Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 24.05.2012


BPatG 24.05.2012 - 35 W (pat) 5/11

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Gegenstandswert – Geschäftsgebühr - Kostenfestsetzung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
35. Senat
Entscheidungsdatum:
24.05.2012
Aktenzeichen:
35 W (pat) 5/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Nr 2300 RVG-VV

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Gebrauchsmuster …

(hier: Beschwerde gegen Kostenfestsetzung)

hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Baumgärtner, den Richter Eisenrauch sowie die Richterin Bayer

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin war Inhaberin des am 10. Mai 2000 angemeldeten Gebrauchsmusters … (Streitgebrauchsmuster), das einen "……" betrifft. Die Beschwerdegegnerin hat am 17. November 2008 die Löschung des Gebrauchsmusters wegen mangelnder Schutzfähigkeit beantragt, dem die Beschwerdeführerin rechtzeitig widersprochen hat. Mit Eingabe vom 30. Dezember 2009, beim DPMA eingegangen am 2. Januar 2009, hat sie auf das Gebrauchsmuster verzichtet und mit Eingabe vom 15. Februar 2010, beim DPMA eingegangen am 17. Februar 2009, hat sie erklärt, gegenüber der Antragstellerin auch für die Vergangenheit aus dem erloschenen Gebrauchsmuster keine Rechte herzuleiten.

2

Mit Beschluss vom 23. April 2010 hat die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts die Kosten des Löschungsverfahrens der Antragsgegnerin auferlegt.

3

Die Beschwerdegegnerin hat mit Schriftsatz vom 11. August 2010 beantragt, die ihr von der Beschwerdeführerin zu erstattenden Kosten auf 3.302,00 € festzusetzen, wobei sie von einem Gegenstandswert von 125.000,– € ausgegangen ist.

4

Mit Beschluss vom 15. April 2011 hat die Gebrauchsmusterabteilung I auf der Basis eines Gegenstandswerts von 125.000,– € die der Beschwerdegegnerin von der Beschwerdeführerin zu erstattenden Kosten auf 1.871 € festgesetzt, wobei der festgesetzte Betrag seit dem 11. August 2010 mit 5 Prozentpunkten über dem Basissatz zu verzinsen sei. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr in Höhe von 1.431 €, pauschale Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 €, Recherchekosten in Höhe von 120 € und die Löschungsgebühr in Höhe von 300 € in Ansatz gebracht. Der weitergehende Antrag der Beschwerdegegnerin wurde zurückgewiesen.

5

Gegen den der Beschwerdeführerin am 20. April 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde vom 2. Mai 2011, eingegangen am 3. Mai 2011. Bei der Berechnung des Kostenerstattungsanspruchs sei ein zu hoher Gegenstandswert zugrunde gelegt worden. Ein Interesse der Allgemeinheit an der Löschung des Gebrauchsmusters sei weder dargelegt worden noch zu sehen. Es handle sich um ein unbenutztes Gebrauchsmuster am Ende seiner Laufzeit. Eigene Angaben zum Gegenstandswert hat die Beschwerdeführerin nicht gemacht. Sie geht vielmehr davon aus, dass das Interesse der Öffentlichkeit an der Löschung des Gebrauchsmusters gleich Null sei, da das Gebrauchsmuster am Ende der Laufzeit gewesen sei und sein Gegenstand von niemandem benutzt worden sei.

6

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

7

den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. April 2011 aufzuheben und die Kosten entsprechend der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin neu festzusetzen.

8

Die Beschwerdegegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Vorbringens wird auf den Beschwerdeschriftsatz vom 2. Mai 2011 und die Schriftsätze der Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt vom 17. September 2010, 3. Dezember 2010 und vom 9. Februar 2011 sowie auf die Schriftsätze der Beschwerdegegnerin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt vom 11. August 2010, 5. November 2010, 20. Januar 2011 und vom 23. März 2011 Bezug genommen.

II.

10

Die zulässige, insbesondere auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 62 Abs. 2 Satz 4 PatG (in Verbindung mit § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG) eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 15. April 2011 hat in der Sache keinen Erfolg.

11

Die Gebrauchsmusterabteilung hat mit Beschluss vom 23. April 2010 der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.

12

Zu den auferlegten Kosten gehören die der Antragsstellerin erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren (§ 17 Abs. 4 GebrMG i V. m. § 62 Abs. 2 PatG).

13

Vor dem Hintergrund des im Kostenfestsetzungsverfahren Vorgebrachten besteht das mit der Beschwerde verfolgte Rechtsschutzziel der Beschwerdeführerin darin, eine Festsetzung der der Beschwerdegegnerin zu erstattenden Kosten auf der Basis eines Gegenstandswerts von 0,– € zu erreichen, da sie geltend macht, dass das Gebrauchsmuster wertlos gewesen sei.

14

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist die Gebrauchsmusterabteilung zutreffend von einem Streitwert in Höhe von 125.000 € ausgegangen.

15

Die Bemessung des Gegenstandswertes erfolgt gemäß §§ 23, 33 RVG i. V. m. §§ 3, 4 ZPO grundsätzlich nach freiem Ermessen. Sie richtet sich nach allgemeiner Ansicht nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Löschung des Gebrauchsmusters, nicht nach dem Interesse der Verfahrensbeteiligten. Ausgangspunkt für die Bemessung des Werts ist der gemeine Wert des Gebrauchsmusters, wie er sich zum Zeitpunkt der Stellung des Löschungsantrags für die restliche Laufzeit darstellt, und für dessen Höhe die noch zu erwartenden Erträge des Schutzrechts, insbesondere durch Eigennutzung und Lizenzvergabe, aber auch aus Verletzungshandlungen, bis zum Ablauf seiner Schutzdauer und die bis zum Beginn des Verfahrens entstandenen Schadensersatzforderungen aus Verletzungshandlungen einen Anhalt geben (vgl. Beschluss vom 20.12.2011 in 35 W (pat) 15/10). Hinsichtlich dieser Beträge haben die Beteiligten allerdings keine Angaben gemacht. Das Fehlen von tatsächlichen Anhaltspunkten für eine nachvollziehbare Schätzung hat nach § 23 Abs. 4 S. 2, le. Hs., RVG zur Folge, dass der Gegenstandswert grundsätzlich mit 4.000,– € festzusetzen ist, er kann nach Lage des Falles aber auch niedriger oder höher sein. Trotz des mangelnden Vortrags der Beteiligten muss im vorliegenden Fall von einem erheblich über dem genannten Betrag liegenden Gegenstandswert ausgegangen werden. Der Senat ist an das Vorbringen und die Einschätzungen der Verfahrensbeteiligten nicht gebunden. Die Festsetzung des Gegenstandswerts hat sich nach den tatsächlichen Verhältnissen zu richten; maßgeblich ist allein das wirtschaftliche Interesse, das mit dem Löschungsantrag objektiv verfolgt worden ist. Für durchschnittliche Fälle ist vom üblichen Gegenstandswert von 125.000 € auszugehen (vgl. Beschluss vom 20.12.2011 in 35 W (pat) 15/10). Zwar ist die Restlaufzeit ab Löschungsantragstellung von weniger als zwei Jahren gering, jedoch ist angesichts dessen, dass der Antragstellerin Verletzungshandlungen vorgeworfen waren, nicht nur die Restlaufzeit zu berücksichtigen, sondern es ist davon auszugehen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt der Stellung des Löschungsantrags auch Schadensersatzansprüche im Raum standen. Die geringe Restlaufzeit rechtfertigt daher im vorliegenden Fall keine Herabsetzung dieses Gegenstandswerts. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass der Gegenstand des Gebrauchsmuster weder benutzt worden sei, noch sein Wert zu ersehen sei, berücksichtigt nicht, dass gerade das Bestehen des Gebrauchsmusterschutzes geeignet war, Konkurrenten davon abzuhalten, den Gegenstand des Gebrauchsmusters zu benutzen, so dass die fehlende Benutzung kein Argument für die Wertlosigkeit des Gebrauchsmusters ist. Zudem ist davon auszugehen, dass Seitenfaltenbeutel gegebenenfalls in großen Mengen produziert werden, da sie vielfältig zum Einsatz kommen können, so dass auch aufgrund des Gegenstands des Gebrauchsmusters eher ein überdurchschnittlicher Wert angesetzt werden muss, der die geringe Restlaufzeit kompensiert.

16

Gemäß RVG-VV Nr. 2300 besteht für die Vertretung in einem Verwaltungsverfahren hinsichtlich der Geschäftsgebühr ein Rahmen von 0,5 bis 2,5. Der angesetzte einfache Satz für ein Verfahren, in dem keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, ist angemessen. Eine Verfahrensgebühr in Höhe 1.431 € wurde daher zu Recht angesetzt. Die Verzinsung und die weiteren angesetzten Kosten im Beschluss vom 15. April 2011 wurden nicht angegriffen, so dass hierauf nicht weiter einzugehen ist.

III.

17

Als Unterlegene trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens (§ 18 Abs. 2 S. 2 GebrMG i. V. m. §§ 84 Abs. 2 S. 2 PatG, 97 Abs. 1 ZPO).