Entscheidungsdatum: 31.07.2014
1. Für Bebauungspläne der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB gelten keine besonderen Anforderungen an die städtebauliche Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
2. § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB genügt im Fall des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB jedenfalls dann den Anforderungen des Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL (juris: EGRL 42/2001), wenn sich die Gründe für ein Absehen von der Umweltprüfung für die abstrakt-generelle Regelung aus den Gesetzgebungsmaterialien ergeben und für den konkreten Bebauungsplan aus den ausgelegten Unterlagen.
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Sache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
1. Die Antragstellerin möchte der Sache nach rechtsgrundsätzlich klären lassen, ob ein Bebauungsplan im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, wenn von vornherein absehbar ist, dass er auf Dauer oder unabsehbare Zeit ausschließlich mit städtebaulichen Instrumenten wie Enteignung, Baugebot sowie Rückbau- und Entsiegelungsgebot umsetzbar ist, und ungeprüft bleibt, ob diese Instrumente überhaupt in Betracht kommen.
Die Frage ist, soweit sie rechtsgrundsätzlicher Klärung zugänglich ist, in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt. Danach ist ein Bebauungsplan wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nichtig, dessen Verwirklichung im Zeitpunkt seines Inkrafttretens dauerhafte Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen (Urteil vom 30. August 2001 - BVerwG 4 CN 9.00 - BVerwGE 115, 77 <85>), weil er die Aufgabe einer verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag (Urteil vom 21. März 2002 - BVerwG 4 CN 14.00 - BVerwGE 116, 144 <147>; Beschluss vom 14. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 21.07 - BRS 71 Nr. 3 Rn. 4). In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, strikt bindende Schranke, die allerdings lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (Urteil vom 27. März 2013 - BVerwG 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137 Rn. 9). Die Frage, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen mit der Realisierung einer planerischen Festsetzung auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls (Beschluss vom 14. Juni 2007 a.a.O. Rn. 5). Von diesen Grundsätzen geht der Verwaltungsgerichtshof aus (UA Rn. 26). Er hat angenommen, dass das Städtebaurecht für die Umsetzung der planerischen Vorstellungen der Gemeinde auch gegen den Willen der Antragstellerin eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung stelle, zu denen insbesondere die Enteignung (§§ 85 ff. BauGB), das Baugebot (§ 176 BauGB) sowie das Rückbau- und Entsiegelungsgebot (§ 179 BauGB) zählen. Die Antragsgegnerin habe angekündigt, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, wenn sich die Planung nicht anders realisieren lasse.
Die Antragstellerin hält diese Einschätzung für unzureichend und fordert eine Prüfung, ob die genannten Instrumente ihr Eigentumsrecht an den überplanten Grundstücken überwinden könnten. Indes ist der für die Verwirklichung der Planung erforderliche Rechtstransfer nicht Teil der in § 1 Abs. 1 und 3 BauGB formulierten Aufgabe der Gemeinde, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke entsprechend den städtebaulichen Bedürfnissen und Vorstellungen rechtsverbindlich zu regeln. Voraussetzungen und Rechtswirkungen etwa erforderlicher enteignender Vollzugsmaßnahmen sind von der Enteignungsbehörde und den Baulandgerichten in eigener Verantwortung zu prüfen (Urteil vom 27. August 2009 - BVerwG 4 CN 5.08 - BVerwGE 134, 355 Rn. 24). Es ist daher nicht bereits im Bauleitplanverfahren abschließend zu prüfen, ob die Enteignungsvoraussetzungen gegeben sind (Beschluss vom 5. Juni 2003 - BVerwG 4 BN 29.03 - BRS 66 Nr. 53). Weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf legt die Beschwerde nicht dar.
2. Die Antragstellerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob für die Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB von Bebauungsplänen der Innenentwicklung nach § 13a BauGB besondere, insbesondere höhere Anforderungen gelten. Auch dies führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Frage lässt sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation verneinen, ohne dass es eines Revisionsverfahrens bedarf (vgl. Beschluss vom 16. November 2004 - BVerwG 4 B 71.04 - NVwZ 2005, 449 <450>).
Der Wortlaut des § 13a BauGB bietet für höhere Anforderungen an die Erforderlichkeit eines Bauleitplans im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB keinen Anhalt. Die von der Antragstellerin angeführte Vorschrift des § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB und das dortige Erfordernis einer geordneten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets betrifft das Verhältnis zum Flächennutzungsplan, nicht § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Auch auf § 13a Abs. 2 Nr. 3 BauGB kann die Antragstellerin ihre Auffassung nicht stützen. Nach dieser Vorschrift soll im beschleunigten Verfahren einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der Abwägung in angemessener Weise Rechnung getragen werden. Gegenstand der Regelung ist die von der Erforderlichkeit der Bauleitplanung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu trennende Abwägung (vgl. Urteil vom 27. März 2013 a.a.O. Rn. 9). Ferner bieten weder die Gesetzgebungsmaterialien noch die Systematik Anhaltspunkte für die Auffassung der Antragstellerin. § 13a Abs. 2 BauGB bestimmt vielmehr die Rechtsfolgen der Wahl eines beschleunigten Verfahrens, ohne Veränderungen am Maßstab des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB anzuordnen (vgl. zur Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Loseblatt, Stand: Februar 2014, § 13a Rn. 145). In Übereinstimmung hiermit legen auch die Normenkontrollgerichte den Maßstab des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB für Bebauungspläne der Innenentwicklung nach § 13a BauGB ohne Veränderung an (OVG Koblenz, Urteil vom 7. Dezember 2011 - 1 C 10352/11 - juris Rn. 53; OVG Saarlouis, Urteil vom 26. Februar 2013 - 2 C 424/11 - juris Rn. 37; VGH Mannheim, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 3 S 198/12 - NVwZ-RR 2014, 171 Rn. 45; OVG Münster, Urteil vom 12. Februar 2014 - 2 D 13/14.NE - juris Rn. 69).
3. Die Antragstellerin sieht schließlich rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf, ob § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB bei einer richtlinienkonformen Auslegung auch im Fall des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB verlangt, die wesentlichen Gründe ortsüblich bekannt zu machen, die zur Durchführung eines beschleunigten Verfahrens ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB geführt haben. Auch diese Frage bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren.
§ 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB ordnet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB die ortsübliche Bekanntmachung an, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt werden soll. Nur in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 2 fordert der nationale Gesetzgeber die Bekanntmachung der wesentlichen Gründe für die Wahl dieses Verfahrens. Soweit es im vorliegenden Fall darauf ankommt, genügt diese gesetzliche Regelung der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl EG Nr. L 197 vom 21. Juli 2001 S. 30 - Plan-UP-RL -).
a) Liegt - wie hier - kein Plan oder Programm nach Art. 3 Abs. 2 und 3 Plan-UP-RL vor, so befinden nach Art. 3 Abs. 4 Plan-UP-RL die Mitgliedstaaten darüber, ob Pläne oder Programme, durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten gesetzt wird, voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben und daher nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 bis 9 Plan-UP-RL einer Umweltprüfung unterzogen werden. Die Maßstäbe für die Entscheidung regelt Art. 3 Abs. 5 Plan-UP-RL. Danach bestimmen die Mitgliedstaaten entweder durch Einzelfallprüfung oder durch Festlegung von Arten von Plänen und Programmen oder durch eine Kombination dieser beiden Ansätze, ob die Pläne oder Programme voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Zu diesem Zweck berücksichtigen sie nach Art. 3 Abs. 5 Satz 2 Plan-UP-RL in jedem Fall die einschlägigen Kriterien des Anhangs II, um sicherzustellen, dass Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, von dieser Richtlinie erfasst werden.
Mit § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB hat der nationale Gesetzgeber von der zweiten Variante des Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Variante 2 Plan-UP-RL Gebrauch gemacht und abstrakt-generell festgelegt, dass bestimmte Pläne im beschleunigten Verfahren und damit nach § 13a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB erlassen werden können (BTDrucks 16/2496 S. 13). Eine solche abstrakte Regelung ist zulässig, weil es denkbar ist, dass eine besondere Art von Plan, die bestimmte qualitative Voraussetzungen erfüllt, a priori voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, da die Voraussetzungen zu gewährleisten vermögen, dass ein solcher Plan den einschlägigen Kriterien des Anhangs II der Richtlinie entspricht (EuGH, Urteil vom 18. April 2013 - Rs. C-463/11 - BauR 2013, 1097 Rn. 39). Auch die Beschwerde sieht insoweit weder rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf, noch zieht sie im vorliegenden Fall die Zulässigkeit eines beschleunigten Verfahrens in Zweifel.
b) Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL bestimmt, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die nach Art. 3 Abs. 5 Plan-UP-RL getroffenen Schlussfolgerungen, einschließlich der Gründe "für die Entscheidung, keine Umweltprüfung gemäß den Artikeln 4 bis 9 vorzuschreiben", der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Was Gegenstand der Hinweispflicht ist, hängt davon ab, wie der Mitgliedstaat von seiner Befugnis aus Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL Gebrauch macht. Trifft er die Bestimmung wie im Fall des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB abstrakt-generell auf der Ebene des Gesetzes, so trifft auch die Hinweispflicht insoweit den Gesetzgeber. Dieser hat auf BTDrucks 16/2496 S. 13 f. entsprechend Art. 3 Abs. 5 Satz 2 Plan-UP-RL in der Begründung zu § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB, gegliedert nach den Kriterien des Anhangs II der Plan-UP-RL, dargelegt, aus welchen Gründen er in diesen Fällen keine Umweltprüfung nach Art. 4 bis 9 Plan-UP-RL vorgeschrieben hat (Robl, Das beschleunigte Verfahren für Bebauungspläne der Innenentwicklung, 2010, S. 426).
c) Ob und welche Hinweispflichten Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL darüber hinaus für das konkrete Bebauungsplanverfahren anordnet, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden rechtsgrundsätzlichen Klärung. Denn die Richtlinie fordert insoweit allenfalls, dass der Öffentlichkeit die maßgeblichen Schlussfolgerungen einschließlich ihrer Gründe "zugänglich" gemacht werden. Wie der Vergleich mit dem Wortlaut des Art. 9 Plan-UP-RL zeigt, muss ein solches Zugänglich-Machen nicht stets durch Bekanntgabe erfolgen (VGH Mannheim, Urteil vom 3. April 2013 - 8 S 1974/10 - NVwZ-RR 2013, 833 <835>; Kment, DVBl 2007, 1275 <1277 f.>), sondern kann ebenso im Wege der öffentlichen Auslegung erreicht werden. Hiervon ging auch der Gesetzgeber aus (BTDrucks 16/2932 S. 5).
Danach könnte nur die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung erlangen, ob ein Hinweis nach § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 dem Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL selbst dann genügt, wenn sich auch aus den ausgelegten Unterlagen nicht die Umstände ergeben, die im konkreten Fall zur Wahl des beschleunigten Verfahrens und damit zum Unterlassen der Umweltprüfung geführt haben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die mehrfache Auslegung des Planentwurfs, aber nicht den Inhalt der ausgelegten Unterlagen festgestellt (UA Rn. 23). Die Antragstellerin macht indes selbst nicht geltend, dass die ausgelegten Unterlagen nicht die für die Beurteilung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB maßgeblichen Informationen enthielten. Auch wenn dieser Umstand zweifelhaft wäre, könnte dies nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn eine Zulassung der Revision scheidet aus, wenn eine Tatsache nicht festgestellt ist, die für die Entscheidung der angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, sondern lediglich die Möglichkeit besteht, dass eine Rechtsfrage nach Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklärung entscheidungserheblich werden könnte (Beschlüsse vom 28. November 2005 - BVerwG 4 B 66.05 - ZfBR 2006, 159 und vom 22. Januar 2013 - BVerwG 4 BN 4.12 - ZfBR 2013, 365 Rn. 7).
Weitere Zweifel folgen nicht aus dem von der Antragstellerin angeführten Urteil des VGH Mannheim vom 3. April 2013 (a.a.O.), da in dem dortigen Verfahren die von § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB gebotene Bekanntmachung zu keinem Zeitpunkt erfolgt war und die geforderten Informationen der Öffentlichkeit auch sonst nicht zugänglich gemacht wurden (a.a.O. S. 836).