Entscheidungsdatum: 06.09.2017
Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In einem Revisionsverfahren klärungsfähig und -bedürftig können nur Rechtsfragen sein, die auch für die Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts von Bedeutung waren. Das Revisionsgericht ist nicht gehalten, nach Art eines Gutachtens Rechtsfragen zu klären, die sich die Vorinstanz nicht gestellt und die sie deshalb auch nicht beantwortet hat (BVerwG, Beschluss vom 25. April 2016 - 4 B 10.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016:250416B4B10.16.0] - juris Rn. 5).
1. Die Antragsgegnerin hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob ein außerhalb des Plangebiets liegender Antragsteller die Antragsbefugnis auch dann hat, wenn die sich aus der Flächenzuordnung ergebenden Konflikte im nachgeordneten Zulassungsverfahren vollumfänglich geprüft werden.
Die Frage führt schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil sie für den Verwaltungsgerichtshof nicht maßgeblich war. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht angenommen, dass sämtliche Konflikte, die sich aus der Flächenzuordnung ergeben, im nachfolgenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren in den Blick genommen und gelöst werden können. Er hat darauf abgestellt, dass § 50 Satz 1 BImSchG das Ziel verfolgt, schädliche Umwelteinwirkungen bereits auf der Planungsebene soweit wie möglich zu vermeiden, und die Vorschrift auch dann für einschlägig gehalten, wenn schädliche Umwelteinwirkungen in Rede stehen, die durch Instrumente der Konfliktbewältigung in einem der Planung nachfolgenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren beherrschbar sind (UA S. 20). Die Ausgangsüberlegung der Antragsgegnerin, dass die grundsätzliche Flächenzuordnung im Rahmen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB vollzogen wird und die für die Abwägung verbleibenden Belange ausschließlich solche sind, die im Zulassungsverfahren abgearbeitet werden (Beschwerdebegründung S. 8), verfehlt den Standpunkt der Vorinstanz. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - 4 CN 3.11 - BVerwGE 143, 24 Rn. 28) § 50 Satz 1 BImSchG als Vorgabe für die Flächenzuordnung in der bauleitplanerischen Abwägung (nach § 1 Abs. 7 BauGB) verortet (UA S. 20).
Außerdem ist die Frage der Antragsbefugnis für eine prinzipale Normenkontrolle eines Plans, der einer nachfolgenden Genehmigung den Weg bereitet, in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt. Geht es - wie hier - um die Frage der Antragsbefugnis wegen der Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch die Anwendung der angegriffenen Norm, ist der Weg zur Normenkontrolle nur eröffnet, wenn der Antragsteller ein subjektives Recht darauf geltend machen kann, dass sein "negatives Betroffensein" als privater Belang bereits auf der Planungsebene zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 4 CN 10.02 - BVerwGE 119, 312 <320> und Beschluss vom 14. Mai 2014 - 4 BN 10.14 - ZfBR 2014, 582). Mehr ist verallgemeinernd nicht zu sagen.
Der von der Antragsgegnerin zitierte Beschluss des Senats vom 30. Juli 2001 - 4 BN 41.01 - (Buchholz 140 Art. 6 EMRK Nr. 8) ist für die aufgeworfene Frage unergiebig. Er verhält sich zu Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK, der nicht die Antragsbefugnis, sondern den gerichtlichen Verfahrensgang betrifft. Soweit hier von Interesse, lässt sich ihm nur der allgemeingültige und von der Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogene Rechtssatz entnehmen, dass auch ein Grundeigentümer antragsbefugt sein kann, dessen Grundstück sich außerhalb des Plangebiets befindet (BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2001 - 4 BN 41.01 - Buchholz 140 Art. 6 EMRK Nr. 8 S. 14).
2. Die Antragsgegnerin möchte in einem Revisionsverfahren ferner grundsätzlich klären lassen, ob es einen Ermittlungs- und Bewertungsfehler darstellt, wenn der Planungsträger bei der projektveranlassten, aber angebotsbezogenen Bebauungsplanung seine Abwägung an dem ansiedlungswilligen Betrieb orientiert. Konkret will sie wissen, ob sich der Plangeber bei der Ermittlung und Bewertung der Abwägungsbelange gemäß § 2 Abs. 3 BauGB darauf beschränken darf, die Auswirkungen des "Anlassbetriebs" zu untersuchen, wenn dieser zu der Branche zählt, die in dem festgesetzten GI zulässig ist, und nach welchen Kriterien sich die Typik bestimmt, die ausreicht, um einen Betrieb als "branchentypisch" zu beurteilen. Mit der Verfahrensrüge beanstandet sie einen Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO, weil der Verwaltungsgerichtshof nicht geklärt habe, ob es sich bei der ansiedlungswilligen Firma C. H. um einen typischen Betrieb der Edel- und Nichteisenmetallverarbeitung handele.
Die Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Grundsatzrevision und die Verfahrensrüge nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Ermittlungs- und Bewertungsfehler nicht nur darin gesehen, dass die Antragsgegnerin bei der von ihr anzustellenden Immissionsprognose nicht einen typischen Betrieb der Edel- und Nichteisenmetallverarbeitung, sondern nur den Betrieb der ansiedlungswilligen Firma C. H. in den Blick genommen hat. Als weiteres offensichtliches Ermittlungs- und Bewertungsdefizit hat er der Antragsgegnerin vorgehalten, eine deutliche Mehrbelastung bei der Regenwasserbehandlung, die eine Nutzung des Plangebiets durch mehrere kleine, nicht erheblich belästigende produzierende und verarbeitende Gewerbebetriebe erwarten lasse, nicht zum Anlass genommen zu haben, die Bebauungsplankonzeption hinsichtlich der Entwässerung - aber auch hinsichtlich der Verkehrserschließung - zu überdenken und weitere Ermittlungen und Bewertungen anzustellen (UA S. 25). Den zweiten Kritikpunkt greift die Antragsgegnerin nicht mit einem Grund für die Zulassung der Revision an. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision aber nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.
3. Die Antragsgegnerin sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf schließlich für die Frage, ob die unzulässige Verlagerung eines Konflikts in das nachgeschaltete Verfahren gleichzeitig einen materiellen Fehler im Abwägungsvorgang darstellt. Die Frage kann schon mangels Entscheidungserheblichkeit die Zulassung der Revision nicht auslösen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat den umstrittenen Bebauungsplan nicht nur wegen materieller Mängel, sondern auch - das angegriffene Urteil selbständig tragend - wegen beachtlicher Verfahrensfehler für unwirksam erklärt (UA S. 21). Die Frage geht aber auch am Inhalt des Urteils vorbei. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen materiellen Mangel nicht in einem Verstoß gegen das Gebot der Konfliktbewältigung gesehen - ein solcher Verstoß stehe derzeit nicht fest (UA S. 27) -, sondern in einem - aus dem Ermittlungs- und Bewertungsdefizit folgenden - Abwägungsdefizit bei der Flächenzuordnung nach § 50 Satz 1 BImSchG hinsichtlich der zugelassenen anderen Betriebe der Edel- und Nichteisenmetallverarbeitung (UA S. 27).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.