Entscheidungsdatum: 23.11.2017
Sportbrille
Bei einem Einzeldesign kann ein abstrakter Hell-/Dunkelkontrast ohne Festlegung auf konkrete Farbtöne ein hinreichend bestimmtes Merkmal des beanspruchten Gegenstandes bilden.
In der Design-Nichtigkeitssache
…
betreffend das Design 40 2008 001 031-0001
(hier: Nichtigkeitsverfahren N 14/14)
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
I. Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des eingetragenen Designs 40 2008 001 031-0001 mit dem Anmeldetag 28. Februar 2008.
Die Wiedergabe des Designs bestand ursprünglich aus sieben Darstellungen, von denen jedoch die Darstellungen 1.4 und 1.5 nach Hinweis der Designstelle nicht zur Eintragung gelangt sind; die Darstellungen 1.6 und 1.7 wurden Abbildungen 1.4. und 1.5. Maßgeblich für die Wiedergabe sind daher nunmehr die folgenden fünf Darstellungen:
402008001031-0001.1 (nachfolgend: Abb. 1)
402008001031-0001.2 (nachfolgend: Abb. 2)
402008001031-0001.3 (nachfolgend: Abb. 3)
402008001031-0001.4 (nachfolgend: Abb. 4)
402008001031-0001.5 (nachfolgend Abb. 5)
Der Anmeldung war folgende Beschreibung beigefügt:
„Spezialbrille für Skilangläufer und Biathleten
Die Brille besteht formal aus einem zweiteiligen Rahmen, der mit einem verstellbaren Kopfband in seiner Position beim Tragen fixiert wird. Brille und Brillenband sind in verschiedenen Farbzusammenstellungen aufeinander abgestimmt (Abb_1/Abb_2/Abb_3). Dabei nimmt ein innerer Rahmen über eine Gelenkanbindung einen äußeren Rahmen schwenkbar gelagert auf (Abb_1 bis Abb_3 / Abb_4 [nicht zur Eintragung gelangt] / Abb_6 [jetzt Abb. 4] / Abb_7 [jetzt Abb. 5]). Der äußere Rahmen nimmt das Brillenglas auf, welches in verschiedenen formalen Ausführungen und Größen ausgeprägt sein kann (Abb_5 [nicht zur Eintragung gelangt]). Das Brillenglas weist einen Formschluss auf, in den ein Nasenpolster eingesetzt werden kann (Abb_1 bis Abb_3). Die Gelenkausbildung im Verbindungsbereich der beiden Rahmenteile ist so ausgeführt, dass eine Verbindungsachse vom äußeren, schwenkbaren Rahmen ausgeht und frei drehbar in dem inneren Rahmen aufgenommen werden kann. Ein Federelement, welches in dem inneren Rahmen eingesetzt werden kann, greift in eine formal als Tasche ausgeprägte Führung ein, die verschiedene Rastpositionen, durch entsprechende Formschlüsse ermöglicht. Eine formal als Vertiefung ausgeprägte radiale Vertiefung im inneren Rahmen, dient als stabilisierende Führung des schwenkbaren äußeren Rahmens, der einen formal entsprechend ausgeprägten Führungsdorn aufweist (Abb_6 [jetzt Abb. 4] Darstellung mit abgenommenem Schwenkbügel / Abb_7 [jetzt Abb. 5] Darstellung des Schwenkbügels mit Federelementen – übrige Brille bis auf Kopfband ausgeblendet).“
Als Erzeugnisangabe sind die Warenbegriffe „Blendschutzbrillen, Brillen, Brillenbügel, Brillengestelle, Brillengläser, Brillenscharniere, Brillenstege, Optische Artikel, Schutzbrillen, Sonnenbrillen“ erfasst.
Auf Nachfrage des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) erklärten die anwaltlichen Vertreter der Designinhaberin mit Schriftsatz vom 2. Juni 2008, dass die Wiedergaben „tatsächlich ein einzelnes Muster“ zeigten. Daraufhin wurde das Design am 23. Juli 2008 als Einzeldesign in das Designregister eingetragen.
Gegen dieses Design hat die Antragstellerin mit einem am 20. Februar 2014 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz einen auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Designfähigkeit (§ 1 Nr. 1 DesignG) gestützten Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit gestellt.
Zur Begründung hat die Antragstellerin vorgetragen, dass dem eingetragenen Design die Designfähigkeit fehle, da es keinen einheitlichen Schutzgegenstand erkennen lasse. Es handele sich um fünf Abbildungen, die miteinander nicht in Einklang zu bringen seien. So zeigten drei Abbildungen (Abb. 1 - 3) verschiedene Ausführungen einer Sportbrille im Ganzen. In Abb. 1 und 2 sei dabei das obere Drittel des Brillenbandes schwarz, die unteren zwei Drittel weiß ausgestaltet, in Abb. 3 sei es jedoch umgekehrt. Ferner sei in Abb. 3 der Rahmen der Brille weiß, in Abb. 1 und 2 jedoch schwarz. Das in Abb. 4 sichtbare Brillenband weise wiederum eine andere Farbkontrastierung auf, nämlich im oberen Drittel schwarz und im unteren Drittel dunkelgrau.
Zudem sei die in der Mitte des Rahmens erkennbare rechteckige Fläche in Abb. 1 länglich und in Weiß gehalten, während in Abb. 2 die Fläche wesentlich kürzer sei und sich aufgrund ihrer dunkelgrauen Farbe nur schwach farblich von dem schwarzen Rahmen absetze.
Die Abb. 4 und 5 des angegriffenen Designs zeigten offenkundig ganz andere Gegenstände als die Abb. 1 - 3, da jedenfalls kein Brillenglas vorhanden sei und der jeweilige Rahmen anders aussehe. Selbst wenn man in den Abb. 4 und 5 Darstellungen verschiedener Einzelteile der Sportbrillen gemäß Abb. 1 – 3 erkenne, seien diese nicht miteinander in Einklang zu bringen. So erkenne man in Abb. 4 ein zweifarbiges Brillenband und einen Rahmen, zusätzlich befänden sich aber in der oberen Ecke des Rahmens (etwa auf Position der Schläfe) drei als gleichschenkliges Dreieck angeordnete Löcher, wobei zwischen zweien dieser Löcher ein spitzer Dorn aus dem Rahmen herausrage. Über solche Merkmale verfügten hingegen die Erzeugnisse in Abb. 1 - 3 nicht. Zudem weise das Brillenband in Abb. 4 im Vergleich zu Abb. 3 eine andere Farbe/Kontrastierung auf. Falls es sich bei dem Design in Abb. 5 ebenfalls um einen Brillenrahmen handeln solle, so weise dieser eine gänzlich andere Form auf als die in den Abb. 1 - 4 abgebildeten Brillenrahmen. Darüber hinaus ragten aus dem Bauteil hakenartige Gebilde heraus, die in keiner der anderen Abbildungen zu finden seien. Die farbliche Trennung, die sich vom Brillenband auf die Seitenpartie des äußeren Brillenrahmens erstrecke, sei in Abb. 5 nicht zu finden. Hier wiesen die Seitenteile gar keine farbliche Trennung auf.
Ferner weise der Rahmen in Abb. 3 an der Seite eine erst gebogene, dann eckige Absenkung auf. Hingegen sei sowohl die linke als auch die rechte, weiter hinten im Bild befindliche Seitenfläche in Abb. 5 eindeutig glatt und ohne Abstufung gestaltet. Insbesondere der hintere (rechte) Teil des Rahmens zeige sehr deutlich eine einheitlich verlaufende, abgerundete Kurve. Abb. 5 zeige einen Außenrahmen mit lang nach unten führenden Seitenteilen, die sehr viel länger seien als in Abb. 3. Auch der Winkel, in dem das Seitenteil nach unten abfalle, sei in Abb. 5 anders ausgestaltet als in den Abb. 1 bis 3. Zudem reiche in Abb. 5 die Seitenfläche des oberen Rahmens viel tiefer herunter als in Abb. 3.
Die unterschiedliche Farbgestaltung der Haltebänder und der Brillenbügel sowie die Länge und Formgestaltung des äußeren Brillenrahmens seien daher in sich widersprüchlich und schlössen einander jeweils aus, so dass keine einheitliche Abbildung vorliege. Wofür Schutz beansprucht werde, sei den Abbildungen nicht zu entnehmen und lasse sich auch nicht im Wege der Auslegung ermitteln. Die unterschiedlichen Abbildungen stellten kein Set oder sonstwie geartetes Kombinationserzeugnis, sondern unterschiedliche Biathlonbrillen bzw. weitere Teile in verschiedenen Farben und Formen dar. Diese könnten nicht in einem einzigen eingetragenen Design geschützt werden. Somit sei das eingetragene Design mangels Bestimmbarkeit des Schutzgegenstandes nichtig.
Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 13. März 2014 zugestellten Nichtigkeitsantrag mit am 7. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Schriftsatz widersprochen.
Mit Beschluss vom 16. Juni 2015 hat die Designabteilung 3.5 den Antrag zurückgewiesen, weil nicht festgestellt werden könne, dass dem eingetragenen Design die Designfähigkeit gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 1 DesignG fehle.
Die Antragstellerin weise zwar zutreffend darauf hin, dass das Erfordernis der Einheitlichkeit bei allen Registerschutzrechten Voraussetzung für Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sei. Im Designrecht sei dieses Erfordernis in § 1 Nr. 1 DesignG verankert, wonach ein Design die Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses sei. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei jedoch anerkannt, dass der Schutzgegenstand eines Designs durch Auslegung zu ermitteln sei, wenn unterschiedliche Darstellungen in der Anmeldung zu Unklarheiten über den Schutzgegenstand führten. Auch wenn die Ermittlung des Schutzgegenstandes regelmäßig dem Verletzungsverfahren - und damit den Gerichten - vorbehalten sei, könnten die Grundsätze des Bundesgerichtshofes auch auf die Prüfung der Schutzfähigkeit, insbesondere auch auf die Prüfung der Designfähigkeit, übertragen werden. Das Gebot der Einheitlichkeit erfordere bereits im Eintragungsverfahren wie auch im Nichtigkeitsverfahren die Feststellung, ob die Erscheinungsform eines oder mehrerer Erzeugnisse zur Anmeldung gebracht wurde.
Im vorliegenden Fall führe die Auslegung der Wiedergabe zu keinen inneren Widersprüchen, die die Designfähigkeit in Frage stellten. Auch wenn die Darstellungen verschiedene Ausführungsformen zeigten, seien sie rechtlich als eine Wiedergabe des eingetragenen Designs und mithin als rechtliche Einheit anzusehen, was die Designinhaberin auf Nachfrage der Designstelle auch bestätigt habe und zudem mit der zur Erläuterung der Wiedergabe eingereichten Beschreibung korrespondiere.
Der Schutzgegenstand sei danach hinreichend bestimmbar und umfasse die Erscheinungsform eines einzigen Erzeugnisses. Entscheidend seien dabei nicht die Unterschiede im Detail, sondern die übergreifenden Gemeinsamkeiten. So sei den fünf Darstellungen gemein, dass sie jeweils eine Sportbrille mit einem zweiteiligen Rahmen, nämlich einem äußeren und einem inneren Rahmen, sowie ein Kopfband mit Verstellmöglichkeit erkennen ließen. Insgesamt könne dem streitgegenständlichen Design daher nicht die Schutzfähigkeit abgesprochen werden.
Die Antragstellerin hat Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, dass die fünf unterschiedlichen Abbildungen den Schutzgegenstand des Designs nicht mit hinreichender Bestimmtheit offenbarten, so dass das Design nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 1 DesignG nichtig sei.
So sei bereits unklar, ob Gegenstand der Anmeldung eine Sammelanmeldung von fünf unterschiedlichen Designs oder lediglich ein einziges Design mit fünf unterschiedlichen Darstellungen sein solle, was der Designstelle auch Anlass zur Nachfrage im Eintragungsverfahren gegeben habe. Insoweit sei zu beachten, verschiedene Ausführungsformen auch grundsätzlich verschiedene Designs bildeten.
Soweit die Abbildungen nach dem Willen der Designinhaberin ein einziges Design wiedergeben sollten, sei angesichts der sich in zahlreichen Details widersprechenden Abbildungen auch durch Auslegung nicht bestimmbar, für was konkret Schutz beansprucht werde, auch nicht unter Berücksichtigung der Beschreibung oder der Erzeugnisangabe, wobei einer Verwertung der Beschreibung schon grundsätzlich entgegenstehe, dass diese nicht zur Kenntnis der Öffentlichkeit gelange. Mit dem Gesetzeszweck sei es auch nicht vereinbar, Schutz für mehr oder minder übereinstimmende Elemente im Sinne einer „Schnittmenge“ zu gewähren, wie dies die Designabteilung getan habe. Verschiedene Ausführungsformen ein und desselben Erzeugnisses müssten vielmehr durch mehrere Designs geschützt werden. Ein einzelnes Schutzrecht könne hingegen nicht mehrere Erscheinungsformen gleichzeitig schützen.
Der Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Designabteilung 3.5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Juni 2015 aufzuheben und die Nichtigkeit des Designs 40 2008 001 031-0001 festzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragstellerin verkenne bereits, dass ein (einzelnes) Design nach der BGH-Entscheidung „Sitz-Liegemöbel“ (GRUR 2001, 503) auch dann wirksam angemeldet sei, wenn die dazu eingereichten Darstellungen verschiedene Ausführungsformen zeigten. Zudem könne der Schutzgegenstand in Anwendung der BGH-Entscheidung „Weinkaraffe“ (GRUR 2012, 1139) auch durch Auslegung unter Berücksichtigung der Beschreibung sowie der Erzeugnisangabe aus der „Schnittmenge“ der gemeinsamen Merkmale ermittelt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend ist die Designabteilung davon ausgegangen, dass dem eingetragenen Design nicht die Designfähigkeit gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 1 DesignG fehlt.
A. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 DesignG ist ein Design nichtig, wenn die Erscheinungsform des Erzeugnisses kein Design im Sinne des § 1 Nr. 1 DesignG ist. Dies ist zunächst dann der Fall, wenn das eingetragene Design Gestaltungen zum Gegenstand hat, bei denen es sich nicht um ein Erzeugnis im Sinne von § 1 Nr. 2 DesignG, d. h. um einen industriellen oder handwerklichen Gegenstand, bzw. um ein komplexes Erzeugnis im Sinne von § 1 Nr. 3 DesignG handelt, wie es z. B. bei anorganischen und organischen Naturprodukten, Menschen und Tieren, Verfahren und anderen Nichterzeugnissen aufgrund unkonkreter Gestalt, fehlender Sichtbarkeit oder auch einer dem Charakter eines ganzen Erzeugnisses widersprechenden Kombination von Gegenständen wie z. B. Backware und Uhr der Fall sein kann (vgl. Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, Designgesetz, 5. Aufl., § 18 Rn. 2). Für eine Nichtigkeit des angegriffenen Designs aus einem dieser Gründe bestehen keine Anhaltspunkte; solche werden auch seitens der Antragstellerin nicht geltend gemacht.
B. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin fehlt es dem eingetragenen Design auch nicht deshalb an der Designfähigkeit, weil ihm kein einheitlicher Schutzgegenstand und damit nicht die Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses im Sinne des § 1 Nr. 1 DesignG entnommen werden kann.
1. Nach § 1 Nr. 1 DesignG ist ein Design die zweidimensionale oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 DesignG muss die Anmeldung zur Eintragung eines Designs in das Register eine zur Bekanntmachung geeignete Wiedergabe des Designs enthalten. Nach § 37 Abs. 1 DesignG wird der Schutz für diejenigen Merkmale der Erscheinungsform eines Designs begründet, die in der Anmeldung sichtbar wiedergegeben sind.
a) Enthält die Wiedergabe eines eingetragenen Designs wie vorliegend mehrere Darstellungen, ist es erforderlich, dass diese ein und dieselbe Erscheinungsform zeigen (vgl. Eichmann/Kur, Designrecht, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 14). Zutreffend hat die Designabteilung darauf hingewiesen, dass bei allen Registerschutzrechten das Erfordernis der Einheitlichkeit der Rechtsklarheit und damit der Rechtssicherheit Rechnung trägt. Dieses Erfordernis kommt in § 1 Nr. 1 DesignG dadurch zum Ausdruck, dass ein Design die Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses ist (vgl. Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 1 Rn. 28).
An der danach erforderlichen Einheitlichkeit fehlt es einem durch mehrere Darstellungen wiedergegebenen Design aber nicht zwingend schon deshalb, weil die Darstellungen formal nicht übereinstimmen. Die Frage, ob sich den als Wiedergabe des Designs eingereichten Abbildungen trotz vorhandener Unterschiede und Abweichungen noch dieselbe Erscheinungsform eines Erzeugnisses entnehmen lässt, kann nicht allein anhand der in den einzelnen Darstellungen vorhandenen Übereinstimmungen oder Abweichungen bestimmt werden. Denn die Anmeldung eines Designs ist nicht nur eine Verfahrenshandlung, sondern auch eine Willenserklärung. Der Anmelder bringt damit sein Begehren zum Ausdruck, für die in der Anmeldung sichtbar wiedergegebene Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon Designschutz zu erlangen. Bei Unklarheiten der Anmeldung ist daher der Wille des Anmelders durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH GRUR 2012, 1139, Nr. 23, 30 – Weinkaraffe; Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 37 Rn. 11).
Als Auslegungshilfe kann insbesondere die (fakultative) Beschreibung (§ 11 Abs. 5 Nr. 1 DesignG) herangezogen werden, die bestimmungsgemäß der Erläuterung der Wiedergabe dient (Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 11 Rn. 66 und § 37 Rn. 14). Dem steht entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht entgegen, dass die Beschreibung nicht zur Kenntnis der Öffentlichkeit gelange. Allerdings werden Beschreibungen erst seit dem 1. November 2008 obligatorisch im Register veröffentlicht (§ 13 Abs. 2 Nr. 7 GeschmacksMV i. d. F. des Art. 2 Nr. 5 der ÄndVO vom 15. Oktober 2008, jetzt § 15 Abs. 2 Nr. 5 DesignV); aber auch nach der am Anmeldetag des Streitdesigns (28. Februar 2008) geltenden Rechtslage wurde im Register ein Hinweis auf eine eingereichte Beschreibung veröffentlicht (§ 13 Abs. 2 Nr. 6 GeschmachsMV a. F.), von der sich Dritte sodann im Wege der freien Akteneinsicht Kenntnis verschaffen konnten (§ 22 Satz 2 Nr. 1 DesignG a. F.).
Des weiteren kommen die (obligatorische) Angabe der Erzeugnisse, in die das Design aufgenommen oder bei denen es verwendet werden soll (§ 11 Abs. 3 DesignG), und das (fakultative) Verzeichnis mit der Warenklasse oder den Warenklassen, in die das Design einzuordnen ist (§ 11 Abs. 5 Nr. 3 DesignG), als Auslegungsmittel in Betracht (vgl. Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 37 Rn. 12 und 13).
Eine danach vorzunehmende Auslegung kann ergeben, dass der Schutzgegenstand durch die übereinstimmenden Merkmale der unterschiedlichen Abbildungen definiert, also gleichsam durch die Schnittmenge der den Darstellungen gemeinsamen Merkmale gebildet wird (vgl. BGH GRUR 2001, 503, 505 – Sitz-Liegemöbel; GRUR 2012, 1139, Nr. 31 – Weinkaraffe); in diesem Fall ist der Schutzgegenstand des Designs auf das begrenzt, was durch die Darstellungen einheitlich wiedergegeben wird. Die Auslegung kann aber auch ergeben, dass in den verschiedenen Abbildungen nur einzelne Bestandteile eines Gesamterzeugnisses dargestellt werden (so im vorgenannten Fall „Weinkaraffe“).
b) Wenngleich die nach den vorgenannten Grundsätzen vorzunehmende Auslegung grundsätzlich die Frage betrifft, ob und ggf. in welchem Umfang ein eingetragenes Design Schutz beanspruchen kann (vgl. § 2 DesignG), wird bei Abweichungen der als Wiedergabe eines Designs hinterlegten Einzelabbildungen auch die Frage der Designfähigkeit nach § 1 Nr. 1 DesignG insoweit berührt, als – worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist – Unklarheiten und Widersprüche in den hinterlegten Darstellungen auch nicht durch eine Auslegung nach den vorgenannten Grundsätzen zu überwinden sind. Dies ist dann der Fall, wenn die Einzelabbildungen in einem unauflösbaren Widerspruch zueinander stehen, so dass sich die Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses nicht ermitteln lässt und daher letztlich nicht bestimmbar ist, wofür konkret Schutz beansprucht ist. Dies führt zu einer Nichtigkeit eines eingetragenen Designs wegen fehlender Designfähigkeit nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 1 DesignG, weil das eingetragene Design in diesem Fall nicht eine (einheitliche) Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses wiedergibt.
c) Daher ist auch im Rahmen eines auf den Löschungsgrund der fehlenden Designfähigkeit gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 1 DesignG gestützten Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit zu prüfen, ob bei Abweichungen in den hinterlegten Einzelabbildungen eine (einheitliche) Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses ermittelbar ist oder ob diese nicht miteinander zu vereinbaren sind, das eingetragene Design daher mangels Bestimmbarkeit der Erscheinungsform eines Erzeugnisses zu löschen ist.
2. Ausgehend von diesen Auslegungsgrundsätzen ist das angegriffene Design bereits deshalb designfähig im Sinne von § 1 Nr. 1 DesignG, weil die als Wiedergabe nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 DesignG in Form von Schwarz-Weiß-Fotografien hinterlegten Abbildungen 1 bis 5 weder in sich widersprüchlich sind noch sie miteinander nicht zu vereinbarende Unterschiede aufweisen, die hinterlegten fünf Darstellungen daher nicht verschiedene Brillen (Abb. 1 bis 3) bzw. Brillenteile (Abb. 4 und 5), sondern verschiedene Ansichten bzw. Teile derselben Sportbrille zeigen.
a) So sind die Abb. 1 bis 3, welche die Erscheinungsform einer in der Beschreibung als „Spezialbrille für Skilangläufer und Biathleten“ bezeichneten Sportbrille offenbaren, nicht bereits deshalb miteinander unvereinbar, weil in den Abb. 1 und 2 das obere Drittel des Brillenbandes sowie des sich daran bündig anschließenden Seitenteils des Brillenrahmens wie auch der übrige Teil des die Gläser aufnehmenden und sich über diesen befindlichen Brillenrahmens deutlich dunkler ausgestaltet ist als das übrige Brillenband bzw. Seitenteil – was auch für das in den Abb. 4 vollständig und Abb. 5 teilweise abgebildete Brillenband gilt -, während in Abb. 3 umgekehrt das obere Drittel von Brillenband bzw. Seitenteil sowie der Brillenrahmen deutlich heller gegenüber dem übrigen Brillenband und Rahmen ausgestaltet sind, demnach die Reihenfolge der beiden Hell/Dunkel-Farbflächen gegenüber den Abb. 1 und 2 „vertauscht“ worden ist.
aa) Dies ergibt sich zwar nicht bereits daraus, dass Schutzgegenstand des Designs allein die Gestaltung der (äußeren) Form der Skibrille unabhängig von ihrer farblichen Ausgestaltung ist, so dass eine (abweichende) Farbgebung nicht Gegenstand des Designs und demnach für die Beurteilung der Designfähigkeit im Sinne von § 1 Nr. 1 DesignG unerheblich wäre. Denn der im Rahmen der Auslegung heranzuziehenden Beschreibung ist in Bezug auf die farbliche Ausgestaltung von Brillenband und –rahmen zu entnehmen, dass Brille und Brillenband „in verschiedenen Farbzusammenstellungen“ aufeinander abgestimmt sein sollen. Nach dem Willen der Designinhaberin soll demnach nicht nur Schutz für die Gestaltung der Form der Skibrille beansprucht werden, sondern auch für eine farbliche Ausgestaltung „in verschiedenen Farbzusammenstellungen“.
bb) Andererseits ist der Schutzgegenstand auch nicht auf die sich aus den jeweiligen Abbildungen ergebende konkrete Farbgestaltung beschränkt.
Bei sämtlichen zur Wiedergabe des Designs nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 DesingG hinterlegten Abbildungen handelt es sich um Schwarz-Weiß-Fotografien, bei welchen die Erscheinungsformen von Erzeugnissen in Grautönen mit unterschiedlicher Abstufung wiedergeben wird (vgl. Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 38 Rn. 45). Der Schutzgegenstand des Designs lässt sich bei einer Wiedergabe des Designs in dieser Form weder auf einen „Schwarz-Weiß“-Kontrast reduzieren noch umfasst er eine Kombination beliebiger Farben. Schutzgegenstand ist vielmehr eine den Grauwerten entsprechende abgestufte Tönung (Eichmann a. a. O., § 38 Rdnr. 45).
Davon ausgehend zeigen die Abb. 1 bis 3 eine zweifarbige Ausgestaltung von Brillenband und -rahmen, insbesondere des an der Schläfe sitzenden Seitenteils, in der sich aus allen Abbildungen übereinstimmend erkennbaren flächenmäßigen Verteilung, wobei die beiden Farbtöne in einem Hell/Dunkel-Kontrast ohne Festlegung auf konkrete Farbtöne zueinander stehen, was auch für das Brillenband in den Abb. 4 und 5 gilt.
Eine solche sich bei Schwarz-Weiß-Abbildungen ergebende Tönung bzw. kontrastierende Farbgebung der Erscheinungsform eines Erzeugnisses kann auch Schutzgegenstand eines Designs sein. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei schwarz-weiß eingetragenen Marken Schutzgegenstand (allein) die Marke in der eingetragenen schwarz-weißen Form ist (vgl. BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 15 – BMW-Emblem) mit der Folge, dass bei der Bestimmung des Schutzgegenstands eine Abstufung/Differenzierung nach Grautönen außer Betracht zu bleiben hat, kann dies nach Auffassung des Senats bei der Bestimmung des Schutzgegenstands eines Designs nicht gelten. Denn der Gesamteindruck einer Erscheinungsform eines Erzeugnisses kann grundsätzlich durch eine Kombination heller und dunkler Farben als solcher mitbestimmt werden (vgl. BGH GRUR 2011, 1112, Nr. 52 – Schreibgeräte). Ein Anmelder muss daher die Möglichkeit haben, eine kontrastierende Hell/Dunkel-Tönung bzw. unterschiedliche farbliche Kontraste der Erscheinungsform eines Erzeugnisses ohne Festlegung auf bestimmte Farben bzw. eine bestimmte Farbkombination zum Gegenstand eines Designs zu machen. Schutzgegenstand ist bei diesen Eintragungen danach zwar nicht eine Kombination beliebiger Farben, jedoch eine den Grauwerten entsprechende abgestufte Tönung (Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 38 Rn. 45).
Bei dieser Ausgangslage können dann aber auch die in den Abb. 1 und 2 sowie der Abb. 3 vorhandenen Unterschiede in Form der bei Abb. 3 gegenüber den Abb. 1 und 2 „umgekehrten“ kontrastierenden Farbgestaltung von Brillenband und –rahmen unter Heranziehung der Beschreibung miteinander in Einklang gebracht werden. Die Abb. 1 bis 3 offenbaren übereinstimmend einen Hell/Dunkel-Kontrast bei der farblichen Ausgestaltung von Brillenband und –rahmen in der in allen Abbildungen übereinstimmenden flächenmäßigen Verteilung der jeweiligen Kontrastfarbe. Soweit die Abb. 3 dabei eine gegenüber den Abb. 1 und 2 „umgekehrte“ Anordnung des Hell/Dunkel-Kontrastes unter Beibehaltung der flächenmäßigen Verteilung der jeweiligen Kontrastfarbe offenbart, wird der maßgebliche Fachverkehr (vgl. BGH GRUR 2012, 1139, Nr. 23 – Weinkaraffe) darin keine widersprüchliche, mit den Abb. 1 und 2 nicht zu vereinbarende alternative (weitere) Ausführungsform der Brille erkennen, sondern lediglich eine Variante in der Ausgestaltung des Hell/Dunkel-Farbkontrastes.
cc) Die Darstellung einer solchen Variante eines als Schutzgegenstand beanspruchten Hell/Dunkel-Kontrastes bei der farblichen Ausgestaltung des Designs ist nach Auffassung des Senats auch innerhalb eines einzigen Designs zulässig. Der in § 11 Abs. 2 Nr. 3 DesignG verankerte Grundsatz der Bildwiedergabe für die Offenbarung des Designs besagt, dass die Anmeldung im Regelfall eine bildliche Wiedergabe des zu schützenden Designs enthalten muss (Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 11 Rn. 24). Bei einem Design, welches zulässigerweise Schutz für einen abstrakten Hell/Dunkel-Farbkontrast ohne Beschränkung auf eine konkrete Farbzusammenstellung und Festlegung der „Reihenfolge“ der Farben innerhalb des Designs beansprucht, besteht aber keine andere Möglichkeit, diesen Kontrast anders als in der vorliegenden Form durch Darstellung entsprechender Varianten bildlich wiederzugeben. Der Senat hält daher im Zusammenhang mit der bildlichen Wiedergabe eines Hell/Dunkel-Farbkontrasts eine Wiedergabe durch Darstellung entsprechender Varianten innerhalb eines einzigen Designs auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für zulässig, zumal für den Fachverkehr nicht zuletzt aufgrund des in der Beschreibung enthaltenden Hinweises auf eine Ausgestaltung des Designs in „verschiedenen Farbzusammenstellungen“ erkennbar ist, dass es sich dabei lediglich um eine Variante der farblichen Ausgestaltung desselben Erzeugnisses handelt.
b) Einer einheitlichen Erscheinungsform des eingetragenen Designs steht weiterhin nicht entgegen, dass die in den Abb. 1 bis 3 wiedergegebene Dekorfläche über den Brillengläsern sich bei den einzelnen Abbildungen in Form, Farbe, Kontrastierung und Größe voneinander unterscheidet. Denn insoweit handelt sich für den Fachverkehr lediglich um einen Platzhalter für eine an dieser Stelle anzubringende Werbung, so dass dieser – bei Anbringung der Werbung nicht mehr sichtbare – Teil nichts zum Gesamteindruck der Erscheinungsform des Erzeugnisses beiträgt.
c) Auch die in den Abb. 4 und 5, welche der Form nach verschiedene Brillenrahmen mit einem Brillenband bzw. dem Ausschnitt eines Brillenbandes zeigen, sind unter Berücksichtigung der Beschreibung mit der in den Abb. 1 bis 3 dargestellten Brille in Einklang zu bringen.
Ausweislich der Beschreibung besteht die designgegenständliche Brille aus einem zweiteiligen Rahmen, wobei ein innerer Rahmen über eine Gelenkanbindung einen äußeren Rahmen schwenkbar gelagert aufnimmt. In Kenntnis der Beschreibung wird der Fachverkehr dann aber in den Abb. 4 und 5. sog. Explosionsdarstellungen der Brille gemäß Abb. 1 bis 3 erkennen, mit welchen Teile eines Erzeugnisses (hier: Skibrille) in isolierter Form dargestellt werden. Danach enthält Abb. 4 eine isolierte Darstellung des Innenrahmens der in den Abb. 1 bis 3 abgebildeten Skibrille, während Abb. 5 eine Darstellung des (schwenkbaren) Außenrahmens wiedergibt. Soweit die Abb. 4 und 5 dabei Merkmale offenbaren, die sich in den übrigen Abbildungen nicht wiederfinden, wie z. B. in Abb. 4 die drei in der oberen Ecke des Rahmens etwa auf Position der Schläfe gleichschenklig angeordneten Löcher sowie den von der Unterkante der Stirnseite rechtwinklig vom Rahmen wegführenden Vorsatz bzw. in Abb. 5 den rechtwinklig aus dem Seitenteil herausragenden Haken, handelt es sich ausnahmslos um technisch-funktionale Merkmale, die die schwenkbare Lagerung des Außenrahmens auf dem Innenrahmen sowie deren formschlüssige Verbindung erläutern und verdeutlichen sollen.
Diese technisch-funktionalen Merkmale sind aber bei der Sportbrille gemäß Abb. 1 bis 3 nicht (mehr) sichtbar und daher einem Designschutz nicht zugänglich (vgl. § 4 und § 37 Abs. 1 DesignG). Der Fachverkehr wird daher in den Abb. 4 und 5 lediglich ergänzende bzw. den Aufbau der Skibrille erläuternde – und zudem den Schutzgegenstand des Designs möglicherweise auf eine zweiteilige Ausgestaltung beschränkende – Darstellungen des Innen- bzw. Außenrahmens der in den Abb. 1 bis 3 offenbarten Skibrille erkennen, wobei für die nur in den Explosionsdarstellungen erkennbaren Elemente kein Designschutz beansprucht werden kann und nach dem Willen der Designinhaberin auch nicht beansprucht werden soll.
d) Der (Außen)Rahmen gemäß Abb. 5 stimmt dabei entgegen der Auffassung der Antragstellerin in Form und Ausgestaltung auch mit den in den Abs. 1 bis 3 gezeigten Brillenrahmen überein. So weist die bogenförmige Absenkung des seitlichen Außenrahmens in Abb. 5 weder auf der linken noch auf der rechten Seite des seitlichen Teils einen anderen Winkel auf als dies bei den Abb. 1 bis 3 der Fall ist. Vielmehr wird in allen Abbildungen der Rahmen seitlich in einem etwas über 900 hinausgehenden Winkel heruntergeführt.
e) Es trifft entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht zu, dass die Abb. 1 bis 3 und insbesondere die Abb. 3 eine zunächst geradlinige und dann eckige Absenkung dieses Seitenteils aufweisen, während das in Abb. 5 dargestellte Seitenteil glatt und ohne Abstufung nach unten geführt wird. Sowohl die Abb. 1 bis 3 als auch die Abb. 5 offenbaren übereinstimmend eine bogenförmige und nach unten geradlinig verlaufende Absenkung des seitlichen Brillen(außen)rahmens. Weder die Abb. 3 noch die Abb. 1 und 2 verfügen dabei über eine eckig ausgebildete Aussparung des Rahmens im unteren Teil. Vielmehr kann den Abb. 1 bis 3 hinreichend deutlich entnommen werden, dass an dieser Stelle der – ebenso wie in Abb. 5 – geradlinig nach unten geführte Außenrahmen von einem Teil des in Abb. 5 nicht wiedergegebenen Brillenglases überlappt wird.
f) Die Abb. 5 steht auch nicht deshalb zu den Abb. 1 bis 3 in einem unauflösbaren Wiederspruch, weil die äußerlich erkennbare linke Seite des Außenrahmens keine dem Brillenband entsprechende und sich im Rahmen fortsetzende kontrastierende Farbgebung aufweist wie in den Abb. 1 bis 3 ersichtlich. Denn bei Abb. 5 handelt es sich um eine die selbständige Funktion des Außenrahmens verdeutlichende Abbildung, bei der der Farbgebung keine Bedeutung zukommt.
g) Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass die Seitenfläche des oberen Rahmens in der Abb. 5 wesentlich tiefer herunterreicht als in Abb. 3. Insoweit kann auf den im angefochtenen Beschluss der Designabteilung auf Seite 7 wiedergegebenen bildlichen Vergleich der Abb. 3, 4 und 5 verwiesen werden.
h) Die als Design hinterlegten Abbildungen zeigen daher nach Auffassung des Senats trotz der aufgezeigten Abweichungen und Unterscheide in einer für den Fachverkehr hinreichend deutlich erkennbaren Weise dieselbe Erscheinungsform eines Erzeugnisses (hier: Skibrille), so dass dem Design bereits aus diesem Grunde die Designfähigkeit nicht abgesprochen werden kann.
3. Aber auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die hinterlegten Darstellungen nicht verschiedene Ansichten einer Skibrille sowie Teile dieser Skibrille, sondern in den Abb. 1 und 2 sowie in der Abb. 3 zwei verschiedene Skibrillen sowie in den Abb. 4 und 5 selbständige, einem Designschutz zugängliche Rahmenteile einer Brille zeigen, kann dem angegriffenen Design die Designfähigkeit nicht abgesprochen werden.
a) Bei diesem Verständnis des angegriffenen Designs kommt es im Anschluss an die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes „Sitz-Liegemöbel“ (GRUR 2001, 503) sowie „Weinkaraffe“ (GRUR 2012, 1139) darauf an, ob der Schutzgegenstand des Designs unter Außerachtlassung der Abweichungen in den Darstellungen durch die übereinstimmenden Merkmale der unterschiedlichen Abbildungen („Schnittmenge“) definiert werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass sich zum einen überhaupt eine solche Schnittmenge bilden lässt (vgl. oben A.). Zum andern muss im Hinblick auf die Legaldefinition des § 1 Nr. 1 DesignG gefordert werden, dass dem sich so ergebenden Gegenstand eine einheitliche, in sich geschlossene und eigenständige Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils eines Erzeugnisses entnommen werden kann.
b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Zutreffend hat die Designabteilung festgestellt, dass den Abb. 1 bis 3 trotz der Abweichungen insbesondere zwischen den Abb. 1 und 2 sowie der Abb. 3 gemein ist, dass sie eine Sportbrille mit einem übereinstimmend geformten Brillenrahmen erkennen lassen, welcher sich an den Seiten in einem nach unten geschwungenen Bogen zu einer Fläche ohne weitere Abstufung verbreitert, an welchem ein der Breite des Seitenteils entsprechendes Kopfband befestigt ist. Das in den Abb. 1 bis 3 übereinstimmend ausgebildete Brillenglas wird an der Oberseite von dem äußeren, eher filigran wirkenden Rahmen aufgenommen, der leicht über das Brillenglas hinausragt und weitgehend geradlinig verläuft, wobei die horizontale Linie von der oberen Seite des Kopfbandes auf nahezu gerader Linie weitergeführt wird. Die untere Seite des Brillenglases ist in einer geschwungenen Linie mit einer Einbuchtung für das Nasenbein gestaltet, die zu einer nach den Seiten gerichteten Linienführung übergeht.
Soweit ausweislich der Beschreibung der Rahmen zweiteilig ausgestaltet ist, ergibt sich dieses Merkmal zwar nicht aus den Abb. 1 bis 3, wohl aber aus den Abb. 4 und 5, welche – wie bereits dargelegt – als sog. Explosionsdarstellungen in Abb. 4 den Innenrahmen und in Abb. 5 den auf dem Innenrahmen schwenkbar gelagerten Außenrahmen zeigen. Insoweit ist dieses Merkmal einer zweiteiligen Rahmenausbildung daher auch sämtlichen Darstellungen zu entnehmen. Die Abb. 4 und 5 offenbaren ferner klarstellend auch, dass die rechte Seite, welche in den Abb. 1 bis 3 aufgrund ihrer perspektivischen Darstellung der Brille nicht erkennbar ist, eine der linken Seite entsprechende Ausgestaltung von Rahmen und Anschluss des Kopfbandes aufweist.
Die Explosionsdarstellungen gemäß Abb. 4 und 5 reduzieren dabei die sich aus der Schnittmenge ergebenden gemeinsamen Merkmale auch nicht auf die Gestaltung von Außen- und Innenrahmen, da sie – wie bereits dargelegt – für den Fachverkehr erkennbar nur der Erläuterung des zweiteiligen Aufbaus des Brillenrahmens dienen. Zudem sind die allein bei diesen Darstellungen offenbarten Merkmale, für die mangels Sichtbarkeit in den Abbildungen der Brille gemäß Abb. 1 bis 3 ohnehin kein Designschutz beansprucht werden kann, nicht Gegenstand der sich aus den übereinstimmenden Merkmalen der einzelnen Abbildungen ergebenden Schnittmenge.
c) Allerdings ist zu bedenken, dass die eine solche Auslegung des Schutzgegenstands eines Designs auf Grundlage der „Schnittmenge“ der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale eröffnende „Sitz-Liegemöbel“-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (GRUR 2001, 503) zu dem bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Geschmacksmustergesetz (GeschmMG a. F.) ergangen ist.
aa) Nach § 1 Abs. 1 GeschmMG a. F. stand dem Urheber eines gewerblichen Musters oder Modells ausschließlich das Recht zu, dasselbe ganz oder teilweise nachzubilden. Es war allgemein anerkannt, dass danach auch ein in sich geschlossener Teil eines hinterlegten Geschmacksmusters selbständig am Musterschutz teilnehmen konnte, sofern er für sich allein den Erfordernissen der Neuheit und Eigentümlichkeit genügte und eine gewisse Eigenständigkeit und Geschlossenheit der Form aufwies, die es überhaupt möglich machte, einen von der Gesamtform unabhängigen ästhetischen Gesamteindruck der Unterkombination festzustellen (sog. abgeleiteter Teilschutz, vgl. BGH GRUR 1977, 602, 605 – Trockenrasierer m. w. N.; GRUR 1979, 705, 706 – Notizklötze; GRUR 1998, 379, 381 – Lunette).
Diese aus § 1 Abs. 1 GeschmMG a. F. entwickelte Anerkennung eines abgeleiteten Teilschutzes hatte zur Folge, dass einem als Einzelanmeldung eingetragenen Muster nicht allein wegen Abweichungen in den Darstellungen der als Muster hinterlegten Abbildungen jeglicher Schutz mangels Einheitlichkeit der Darstellungen verweigert werden konnte. Denn wenn ein in sich geschlossener Teil eines hinterlegten Geschmacksmusters unter den genannten Voraussetzungen am Musterschutz teilnehmen konnte, musste es auch für die Schutzfähigkeit eines Musters genügen, dass die als Muster hinterlegten Abbildungen über einen allen Darstellungen gemeinsamen Teil verfügten, jedenfalls soweit dieser eine gewisse Eigenständigkeit und Geschlossenheit der Form aufwies.
In der Entscheidung „Weinkaraffe“ hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass sich dem Wortlaut des seit dem 1. Januar 2005 geltenden Geschmacksmustergesetzes (GeschmMG 2004) kein Anhaltspunkt dafür entnehmen lasse, dass für Teile oder Elemente eines eingetragenen Musters für sich genommen Schutz beansprucht werden könne. Es gebe im geltenden Geschmacksmusterrecht keine dem § 1 Abs. 1 GeschmMG a. F. entsprechende Bestimmung, die dem Inhaber eines eingetragenen Musters ein ausschließliches Recht an einem Teil eines eingetragenen Musters zuerkenne (vgl. BGH GRUR 2012, 1139, Nr. 38 – Weinkaraffe). Es bestehe auch kein Bedürfnis für einen Schutz von Teilen oder Elementen eines Geschmacksmusters, da es möglich sei, auch für die Erscheinungsform von Teilen oder Elementen eines Erzeugnisses den Schutz als Geschmacksmuster zu erlangen (a. a. O. Nr. 39). Die Rechtssicherheit erfordere es dann aber, allein solche Erscheinungsformen von Teilen eines Erzeugnisses als eingetragene Geschmacksmuster zu schützen, die als Erscheinungsformen von Teilen eines Erzeugnisses angemeldet und eingetragen seien. Nur unter dieser Voraussetzung könnten die interessierten Verkehrskreise aufgrund einer Geschmacksmusterrecherche zuverlässig feststellen, was Gegenstand des Geschmacksmusterschutzes sei. Könnten auch Teile eingetragener Muster als Geschmacksmuster geschützt sein, wäre dagegen oft unklar, ob und inwieweit Teile eines eingetragenen Musters einen solchen Schutz genössen. Zudem würde dies eine gezielte Recherche nach geschützten Geschmacksmustern erschweren. Dem Anmelder sei es dagegen möglich und zumutbar klarzustellen, ob er Schutz für die Erscheinungsform eines (ganzen) Erzeugnisses oder des Teils eines Erzeugnisses begehre (a. a. O. Nr. 40).
bb) Bei dieser Ausgangslage könnte aber auch einer Auslegung, dass der Schutzgegenstand eines eingetragenen Designs aus der der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale bestehen kann, die Grundlage entzogen sein.
(1) Dies zwar nicht unbedingt deshalb, weil mit einer Bestimmung des Schutzgegenstands eines eingetragenen Designs auf Grundlage der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale eine Schutzbereichserweiterung durch Vernachlässigung/Herausnahme einzelner (abweichender) Merkmale einhergeht, wie es auch bei der nach § 1 Abs. 1 GeschmMG a. F. zulässigen geschmacksmusterrechtlichen Unterkombination der Fall war. Denn insoweit ist zu beachten, dass eine Beschränkung des Designs auf gemeinsame Gestaltungselemente nicht zwingend dazu führt, dass der Schutzumfang des Designs vergrößert wird (so aber wohl Jestaedt, GRUR 2012, 1142 zu 1 d)). Vielmehr ist der Schutzbereich der „Schnittmenge“ regelmäßig enger. Insoweit verhält es sich anders als im Patentrecht. Im Patentrecht ist eine angegriffene Ausführungsform lediglich daraufhin zu untersuchen, ob sie die im Patentanspruch aufgeführten Merkmale eines Erzeugnisses in wortlautgemäßer oder äquivalenter Form verwirklicht; welche sonstigen Merkmale die angegriffene Ausführungsform aufweist, ist dagegen im Regelfall unerheblich; demzufolge führt die Herausnahme eines Merkmals aus dem Patentanspruch regelmäßig zu einer Schutzbereichserweiterung. Im Designrecht ist dies hingegen nicht der Fall. Hier kommt es im Verletzungsfall darauf an, ob die angegriffene Ausführungsform denselben Gesamteindruck erweckt (§ 38 Abs. 2 DesignG). Der Gesamteindruck aber kann auch bei Übernahme der geschützten „Schnittmenge“ durch Hinzufügung weiterer Merkmale im Einzelfall erheblich verändert werden (vgl. OLG Köln, 6 U 128/09 v. 8. Januar 2010; veröffentlicht in juris; Klawitter in: Festschrift 50 Jahre Bundespatentgericht, S. 1071, 1079).
(2) Einer Auslegung des Schutzgegenstands eines Designs auf Grundlage der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale könnten allerdings die nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes einem abgeleiteten Teilschutz entgegenstehenden und nunmehr für das DesignG geltenden Gesichtspunkte der Klarheit des Registers und der damit verbundenen Rechtssicherheit entgegenstehen. Dritte und insbesondere Mitbewerber müssen klar und eindeutig mit der erforderlichen Rechtssicherheit aus dem Register ersehen können, was Schutzgegenstand des Designs ist. Die Erscheinungsform des Erzeugnisses, für das Schutz beansprucht wird, muss daher sofort und ohne weiteres dem Register entnommen werden können. Daher könnte es jedenfalls dann zu einer mit der Funktion des Designregisters nicht zu vereinbarenden Rechtsunsicherheit führen, wenn im Falle von sichtbaren und daher nach § 37 Abs. 1 DesignG grundsätzlich am Schutz teilnehmenden abweichenden Merkmalen der als Design hinterlegten Darstellungen im Rahmen einer Einzelanmeldung der Schutzgegenstand des eingetragenen Designs erst durch eine unter Umständen aufwändig zu ermittelnde Schnittmenge festgelegt werden müsste, zumal auch die angesprochenen Verkehrskreise bei Widersprüchen bzw. Abweichungen zwischen den einzelnen Abbildungen eine entsprechende Vorstellung nicht entwickeln dürften (vgl. dazu Jestaedt, GRUR 2012, 1142 zu 1d).
(3) Allerdings hat der Bundesgerichtshof in der genannten „Weinkaraffe“-Entscheidung ausdrücklich daran festgehalten, dass eine Auslegung zu dem Ergebnis führen kann, dass der Schutzgegenstand eines Designs aus der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale bestehen kann (a. a. O. Nr. 31). Wenngleich diese Frage in dem konkreten Fall nicht entscheidungserheblich war, geht der Senat davon aus, dass der Bundesgerichtshof eine entsprechende Auslegung trotz des unter dem GeschmMG 2004 bzw. dem DesignG nicht mehr zulässigen Elementenschutzes in Form der „geschmacksmuster(design)rechtlichen Unterkombination“ nach wie vor als zulässig erachtet.
Dementsprechend berücksichtigt der Senat auch diese Auslegungsmöglichkeit im Rahmen der vorliegend entscheidungserheblichen Frage, ob den als Design hinterlegten Einzelabbildungen ein einheitlicher Schutzgegenstand entnommen werden kann, zumal es nach Auffassung des Senats auch unter dem Gesichtspunkt der Registerklarheit und der Rechtssicherheit nicht ausgeschlossen erscheint, eine Bestimmung auf Grundlage der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale jedenfalls dann zuzulassen, wenn die hinterlegten Darstellungen ohne größere Mühe erkennbar die in sich geschlossene und einheitliche Grundform eines einheitlichen Erzeugnisses (Skibrille) in verschiedenen Ausführungsformen offenbaren.
C. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nach § 23 Abs. 5 DesignG i. V. m. § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG zunächst im Hinblick auf die Frage veranlasst, ob Varianten in der Darstellung eines farblichen Hell/Dunkel-Kontrasts der Erscheinungsform eines Erzeugnisses innerhalb eines Einzeldesigns zulässig sind, da es sich um insoweit um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt.
Dies gilt ferner in Bezug auf die aufgezeigten Bedenken, ob nach der von Rechts wegen gebotenen Aufgabe der sog. „geschmacksmusterrechtlichen Unterkombination“ überhaupt noch eine Auslegung des Schutzgegenstands eines eingetragenen Designs auf Grundlage der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale in Betracht kommt. Die Frage einer Bestimmung des Schutzgegenstands auf Grundlage der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale hat der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung zwar angesprochen und auch bejaht (vgl. a. a. O. Nr. 31). Allerdings war diese Frage im konkreten Rechtsstreit letztlich vor dem Hintergrund einer Auslegung des dort verfahrensgegenständlichen Designs als sog. Kombinationserzeugnis nicht entscheidungserheblich, so dass diese Rechtsfrage demnach auch noch nicht als abschließend geklärt anzusehen ist.
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 23 Abs. 4 Satz 5 DesignG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, § 97 Abs. 1 ZPO.