sind und genutzt werden. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Sanierung in Übereinstimmung mit dem gemeindlichen Sanierungskonzept auf dem Grundstück abgeschlossen ist. Dabei geht das Oberverwaltungsgericht zu Recht und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon aus, dass zu Beginn des Sanierungsverfahrens noch keine hohen Anforderungen an die Konkretisierung der Ziele und Zwecke der Sanierung (§ 140 Nr. 3 BauGB) zu stellen sind, mit fortschreitendem Sanierungsverfahren aber eine weitere Konkretisierung geboten ist, die erkennen lässt, wie das Sanierungsgebiet im Einzelnen genutzt werden soll (Urteile vom 4. März 1999 - BVerwG 4 C 8.98 - Buchholz 406.11 § 142 BauGB Nr. 5 S. 3 und vom 24. Mai 2006 a.a.O. Rn. 24). Daher wird die anfänglich umfassendere Sperrwirkung mit zunehmender Verdichtung der Sanierungsziele in der Weise verändert, dass nur noch diejenigen Rechtsvorgänge und Vorhaben abgewehrt werden können, die den nunmehr detaillierten Planungsvorstellungen widersprechen (Urteil vom 7. September 1984 - BVerwG 4 C 20.81 - BVerwGE 70, 83 <91>). Jedenfalls in seinen grundsätzlichen Aussagen ist das Sanierungskonzept von der Gemeindevertretung zu beschließen (Urteil vom 15. Januar 1982 - BVerwG 4 C 94.79 - Buchholz 406.15 § 15 StBauFG Nr. 4 S. 18 = DVBl 1982, 537 <540>), zumal es sich um das Ergebnis einer gerechten Abwägung handeln muss (§ 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB).

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Auf dieser Grundlage ist das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, konkrete Sanierungsziele für die streitigen Grundstücke ließen sich dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 23. März 1994 noch nicht entnehmen. Auch zu einem späteren Zeitpunkt sei eine Konkretisierung nicht erfolgt. Denn bei dem in Anschluss an den Investorenwettbewerb erfolgten Zuschlag an die Arbeitsgemeinschaft, der die Klägerin angehörte, lasse sich den Unterlagen nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen, dass die Beklagte damit tatsächlich eine Konkretisierung der Ziele und Zwecke der Sanierung - insbesondere hinsichtlich der Tiefgaragengrundstücke ... und ... - habe vornehmen wollen. Dasselbe gelte für den ebenfalls vom Gemeinderat gebilligten Grundstückskaufvertrag und die darin enthaltenen Bauverpflichtungen. In beiden Fällen fehle es an einem sanierungsrechtlichen Bezug.

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Die Beklagte greift diese Schlussfolgerungen in der Revisionserwiderung an, ohne Verfahrensrügen zu erheben. Sie meint, gegen eine Konkretisierung der Sanierungsziele durch den Investorenwettbewerb und den Kaufvertrag spreche nicht, dass die Beklagte dort keinen ausdrücklichen Bezug auf die Sanierungssatzung hergestellt und nicht ausdrücklich erklärt habe, dass diese Planung die Konkretisierung der Ziele und Zwecke der Sanierung darstelle. Damit wendet sie sich ohne Erfolg gegen die tatsächliche Würdigung der Abläufe durch die Vorinstanz, an die das Revisionsgericht gebunden ist. Im Übrigen kann in rechtlicher Sicht nicht zweifelhaft sein, dass bei einem entsprechenden Beschluss hinreichend deutlich werden muss, ob mit einem Zuschlag im Rahmen eines Investorenwettbewerbs zugleich die Konkretisierung der Ziele und Zwecke der Sanierung erfolgen soll. Denn auch mit einem derartigen Zuschlag wird zum einen noch nicht endgültig über die Bebauung in den maßgeblichen Einzelheiten entschieden, da darüber noch weitere Verhandlungen mit dem erfolgreichen Investor geführt werden können. Andererseits kann die Planung des Investors Details enthalten, die nicht zugleich als Ziele und Zwecke der Sanierung festgelegt werden sollen. Auch der Inhalt eines Grundstückskaufvertrags, der Bauverpflichtungen enthält, muss nicht notwendig in vollem Umfang mit den Zielen und Zwecken der Sanierung identisch sein.

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Der vorliegende Fall bietet auch keinen Anlass, der Frage nachzugehen, ob eine neuere Bebauung auch dann entsprechend den Zielen und Zwecken der Sanierung erfolgt sein kann, wenn es an einer ausreichend eindeutigen Konkretisierung der Sanierungsziele durch einen Beschluss des Gemeinderats fehlt. Denn eine Erklärung nach § 163 BauGB kommt erst in Betracht, wenn die Bebauung erkennbar abgeschlossen und sanierungsrechtlich genehmigt ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist dies nicht der Fall. Vielmehr klafft im östlichen Bereich des Baugrundstücks nicht nur eine Baulücke, sondern befindet sich dort eine kastenförmige Tiefgarageneinfahrt, die einen sanierungsrechtlich besonders unbefriedigenden "unfertigen" Zustand hinterlässt. Damit hat die Klägerin einen städtebaulichen Missstand geschaffen. Dieser Zustand ist sanierungsrechtlich auch nicht genehmigt worden.

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2.2 Auch weder der Zeitablauf noch die nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts fehlende (in den Augen der Beklagten fehlgeschlagene) grundstücksbezogene Konkretisierung der Ziele und Zwecke der Sanierung begründen einen Anspruch auf Erteilung der Erklärung nach § 163 Abs. 1 BauGB, die Sanierung sei auf dem maßgeblichen Grundstück abgeschlossen.

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Die Klägerin meint, § 163 BauGB müsse verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass die Sanierung für ein Grundstück als abgeschlossen zu erklären sei, wenn die Ziele und Zwecke der Sanierung nicht mehr in einem Zeitraum konkretisiert werden könnten, der sich noch als verhältnismäßige Beschränkung des Eigentums darstelle, wobei dieser Zeitraum auf etwa zehn Jahre angesetzt werden müsse. Dem ist nicht zu folgen.

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Zum einen ist eine Ausweitung der Tatbestandsmerkmale des § 163 Abs. 1 BauGB durch Einbeziehung der Gründe für die Aufhebung der Sanierungssatzung nach § 162 BauGB weder geboten noch sachgerecht. Die gesetzliche Regelung unterscheidet deutlich zwischen den zwei Voraussetzungen für die grundstücksbezogene Erklärung der Sanierung als abgeschlossen nach § 163 BauGB einerseits und den (nunmehr) vier tatbestandlichen Voraussetzungen für die vollständige oder teilweise Aufhebung der Satzung nach § 162 BauGB. § 163 BauGB hat einen engeren Anwendungsbereich und soll die gleichsam vorzeitige Abschlusserklärung für einzelne Grundstücke ermöglichen. Die Pflicht und Befugnis der Gemeinde gemäß § 162 BauGB, die Satzung für das Gebiet insgesamt aufzuheben, wenn die Sanierung entweder gebietsweit durchgeführt oder auf der anderen Seite undurchführbar geworden oder aufgegeben worden ist, betrifft demgegenüber das gesamte Sanierungsgebiet oder Teile davon.

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Zum anderen hat selbst im Anwendungsbereich des § 162 BauGB weder der bloße Zeitablauf noch die fehlende Konkretisierung der Ziele und Zwecke der Sanierung zur Folge, dass die Sanierungssatzung automatisch außer Kraft tritt (Urteil vom 20. Oktober 1978 - BVerwG 4 C 48.76 - Buchholz 406.15 § 50 StBauFG Nr. 1; Beschluss vom 12. April 2011 - BVerwG 4 B 52.10 - BauR 2011, 1308). Dagegen kann dem Grundstückseigentümer nach dieser Rechtsprechung zum Ausgleich der sanierungsrechtlichen Beschränkungen ein Anspruch auf Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung zustehen. Je mehr die Gemeinde es versäumt, die Sanierungsziele zu konkretisieren, desto eher sind dem Eigentümer die von ihm beabsichtigten Vorhaben sanierungsrechtlich zu genehmigen.

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Der bloße Zeitablauf ist im Übrigen durch die Regelungen in § 142 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB verfassungskonform geregelt. Die von der Klägerin geforderte Frist von zehn Jahren findet darin keine Stütze. Der Gesetzgeber geht ersichtlich davon aus, dass eine Dauer von fünfzehn Jahren im Hinblick auf die Komplexität einer Sanierungsmaßnahme ohne Weiteres erforderlich sein kann. Wenn die Sanierung innerhalb der von der Gemeinde festgelegten Frist nicht durchgeführt werden kann, kann die Frist überdies verlängert werden (§ 142 Abs. 3 Satz 4 BauGB). Für die Übergangsfälle, wie den vorliegenden, hat der Gesetzgeber in § 235 Abs. 4 BauGB ausdrücklich eine Frist bis zum 31. Dezember 2021 vorgesehen, die ihrerseits verlängert werden kann. Dass der Gesetzgeber insoweit den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen.

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Entgegen der Darstellung der Klägerin kann ohnehin nicht davon gesprochen werden, die Beklagte habe das Gebot, die Sanierung zügig zu fördern, grundlegend missachtet. Denn die Beklagte ist noch im Revisionsverfahren davon ausgegangen, dass sie die Ziele und Zwecke der Sanierung jedenfalls für die hier betroffenen Grundstücke durch die Vergabe und den Grundstückskaufvertrag konkretisiert habe.

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Die Klägerin ist und war entgegen ihrem Vortrag auch nicht gehindert, auf dem östlichen Teil des Baugrundstücks (oberhalb der Tiefgarage und der Zufahrt) Baumaßnahmen einzuleiten. Ein Grundstückseigentümer kann eine die Sanierung nicht ausreichend vorantreibende Gemeinde durch Vorlage eines entsprechenden Antrags auf Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung, erforderlichenfalls in Verbindung mit einer Baugenehmigung, veranlassen, die Konkretisierung vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind ein langer Zeitraum seit Inkrafttreten der Sanierungssatzung sowie die unzureichend zügige Förderung der Sanierung bei der Prüfung der Gründe für eine Sanierungsgenehmigung gemäß § 145 BauGB zu berücksichtigen (Beschluss vom 12. April 2011 a.a.O. Rn. 6). Bei der später - nach Bebauung des Grundstücks - zu treffenden Entscheidung, ob die Sanierung gemäß § 163 Abs. 1 BauGB abgeschlossen ist, muss die Gemeinde eine erteilte sanierungsrechtliche Genehmigung als nähere Bestimmung der Ziele und Zwecke der Sanierung gegen sich gelten lassen.