Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 15.12.2011


BPatG 15.12.2011 - 30 W (pat) 73/10

Markenbeschwerdeverfahren – Unwirksamkeit der Ersetzung der Unterschrift des Vorsitzenden - Zurückverweisung - Rückzahlung der Beschwerdegebühr -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
15.12.2011
Aktenzeichen:
30 W (pat) 73/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 21 552

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 15. Dezember 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterinnen Winter und Hartlieb

beschlossen:

1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2010 wird aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin beantragte mit Eingabe vom 31. Oktober 2008 die Löschung der am 26. September 2006 eingetragenen Marke 306 21 552

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LIQUIDROM

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da sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei.

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Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung mit Beschluss vom 18. Mai 2010 angeordnet. Dieser Beschluss enthält im Original in der Unterschriftenleiste die auch im Rubrum genannten Namen des Vorsitzenden sowie der beiden weiteren Mitglieder der Markenabteilung 3.4 in Maschinenschrift. Darunter befinden sich die Unterschriften der beiden Mitglieder der Markenabteilung im Original, unter dem Namen des Vorsitzenden ist vermerkt „Herr Zeisberg ist wegen Eintritts in den Ruhestand an der Unterschrift verhindert“. Dieser Vermerk ist vom ersten Berichterstatter im Original ebenfalls unterzeichnet. Der patentamtlichen Akte vorgeheftet ist ein Formblatt mit wesentlichen Verfahrensdaten, aus dem sich unter anderem ergibt, dass eine Beratung in der Löschungssache für den 8. Dezember 2009 anberaumt war. Des Weiteren sind im Formblatt neben dem Namen des Vorsitzenden die Namen des ersten und zweiten Berichterstatters vermerkt, wobei der Name des zweiten Berichterstatters von dem im Beschluss genannten Namen des dritten Mitglieds der Markenabteilung abweicht.

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Die Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin, der der Beschluss am 1. Juli 2010 zugestellt wurde, hat dagegen am 20. Juli 2010 Beschwerde eingelegt. Eine Begründung ist noch nicht zu den Akten gelangt.

6

Der Senat hat mit Schreiben vom 19. Mai 2011 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die angefochtene Entscheidung der Markenabteilung aufzuheben und die Sache an das DPMA zurückzuverweisen, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Das Verfahren leide an einem wesentlichen Mangel im Sinne des § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG; zur Begründung ist auf den dem Schreiben beigefügten Beschluss des Senats 30 W (pat) 98/09 vom 7. April 2011 Bezug genommen.

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Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin hat hierzu vorgetragen, dass sich die Sachlage im vorliegenden Fall anders darstelle. Für die Verhinderung der Unterschriftsleistung seitens des Vorsitzenden der Markenabteilung habe es einen Grund gegeben. Es sei nämlich als Grund der Verhinderung „wegen Eintritts in den Ruhestand“ angegeben, wogegen in der in Bezug genommenen Beschwerdesache 30 W (pat) 98/09 offensichtlich ein Mitglied der Markenabteilung ohne Angabe von Gründen an der Unterschrift verhindert war. Zudem sei dem Rubrum des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die Markenabteilung 3.4 des DPMA vollständig besetzt gewesen sei. Der Beschluss genüge damit den Anforderungen an die Wirksamkeit eines Beschlusses gemäß § 61 Abs. 1 MarkenG, da dem Erfordernis der Schriftlichkeit offensichtlich Genüge getan sei. Es liege kein Verfahrensfehler vor, da der Beschluss in ordnungsgemäßer Besetzung ergangen und auch unterzeichnet worden sei. Die Beschwerdegegnerin verweist hierzu auf den Beschluss 29 W (pat) 21/11, in dem die Vorsitzende krankheitsbedingt an der Unterschrift verhindert gewesen sei.

8

Die Löschungsantragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass das Rubrum des angefochtenen Beschlusses vom 18. Mai 2010 datiere, demgegenüber datiere die beglaubigte Seite 6 des Beschlusses mit den Unterschriften vom 25. Juni 2010, die Unterschriftenseite gehöre demzufolge nicht zur Rubrum-Seite. Sie ist der Auffassung, die Ersetzung der Unterschrift in dem angefochtenen Beschluss sei unwirksam, da dieser lediglich von zwei Mitgliedern unterzeichnet wurde und es nicht erkennbar sei, ob der Beschluss von drei Mitgliedern der Markenabteilung getroffen wurde.

9

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

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Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2010, mit dem die Löschung angeordnet wurde, ist aufzuheben und die Sache an das DPMA zurückzuverweisen, da das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet (§ 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG).

11

Über einen Löschungsantrag gemäß §§ 54, 50 MarkenG entscheidet die Markenabteilung in der Besetzung mit mindestens drei Mitgliedern des Patentamts (§ 56 Abs. 3 Satz 2 MarkenG). Die Beschlüsse der Markenabteilung müssen von den Mitgliedern, die den Beschluss erlassen haben, unterschrieben werden (Kirschneck in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl. § 61 Rdn. 4, Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. § 61 Rdn. 3). Unabhängig von der strittigen Frage, ob alle, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, unterschreiben müssen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 70. Aufl., § 329 Rdn. 8) oder ob bei einem Beschluss eines Kollegialgerichts die bloße Unterschrift des Vorsitzenden und des Berichterstatters genügt (Reichhold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 329 Rdn. 11), muss in jedem Fall deutlich gemacht sein, dass es sich um einen Beschluss eines Kollegiums handelt (Reichhold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 329 Rdn. 11). Wie bereits in vergleichbaren Entscheidungen des Senats ausgeführt (vgl. 30 W (pat) 43/11 und 30 W (pat) 98/09), ist bei Löschungsbeschlüssen grundsätzlich die Unterschrift aller an der Entscheidung beteiligten Mitglieder der Markenabteilung für eine Wirksamkeit des Beschlusses erforderlich, um klar zu machen, dass es sich nicht mehr nur um einen Entwurf gehandelt hat und um zu zeigen, wer die Entscheidung getroffen hat. Dies gilt im vorliegenden Fall schon deshalb, da aus dem vorliegenden Beschluss nicht eindeutig hervorgeht, wer die Entscheidung bzw. ob alle drei Mitglieder diese Entscheidung getroffen haben, so dass die Unterschrift des Vorsitzenden der Markenabteilung hier nicht entbehrlich war.

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Weder aus dem Beschluss noch aus dem übrigen Akteninhalt ist nämlich klar ersichtlich, dass der angefochtene Beschluss unter Beteiligung des Vorsitzenden und damit von drei Mitgliedern der Markenabteilung erlassen wurde. Das Rubrum des Beschlusses nennt zwar namentlich den Vorsitzenden und die beiden weiteren Mitglieder und enthält einen Passus dahingehend, dass die angefochtene Entscheidung von diesen drei Mitgliedern des Patentamts getroffen wurde. Die in der Unterschriftszeile des Beschlusses genannten Mitglieder der Markenabteilung stimmen auch mit diesen Angaben überein. Auch ist ein Beratungstermin vom 8. Dezember 2009 vermerkt. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass die angefochtene Entscheidung in diesem Termin getroffen wurde; in der Akte befindet sich keine Niederschrift über Mitwirkung und Ergebnis der Beratung. Davon ist um so weniger auszugehen, als für die Beratung eine vom Rubrum abweichende Besetzung der Mitglieder der Markenabteilung angegeben ist und der Beschluss zudem mit dem 18. Mai 2010 datiert ist, nicht aber mit dem Datum der Beratung. Am 18. Mai 2010 kann aber der Vorsitzende der Markenabteilung wegen Eintritts in den Ruhestand wohl kaum an einer Beratung und Entscheidung mitgewirkt haben.

13

Die Ersetzung der fehlenden Unterschrift des Vorsitzenden durch ein weiteres Mitglied der Markenabteilung war nicht wirksam. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, in dem die Ersetzung der Unterschrift mit dem Vermerk der Verhinderung infolge Urlaubs bei einer von der Patentabteilung ohne mündliche Verhandlung getroffenen Entscheidung bei Niederschrift über die Sitzung als möglich angesehen wurde (vgl. BGH NJW-RR 1994, 1406), steht - wie oben ausgeführt - im vorliegenden Fall nicht fest, dass der angefochtene Beschluss in der Löschungssache von den drei Mitgliedern der Markenabteilung als verfahrensbeendende Entscheidung gewollt war.

14

Da die Ersetzung der Unterschrift in dem angefochtenen Beschluss unwirksam ist, kann vorliegend nur von einem Beschluss ausgegangen werden, der lediglich von zwei Mitgliedern unterzeichnet wurde und bei dem zudem nicht erkennbar ist, ob er - wie erforderlich - von drei Mitgliedern der Markenabteilung getroffen wurde. Zwar mag die Ersetzung der Unterschrift möglicherweise noch erkennen lassen, dass damit eine abschließende Entscheidung gewollt war, jedoch bringt der Beschluss nicht hinreichend zum Ausdruck, wer an der Entscheidung beteiligt war.

15

Nachdem das Verfahren vor dem DPMA an einem wesentlichen Mangel im Sinne des § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG leidet, war die Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

16

Die Zurückverweisung steht im Ermessen des Gerichts. Im Einzelfall ist abzuwägen zwischen dem Interesse an einer erneuten Befassung des Deutschen Patent- und Markenamts mit der Sache einerseits und der Verfahrensbeschleunigung andererseits (Knoll in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 70 Rdn. 5). Nachdem durch die fehlende Unterschrift des Vorsitzenden der Markenabteilung an der Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses zumindest erhebliche Zweifel bestehen und jedenfalls nicht von einer Entscheidung ausgegangen werden kann, die von - wie erforderlich - drei Mitgliedern getroffen worden ist, besteht ein erhebliches Interesse daran, dass die Markenabteilung sich erneut mit dem Löschungsantrag befasst, um zu einer in gesetzlich bestimmter Besetzung getroffenen Entscheidung zu gelangen. Das Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung in der Weise, dass der Senat sachlich über die Frage der Löschung entscheidet, ist demgegenüber geringer einzustufen. Ohnehin ist - wie ausgeführt - zumindest zweifelhaft, ob überhaupt ein wirksamer Beschluss vorliegt, der dem Senat die Möglichkeit einer Entscheidung in der Sache eröffnet.

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Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG angeordnet, da dies der Billigkeit entspricht. Die Beschwerdeführerin war gezwungen, Beschwerde einzulegen, ohne dass sie wegen der fehlenden bzw. fehlerhaft ersetzten Unterschrift eines Mitglieds der Markenabteilung eine Entscheidung in der Sache erlangen konnte.