Entscheidungsdatum: 14.09.2015
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. November 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller zu 1 zu 9/10 und die Antragstellerin zu 2 zu 1/10; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 55 000 € festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Gründe für die Zulassung der Revision sind entweder schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise geltend gemacht oder liegen jedenfalls nicht vor.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsteller beimessen.
Die von der Beschwerde sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage, ob
die Frist des § 215 Abs. 1 BauGB erneut in Lauf gesetzt wird, wenn ein Plan oder eine Satzung zur Behebung von Mängeln, beispielsweise eines Ausfertigungsmangels, gemäß § 214 Abs. 4 BauGB ein zweites Mal bekannt gemacht wird,
führt nicht zur Zulassung der Revision, denn sie würde sich in einem nachfolgenden Revisionsverfahren nicht stellen. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass es für die vom Oberverwaltungsgericht geprüfte Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht darauf ankommt, ob eine vom Antragsteller - wie hier - geltend gemachte Verletzung des Abwägungsgebots, wenn sie denn vorläge, nach den Planerhaltungsvorschriften beachtlich wäre (BVerwG, Beschluss vom 16. März 2010 - 4 BN 66.09 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 7 Rn. 20).
2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. November 1992 - 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5 und vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
a) Die Rüge der Aktenwidrigkeit der Entscheidung ist unbegründet. Die Verfahrensrüge, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, betrifft den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhandenen Prozessstoffes (§ 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie bedingt die schlüssig vorgetragene Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben (BVerwG, Beschluss vom 19. November 1997 - 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 = juris Rn. 6). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des Sachverhalts nicht bedarf; der Widerspruch muss "zweifelsfrei" sein (z.B. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1984 - 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338). Diesen Anforderungen genügt der Beschwerdevortrag nicht.
Die Antragsteller beanstanden die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach das nächstgelegene Grundstück des Antragstellers zu 1 nicht unmittelbar an das Sondergebiet Biogasanlage angrenze, sondern "mehrere Dutzend Meter" von diesem entfernt am Westrand des Plangebiets liege (UA S. 9). Diese Annahme sei aktenwidrig und stehe zudem im Widerspruch zum Tatbestand des Urteils (UA S. 3), denn das nächstgelegene Grundstück des Antragstellers zu 1 grenze ausweislich der als Anlage K 2 bereits aktenkundigen Planskizze unmittelbar an das Plangebiet an. Ein Verfahrensfehler wird damit nicht aufgezeigt. Der verfahrensgegenständliche Bebauungsplan weist zwar ein Sondergebiet "Biogas" aus; dieses Sondergebiet ist jedoch nicht mit dem Plangebiet identisch. So ist um das Sondergebiet zunächst ein 15 Meter breiter Brandschutzstreifen festgesetzt. Nach Westen, mithin zum nächstgelegenen Grundstück des Antragstellers zu 1, schließt sich an diesen Brandschutzstreifen ein ebenfalls 15 Meter breiter Streifen an, der als Waldrand (W 2) festgesetzt ist; eine solche Festsetzung enthält der Bebauungsplan auch nach Westen an der Grenze des Plangebiets. Hieraus resultiert bereits ein Abstand von 45 Metern zwischen dem nächstgelegenen klägerischen Grundstück und dem Beginn des Sondergebiets im Westen. Es kommt hinzu, dass zwischen den beiden "Waldrändern" noch eine Fläche für Wald festgesetzt ist, die an ihrer schmalsten Stelle im Nordwesten des Plangebiets immer noch deutlich breiter ist als die festgesetzten Flächen für Waldrand. Hierdurch erhöht sich der Abstand auf mindestens 60 Meter. Die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts trifft deshalb in der Sache zu.
b) Der Verwaltungsgerichtshof hat auch die Anforderungen an die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht überspannt.
Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (BVerwG, Urteil vom 30. April 2004 - 4 CN 1.03 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165; stRspr). An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren Anforderungen zu stellen, wenn es - wie vorliegend - um das Recht auf gerechte Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) eines Eigentümers geht, dessen Grundstück außerhalb des Bebauungsplangebiets liegt (mittelbar Betroffener). Auch insoweit reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <218 f.>). Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (BVerwG, Urteile vom 30. April 2004 a.a.O. und vom 16. Juni 2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41 = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 182; Beschluss vom 22. August 2000 - 4 BN 38.00 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 142). Die Antragsbefugnis ist jedoch dann nicht gegeben, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet (BVerwG, Urteile vom 24. September 1998 a.a.O. S. 217 und vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <211>). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn das Interesse des Betroffenen geringwertig, nicht schutzwürdig, für die Gemeinde nicht erkennbar oder sonst makelbehaftet ist (BVerwG, Beschluss vom 2. März 2015 - 4 BN 30.14 - ZfBR 2015, 380 = BauR 2015, 967 m.w.N.). Die Prüfung, ob das der Fall ist, ist allerdings nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffes vorzunehmen (BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 a.a.O. S. 218), und sie darf nicht in einem Umfang und in einer Intensität erfolgen, die einer Begründetheitsprüfung gleichkommt (BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 4 BN 42.10 - BauR 2011, 1641 Rn. 8). Das Normenkontrollgericht ist daher insbesondere nicht befugt, für die Entscheidung über die Antragsbefugnis den Sachverhalt von sich aus weiter aufzuklären. Deswegen vermag die im Laufe des Verfahrens fortschreitende Sachverhaltsaufklärung durch das Normenkontrollgericht die Antragsbefugnis eines Antragstellers nicht nachträglich in Frage zu stellen. Andererseits muss das Gericht widerstreitendes Vorbringen des Antragsgegners, auf dessen Grundlage sich die maßgeblichen Tatsachenbehauptungen in der Antragsschrift als offensichtlich unrichtig erweisen, nicht ausblenden, sondern kann auf der Grundlage des wechselseitigen Schriftverkehrs darüber befinden, ob es einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers geben kann (zusammenfassend: BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2013 - 4 BN 13.13 - ZfBR 2014, 159 Rn. 4; siehe auch Beschluss vom 10. Juli 2012 - 4 BN 16.12 - UPR 2013, 31 Rn. 3). Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht die Antragsbefugnis der Antragsteller verneint hat.
Das Normenkontrollgericht hat die Antragsbefugnis des Antragstellers zu 1 unter vier Gesichtspunkten geprüft. Sein Interesse an der Beibehaltung der bisherigen Grundstückszufahrt hat es als nicht abwägungserheblich eingestuft, weil dieses angesichts der im Plan angebotenen Ersatzzuwegung über die "Rückseite" des bisherigen Zufahrtsweges unterhalb der Schwelle der Abwägungsrelevanz liege. Für die Befürchtung des Antragstellers zu 1, von der geplanten Biogasanlage könnten in abwägungserheblichen Umfang Schadstoffe, die die Qualität des Waldbestandes auf seinem Grundstück beeinträchtigen, emittiert werden, hat es keine ausreichenden Anhaltspunkte gesehen. Angesichts der Entfernung des Sondergebiets zum nächstgelegenen Grundstück sowie des Umstandes, dass dieses größtenteils schon jetzt gerodet sei, sei eine forstwirtschaftlich relevante Schädigung von Waldflächen des Antragstellers zu 1 offenkundig ausgeschlossen (UA S. 10). Soweit der Antragsteller zu 1 behauptet habe, das mit dem Bebauungsplan ermöglichte Vorhaben werde die Reinheit und damit den Marktwert des auf seinem Grundstück abbaubaren Sandes beeinträchtigen, sah das Oberverwaltungsgericht hierfür keine Anhaltspunkte. Welche Schadstoffe auf welchem Weg in dem potentiell zur Verwendung als Spielsand geeigneten Boden gelangen sollen, sei weder dargelegt noch sonst ersichtlich, erst recht sei nicht erkennbar, dass dies in einer den Marktwert des Spielsandes beeinflussenden Konzentration erfolgen könne (UA S. 10). Schließlich bestünden auch für den Vortrag des Antragstellers zu 1, durch den Betrieb der Biogasanlage werde die Nutzung seiner Eigenjagd in mehr als geringfügiger Weise beeinträchtigt, keine Anhaltspunkte. Das Oberverwaltungsgericht ist damit unter Würdigung des Vortrags des Antragstellers zu 1 im Normenkontrollverfahren davon ausgegangen, dass dieser entweder schon nicht seiner Pflicht zur Substantiierung einer Rechtsverletzung genügt hat oder - soweit dies geschehen ist - eine Rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet, weil die betroffenen Belange geringwertig und damit nicht abwägungsrelevant sind. Ein unzulässiger Vorgriff auf die Prüfung der Begründetheit liegt darin nicht und wird von der Beschwerde auch nicht aufgezeigt. Die von ihr in den Blick genommenen Begründungsteile des vorinstanzlichen Urteils (UA S. 8 zur Bedeutung der "alten Zufahrt" für Laufkundschaft; UA S. 9 zum Umstand, dass aufgrund der im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren eingeholten Gutachten nicht von schädlichen Umwelteinwirkungen auf das Grundstück des Antragstellers zu 1 ausgegangen werden könne; UA S. 10 zur Abbaubarkeit und möglichen Verunreinigung von Spielsand) sind ausweislich der vom Oberverwaltungsgericht dort jeweils verwendeten Formulierungen für die Verneinung der Antragsbefugnis ersichtlich nicht tragend.
Inwiefern das Normenkontrollgericht die Anforderungen an die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO bezüglich der Antragstellerin zu 2 überspannt haben könnte, ist nicht i.S.v. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargetan.
3. Dem Normenkontrollgericht ist auch kein Aufklärungsfehler (§ 86 Abs. 1
VwGO) unterlaufen.
a) Die Rüge, das Gericht hätte aufklären müssen, ob die Auslegungsbekanntmachung den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB entspreche, greift schon deshalb nicht, weil es sich hierbei um eine Frage der Begründetheit des Normenkontrollantrags handelt. Da das Oberverwaltungsgericht den Antrag jedoch insgesamt als unzulässig angesehen hat, musste es diesen Umstand nicht mehr aufklären.
b) Soweit die Beschwerde dem Normenkontrollgericht vorwirft, die Problematik der nötigen Veränderungen der vorhandenen Zuwegung und ihrer Lage nicht hinreichend aufgeklärt und im Ergebnis seiner Entscheidung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt zu haben, denn die neue Zufahrt sei nicht teilidentisch mit der bisherigen, sondern führe auch über nicht im Eigentum des Antragstellers stehendes Gelände, wird damit ein Verfahrensfehler nicht aufgezeigt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Wie bereits ausgeführt, ist das Normenkontrollgericht nicht befugt, für die Entscheidung über die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO den Sachverhalt von sich aus weiter aufzuklären. Damit scheidet schon tatbestandlich eine Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO aus (BVerwG, Beschluss vom 2. März 2015 - 4 BN 30.14 - BauR 2015, 967 = juris Rn. 7). Im Übrigen verkennen die Antragsteller, dass es nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB für die Abwägung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ankommt. Nach Aktenlage war der Antragsteller zu 1 in diesem Zeitpunkt alleiniger Eigentümer des Flurstücks 126/74, so dass er seinen Holzlagerplatz über die neue Zufahrt unter Nutzung dieses Grundstücks erreichen konnte. Der Umstand, dass der Antragsteller zu 1 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans dieses Grundstück so geteilt hat, dass der Holzlagerplatz nurmehr über das jetzt im Wege der Schenkung auf die Antragstellerin zu 2 übergegangene Flurstück 74/2 erreicht werden kann, ist folglich nicht entscheidungserheblich. Dass das Oberverwaltungsgericht hierauf nicht näher eingegangen ist, begründet daher auch keinen Gehörsverstoß.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil diese nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 2 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.