Entscheidungsdatum: 19.08.2015
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. März 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 000 € festgesetzt.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsgegner beimisst.
a) Die Frage, welche Lärmwerte bzw. rechtlichen Vorschriften für Lärmwerte für eine Kleingartenanlage gelten (Beschwerdebegründung S. 5), stellt der Antragsgegner, weil ihm das Oberverwaltungsgericht vorgehalten hat, er habe bei der Beurteilung der für die Kleingartenanlage zu erwartenden Verkehrslärmbelastung die Bedeutung der betroffenen Belange nicht zutreffend erkannt. Er habe sich ohne hinreichende Begründung an einem Zielwert von 65 dB(A) orientiert und hingenommen, dass ein 15 m breiter Teil der Kleingartenanlage mit Verkehrsimmissionen von 65 bis 70 dB(A) belastet werde, ohne sich eingehender mit möglichen Schutzmaßnahmen oder Planungsalternativen zu befassen.
Auf die Frage lässt sich antworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Nach der Rechtsprechung des Senats hat eine Gemeinde bei der Überplanung eines Gebiets mit einer Wohnbebauung die Lärmbelastung durch vorhandene Verkehrswege als gewichtigen Belang in ihre Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) einzustellen (BVerwG, Urteil vom 22. März 2007 - 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 14). Welche Lärmbelastung einem Wohngebiet unterhalb der Grenze zu Gesundheitsgefahren zugemutet werden darf, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls; die Orientierungswerte der DIN 18005-1 können zur Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung eines Wohngebiets im Rahmen einer gerechten Abwägung als Orientierungshilfe herangezogen werden. Je weiter die Orientierungswerte überschritten werden, desto gewichtiger müssen die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein und umso mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zu Gebote stehen, um die Auswirkungen zu verhindern (BVerwG, Urteil vom 22. März 2007 a.a.O. Rn. 15; Beschluss vom 17. Februar 2010 - 4 BN 59.09 - BauR 2010, 1180 Rn. 4). Diese Rechtsprechung lässt sich auf die Planung eines Kleingartengeländes übertragen. Die Lärmbelastung durch Verkehrswege spielt auch hier eine Rolle, weil Kleingärten eine Erholungsfunktion haben, die, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, schutzwürdig ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. März 1992 - 4 B 230.91 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 3 = juris Rn. 6). Für sie sieht das Beiblatt 1 zu DIN 18005 Teil 1 deshalb einen Orientierungswert von 55 dB(A) vor. Die Werte des § 2 der 16. BImSchV sind nicht maßgeblich, weil die 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nach ihrem § 1 Abs. 1 für den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen gilt und nicht für den Fall der Überplanung eines Gebiets neben einer Straße. Mehr ist zu dem Thema verallgemeinernd nicht zu sagen.
b) Mit der Frage, ob das Normenkontrollgericht selbst Planungsalternativen vorschlagen bzw. darlegen darf (Beschwerdebegründung S. 8), will der Antragsgegner offensichtlich klären lassen, ob das Gericht an die Stelle des Plangebers treten darf. Die Frage wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren schon nicht klärungsfähig. Das Oberverwaltungsgericht hat keine eigene Abwägungsentscheidung getroffen, sondern Defizite in der Abwägungsentscheidung des Antragsgegners benannt. Defizitär kann eine Planungsentscheidung auch sein, wenn sich ernsthaft anbietende Alternativlösungen nicht erwogen worden sind (Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 4. Aufl. 2010, § 7 Rn. 71). Der Antragsgegner stellt in Abrede, dass es sich aufdrängende Planungsalternativen gab (Beschwerdebegründung S. 9). Seine Kritik an der vorinstanzlichen Entscheidung ist insoweit aber auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles zugeschnitten und enthält keine grundsätzlich klärungsbedürftige Fragestellung.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts weicht nicht von Entscheidungen der in der Vorschrift genannten Gerichte ab.
Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts widerspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9; stRspr). Das ist hier nicht der Fall.
a) Das Oberverwaltungsgericht hat den höchstrichterlichen Rechtssätzen aus den Entscheidungen vom 22. Mai 1987 - 4 C 33-35.83 - (BVerwGE 77, 285), vom 30. September 1996 - 4 B 175.96 - (Buchholz 445.4 § 18b WHG Nr. 2), vom 22. März 2007 - 4 CN 2.06 - (BVerwGE 128, 238) und vom 5. Juli 2010 - 4 BN 27.10 - (juris), dass das Deutsche Institut für Normung keine Rechtssetzungsbefugnis habe und die Werte der DIN 18005-1 zur Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung eines Baugebiets im Rahmen einer gerechten Abwägung lediglich als Orientierungshilfe herangezogen werden dürften, nicht die Gefolgschaft verweigert. Es hat den für Kleingartenanlagen im Beiblatt 1 zu DIN 18005 Teil 1 ausgewiesenen Wert nicht als gesetzlich festgelegten Grenzwert, sondern als Orientierungswert bezeichnet (UA S. 8, 9). Einen Rechtssatz des Inhalts, dass die Werte der DIN 18005-1 nur zur Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung eines Baugebiets als Orientierungshilfe herangezogen werden dürften, nicht aber zur Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung einer Grünfläche mit dem textlichen Zusatz "private Dauerkleingärten", enthalten die Senatsentscheidungen nicht.
b) Den Rechtssätzen aus dem Beschluss vom 29. Januar 2013 - 4 BN 18.12 - (juris), dass
- zum notwendigen Abwägungsmaterial nur solche Betroffenheiten gehören, die mehr als geringfügig, in ihrem Eintritt hinreichend wahrscheinlich und für den Plangeber bei der Entscheidung über den Bebauungsplan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind, und
- mögliche Interessen bzw. Betroffenheiten, die von dem Betroffenen im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht vorgetragen worden sind, nur dann abwägungsbeachtlich sind, wenn sie sich der planenden Gemeinde aufdrängen mussten,
hat sich das Oberverwaltungsgericht ebenfalls nicht widersetzt. Sollte es, wie der Antragsgegner meint, die Rechtssätze fehlerhaft angewandt oder aus ihnen nicht die rechtlichen Folgerungen gezogen haben, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind, läge darin keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
c) Der Satz aus dem Beschluss des Senats vom 30. November 1992 - 4 NB 41.92 - (juris Rn. 18), das Normenkontrollgericht habe der Antragsgegnerin nicht vorgeschrieben, in welcher Weise der entstehende Konflikt planerisch zu bewältigen sei, ist kein Rechtssatz, sondern enthält eine tatsächliche Feststellung.
d) Ob das Oberverwaltungsgericht eigenen oder Rechtssätzen anderer Oberverwaltungsgerichte widersprochen hat, braucht nicht geklärt zu werden. Entscheidungen von Oberverwaltungsgerichten sind nicht divergenzfähig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.